Gestern morgen um 9.37 Uhr meldete die Deutsche Presse-Agentur (dpa): ‘Schröder für den Friedensnobelpreis nominiert.'”
So steht es heute in der gedruckten “Bild”. Und natürlich stand das, womit “überhaupt keiner gerechnet hatte”, auch gestern schon bei Bild.de.
Auf der Bild.de-Startseite stand:
Und dann, andernorts, nochmals:
Oben, über dem dazugehörigen Artikel, stand’s dann wieder:
Und im Artikel selbst natürlich auch:
Wie “Bild” berief sich auch Bild.de ausdrücklich auf “die Deutsche Presse-Agentur (dpa)”, die allerdings am frühen Dienstagnachmittag in einer ersten Zusammenfassung zudem vermeldet hatte:
“Sie [die Nominierung] wurde allerdings bereits vor dem 1. Februar in Oslo eingereicht, als von der vorgezogenen Bundestagswahl im September noch keine Rede war. Nach den Regeln des Osloer Nobel-Komitees müssen bis Februar alle Bewerber-Vorschläge für das laufende Jahr vorliegen.”
Um eventuelle Missverständnisse zu vermeiden, wurde die dpa wenig später sogar noch deutlicher und schrieb:
“Allerdings steht auch fest, dass die Nominierung kein später Einfall von SPD-Strategen nach der Ankündigung der Neuwahl ist.”
Anders als andere, anders auch als die gedruckte “Bild”, glaubte deren Online-Version (an sich durchausin der Lage, Meldungennachzubessern) gestern allerdings auf einen entsprechenden Nachtrag verzichten zu können – und das ausgerechnet mitten im Wahlkampf…
“Bild” tut sich offenbar nachhaltig schwer damit, was am 26.6.1963 in Berlin passierte. Deshalb noch einmal zum Mitschreiben: Am 26.6.1963 kam der damalige US-Präsident John F. Kennedy nach Berlin. Er landete in Berlin-Tegel, fuhr am Brandenburger Tor vorbei und sagte vom Rathaus Schöneberg aus seinen berühmten Satz: “Ich bin ein Berliner!” Anschließend setzte er seine Rundreise durch West-Berlin fort – und tschüss.
So war das nun mal – außer natürlich in “Bild”, wo es am Freitag hieß:
Dass Andrea Nahles am 18. Juli (!) bei Focus Online in einem Weblog-Eintrag zur Rechtschreibreform an zwei Stellen fälschlicherweise das statt dass geschrieben hatte, ist peinlich.
Dass “Bild” sie dafür am 15. August (!) zum “Verlierer” des Tages macht, ist zunächst mal seltsam.
Dass “Bild” die Peinlichkeit mit den Worten “Wer im Glashaus sitzt…” kommentiert, ist irgendwie lustig.
Dass “Bild” sie allerdings als “Bundestagsabgeordnete” bezeichnet, obwohl sie doch bekanntermaßen seit 2002 gar nicht mehr im Bundestag sitzt, ist, nun ja… typisch.
Dass “Bild” weiß, wie der Duden das Wort “Lüge” definiert, wissen wir ja. Aber noch mal zur Erinnerung:
Lüge: bewusst falsche auf Täuschung angelegte Aussage
Gestern nun, präsentierte “Bild” ihren Lesern dies:
Fangen wir mit der, laut “Bild”, 3. “Lüge” an:
Die Rente bleibt sicher
Wir wissen natürlich nicht, ob die Rente sicher bleibt. Aber “Bild” weiß es auch nicht und versteht noch nicht mal, was es mit dem Beitragsentlastungsgesetz auf sich hat und schreibt über die “Lüge”:
Denn die Wahrheit sieht völlig anders aus:
Es droht sogar die Zitter-Rente! Denn: Ab Januar 2006 müssen die Arbeitgeber die Rentenbeiträge schon zum Ende eines jeden Monats zahlen (bisher: Mitte des Folgemonats). Den Rententrägern bleiben nur noch drei Stunden, um festzustellen, ob das Geld für die am selben Tag fällige Auszahlung der Renten ausreicht.
Hä? Die Arbeitgeber müssen früher zahlen, und den Rententrägern bleibt weniger Zeit? Da haben die vier Autoren ja nun offenbar etwas falsch verstanden. Wir wollen es ihnen gerne erklären: Bislang haben die Träger der Rentenversicherung den Arbeitgebern quasi einen zinslosen Kredit gewährt, da sie die Renten schon am Ende eines jeweiligen Monats auszahlten, die Arbeitgeber aber erst zwei Wochen später die Beiträge überwiesen. Inwiefern also die Neuregelung die Rente unsicherer machen soll als bisher, weiß allein “Bild”.
Zur zweiten “Lüge”:
Die Beiträge sind gut angelegt
Und ehrlich gesagt wissen wir auch hier nicht, wie gut die Rentenbeiträge angelegt sind. “Bild” weiß es auch nicht, tut aber so:
Doch die Wahrheit sieht völlig anders aus!
Die Renditen der gesetzlichen Rente gehen “langfristig gegen null”. Das belegt eine Studie des renommierten Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft (IWG).
Dass die Rentenversicherungsträger und das Bundessozialministerium das bestreiten, überrascht nicht, und Zweifel an derartigen Dementis sind immer berechtigt. Ebenso darf man aber auch an den Ergebnissen vieler Studien zweifeln, insbesondere, wenn die Möglichkeit besteht, dass sie interessengeleitet sein könnten. Und die besteht. Schließlich wurde die Studie in Auftrag gegeben vom Deutschen Institut für Altersvorsorge. Dessen Gesellschafter sind die Deutsche Bank AG, Deutsche Bank Bauspar AG, DWS Investment GmbH und Deutscher Herold AG. Kooperationspartner ist die Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG. Und dass diese Gesellschafter ihr Geld auch mit privater Altersvorsorge verdienen, sollte ein kritisches Medium zumindest skeptisch stimmen, und es sollte den Lesern diese Information nicht vorenthalten.
Und nun noch zur ersten “großen Renten-Lüge”:
Die Renten steigen kräftig
(…) Noch im vergangenen Jahr verkündete Sozialministerin Ulla Schmidt: “Wir stellen sicher, daß die nächsten Generationen lebenslang eine Rente erhalten, die jedes Jahr wächst, wenn auch langsamer als heute”
Abgesehen davon, dass man sich fragt, wie “Bild” da die “Lüge” “die Renten steigen kräftig” herausliest, hätte sie vielleicht etwas mehr Augenmerk auf den Teil mit den “nächsten Generationen” lenken sollen, bevor sie folgendes aufschreibt und meint, damit eine große Lüge zu entlarven:
Doch die Wahrheit sieht völlig anders aus: In den letzten Jahren sind die Löhne kaum noch gestiegen – entsprechend fallen die Rentenerhöhungen aus: Nach 2004 und 2005 droht im nächsten Jahr zum dritten Mal in Folge eine Nullrunde. In den kommenden Jahren drohen sogar Renten-Kürzungen!
Sieht man sich nämlich das vollständige Interview an, wird deutlich, dass Schmidt überhaupt nicht bestreitet, dass die heutigen Rentner stärker belastet werden. Sie bestreitet ebenso wenig die “Nullrunden”, die “Bild” anprangert. Schmidts Aussage über eine Rente, “die jedes Jahr wächst, wenn auch langsamer“, bezog sich also wirklich nur auf die “nächsten Generationen”. Die Lüge, die “Bild” da zu “enthüllen” meinte, existiert also gar nicht.
Um das noch mal klar zu stellen: Kaum jemand dürfte Zweifel daran haben, dass es ernsthafte Probleme mit dem deutschen Rentensystem gibt. An der “Bild”-Geschichte mit den “3 großen Renten-Lügen” allerdings, stimmt vor allem eines: Die Wahrheit sieht irgendwie anders aus.
Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an André K.
Bei manchen Artikeln in “Bild” ist es schwer, zurückhaltend und sachlich zu bleiben. Versuchen wir es trotzdem.
Auf Seite 1 der heutigen “Bild”-Zeitung ist neben der halbnackten Mandy (23), die sich gerade zwischen die Beine greift, und über einem Artikel “Nasa sucht Außerirdische auf Saturn-Mond” ein Foto von einer Hinrichtung abgebildet.
Die Überschrift lautet:
Und der vollständige Artikel geht so:
Teheran — Ihre Augen sind verbunden, die vermummten Henker legen ihnen die Stricke um den Hals: Wenige Sekunden später sind diese beiden Kinderschänder tot. Die jungen Männer waren von einem iranischen Gericht zum Tode verurteilt worden, weil sie einen 13jährigen Jungen entführt und vergewaltigt haben sollen.
Wäre die “Bild”-Zeitung nicht die “Bild”-Zeitung, hätte sie vielleicht nicht einfach unkritisch die offizielle iranische Version der Geschichte übernommen. Sie hätte darauf hingewiesen, dass die beiden getöteten “jungen Männer” zur Tatzeit noch minderjährig waren. Sie hätte die Gehenkten nicht zweimal “Kinderschänder” genannt, als sei diese Tatsache in einem rechtsstaatlichen Verfahren bewiesen worden, denn es gibt Berichte, die diesen Vorwurf zweifelhaft erscheinen lassen. Sie hätte darauf hingewiesen, dass schon einvernehmliche homosexuelle Handlungen im Iran mit dem Tode bestraft werden können und genau dies auch der Grund für die Hinrichtung gewesen sein könnte.
Aber vielleicht hätte es auch schon gereicht, wenn “Bild” zwei Jugendliche, die möglicherweise nur deshalb sterben mussten, weil sie homosexuell waren, nicht nach ihrem Tod noch als “Kinderschänder” bezeichnet hätte.
Wie es sich liest, wenn “Bild” sich von staatlichen Entscheidungen distanzieren möchte, kann man übrigens auf Seite 2 derselben Ausgabe sehen:
“Schwul sein ist ganz normal” — Riesen-Ärger um Homo-Fibel für Lehrer
(…) In dem Handbuch, das noch die im Mai abgewählte rot-grüne Landesregierung herausgegeben hat, werden Pädagogen dazu angehalten, im Unterricht Sätze zu vermitteln wie: “Mein Schatz, schwul zu sein ist ganz normal.”
Vielen Dank an Michael M., Johannes S., Tobias B. und andere.
Nachtrag, 10.1.2006:
Im Anschluss an eine Beschwerde hat der Presserat die Veröffentlichung eines (zu obiger Überschrift gehörigen) Agenturfotos in “Bild” missbilligt*. In der Begründung heißt es:
“Die Darstellung der beiden Männer, wie ihnen Schlinge um den Hals gelegt werden, ist – egal vor welchem Hintergrund dies passieren mag – unangemessen sensationell. Nach Meinung der Beschwerdekammer hätte dieses Foto in der Form nicht veröffentlicht werden sollen. Daher sieht die Beschwerdekammer in der Veröffentlichung des Fotos einen Verstoß gegen die Ziffer 11 des Pressekodex. Auch wenn dieses Foto von einer Agentur verbreitet wird, liegt es immer im Ermessen der Redaktion, selbst zu entscheiden, ob sie solches Material veröffentlichen will oder nicht. Eine Agentur kann und muss grundsätzlich Materialien liefern, wie in diesem Fall auch das Foto. Die Redaktion selbst muss dann jedoch entscheiden, ob eine Veröffentlichung des Agenturmaterials notwendig ist oder nicht.”
*) Eine Missbilligung ist für das betroffene Medium folgenlos.
Lüge: bewußt falsche, auf Täuschung angelegte Aussage
(Definition laut Duden)
Sie hat es aber, natürlich, nicht bei der Theorie belassen, sondern die Technik gleich mal in der Praxis ausprobiert. In einem Artikel über die angeblichen “5 Lügen der Linkspartei” heißt es:
BILD hat nachgerechnet: Die Wahlversprechen [der] Linkspartei kosten unbezahlbare 90 Milliarden Euro!
Das ist eine interessante Neudefinition des Wortes “nachrechnen”. Die drei beteiligten “Bild”-Redakteure haben die Zahlen nämlich einfach aus dem Wahlprogramm der angeblich verlogenen Linkspartei abgeschrieben. “Nachrechnen” heißt nach “Bild”-Definition also soviel wie: “ungeprüft übernehmen”.
BILD enttarnt fünf unbezahlbare Wahl-Lügen von Lafo, Gysi & Co.
“Enttarnen”? Richtig, “enttarnen” heißt bei “Bild”: aufschreiben, was für jeden nachlesbar im Entwurf des Wahlprogramms steht. Denn nicht nur die Forderungen nach höherem Kindergeld, einer Mindestrente, Steuerfreiheit für Renten und niedrigeren Steuern für Geringverdiener stehen sämtlich für jeden nachlesbar im Steuerkonzept der Linkspartei [PDF-Datei]. Dort steht auch, was jede einzelne Maßnahme nach Angaben der Linkspartei (und ungeprüft übernommen nachgerechnet von “Bild”) kosten würde. Und dort steht sogar an exakt derselben Stelle (Seite 13, siehe Ausriss rechts), wie die Linkspartei diese Wahlversprechen gegenfinanzieren will — aber beim Abschreiben der anderen Zahlen müssen die “Bild”-Redakteure ausgerechnet diesen Teil komplett übersehen haben. Sonst könnten sie ja nicht so massiv den Eindruck erwecken, die Linkspartei hätte überhaupt keine Vorschläge zur Finanzierung (über deren Sinnhaftigkeit man natürlich streiten darf).
Bleiben noch zwei “Lügen”. Eine davon ist die Forderung nach einer Erhöhung des Arbeitslosengeldes II (“Hartz IV”), deren Kosten nicht erst “Bild” auf 3 Milliarden Euro geschätzt hat und zu der die konkreten Finanzierungsvorschläge der Linkspartei tatsächlich vage sind. In diesem Zusammenhang bezeichnet “Bild” auch die Forderung nach einer längeren Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I als “Lüge” — dies fordert allerdings auch die Union.
Und schließlich ist da noch die “Investitions”-“Lüge”. “Bild” schreibt:
Die Linkspartei verspricht 30 Mrd. Euro staatliche Investitionen in Bildung, Kultur, Umwelt und öffentlichen Nahverkehr.
Nein, verspricht sie nicht. Im Entwurf für das Wahlprogramm [PDF-Datei] heißt es lediglich:
Würde Deutschland einen solchen Anteil seines Sozialprodukts wie die USA für öffentliche Investitionen aufwenden, wären das 30 Milliarden Euro mehr im Jahr als gegenwärtig.
(Liebe “Bild”-Redakteure, diese fremden Wörter darin, das sind Konjunktive.)
Schließlich fragt “Bild”:
Sind die Deutschen einfach nur leichtgläubig? Laut Emnid kommt die Linkspartei schon auf 11 bis 12 Prozent!
Tja, sind die Deutschen einfach nur leichtgläubig? Laut Media Analyse lesen sogar über 18 Prozent der Bevölkerung “Bild”!
Falschmeldungen gibt es natürlich nicht nur in “Bild”. Auch im “Spiegel” stand vor knapp drei Wochen eine “fehlerhafte Meldung”. Und im Anschluss daran wurdeandernortseifrigspekuliertund/oderdementiert, wie es dazu kommen konnte, dass der “Spiegel” ein geplantes Treffen prominenter Medienleute, Künstler und Schriftsteller im Kanzleramt vermeldet hatte, zu dem die genannten Personen offenbar z.T. noch gar nicht eingeladen waren. Klaus Staeck etwa sagte als einer der Betroffenen zur “taz”:
“Das ist für mich Schmierenjournalismus allerschlimmster Güte, wie ich ihn vom ‘Spiegel’ nie erwartet hätte, von der ‘Bild’-Zeitung schon.”
Nun ja. Aber auch “Bild” und Bild.de berichteten in der Rubrik “Berlin vertraulich”. Dort hieß es am 23. Juni zu der “vorzeitig publik” gewordenen Einladung:
“Im Kanzleramt wird nach dem Schuldigen gesucht.”
Anschließend zitierte “Bild” den Journalisten Heiko Gebhardt (laut “Bild” ein “Schröder-Freund” und “einer der Verdächtigen”) mit den Worten:
“Ich war’s nicht. Hab’ gar keine Zeit, muss hier ein Blatt machen.”
Mit anderen Worten: Nach der “Bild”-Lektüre hätte man den Eindruck haben können, Gebhardt würde insbesondere vom Kanzleramt verdächtigt, die Information über das vom Kanzleramt geplante Treffen an den “Spiegel” lanciert zu haben. Und sah es nicht auch ganz so aus, als habe die “Bild”-Zeitung Gebhardt auf einen solchen Verdacht angesprochen und Gebhardt sich wie zitiert geäußert?
Aber so war’s wohl nicht. Im Anschluss an eine Gegendarstellung Gebhardts heißt es (bislang nur auf Bild.de, nicht in “Bild”) in einer “Richtigstellung” der Redaktion:
“Der erweckte Eindruck, Herr Gebhardt würde insbesondere vom Kanzleramt verdächtigt, die Information über ein vom Kanzleramt geplantes Treffen an den Spiegel lanciert zu haben, ist falsch. Herr Gebhardt wurde auf einen solchen Verdacht von uns auch nicht angesprochen. entsprechen hat sich Herr Gebhardt auch nicht wie zitiert geäußert.”
(Hervorhebungen von uns, Tippfehler nicht.)
Nachtrag, 14.7.2005:
Inzwischen wurde auch der Fehler in der Richtigstellung richtiggestellt.
So ungefähr also (siehe Ausriss) sieht die heutige Seite 6 der “Bild”-Zeitung aus – weil dort unter anderem, ca. 4 cm groß, das Wort “Gegendarstellung” steht.
Die Gegendarstellung selbst ist größer als ein DIN-A-4-Blatt, groß eben, so groß wie ein “Bild”-Artikel vom 20. April, den Claudia Roth und Volker Schäfer gegengedarstelltgegegendarstellt gegendargestellt wissen wollen. Der Anlass ist bekannt, der Text der Gegendarstellung im Kern auch. Anders als Bild.de hatte sich “Bild” jedoch mit dem Abdruck schwerer getan, ein “Bild”-Sprecher sogar bekräftigt, die Fakten seien korrekt und man habe sich nichts vorzuwerfen.
Auch “Bild”-Chef Kai Diekmann gibt sich heute via “Süddeutsche Zeitung” noch alle Mühe, die Sache klein zu reden (Zitat: “Sie wissen doch, dass eine Gegendarstellung bedeutet, dass der Vorwurf nicht wahr sein muss”). Doch heißt es in der Gegendarstellung – sinngemäß zusammengefasst – nicht nur, der durch die Berichterstattung erweckte Eindruck einer angeblichen “Amigo-Affäre” von Roth und Schäfer “entbehrt jeglicher Grundlage”, nein…
… am Ende stellt “die Redaktion” ausdrücklich fest:
Mal angenommen, einem großen Konzern ginge es plötzlich wirtschaftlich ganz furchtbar mies. So mies sogar, dass er betriebsbedingte Kündigungen aussprechen müsste. Nehmen wir weiter an, rund 4.200 Mitarbeiter wären von der Entlassung bedroht. Das wäre schlimm für diese 4.200 Mitarbeiter. Oder?
Offenbar kann man das auch anders sehen, nämlich so wie “Bild” es sieht, wenn es um Bundestagsmitarbeiter geht:
Und im Text heißt es:
Ihre Arbeitsverhältnisse enden mit Ablauf der Legislaturperiode — wegen der geplanten Neuwahlen jetzt ein Jahr früher als erwartet.
Doch sie fallen weich!
Besonders langjährige Mitarbeiter werden großzügig versorgt: Wer zwei volle Legislaturperioden im Bundestag gearbeitet hat und älter als 30 Jahre ist, bekommt vier Monate sein volles Gehalt weiter. Über 50jährige werden sechs Monate weiterbezahlt. Wenn sie drei Legislaturperioden im Bundestag beschäftigt waren, sogar neun Monate.
Das mag man als großzügig empfinden. Zumindest, was die Unter-50-Jährigen angeht, unterscheidet sich die Praxis im Bundestag aber kein bisschen von dem, was in der freien Wirtschaft üblich ist. Auch dort bekommen Mitarbeiter nämlich für gewöhnlich, beispielsweise bei betriebsbedingten Kündigungen, eine Abfindung. Die beträgt pro Jahr Betriebszugehörigkeit ein halbes Monatsgehalt. Bei acht Jahren Betriebszugehörigkeit ergäbe sich so beispielsweise eine Summe, die vier Monatsgehältern entspricht. Die über 50-jährigen allerdings, die könnten im Bundestag wohl auf etwas mehr Geld hoffen, als in der Wirtschaft üblich.
Aber vielleicht meint “Bild” mit “Mehr Geld” ja auch dies hier:
Nach neuesten Plänen der SPD sollen nun auch Fraktions- und Abgeordnetenmitarbeiter mit weniger Dienstjahren zwei Monate lang ihr Gehalt weiterbekommen.
Das ist zwar bislang nur eine Idee, und auch deren Umsetzung würde wohl keine gravierenden Unterschiede zur Wirtschafts-Praxis ergeben. In Einzelfällen ist es aber durchaus möglich, dass Bundestagsmitarbeiter mehr Geld bekommen, als in der Wirtschaft üblich. Aber muss man deshalb, wie “Bild”, komplett unterschlagen, dass es sich bei Abfindungszahlungen nicht um eine Sonderregelung für den Bundestag handelt?
Aber kommen wir zum so genannten “Luxus-Arbeitsamt”. Dazu schreibt “Bild”:
Übrigens: Auch von der Bundesagentur für Arbeit bekommen die betroffenen Mitarbeiter eine Extrawurst serviert: Für sie wird eigens ein Büro im Bundestag eingerichtet – sie müssen dann nicht auf überfüllten Amtsfluren stundenlang auf einen Termin warten …
Und dazu kann man nun ganz und gar nicht stehen, wie man will: Dass es sich dabei um eine “Extrawurst” handeln soll, ist schlicht falsch. Es ist nämlich gängige Praxis der Bundesagentur für Arbeit (BA) bei Großkonzernen, in denen Massenentlassungen anstehen, Informationsveranstaltungen direkt im betroffenen Betrieb durchzuführen. Das, und noch ein wenig mehr, kann man übrigens einer Pressemitteilung des Deutschen Bundestags entnehmen.