Archiv für Vermischtes

English For Runaways

Es ist schon ein Fluch. Dieses ganze Internet steckt voll aufregender Geschichten, mit denen man ohne eigene Recherche sein Online-Angebot füllen kann, aber so viele davon sind in einer fremden Sprache geschrieben. Diese hier zum Beispiel:

Janet Jackson reportedly wears a penis around her neck.

The diamond-encrusted black “family jewel” – which, when pulled, is said to ‘get excited’ is said to be the singer’s favourite piece of jewellery.

Gut, das meiste an diesen zwei Sätzen sind verschiedene Arten, in der fremden Sprache “angeblich” oder “laut anonymen Quellen” zu sagen, aber dazwischen stehen spannende Wörter: “Janet Jackson”, “penis”, “jewellery” und “get exited”. Wenn man sich ein bisschen Zeit und ein Wörterbuch nimmt, müsste man daraus eine ganz schöne Bild.de-Meldung für die Rubrik “Internetklatsch” zusammenpuzzlen können.

Gesagt, getan:

Einige tragen ein silbernes oder goldenes Kreuz, andere einen Edelstein – aber einen Penis am Halskettchen?! Michael Jacksons (46) kleines Schwesterchen Janet (38) findet ihr außergewöhnliches Schmückstück total chic! (…) Das Teil soll laut Hersteller weit mehr als nur ein Hingucker sein. Angeblich läßt er die Trägerin gaaanz fürchterlich erregt werden.

Wieder reingefallen. Blöde fremde Sprache. “Erregt” wird gar nicht die Trägerin, sondern das Schmuckstück. Wenn man daran zieht. Keine Ahnung, wie man sich das vorzustellen hat, vielleicht wird es länger oder größer oder härter. Wen interessiert’s? Bild.de ja auch nicht.

(ix ist der Sache weiter nachgegangen.)

Vermischtes (Teil 1)

“Bild” ist beschäftigt mit dem Tod Rudolph Moshammers (“Kann Daisy den Mörder überführen?” bzw. “Braucht Daisy jetzt eine Psychotherapie?”). Das gibt uns Zeit für eine kurze Zusammenfassung – und wir stellen fest: Joschka Fischer war nie “Hessens Ministerpräsident”, sondern hessischer Staatsminister für Umwelt und Energie; Sharman Macdonald “zwang” ihre Tochter Keira Knightley nicht zum Bauchnabelpiercing, sondern riet ihr nur dazu (oder unterstützte sie, wenn man’s genau nimmt, darin, ihren Piercing-Wunsch in die Tat umzusetzen); und Hirnforscher von der McMasters Universität in Ontario haben Albert Einsteins Gehirn nicht etwa “jetzt”, sondern bereits 1996 untersucht. Jetzt zeigt bloß der britische Sender Channel 4 eine Doku zum Thema.

Mit Dank an Konstantin B., Peter R. und Roland für die Hinweise.

Nachtrag, 17.1.05:
Dass Joschka Fischer nie “Hessens Ministerpräsident” war, hat man jetzt (fünf Tage nach Veröffentlichung) auch bei Bild.de gemerkt und nachträglich korrigiert.

Wald vor lauter Bäumen

Einige Wochen lang hat “Bild” eine Liste veröffentlicht, in der steht, “Was unsere Abgeordneten noch so nebenbei machen”. Keine schlechte Idee, eigentlich, kann man so doch jederzeit nachschlagen, welche Politiker, für welche Unternehmen arbeiten oder von ihnen bezahlt werden. Das kann helfen, Forderungen oder Vorschläge von Abgeordneten besser einzuordnen. Zum Beispiel sowas hier:

CDU fordert: Thailand-Urlaub steuerlich fördern

Genau genommen war es ein gewisser Albrecht Feibel, der das vergangenen Dienstag in “Bild” gefordert hat. Übrigens derselbe Feibel, über den “Bild” am 27. Dezember 2004 folgendes veröffentlichte:

Albrecht Feibel (64/CDU), Mandelbachtal: Geschäftsführender Gesellschafter, F & T ReiseService KG, Saarbrücken; Flughafen-Betriebsgesellschaft, Saarbrücken (Mitglied des Aufsichtsrates); Flughafen-Eigentümergesellschaft, Saarbrücken (Mitglied des Aufsichtsrates); Hafengesellschaft, Dillingen (Mitglied des Aufsichtsrates)

Nun wäre es aus journalistischer Sicht natürlich wünschenswert gewesen, genau das bei dem Artikel über die steuerliche Förderung des Thailand-Urlaubs dazu zu schreiben, damit man sich als Leser so seine Gedanken hätte machen können, ob es Feibel tatsächlich nur um “Aufbauhilfe” in den Flutgebieten geht, oder ob die Forderung nicht auch ein wenig von Eigeninteresse motiviert ist – am Dienstag stand es aber trotzdem nicht in “Bild”. Glücklicherweise aber am Mittwoch in der “Berliner Zeitung”.

Grundlagenforschung

Wer weiß schon, was stimmt. Der eine sagt so, der andere so, sagt der Volksmund. Wer weiß also schon, ob Timo Hildebrand, Torwart beim VfB Stuttgart, demnächst beim Berliner Fußballverein Hertha BSC mitspielt.

Tatsache ist, dass Dieter Hoeneß, Manager des Hertha BSC, laut Nachrichtenagentur dpa “jegliche Kontakte zu Nationaltorwart Timo Hildebrand dementiert” und sagt: “Es gibt von uns keine Gespräche mit Hildebrand und auch kein Angebot.”

Tatsache ist auch: Die “Bild”-Zeitung hatte zuvor berichtet, dass Hertha dem Hildebrand “ein konkretes Angebot gemacht hat”.

Und wie gesagt: Was stimmt, weiß man nicht. Allerdings sagt Hoeneß über die “Bild”-Veröffentlichung:

“Diese Berichte entbehren jeder Grundlage.”

Und irgendwie kommt einem dieser Satz verdammt vertraut vor.

Mit Dank an BH für den Hinweis.

Paris, Peepshow, Privat-Porno, Pose

Wer hätte gedacht, dass es tatsächlich noch neue Aufnahmen von Paris Hilton gibt, die sie entweder leicht bekleidet oder in erotischen Posen zeigen, die den findigen Mitarbeitern von “Bild” und Bild.de bislang verborgen geblieben waren?

Eben.

Gibt es auch nicht. Dieses Musikvideo hier zum Beispiel, in dem sie in Unterwäsche auf einem “Peepshow-Teller” (Bild.de) zu sehen ist, ist in Wahrheit schon ziemlich alt. Was Bild.de freilich nicht davon abhält, es so anzukündigen:

Außerdem steht im Text:

Jetzt rutscht sie wieder auf Knien rum, diesmal allerdings in einem Musik-Video

Das Album, auf dem sich das Lied zum Video befindet, erschien am 24. September 2001. Das Video selbst muss vor dem 7. Januar 2002, dem letzten Sendetag von Viva Zwei, entstanden sein – wie man unschwer am Viva-Zwei-Logo erkennen kann, das sich auf den Bildern in der Bild.de-Fotogalerie befindet.

Bei Bild.de dachte man sich offenbar entweder, macht nix, wird schon keinem auffallen, oder aber, es stimmt tatsächlich, was Bild.de schreibt:

Uns wird von Paris’ Peepshow auch ganz schön schwindelig. Und zwar nicht nur, weil sich der Präsentierteller mit dem Lecker-Luder-Menü obendrauf die ganze Zeit dreht…

Was hingegen nicht stimmt, ist, dass es sich bei dem Peepshowtellervideo um den Clip zu “I Wrote This Song for the Girl Paris Hilton” handelt, wie Bild.de behauptet. Es ist das Video zu “Honey Bunny”.

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Andreas B.

Nachtrag, 11.1.05:
Neuer und richtiger wird die Geschichte übrigens auch dadurch nicht, dass Focus-Online sie einen Tag später in weiten Teilen übernimmt – eher im Gegenteil.

Symbol(-foto) der Zukunft

Wahnsinn! Was die moderne Wissenschaft möglich macht, ist manchmal kaum zu glauben. Australische Forscher haben laut “Bild” einen “Baby-Bringer” entwickelt, der “die besten Spermien zum Ziel führt“. Und offenbar handelt es sich bei der “Maschine” um einen Nanoroboter (siehe Ausriss), der sich mit seinen kleinen Greifarmen die fitten Spermien schnappt und sie mithilfe seines, auf dem klitzekleinen Nano-Buckel befestigten, Propeller-Antriebs geradewegs zur Eizelle transportiert. Das hier steht in der Bildunterzeile:

Die Spermien-Sortier-Maschine: In Zukunft wollen sich Forscher mit Hightech das perfekte Spermium angeln

Das mag schon sein, hat aber, genau wie die Nanotechnologie, nichts mit dem zu tun, worum es in dem “Bild”-Text mit der flotten Bebilderung geht.

Dort heißt es nämlich, dass es sich beim sogenannten “Baby-Bringer” um ein Gerät handelt, das per “Magnetfeld” die “starken Spermien von den schwachen und unfruchtbaren” trennt. Das macht die künstliche Befruchtung wesentlich erfolgversprechender, was man dem Artikel in “Bild” zwar nur mit Phantasie entnehmen kann, dafür aber der aktuellen Ausgabe von “New Scientist”.

Außerdem kann man wohl davon ausgehen, dass so ein Magnet-Dings zur Spermien-Sortierung nicht annähernd so toll aussieht wie dieser Nanoroboter – übrigens ein Kunstwerk des vielseitigen Illustrators, Grafik-Designers und Fotografen Victor Habbick, das tatsächlich genau das darstellt, was man glaubt, dass es darstellt (s.o.).

Kriegsberichterstattung

Ja, dieser “Preiskrieg der Elektro-Giganten” (O-Ton: Bild.de) ist wirklich ‘n Ding! Da verkaufte der “Mediamarkt” (O-Ton: Bild.de) am vergangenen Montag alles “ohne Mehrwertsteuer”, und am gestrigen Dienstag der “Konkurrent Saturn” (O-Ton: Bild.de) lauter Sachen “zum Einkaufspreis”, woraufhin sich Bild.de anschickte, “die wichtigsten Fragen rund um den Preiskrieg der Elektronik-Giganten(O-Ton: Bild.de) zu beantworten bzw. von Christian Fronczak vom Bundesverband der Verbraucherzentrale beantworten zu lassen. Soweit so gut.

Nur für den nicht weniger wichtigsten Hinweis, dass der Bild.de-Partner Mediamarkt und “Konkurrent” Saturn sich ja eigentlich gar keinen “Preiskrieg” liefern, weil doch Mediamarkt und Saturn beide zum Metro-Konzern gehören, dafür war (anders als etwa in den Online-Versionen der “Süddeutschen Zeitung”, der “Kölnischen Rundschau”, der “Norddeutschen Neuesten Nachrichten”, des “Handelsblatts”, der “Neuen Westfälischen”, des “Kölner Stadtanzeigers”, der “Mitteldeutschen Zeitung”, der “Rhein Zeitung”, der “Märkischen Oderzeitung”, der “Volksstimme”, der “Leipziger Volkszeitung”, der “Allgäuer Zeitung”, der “Hessischen Allgemeinen”, der “Westfalenpost”, der “Lausitzer Rundschau”, des “Iserlohner Kreisanzeigers”, der “Schwäbischen Zeitung”, der “Westdeutschen Zeitung”, der “Wendlinger Zeitung”, der “Backnanger Kreiszeitung”, der “Oberhessischen Presse”, der “Nürtinger Zeitung”, der “Ostthüringer Zeitung”, der “Stuttgarter Nachrichten”, der “Hamburger Morgenpost”, der “WAZ”, der “Thüringischen Landeszeitung”, der “Lübecker Nachrichten”, der “Aachener Zeitung”, der “Wormser Zeitung”, der “Offenbach Post” oder beispielsweise der “Welt”) in der multimedialen Erweiterung von Europas größter Tageszeitung aber offenbar kein Platz. Schade.

We are the champions XVII

Was ist denn das hier für ein Sauhaufen!

Äh, wieso Chef?

Morgen ist der 4. Januar 2005! Dann erscheint schon die zweite “Bild”-Zeitung in diesem Jahr! Und immer noch kein “Gewinner des Tages” aus dem eigenen Haus?

Na, liegt grad nichts an, Chef. Keine Sachen zum Promoten. Keine Freunde von Ihnen, die angerufen haben. Und Peter Bachér (“Bild”-Autor), Klaus Harisch (Aktion mit “Bild”), Susanne Fröhlich (Vorabdruck in “Bild”), Frank Schirrmacher (Vorabdruck in “Bild”) haben wir schon im Dezember abgefeiert.

Ja, spinn ich? Es muss doch irgendwen geben, irgendwen! Was ist denn mit der Goldenen Kamera von unserer Schwesterzeitschrift, der “Hörzu”?

Äh, ja, was ist mit der, Chef?

Die hat Jubiläum!

Was Rundes, Chef? 25. Geburtstag? 50. Geburtstag?

Nee. 40.

Ah. Heute, Chef?

Nee.

Diesen Monat?

Auch nicht. Im Februar.

Sind wir da nicht ein bisschen früh dran, Chef?

Ach, Humbug. Dann können wir sie im Februar nochmal zum “Gewinner des Tages” machen.

Ist recht, Chef. — Chef? Haben Sie für morgen auch schon was?

Der Buttermilchverlierer

Eigentlich ein Jammer, dass die “Bild”-Zeitung es damals, Ende August, schlicht versäumt hatte, Dieter Bohlen zum “Verlierer” des Tages zu machen. Dabei war ihm doch vom Müller-Milch-Konzern der eigentlich erst zum Jahresende auslaufende Werbevertrag mit sofortiger Wirkung gekündigt worden, nachdem sich Bohlen in aller Öffentlichkeit abfällig über Buttermilchtrinker geäußert hatte. O-Ton Bohlen damals:

“Buttermilch wird von 50-jährigen alternativen Bio-Latschenträgerinnen gekauft. Dass die nicht unbedingt Produkte kaufen, auf denen meine Rübe prangt, ist doch klar.”

Nun ja. Bei Müller Milch jedenfalls hieß es in einer Pressemitteilung vom 27.08.04 anlässlich der zitierten “unwahren und diffamierenden Äußerungen”: “Eine derartige Äußerung ist schlicht nicht hinnehmbar, erst recht nicht von einem vertraglich mit uns verbundenen Werbepartner. Unsere Kunden sind unser höchstes Gut, wir lassen nicht zu, dass diese von wem auch immer beleidigt werden. (…) Neben der abfälligen Art und Weise sind Herrn Bohlens Äußerungen auch schlicht und ergreifend falsch.” (Und mal abgesehen davon, dass solche Vorwürfe kritischen “Bild”-Lesern irgendwie bekannt vorkommen können:) Wenn das tags drauf nicht Bohlen zum Verlierer machte, wen dann?

Andererseits war nie wirklich zu rechnen gewesen mit einem “Verlierer”-Bohlen. Sei es, weil er seine “unwahren und diffamierenden Äußerungen” ausgerechnet in der Sonntagsausgabe der “Bild”-Zeitung (“BamS”) geäußert hatte, oder weil (nicht erst, seit Bohlens Autobiografie von der Ehefrau des “Bild”-Chefs und “BamS”-Herausgebers aufgeschrieben worden war) die Springer-Blätter “Bild” und “BamS” womöglich “die natürlichen Partner von Dieter Bohlen” sind.

Egal. Denn jetzt hat es Bohlen mit seiner Buttermilchgeschichte doch noch in die “Verlierer”-Rubrik von “Bild” geschafft. Ja, nachdem bekannt wurde, dass Bohlen vor dem Augsburger Landgericht gegen den Müllerschen Rauswurf klagt, geht die “Verlierer”-Ehre heute an… Müller-Milch-Chef Theo Müller!

Voll vergeigt

Vielleicht erkennt man eine Qualitätszeitung auch daran, dass sie irgendwelche Dinge, die irgendjemand irgendwo behauptet, nicht einfach ungeprüft abschreibt und dann noch zu großen Schlagzeilen aufbläht.

Der “Tagesspiegel” veröffentlichte am Dienstag ein Interview mit ARD-Programmdirektor Günter Struve, das wie folgt endet:

Die ARD sendet am alles entscheidenden 31. Dezember den unschlagbaren “Silvesterstadl” mit Karl Moik. (…) Im ZDF: „Die große André-Rieu-Silvestergala“. Eine Kampfprogrammierung?

Struve: Aber natürlich. Der Rieu ist jetzt völlig neu draufgesetzt worden, weil das ZDF gesehen hat, dass es mit fiktionalen Programmen nicht hat landen können.

bild.de macht daraus:

Neuer Zoff zwischen ARD und ZDF
TV-Krieg um Silvester!
(…)

Ist das denn die Möglichkeit? Der TV-Krieg eskaliert.

Schon wieder streiten sich ARD und ZDF ums Programm. Nach Gottschalk gegen Schmidt, Kerner gegen Christiansen – jetzt das nächste Kapitel. Das ZDF sendet am Silvester-Abend Walzerkönig André Rieu gegen Mr. Musikantenstadl Karl Moik im Ersten.

Es hätte keiner großen Recherche bedurft, um herauszufinden, dass “Die große André-Rieu-Silvester-Gala” keineswegs erst seit kurzem im ZDF-Programm eingeplant ist, sondern schon in allen Programmzeitschriften steht, die Wochen vor dem Sendetermin Redaktionsschluss haben.

Und hatte es nicht vorher schon erste, klitzekleine Anzeichen dafür gegeben, dass das ZDF womöglich im Jahr 2004 mit André Rieu als “Kampfprogrammierung” gegen den “Silvesterstadl” in der ARD vorgehen könnte? Was lief im vergangenen Jahr an Silvester im ZDF? “Die große André-Rieu-Silvester-Gala”.

Und was setzte das ZDF im Jahr 2002 gegen den “Silvesterstadl” der ARD? “Die Große André-Rieu-Silvester-Gala”.

Und an Silvester 2001? “André Rieu in Wien”.

An Silvester 2000? “André Rieu in der Royal Albert Hall”.

Kampfprogrammierungen soweit das Auge reicht. Und “Bild” geht einem Blödsinn redenden ARD-Programmdirektor voll auf den Leim.

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