Archiv für Vermischtes

Otto?

Nein, nicht alles, was in “Bild” steht, ist weit hergeholt — im Gegenteil: Als “Bild” im August letzten Jahres den Otto-Versand-Chef (und Springer-Aufsichtsrat) Michael Otto zum “Gewinner” des Tages machte, lautete der ausgesprochen originelle “Bild”-Kommentar dazu:

“BILD meint: Otto find ich gut!”

Heute nun macht “Bild” den Otto-Chef Otto erneut zum “Gewinner” des Tages und kommentiert:

“BILD meint: Otto — find’ ich gut!”

“Bild”-Wörterbuch III

Erb-Penner? Benz-Baby? Sekt-Anschlag? Spätestens aber, wenn “BamS”-Analytiker Stefan Hauck einen freigesprochenen TV-Moderator (der als Folge einer Vergewaltigungsklage seinen Job und seinen Ruf verlor) als “folgenlos Beschuldigten” bezeichnet, dann…

…ist es Zeit für eine Aktualisierung des BILDblog-“Bild”-Wörterbuchs.

Nachverurteilung

Nachdem die “Bild”-Zeitung am Dienstag sich und Andreas Türck von jeder Schuld reingewaschen und behauptet hatte, die “Justiz” habe “ein schmutziges Gerichtsspektakel” inszeniert, machte sich “Bild” am gestrigen Samstag daran, Andreas Türcks TV-Karrierechancen einzuschätzen:

Das ging schnell! Kaum war Andreas Türck (36) im Vergewaltigungsprozeß freigesprochen, kam schon das erste neue TV- Angebot. Er soll für RTL ins “Dschungelcamp” gehen. Dabei sah es während des Verfahrens lange danach aus, daß kein Sender ihn mehr nehmen würde.

Wie zum Vergleich zählte “Bild” anschließend auf, “welche TV-Stars auch den Weg von der Anklagebank zurück auf den Bildschirm geschafft haben” (siehe Ausriss) – und übersah dabei, dass die Prominenten, die “Bild” aufzählt, im Gegensatz zum freigesprochenen Türck größtenteils vorbestraft sind: Karsten Speck wegen Betrugs, Martin Semmelrogge wegen wiederholten Fahrens ohne Führerschein, Michel Friedman wegen Kokain-Besitzes, Carsten Spengemann wegen Unterschlagung.

PS: Da es der “Bild” offenbar egal ist, wie und mit welchem Ergebnis man vor Gericht steht, könnte man — eine ähnlich oberflächliche Sichtweise wie die der “Bild” vorausgesetzt — ebenso behaupten, dass es Kai Diekmann, der einst wegen seines Penis vor Gericht stand, “zurück” in die “Bild”-Redaktion geschafft habe. Aber lassen wir das – ebenso wie den Hinweis auf die “Bild”-Zeitung vom vergangenen Dienstag, in der die Zeitung den Eindruck erwecken konnte, Carsten Spengemann habe es womöglich doch nicht so richtig “zurück ins TV” geschafft.

Mit Dank an Johannes S. und die Malteser in Dortmund.

Schmutziges Gerichtsspektakel

Die “Bild”-Zeitung meint (wie viele andere Kommentatoren auch), dass Andreas Türck nie wegen der angeblichen Vergewaltigung hätte angeklagt werden dürfen. In ihrem Kommentar schrieb die stellvertretende “Bild”-Chefredakteurin Marion Horn gestern:

Von Anfang an war klar, daß die Staatsanwältin keinerlei Beweise hat. Von Anfang an war durch Gutachten bekannt, daß die Aussagen von Katharina B. nicht belastend sind.

Soso, von Anfang an war das also klar. Das heißt, “Bild” wusste, dass Türck im Sinne des Gesetzes unschuldig war, und brachte trotzdem diese Titelgeschichte:
So hat Türck mit vergewaltigt

Und diese:

Und diese:

Und dieses Stück:

Und dieses:

Und viele, viele, viele weitere. Und alle im sicheren Bewusstsein, dass es keine Beweise dafür gibt, dass dieser Mann eine Vergewaltigung begangen hat.

Frau Horn kommentiert:

Wenn Andreas Türck freigesprochen wird, stehen im Gerichtssaal zwei Opfer und ein Täter, der nie angeklagt werden wird.

Die Opfer heißen Andreas Türck und Katharina B.

Der Täter ist eine Justiz, die diesen Prozeß zuließ und vier Wochen lang ein schmutziges Gerichtsspektakel inszenierte.

Das ist schon hart, wie Boulevardzeitungen heute von der Justiz gezwungen werden, wochenlang schmutzige Gerichtsspektakel in der Öffentlichkeit zu veranstalten und Menschen unrecht zu tun.

“Jetzt” III

Bei Grabungsarbeiten für eine Verlegung des Zeitungsniveaus sind Leipziger “Bild”-Redakteure auf das Sommerloch gestoßen. Die Sensation: Es enthält Braunkohle.

Der City-Tunnel kostet nicht nur Kohle, er bringt auch welche: Denn unterm Marktplatz haben Geologen jetzt Braunkohle entdeckt.

So beginnt der Artikel. Und auch neben einem gigantischen Foto, in das “Bild” gleich noch einen bedrohlichen Kohlebagger montiert hat (Frage im Bildtext: “Kommen etwa bald die Kohle-Bagger?” — Antwort im Artikel: “Nein!”) steht:

Bei den Bauarbeiten für den City-Tunnel wurden jetzt unter dem Leipziger Markt Braunkohleflöze gefunden.

Und das ist ja auch nicht ganz falsch. Jedenfalls wenn man, wie bei “Bild” nicht unüblich, “jetzt” mit “vor gut einem Jahr” übersetzt. Die “Leipziger Volkszeitung” berichtete am 20. August 2004 erstmals über die Braunkohleflöze, die bei den Bauarbeiten für den City-Tunnel unter dem Leipziger Markt gefunden wurden.

Danke für den sachdienlichen Hinweis an Daniel G.!

Rauchende Köpfe

Rauchverbot in Kneipen?
Hamburg — Der Widerstand gegen ein Rauchverbot in Deutschland schwindet. 64 Prozent befürworten ein generelles Rauchverbot in Gaststätten (“Spiegel”).

So stand es am Montag in “Bild”. Und was stand im “Spiegel”, vorab korrekt verbreitet von dpa, AP, AFP und Reuters?

Halten Sie ein generelles Rauchverbot in Kneipen für
wünschenswert oder für übertrieben?

Wünschenswert: 47 % (Umfrage 2003: 33 %).
Übertrieben: 51 % (Umfrage 2003: 64 %).
Alle Hervorhebungen von uns.

“Bild” hat nicht nur die Zahl aus dem falschen Jahr genommen, sondern auch noch Zustimmung und Ablehnung miteinander verwechselt. Möglicherweise ist es ein langer, komplexer, professioneller Prozess, der bei “Bild” dazu führt, aus einer Agenturmeldung eine Nachricht auf Seite 1 zu machen. Vielleicht spielen sie aber auch einfach nur Stille Post.

Danke an Ara für den Hinweis!

Symbolfoto XVI

Wenn die “Bild”-Zeitung über Ausschreitungen deutscher Hooligans in der Slowakei berichtet — wäre es dann nicht schön, wenn auf dem Foto, mit dem sie das illustriert, auch deutsche Hooligans zu sehen wären? Und nicht, ganz im Gegenteil, slowakische Fans?

Diese Zuschauer im Stadion in Bratislava stehen jedenfalls, wie hier und hier deutlich zu erkennen, im slowakischen Fanblock. Und mit den Ausschreitungen nach dem Spiel hat das Foto ohnehin überhaupt nichts zu tun.

Danke an Sven Z., Christian S. und Tobias R. für die Hinweise!

Reklame für BILDblog

Die Gratispostkarten sind da! Seit gestern müsste diese BILDblog-Reklame in vielen Cafés, Restaurants und Bars im Lande zu finden sein — zum Mitnehmen, An-die-Wand-Hängen, Verschenken, Verschicken und Werben. Die Leute von CityCards haben den Siegerentwurf unseres Leserwettbewerbs freundlicherweise kostenlos für uns drucken lassen und verteilen davon annähernd 100.000 Karten im Ruhrgebiet, Rhein-Neckar-Raum und Karlsruhe, demnächst auch in Dresden und hoffentlich noch weiteren Regionen.

Und weil der Entwurf “Killermilchschnitte” von Timo F. am Ende nur zwei Stimmen vor der “Checkliste” von Karsten B. lag, haben wir uns besonders gefreut, dass uns die Firma typneun die Möglichkeit schenkte, auch aus dem Zweitplatzierten eine Gratispostkarte werden zu lassen: 2500 “freikarten” verteilt im Münchner Norden.

Wir danken ganz herzlich den Sponsoren, den vielen Lesern, die sich mit Entwürfen beteiligt haben, allen, die abgestimmt haben, und Malcolm für die graphische Unterstützung!

Nachtrag, 11. September: Auch in Bielefeld, Gütersloh und Münster gelangen in diesen Tagen 10.000 CityCards in den Umlauf.

Kurz korrigiert (11)

Wenn man im Hause “Bild” Regierung und Opposition verwechselt, Demokraten und Republikaner, Sunniten und Schiiten, Silber und Rot und historische Fakten, dann ist es vielleicht auch nicht weiter verwunderlich, wenn heute bei Bild.de schon den ganzen, lieben langen Tag über von den “Londoner Terroranschlägen vom 7. September” die Rede ist.

Falsch ist es aber natürlich trotzdem.

Mit Dank für den Hinweis an Neil G. und Kait für den Hinweis.

Nachtrag, 3.9.2005:
Kurz nach Veröffentlichung unseres Eintrags hat der Terror-Beauftragte von Bild.de den Datumsfehler korrigiert. Schade nur, dass er offenbar nicht auch für Grammatik zuständig war…

Evolution im Eiltempo

“Bild” macht Oskar Lafontaine heute ganz ironisch zum “Gewinner des Tages”. Ihm wurde nämlich von der “Wirtschaftswoche” der “Dodo-Preis für ökonomische Dummheit” verliehen. “Bild” schreibt:

Der “Dodo” war ein flugunfähiger, rund ein Meter großer Insel-Vogel, der wegen seiner mangelnden Lern- und Anpassungsfähigkeit ausstarb.

“Bild” hat diese Charakterisierung des Dodos zwar von der “Wirtschaftswoche” übernommen, falsch ist sie aber trotzdem. Und sie zeugt von ziemlich übersteigerten Erwartungen an die Evolution. Der Dodo, der bis zur Besiedelung seines Lebensraums keinerlei Feinde hatte, wurde nämlich ausgerottet. Er ist hungrigen Matrosen, abgeholzten Wäldern und eingeschleppten Affen, Ratten und Schweinen, zum Opfer gefallen.

So gesehen hätte die “Wirtschaftswoche” den Preis ebenso gut nach den Einwohnern Pompejis nennen können. Diesen Dummerchen ist es ja auch nicht gelungen, sich an herabfallendes Gestein, Flugasche und pyroklastische Ströme zu gewöhnen.

Mit bestem Dank für den Hinweis und die Pointe an Stefan E.

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