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Humbug heißt Humbug

“Nee, lassma”, rief der “Bild”-Redakteur, als man ihm das Wörterbuch bringen wollte, “ich kann das auch so.”

Bestimmt arbeiten auch bei “Bild” Leute, die des Englischen mächtig sind. In der Buchhaltung zum Beispiel. Oder im Layout. Vielleicht sogar in der Anzeigenabteilung. Aber es scheint ein ungeschriebenes (und sehr streng befolgtes) Gesetz zu geben, diese Menschen von allen Artikeln fernzuhalten, in denen “Bild” Englischkenntnisse gebrauchen könnte. Artikeln, zum Beispiel, in denen die Zeitung anderen die englische Sprache erklären will.

Wie heute Jan Ullrich. Angeblich muss der gerade einen Intensivkurs belegen, weil Englisch als Sprache seines Tour-de-France-Teams eingeführt wurde. Die “Bild”-Zeitung tut so, als könnte sie helfen, und hat deshalb diesen kleinen Kasten rechts gebaut, bei dem allerdings schon das große “Y” in der Überschrift nicht korrekt ist.

“Trennkost ist besser” übersetzt “Bild” mit “Seperation food is better”, und das ist falsch, denn auf Englisch heißt “Trennkost” verwirrenderweise “food combining”.

Der Satz “Ich habe ein Problem mit einem Reifen” lautet nach Ansicht von “Bild” auf englisch: “I have a problem with a wheel”, und das ist falsch, denn wheel ist nicht der Reifen, sondern das (Vorder- oder Hinter-) Rad. Das englische Wort für Reifen ist tyre (oder amerikanisch tire).

Und die beste Übersetzung für “Was für ein steiler Berg” soll — laut “Bild” — “What a cliffy mountain” sein, und auch das ist humbug. Denn cliffy heißt soviel wie felsig oder schroff, wo ein steiler Berg doch durchaus glatt sein kann, weshalb man ihn am besten einfach steep nennt, was alles sein kann, Hauptsache steil.

Danke an Armin S. für den Hinweis!

Nachtrag, 1. Dezember, 9.15 Uhr: Und selbst wenn “Trennkost” auf englisch so etwas wie “seperation food” hieße, was es nicht tut, schriebe es sich nicht “seperation”, sondern separation.

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“Bild” findet Sexualstraftäter sexy

Dass Erwachsene mit Minderjährigen Sex haben, ist nach deutschem Recht unter Umständen erlaubt. Entscheidend ist dabei u.a. dass der/die Minderjährige mindestens 14 Jahre alt ist und der/die Erwachsene dabei nicht “die fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt”. Anderfalls droht — je nach dem — eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren (siehe § 176 und § 182 StGB).

In den USA gelten andere Gesetze. Dort sind Erwachsenen sexuelle Handlungen mit Unter-18-Jährigen verboten und können schlimmstenfalls mit 30 Jahren Gefängnis bestraft werden (siehe Protect Act of 2003).

Man könnte auch sagen, die Gesetzeslage in Deutschland und den USA ist gar nicht so verschieden — außer, dass man hierzulande schon ab 14 Jahren juristisch nicht mehr als “Kind” gilt, in den USA jedoch erst ab 18.

Man könnte auch vermuten, dass “Bild” mit der deutschen Regelung nicht vertraut nicht einverstanden ist: Als “Bild” im Sommer 2004 in Erfahrung brachte (und aufschrieb), dass in Cottbus ein 42-jähriger Mann völlig legal mit einer 14-Jährigen zusammenlebte, und die Geschichte im Frühjahr 2005 abermals an die Öffentlichkeit zerrte, nannte die “Bild”-Zeitung (die immerhin auch sog. “Serien-Vergewaltiger” und “Kinderschänder” gerne mal als “Sexmonster” bezeichnet) den Mann aus Cottbus ein “tätowiertes Liebesmonster” — und behauptete wahrheitswidrig, “Sex zwischen einem Erwachsenen und einer 15jährigen” sei “verboten.”

Völlig anders sieht der Fall für “Bild” offenbar aus, wenn es sich nicht um den 42-jährigen “Manfred W.” aus Cottbus handelt, sondern um die 24-jährige Debra Lafave aus Florida, die als Lehrerin Sex mit einem 14-jährigen Schüler hatte (was – wie gesagt – in den USA strafbar ist und u.U. sogar hierzulande gemäß § 174 StGB als “sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen” strafbar wäre). Denn, obwohl auch die jetzt verurteilte Lafave eine Tätowierung trägt, nennt “Bild” sie vergangenen Donnerstag keineswegs ein “tätowiertes Liebesmonster”, sondern “sexy Debra”, “Blondine”, “Amerikas schönste Lehrerin” oder “Verführungsbiest” und schreibt online unter der merkwürdigen Überschrift “Die Lust-Schule der schönen Lehrerin” sogar:

“So schön ist die Sex-Lehrerin – hier klicken!”

Die Meldung über Lafaves Verurteilung* illustriert Bild.de zudem mit einem Foto aus dem “Makes & Models Magazine”, für das sich die Lehrerin in der Vergangenheit leicht bekleidet hatte ablichten lassen, während die gedruckte “Bild” sich lieber für ein Foto Lafaves in der Badewanne entschieden hat. Und dass sie aufgrund ihrer Sexualstraftat künftig nicht mehr als Lehrerin arbeiten darf, ist für “Bild” zum Schluss nur noch ein Anlass, schlüpfrig herumzuwitzeln:

Und das werden viele Schüler in Amerika sicher bedauern.

*) “Bild” schreibt, als Strafe müsse sie “nun drei Jahre jeden Abend um 22 Uhr zu Hause sein. Sie darf frühestens wieder um 6 Uhr morgens raus. Abendessen mit Freunden, Kino, private Verabredungen – alles verboten! Nur arbeiten darf sexy Debra.” Und in der Tat ist Lafave mit drei Jahren Hausarrest und sieben Jahren Bewährung glimpflich davongekommen. US-Medien weisen allerdings darauf hin, dass sich ihr Leben dennoch “dramatisch” ändern werde: So hat ihr die Erziehungsbehörde den Ausbildungsabschluss aberkannt, sie unterliegt der öffentlichen Meldefrist und gilt fürderhin als “sexual offender” (auf deutsch: Sexualstraftäterin).

Mit Dank an Rossi für die Inspiration.

Nachtrag, 28.11.05:
Um genau zu sein, ist in den USA Sex mit Unter-18-Jährigen in einigen Bundesstaaten verboten, Sex mit Unter-16-Jährigen generell.

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Brandenburger “Bild”-Blödsinn

Die “Bild”-Zeitung berichtet ja gern mindestens zwei Mal — dann, wenn sie glaubt, etwas anprangern zu müssen, und dann, wenn “Bild” den Eindruck hat, die eigene Berichterstattung habe irgendeine Reaktion ausgelöst, was ja ab und an passiert…

Bei “Bild” sagt man:
BILD wirkt

Andererseits ist es schon seltsam: Da berichtete “Bild” am vergangenen Dienstag groß über eine Familie, der das Standesamt Frankfurt (Oder) verweigerte, ihren Sohn “Louis” zu nennen, und schrieb:

"Behörden-Irrsinn in Brandenburg - Unser Junge darf nicht Louis heißen"

Und ebenfalls am Dienstag stand in der “Märkischen Oderzeitung” (MOZ) etwas ganz anderes — quasi das Gegenteil:

"Frankfurter Baby darf Louis heißen"

Ja, womöglich ist es sogar mehr als nur seltsam, dass “Bild” sich offensichtlich etwas zuviel Zeit gelassen hatte, die Sache mit dem Namensstreit (den die MOZ übrigens bereits vergangene Woche Samstag ausführlich und exklusiv öffentlich gemacht hatte) abzuschreiben aufzugreifen, ohne vor Veröffentlichung noch mal nachzufragen, wie der aktuelle Stand der Dinge ist.

"Louis darf doch Louis heißen!"Aber natürlich hätte die “Bild”-Redaktion die Peinlichkeit mühelos aus der Welt schaffen können, in dem sie tags drauf z.B. eine entsprechende kleine Meldung nachgeschoben hätte (siehe Montage rechts), die den “Bild”-Lesern die aktuellen Entwicklungen mitgeteilt hätte — und gut.

Stattdessen hat man sich bei “Bild” am Mittwoch für eine ähnliche ganz andere Überschrift entschieden — nämlich diese:

"Nach BILD-Bericht: Louis darf jetzt Louis heißen!" Und nicht nur das. Obwohl die MOZ ja bereits am Dienstag (!) berichtet hatte, der Frankfurter Oberbürgermeister Martin Patzelt habe “gestern” – also bevor in “Bild” auch nur ein einziges Wort zu “Louis” stand – “sofort” dafür gesorgt, dass das Kind doch “Louis” heißen dürfe, behauptete “Bild” am Mittwoch (!) ungeniert:

“Patzelt (58) beendete gestern persönlich diesen Unfug.”
(Hervorhebung von uns.)

Eine glatte Lüge also, mit der auch wir diesen Unfug beenden.

Mit Dank an die MOZ für Hinweis und Scans.

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Trau Stau wem

Heute üben wir einmal, wie man aus einer Pressemeldung einen “Bild”-Artikel macht. Keine Angst, das ist gar nicht so schwer. Die Pressemeldung ist nur drei Sätze lang. Sie stammt von der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt und geht so:

Vollsperrung Anschlussstelle Hamburg-Billstedt

Der 6-streifige Ausbau der Autobahn A1 zwischen den Anschlussstellen Hamburg-Moorfleet und Hamburg-Billstedt erfordert eine Vollsperrung der Auf- und Abfahrt Hamburg-Billstedt Richtung Lübeck ab Dienstag, den 18. Oktober 2005 um 6 Uhr für voraussichtlich drei Wochen. Die Auf- und Abfahrtsrampe wird verbreitert und saniert.

Die Umleitung ist ausgeschildert als U 89 und führt über die B 5 bis zur Anschlussstelle Billstedt-Mitte, weiter über Moorfleeter Straße, Schiffbeker Weg, Schiffbeker Höhe, Glinder Straße zur Anschlussstelle Hamburg-Öjendorf.

Das könnten wir jetzt natürlich einfach leicht und sinngemäß kürzen, wie es das Hamburger Abendblatt gemacht hat. Aber das kann ja jeder. Für einen “Bild”-Artikel müssen wir uns etwas mehr Mühe geben. Mal sehen, wieviel Unruhe wir stiften können, wenn wir statt einer einzigen Auf- und Abfahrt gleich die ganze Autobahn sperren. Und bei der Gelegenheit ersetzen wir den richtigen Namen der Behörde durch einen seit 2001 nicht mehr geltenden und ignorieren, dass die B 5 Teil der U 89 ist.

Baubehörde sperrt die A1 für drei Wochen

Autofahrer in Richtung Lübeck aufgepasst! Ab Dienstag, 18. Oktober, ist laut Baubehörde die A1 zwischen Hamburg-Moorfleet und Hamburg-Billstedt aufgrund von Bauarbeiten voll gesperrt. Drei Wochen dauern die Arbeiten. Solange können Autofahrer über die U 89 und die B 5 bis zur Anschlußstelle Öjendorf ausweichen.

Na, wie haben wir das gemacht? Genau wie am Montag “Bild”.

Seitdem klagen die Mitarbeiter der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt darüber, dass sie nun damit beschäftigt sind, anrufende Autofahrer zu beruhigen und den Fehler aufzuklären. Und wir ahnen plötzlich, wie es zu den Millionen “Verwaltungskosten” pro Kilometer Autobahn kommt, die “Bild” noch am 23. September angeprangert hat.

Danke an Rina G.!

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Sonderangebot: Sportschuhe bei “Bild” nur 51,61 €

Die schlechte Nachricht zuerst: “Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, ist der Verbraucherpreisindex für Deutschland im September 2005 gegenüber September 2004 um 2,5% und gegenüber August 2005 um 0,4% gestiegen. Dies ist die höchste Jahressteigerungsrate seit über vier Jahren (Mai 2001: + 2,7%).” Oder, um es mit Bild.de zu sagen:

Weiter heißt es bei Bild.de:

“Bild.T-Online zeigt, wie sich Löhne, Steuern und Energiekosten auf die Preise für Getränke, Zigaretten, Computer und Lebensmittel auswirken. Klicken Sie hier!

Wir empfehlen allerdings: Klicken Sie lieber nicht!

Denn falls doch, stößt man schon bald auf folgende Rechnung:

Und rechnet man die aufgeführten Posten zusammen, ergibt sich merkwürdigerweise nur ein Gesamtbetrag von 49,89 Euro. Und 13,79 Euro Mehrwertsteuer entsprächen einem Mehrwertsteuersatz bei Sportschuhen von über 38 Prozent. Dabei liegt er doch nur bei derzeit 16 Prozent, weshalb also das Paar Bild.de-Sportschuhe höchstens 41,88 Euro kosten dürfte.

Dass Bild.de überhaupt auf einen “Gesamtwert” von 51,61 Euro kommt, liegt übrigens daran, dass die Zahl “51,61” auch im Geschäftsbericht des Sportfachhandelverbandes VDS vorkommt, den auch Bild.de als “Quelle” nennt — auf Seite 13 nämlich, die nach Angaben das VDS auch Bild.de vorliegt und wie folgt aussieht:


(Für die komplette Liste klicken Sie hier!)

So. Und, ehrlich gesagt, haben wir von Mehrwertsteuerinkasso, betriebswirtschaftlichen Betriebsergebnissen und Betriebshandelsspannen wenig Ahnung. Wir wissen auch nicht, wie aus den 51,61 Prozent “Gesamtspanne” des VDS bei Bild.de plötzlich “51,61 Euro” werden oder was die Zahlen aus einem Geschäftsbericht des Jahres 2004 jetzt in einer “Warum wird alles immer teuer”-Story eigentlich belegen sollen. Wir wissen nicht, warum bei Bild.de von “Sportschuhen” die Rede ist, obwohl die VDS-Kalkulation über Sportschuhe überhaupt nichts aussagt, sondern für alle Sportartikel gilt. Im Gegensatz zu Bild.de aber (wo man nicht einmal richtig abschreiben kann und aus “Miet und Mietwert” einfach “Miet oder Mehrwert” macht), machen wir aus unserer Unkenntnis aber auch keine komplett blödsinnigen Tabellen.

Und jetzt die gute Nachricht: Anders als Bild.de behauptet, werden Schuhe gar nicht teurer. Im Gegenteil! Fragt man beim Statistischen Bundesamt nach, kosteten sie im August sogar zwei Prozent weniger als noch vor einem Jahr.

Mit Dank an Winfried V., Dirk N., Benjamin W. und insbesondere an den VDS-Sprecher Peter F. Thürl, der uns die ganze Angelegenheit dahingehend zusammenfasst, dass Bild.de “wahrscheinlich auf nicht vollständigen betriebswirtschaftlichen Kenntnissen basierend ein entscheidender Fehler unterlaufen” sei.

Nachtrag, 17. Oktober. Bild.de hat heute endlich einen Mitarbeiter mit vollständigeren betriebswirtschaftlichen Kenntnissen aufgetrieben, der offenbar den gesamten Artikel ersatzlos gestrichen hat.

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Von Katzen und dummen Menschen

Gestern berichtete “Bild”:

… und okay-okay, im letzten Absatz, ganz am Ende ihrer Berichterstattung hat “Bild” im Vornamen der darin zitierten Tierschützerin “Annelise Krauß” ein “e” vergessen. Aber selbst Anneliese Krauß findet das nicht so schlimm. Allerdings steht ihr Name natürlich nicht nur zum Spaß in “Bild”. Zitiert wird sie dort – und zwar wie folgt:

‘Das ist so schlimm wie grausame Tierversuche’, wettert Annelise Krauß vom Tierschutzverein Dresden.”

Und das sei nun wirklich “Quatsch”, sagt Krauß, wenn man sie fragt. Weil sie nämlich den von “Bild” zitierten Satz weder gewettert noch gesagt habe. Im Gegenteil: “Das wäre ja auch idiotisch,” sagt Krauß, “denn wenn es um tote Tiere geht, dann ist das ja kein Problem des Tierschutzes!” Zusammenfassend sagt uns die Tierschützerin über die Erfindung von Christian Koch (der laut “Bild” ja “aus Katzen Benzin machen” kann):

“Von unserer Seite ist daran nichts auszusetzen.”

Und genau so habe sie das im Übrigen auch zu “Bild” gesagt. (Aber, so Krauß weiter, wenn “der Herr Helfricht”, also einer der Autoren des “Bild”-Artikels, sie anrufe, dann wisse sie schon aus Erfahrung, dass hinterher Sachen in “Bild” stünden, die sie so gar nicht gesagt habe. Das gehe in Dresden schließlich schon über zehn Jahre so, so Krauß. — Und soviel vielleicht nur zum letzten Absatz des obigen Artikels.)

Kommen wir zum Rest, dem Eigentlichen, also darum, dass “Dr. Christian Koch (55) aus Kleinhartmannsdorf (Sachsen)”, wie es in “Bild” heißt, “aus Katzen Benzin machen” könne: Denn dass die “Benzin”-Überschrift Unsinn ist, verrät schließlich schon der dazugehörige “Bild”-Text selbst, weil darin nur von “Bio-Diesel” oder “Diesel” die Rede ist… Tatsächlich aber hat Koch offenbar eine ungewöhnliche und effektive Alternativmethode zur Treibstoffgewinnung entwickelt: die katalytische drucklose Verölung (KDV), über die beispielsweise schon der MDR im Mai 2003, 3sat im Juli 2004, die “Welt” im Januar 2005, die “Pirmasenser Zeitung” im Juli, der RBB vergangene Woche oder auch RTL berichteten. Und all diesen Berichten ist eines gemein: dass sie dem Gegenstand, über den sie (durchaus auch kritisch) berichten, gerecht werden.

“Bild” indes nennt Kochs Erfindung einen “Spezialreaktor” und schreibt Sätze wie diesen:

“Die Katzen-Kraft lässt sich theoretisch exakt berechnen: Aus einem ausgewachsenen 13-Pfund-Kater könnten 2,5 Liter Sprit entstehen, vier Miezen würden für 100 Kilometer reichen, für eine Tankfüllung wären 20 tote Katzen erforderlich.”

Und fragt man einfach mal nach bei dem “Mann, der (Stuben-)Tiger in den Tank packen kann” (“Bild”), antwortet Christian Koch, der “Bild”-Bericht habe “nichts mit der Wahrheit zu tun” und sei “zudem grenzenlos dumm”. Koch weiter:

“Wie kann man mit gekochtem tierischen Material Auto fahren? Wasser würde jeden Motor sofort zum Stillstand bringen. Hier wird an die niedrigsten Instinkte von dummen Menschen appelliert, um eine wertvolle Entwicklung zu verunglimpfen. (…) Mir zu unterstellen, dass ich mit Tierkadavern herumhantiere, ist kriminell. Das ist nicht im geringsten der Inhalt der Entwicklung und kann deshalb nur als gezielte Verleumdung angesehen werden.”

Auf der Website von Kochs Firma heißt es zudem inzwischen:

Mit Dank an Jan S. für die Anregung.
 
Nachtrag, 12:15:
“Bild” hat die Sache mit der “Katzen-Kraft” heute noch einmal aufgegriffen:

Darf man aus Katzen wirklich Benzin machen?

Doch wenn es jetzt etwas vorsichtiger als gestern heißt, dass Christian Koch “theoretisch auch aus Katzen” Bio-Diesel herstellen “könnte”, wenn jetzt nicht Koch, sondern ein Konkurrent die gestern von “Bild” aus der Luft gegriffene Skandalisierung zurechtrücken darf, wenn nun auch die gelassene Position der Tierschützer weniger sinnenstellend als gestern wiedergegeben wird und sich im heutigen “Bild”-Bericht immerhin ein einziger halbwegs sinnvoller Satz (“Die Diskussion ist überflüssig”) wiederfindet, dann macht das alles den Nonsens von gestern weder ungeschehen noch besser — und sei es nur deshalb, weil es “Bild” offenbar immer noch nicht gelingen will, zwischen “Benzin” (Überschrift) und “Diesel” (Text) zu unterscheiden…

Mehr dazu hier und hier.

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Der Schnarch-Skandal von Lübeck

Es ist der Stoff, aus dem Boulevardzeitungs-Träume sind. Ein Häftling bricht für einen Tag aus dem Gefängnis aus, klettert einfach über den Zaun, und die Aufseherin merkt nichts, weil sie ein Buch liest, aber ein anderer Häftling fotografiert alles und informiert exklusiv die “Bild”-Zeitung. Die macht daraus natürlich eine riesige Geschichte über den “Skandal-Knast von Lübeck” und den “Schnarch-Skandal in der Justizvollzugsanstalt Lübeck-Lauerhof”:

Hier haut ein Knacki ab ... und hier sitzt die Aufseherin in der Sonne

Noch schöner sind solche Knüller natürlich, wenn sie auch stimmen. Also, wenigstens ein bißchen. Wenn sich nicht hinterher herausstellt, dass der angebliche “Knacki” schon im Juli vorigen Jahres entlassen worden sei. Und dass sich die Aufseherin schon seit zweieinhalb Jahren in Altersteilzeit befinde. Und dass der abgebildete Zaun gar kein “Sicherheitszaun” (“Bild”) sei, der das Ausbrechen von Gefangenen verhindern soll, sondern nur eine harmlose Begrenzung. Und dass es für Gefangene im offenen Vollzugsbereich, um den es geht, gar keinen Sinn ergebe, über einen Zaun zu klettern, weil sie einfach durch die Tür gehen könnten. Und dass dieser Bereich mit dem Hochsicherheitsbereich, aus dem im vergangenen Jahr spektakulär der Schwerverbrecher Christian Bogner flüchtete, wie “Bild” bedeutungsvoll erwähnt, nicht das Geringste zu tun habe.

All das haben aber Recherchen der “Lübecker Nachrichten” (LN) ergeben, die in der heutigen Ausgabe der LN nachzulesen sind. Ein Sprecher des Justizministeriums wird darin mit dem schlichten Satz zitiert: “Die Bilder sind ein Fake.”

Die “Lübecker Nachrichten” gehören übrigens fast zur Hälfte zur Axel Springer AG, in der auch “Bild” erscheint. Ihr Artikel endet mit dem Satz:

Die Bild-Zeitung wollte sich dazu gestern nicht äußern.

Vielen Dank an Carsten S. für den Hinweis!

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Stupid PICTURE

Der Schwierigkeitsgrad dieser journalistischen Aufgabe war eigentlich nicht so hoch: Bild.de wollte testen, wie gut verschiedene automatische Übersetzer im Internet funktionieren. Man sucht sich einige deutsche Sätze aus, gibt sie ein, lässt sich das Ergebnis zurückübersetzen. Eine, sagen wir, machbare Aufgabe.

Nicht für Bild.de.

Erster Test: Babelfish.

Unser Testsatz: “Es war so schön mit dir. Wann werden wir uns wiedersehen?”

Die Übersetzung: “It was with you when we will so beautifully see itself again?”

Moment, das ist gar nicht die Übersetzung von Babelfish! Das ist nur dann die Übersetzung, wenn man zu blöd ist vergisst, zwischen den beiden Testsätzen den Punkt mit einzugeben. Gibt man tatsächlich die Sätze von Bild.de ein, bekommt man die deutlich sinnvollere Übersetzung: “It was so beautiful with you. When will we see ourselves again?”

Später versucht es die Autorin beim Übersetzungsmodul von Google.

Testsatz: “Es war so schön mit dir. Wann werden wir uns wiedersehen?”

Die Übersetzung: “It was with you when we will so beautifully see itself again?”

Die Gegenprobe: “Es war mit Ihnen, wenn wir so schön uns wieder sehen?”

Bewertung: Die zwei Sätze scheinen es in sich zu haben. Google liefert dieselbe Wirrwarr-Übersetzung wie Babelfish.

Tja, und wie kommt das? Weil die Autorin schon wieder zu doof war vergessen hat, den Testsatz korrekt mit dem entscheidenden Satzzeichen zu übertragen. Trotzdem: Gibt Punktabzug für Google.

Und wir halten als tatsächliches Testergebnis fest: Wenn man es nicht schafft, in Übersetzungsprogramme das einzugeben, was man übersetzen lassen will, schaffen es die Übersetzungsprogramme nicht, das zu übersetzen, was man übersetzen wollte, aber nicht eingegeben hat.

Korrektur und Nachtrag, 17.13 Uhr: Die Autorin hat etwas anderes falsch gemacht, als wir dachten. Sie hat nicht den Punkt weggelassen, sondern aus “dir” im Testsatz “Dir” gemacht. Das hat Babelfish und Google verwirrt. Und uns auch.

Und noch einen Testsatz hat Bild.de nicht so eingegeben wie behauptet. Mit dem Wort “schau” in “Ich schau dir in die Augen, Kleines” haben Google und Babelfish nämlich Probleme: Sie übersetzen es gar nicht. Die Autorin muss es in “schaue” geändert haben, um zu den angegebenen Ergebnissen gekommen zu sein.

Und überhaupt, die Bewertung: Babelfish und Google liefern exakt die gleichen Übersetzungen. Aber Babelfish bekommt dafür von Bild.de ein “befriedigend” und Google ein “gut”.

Und den von Lycos produzierten Satz “Do we go to you or to me?”, der jeden Engländer grausen lässt, hält Bild.de für eine “tadellose” Übersetzung der Frage “Gehen wir zu dir oder zu mir?”

P.S.: Verblüfft stellt Bild.de auch fest, dass in dem Testsatz “Gehen wir zu dir oder zu mir?” nach Hin- und Rückübersetzung bei allen Angeboten aus dem “Du” ein “Sie” geworden ist.

Auch Google kennt keinen Unterschied zwischen einem höflichen “Ihnen” und einem vertrauten “dir”. Davon abgesehen ist das Ergebnis aber sehr gut.

Menschmenschmensch, dass Google da aber auch keinen Unterschied kennt… Ob es daran liegen könnte, dass die englische Sprache da keinen Unterschied kennt? (Ja, könnte es, und im Lycos-Test räumt Bild.de das sogar ein.)

Nachtrag, 18.00 Uhr: Dass Bild.de zum Testergebnis von Online-Translator den Screenshot von Babelfish zeigt, ist dann auch schon egal.

Danke an Gulli für den Hinweis und Mayweather für die Inspiration und viele andere für Aufklärung bei der Sache mit dem Punkt.

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Auch bekannt als QUARK

Die so genannte “Vogelgrippe” (aviäre Influenza) ist laut Wikipedia “eine erstmals 1878 in Italien beobachtete, durch Viren hervorgerufene anzeigepflichtige Tierseuche”.

Das so genannte “SARS” (Severe Acute Respiratory Syndrome) ist laut Wikipedia “eine Infektionskrankheit, die erstmals im November 2002 in der chinesischen Provinz Guangdong beobachtet wurde”.

Beide Krankheiten traten in den vergangenen Jahren im asiatischen Raum auf, haben ähnliche Symptome, können für den Menschen tödlich sein und sorgen hierzulande gern für Schlagzeilen. Vogelgrippe und Sars haben aber überhaupt nichts miteinander zu tun – außer vielleicht, dass “Bild” das überhaupt nicht begriffen hat.

Denn in der Leipzig-Ausgabe der “Bild” fand sich gestern der folgende Artikel:

Bebildert ist der “Vogelgrippe”-Text mit einem SARS-Virus (unten) und einem SARS-Arzt (links). Und um die Verwirrung komplett zu machen, ist im Text selbst von der “Lungenkrankheit SARS (Vogelgrippe)” die Rede, was bei einer Zeitung, die eine Aids-Erkrankung und eine HIV-Infektion nicht unterscheiden kann, vielleicht nicht weiter verwundert. Und sagte nicht auch ein Mitbewohner der Verstorbenen “fassungslos” zu “Bild”, “Meike war genau zur SARS-Zeit in China. Hoffentlich war sie nicht an Vogelgrippe erkrankt”?

Zum Glück hat “Bild” aber neben den Text extra noch einen Infokasten mit der Überschrift “Was ist die Vogelgrippe?” gesetzt, in dem “Bild” gleich zu Beginn ausdrücklich behauptet, die Vogelgrippe sei “auch als SARS (…) bekannt”. Doch das ist nicht nur falsch, sondern auch sehr verwunderlich: Der Rest des “Vogelgrippe”-Infokastens nämlich sieht ganz so aus, als wäre er (teilweise sogar wörtlich) aus einem der eingangs zitierten Wikipedia-Einträge abgeschrieben – genauer gesagt, aus dem zu SARS.

Mit Dank an Stefan R. für Hinweis, den selbstlosen Kauf einer “Bild”-Zeitung und den Scan!

Nachtrag, 17:00:
Dass es sich bei der Toten überhaupt um einen Vogelgrippe-Fall handelt, ist laut “Leipziger Volkszeitung” übrigens “momentan eine reine Mutmaßung”.

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Die halbe Geschichte vom tierlieben Schläger

Es ist eine herzerweichende Geschichte, die die “Bild”-Zeitung am Freitag ihren Lesern erzählt. Es ist die Geschichte von einem Mann, einem tierlieben, herzensguten Mann, der selbst “Echsen, Vögel, Fische und Schildkröten” hält, aber einen Schäferhund mit der bloßen Faust erschlagen “mußte”, um den kleinen Chihuahua seiner Tochter zu retten.

Der freilaufende Schäferhund hatte sich auf das viel kleinere Tier gestürzt und ihm Verletzungen zugefügt, an denen es später starb. “Bild” zitiert den Mann mit den Worten:

“Ich packte den Schäferhund am Hals, drückte zu. Dann schlug ich mit der rechten Faust immer wieder genau oben auf seinen Kopf, bis er sich nicht mehr bewegte.”

Soweit ist der Tathergang unstrittig. “Bild” kennt zudem angeblich sogar Größe und Gewicht des Schäferhundes und schreibt, dass er nur mit Leine und Maulkorb hätte herumlaufen dürfen. Der “Bild”-Artikel endet mit den Worten:

Besitzerin Angie H. (70) hatte sich nicht daran gehalten. Statt sich bei Hans-Werner Arp zu entschuldigen, zeigte sie ihn an …

Vielleicht sollen die drei Pünktchen am Ende des “Bild”-Artikels andeuten, dass bis hier die Geschichte nur halb erzählt wurde. Denn in der Pressemitteilung der Polizei und den Berichten der Nachrichtenagenturen ddp, AP und AFP (nachzulesen auch beim NDR und der “Rheinischen Post”) steht noch etwas nicht ganz Unwesentliches, das auch die Anzeige der Frau ein klitzekleines bisschen weniger absurd erscheinen lässt: Nachdem der tierliebe Mann den Schäferhund erschlagen hatte, nahm er sich nämlich noch dessen 70-jährige Besitzerin vor und “verpasste ihr mehrere Hiebe ins Gesicht“, so dass sie sich “ein Hämatom und eine starke Schwellung an der Nase” zuzog, wie die Polizei mitteilte.

Diese Kleinigkeit fand die “Bild”-Zeitung ebenso zu vernachlässigen wie die Möglichkeit, dass der Mann den Schäferhund keineswegs töten “musste”, sondern aus Rache und Wut handelte, wie alle Nachrichtenagenturen mutmaßen.

Danke an Charalampos T. und Stefan S. für die Hinweise!

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