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“Bild” macht Mann zum “Kinderschänder”

Bei der “Bild”-Zeitung ist die Meinung weit verbreitet, dass Angeklagte eigentlich irgendwie auch immer schuldig sind. Entsprechend hat “Bild” kein Problem damit, Angeklagte vor einer Verurteilung vorzuverurteilen. Wie schlecht diese Idee ist, zeigt der Fall “Frank M.”:

Anfang Dezember 2008 stand in der “Bild”-Zeitung eine Geschichte, die wie gemacht war für den Boulevard. Es ging darum, “wie die Thea (14) aus Leipzig einen Sexstrolch fing”. “Bild” berichtete groß und ziemlich eindeutig:

"Wie die Thea (14) aus Leipzig einen Sexstrolch fing - Mädchen überführte Fummler mit Handy"

Thea ist erst 14 aber unterschätzen sollte man sie nicht. (…) Mit einem Trick und einer großen Portion Mut überführte sie einen Kinder-Schänder! (…) Der Vorwurf laut Staatsanwalt Michael Höhle: zwischen 2001 und 2007 soll er vier Mädchen (11-12) an ihren intimsten Stellen befummelt haben, darunter seine eigene Tochter.

“Bild” ließ kaum Zweifel daran, dass der vermeintliche “Kinder-Schänder” Frank M. schuldig sei. Zwar ließ sie ihn und dessen Anwalt die Vorwürfe kurz abstreiten (“Alle Vorwürfe sind falsch”, “Was meinem Mandanten vorgeworfen wird, stimmt nicht”), schrieb aber direkt im Anschluss:

Doch die Beweislage lastet schwer. Denn es gibt eine Tonaufzeichnung von einer der Taten des Kinderschänders. Die mutige Thea hat Frank M. damit zur Strecke gebracht!

Detailliert schildert “Bild”, wie “Thea” und ihr Bruder mit einem “Handy-Trick” Frank M. “zur Strecke” brachten:

“Am 13. Januar 2007 lockte er mich zu sich (…)”, erzählt das Mädchen. (…) [Ihr Bruder] sollte sie anrufen, nachdem sie bei Frank M. eingetroffen war. Damit er alles mithören und aufzeichnen konnte. In der Wohnung zog sich Frank M. aus, befummelte die Schülerin. (…) Am anderen Ende der Leitung hörte Theas Bruder alles mit, zeichnete das Gespräch auf. (…) “Dann sind wir mit den Handyaufzeichungen zur Polizei, haben ihn angezeigt”, sagt das tapfere Mädchen.

Anfang Januar sprach das Amtsgericht Leipzig Frank M. von “allen Vorwürfen” des sexuellen Missbrauchs frei.

Das überrascht angesichts der geradezu erdrückenden “Beweislage”, die “Bild” nach dem ersten Verhandlungstag schilderte. Allerdings hatte die mit dem Verlauf der Verhandlung ohnehin nur sehr wenig zu tun.

Was womöglich kein Wunder ist. “Bild”-Autorin Angela Wittig war offenbar einen erheblichen Teil der Verhandlung gar nicht im Saal. So schildert es uns jedenfalls der von “Bild” als “Fummler”, “Sexstrolch” und “Kinder-Schänder” verunglimpfte Frank M.: Der erste Verhandlungstermin habe ein paar Stunden gedauert, die “Bild”-Mitarbeiter seien jedoch nach etwa einer Dreiviertelstunde aus dem Saal gegangen und hätten “Thea” draußen “bearbeitet” und offenbar auch fotografiert (siehe Ausriss oben). Am zweiten Verhandlungstermin im Januar, an dem auch der Freispruch verkündet wurde, sei indes niemand mehr von “Bild” da gewesen.

Und anders als das Gericht, das bereits nach dem ersten Verhandlungstermin den seit 2007 bestehenden Haftbefehl gegen Frank M. aufhob, glaubte “Bild” der “mutigen Thea” offenbar jedes Wort und schrieb das am nächsten Tag ohne jede Distanz auf.

Wäre die “Bild”-Zeitung etwas länger geblieben und hätte der Verhandlung mehr Aufmerksamkeit geschenkt, hätte sie eigentlich mitbekommen müssen, was uns der Anwalt von Frank M., Stephan Bonell, erzählt:

  • dass auf dem vermeintlichen Handy-Mitschnitt des sexuellen Missbrauchs außer Rauschen nichts zu hören gewesen sei;
  • dass die Polizei das bereits am Tag, als “Thea” Frank M. angezeigt hatte, festgestellt hatte;
  • dass die Widersprüche in den Aussagen der Mädchen, die Frank M. sexuell missbraucht haben sollte, so groß gewesen seien, dass das Gericht sie als “unglaubwürdig” eingeschätzt habe.

Laut Frank M. handelt es sich bei den Anschuldigungen um eine pubertäre Racheaktion an ihm und seiner Tochter.

Unabhängig davon zeigt die Urteilsbegründung vom Januar, was das Gericht von den Aussagen der “Opfer” hielt. Zu den Anklagepunkten 4., 5. und 6. (insgesamt waren es sechs), die auf der Aussage von “Thea” beruhten und in denen es jeweils darum ging, wie Frank M. sie und andere Mädchen sexuell missbraucht haben sollte, heißt es unter anderem:

Diese Zeugin ist als völlig unglaubwürdig einzuschätzen, nachdem sie (…) dargelegt hat, dass sie das Tatgeschehen zu 4. frei erfunden habe und sich an das Tatgeschehen zu 5. überhaupt nicht mehr erinnern konnte. Ihre Aussagen (…) besonders auf Punkt 6. bezogen, sind darüberhinaus derart widersprüchlich, dass ihnen nicht gefolgt werden kann. Insbesondere durch die Aussagen ihres Bruders (…), der ohne Umschweife in der Hauptverhandlung kundtat, den Angeklagten in den Knast bringen zu wollen, wurde deutlich, dass dem Angeklagten auch das Tatgeschehen vom 13.01.2007 nicht angelastet werden kann.

Pressekodex:

Richtlinie 13.2 – Folgeberichterstattung
Hat die Presse über eine noch nicht rechtskräftige Verurteilung eines Betroffenen berichtet, soll sie auch über einen rechtskräftig abschließenden Freispruch (…) berichten, sofern berechtigte Interessen des Betroffenen dem nicht entgegenstehen.

Zu den zwei weiteren Zeuginnen (die Tochter von Frank M. hatte die Aussage verweigert), merkt das Gericht an, ihre Aussagen seien “bemerkenswert widersprüchlich” zu vorherigen gewesen.

All das hätte die “Bild”-Zeitung spätestens am 6. Januar bei der Verkündung des Freispruchs zumindest in groben Zügen erfahren können – hätte sie sich die Mühe gemacht, über den Ausgang des Verfahrens zu berichten, wie es ihre Pflicht gewesen wäre (siehe Kasten). Hat sie aber nicht.

Für die “Bild”-Zeitung und ihre Leser ist Frank M. immer noch der “Fummler”, der “Sexstrolch” und der “Kinder-Schänder”.

Mit Dank auch an Mario S. und Uwe H.

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Heute anonym XXIII

Es ist nicht so, dass sich die “Bild”-Zeitung um sonderlich große Objektivität bemüht hätte, als sie gestern über den Gerichtsprozess eines Mannes berichtet, der im März 2008 mit einem Schulbus wegen defekter Bremsen einen Unfall verursachte, bei dem 14 Kinder z.T. schwer verletzt wurden.

Der “Bild”-Artikel über den “Schulbus-Horror” im “Horror-Bus” beginnt mit den Worten:

Ihr hübsches Gesicht ist für immer entstellt: Melissa R. (14) saß im Horror-Bus von Friedersreuth!

Weiter heißt es:

Beim Prozess gestern in Weiden sah sie zum ersten Mal den Mann wieder, der sie und 13 Mitschüler ins Verderben fuhr:

(…) Doch vor Gericht redete er sich raus: “Von defekten Bremsen hab ich nix gemerkt, da brannte nie ein Licht. Für die Kinder tut es mir leid.”

Das hilft Melissa nichts mehr: Mit Salben verdeckt sie notdürftig ihre Narben. Zu BILD sagte sie: “Die Wunden tun noch immer weh. Ich verstehe nicht, wie man mit kaputten Bremsen fahren kann.”

“Bild” nennt den Angeklagten “Senior-Chef” des Bus-Unternehmens, kürzt seinen Namen jedoch als “Anton M.” ab und macht auch sein Gesicht mit einem schwarzen Balken halbwegs unkenntlich…

… um dann aber direkt daneben ein Foto des verunglückten Busses zu zeigen, auf dem in großen Lettern der komplette Name des Bus-Unternehmers nebst Ort und Telefonnummer steht.

Wer “Bild”-Leser kennt, weiß, dass das keine gute Idee ist.

P.S.: Auch Bild.de zeigte gestern das Busfoto mit Namen und Telefonnummer ohne jede Unkenntlichmachung. Erst nachdem wir die Bild.de-Redaktion auf den mangelhaften Schutz der Identität des Mannes aufmerksam gemacht und um Stellungnahme gebeten hatten, wurde die Busbeschriftung nachträglich verpixelt. Eine Antwort erhielten wir (wir kennen das) nicht.

Mit Dank an Marcus F. für den sachdienlichen Hinweis sowie an Birgit S. und Nicole K. für den Scan!

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Polizei: “Bild” gefährdet Kinderporno-Ermittlungen

Aus einer Pressemitteilung der Polizei vom 21.1.2009:

Die Polizeidirektion Schwalm-Eder ermittelt aktuell in einem Tatkomplex wegen Besitz/Verschaffung und Verbreiten von kinderpornographischen Schriften. (…)

Wir bitten ausdrücklich um Verständnis, dass zum jetzigen Zeitpunkt, aus ermittlungstaktischen Gründen, um die weiteren Ermittlungen und damit die Aufklärung weiterer Straftaten nicht zu gefährden, keine weiter gehenden Detailinformationen gegeben werden. Aus dem gleichen Grund bitten wir Sie, von diesem Sachverhalt zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht öffentlich zu berichten. (…)

Diese Pressemitteilung wurde gestern anfragenden Journalistinnen und Journalisten, die lokal von Durchsuchungsmaßnahmen Kenntnis erhalten hatten, übermittelt – verbunden mit der ausdrücklichen Bitte, von einer Veröffentlichung einstweilen abzusehen, um den Ermittlungserfolg nicht zu gefährden. Da sich offenbar ein Presseorgan* nicht in der Lage sah, dieser – sicher verständlichen Bitte – zu entsprechen und somit eine unbekannte Anzahl von Verfahren gefährdet hat, sollen auf diesem Wege alle Medien auf den gleichen Stand gebracht werden. Von weiteren Nachfragen bitten wir derzeit abzusehen und auch für eine evtl. Veröffentlichung zu bedenken, dass die Durchsuchungen noch immer nicht abgeschlossen sind und jede weitere Publikation dazu führen kann, dass Besitzer und Verbreiter kinderpornografischer Dateien aktuell vor den Strafverfolgungsbehörden und deren geplantem Zugriff gewarnt werden.

*) Überraschung! Bei dem “Presseorgan”, das nach Einschätzung der Polizei “eine unbekannte Anzahl von Verfahren gefährdet” und womöglich dafür gesorgt hat, dass “Besitzer und Verbreiter kinderpornografischer Dateien aktuell vor den Strafverfolgungsbehörden und deren geplantem Zugriff gewarnt werden”, handelt es sich um… “Bild”.

Mit Dank an Flo F. für den Hinweis.

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Mit leichten Abwendlungen

Karl Wendl ist Bild.de-Kolumnist und schreibt seit gut zwei Jahren über nichts Geringeres als “die Zusammenhänge der Weltpolitik”. Schließlich ist Wendl viel herumgekommen: Kriegsreporter in Bosnien und im Irak war er, in Österreich langjähriges Mitglied der Chefredaktion der Wiener Info-Illustrierten “News” und zwischenzeitlich auch mal Auslandschef bei Springers “Welt am Sonntag”. 1998 spürte er (für “News”) den österreichische Millionenbetrüger Wolfgang Rieger in den Bergen vor Nizza auf, zehn Jahre später traf er (für “Bild”) Margot Honecker in Nicaragua; er interviewte Radovan Karadczic (für “News”) und Al Gore (für “Bild”). Für “Bild” beantwortete er im US-Wahlkampf u.a. auch “die wichtigsten Fragen zum ‘schwarzen Kennedy'” und andere (“Der Fluch der Kennedys: Was hat das Schicksal bloß gegen diesen Clan?”, “Ist der Krieg im Irak am Ende doch ein Erfolg?”).

Die “FAZ” nannte Wendl mal einen “Vollprofi”.

Schlagzeilen macht Wendl jedoch zuletzt vor einem Jahr, als ihn der US-amerikanische “Star-Kolumnist und Pulitzer-Preisträger” Jim Hoagland “in der renommierten ‘Washington Post’, größte Tageszeitung der amerikanischen Hauptstadt”Äh, Quatsch! Schlagzeilchen machte Wendl zuletzt vor zwei Jahren, als sich “News” (die er 1992 mitgegründet hatte) kurzerhand von ihm trennte. Der Vorwurf damals: In der deutschen Ausgabe der Zeitschrift “Vanity Fair” war zu einigen umstrittenen Fotos des österreichischen Ex-Ministers Karl-Heinz Grasser ein Grasser-Portrait gedruckt worden, das Wendl ohne Rücksprache mit seinem Arbeitgeber für das deutsche Magazin verfasst hatte. Die “Zeit” schrieb dazu:

Das ist schon mal schlecht. Noch schlechter ist aber, dass die im Artikel verwendeten Zitate von [Grasser] aus diversen anderen Interviews zusammengesucht waren – ohne Quellenangaben.

Schlecht war das mit den zusammengeklaubten Zitaten offenbar vor allem deshalb, weil Wendls Text damit den Eindruck erwecken konnte, als habe Grasser (der laut “Süddeutsche Zeitung” Wünsche des Magazins nach einem Interview immer abgelehnt haben soll) eine gemeinsame Sache mit der “Vanity Fair” gemacht.

Nun ja.

Wenig später jedenfalls bekam Wendl dann seinen Job bei “Bild” — und eine Bild.de-Kolumne über nichts Geringeres als “die Zusammenhänge der Weltpolitik”.

Darin schrieb er gestern über den arabischen TV-Sender Al Jazeera (siehe Screenshot [pdf]).

Man könnte auch sagen: Wendl schrieb ab — aus einem Artikel über den arabischen TV-Sender Al Jazeera, veröffentlicht am Vortag in der Schweizer “NZZ am Sonntag”, ohne Quellenangabe oder einen Hinweis auf das “NZZ”-Original, dafür aber mit kleinen Abwendlungen (“Gaza-Krieg” statt “Gaza-Krise”, siehe folgende Beispiele).

“NZZ am Sonntag” Wendls Bild.de-Kolumne
Kein anderer Sender berichtet so ausführlich über die Gaza-Krise, keiner ist so populär und einflussreich in der arabischen Welt. (…) Kein anderer Sender berichtet so ausführlich über den Gaza-Krieg, keiner ist so populär und einflussreich. (…)
(…) Doch die israelische Regierung tut derzeit genau das Gegenteil. Sie sucht die Nähe zum 1996 gegründeten Sender aus dem Emirat Katar. Aussenministerin Tzipi Livni versorgte den Sender vergangene Woche mit einem Exklusivinterview. Der Oppositionsführer Benjamin Netanyahu gab sich ebenfalls die Ehre, Sprecher der israelischen Regierung und der Armee tauchen im Stundentakt zu Live-Interviews und Talkrunden auf al-Jazira auf. (…) Die Regierung in Jerusalem macht deshalb das genaue Gegenteil. Sie sucht sogar die Nähe des mächtigen TV-Kanals. Außenministerin Tzipi Livni gab dem Sender ein Exklusivinterview. Oppositionsführer Benjamin Netanyahu trat ebenfalls auf. Die Sprecher der israelischen Regierung und der Armee informieren seit Beginn der Bodenoffensive fast im Stundentakt in Live-Interviews und Talkrunden über die jeweiligen Entwicklungen.

Es sind nicht die einzigen, fast wörtlichen Übereinstimmungen. Kaum eine Info, kaum ein Gedanke in Wendls Kolumne, der sich nicht auch in der “NZZ am Sonntag”-Vorlage fände und von Wendl bloß kunstvoll auseinandergeschnippelt und neu zusammengestückelt wurde.

Aufgefallen war das alles gestern dem Chefredakteur des Schweizer Medienmagazins “Klartext”, Nick Lüthi, der nicht nur in seinem Blog darüber schrieb, sondern auch Wendl um Stellungnahme zum Plagiatsvorwurf bat. Eine Antwort erhielt Lüthi nicht.

Aber seit heute ist die aktuelle Kolumne des “Vollprofis” Wendl aus dem Angebot von Bild.de verschwunden.

Nachtrag, 20.45 Uhr: Karl Wendl weist uns darauf hin, dass Nick Lüthi von ihm inzwischen eine Antwort erhalten habe. Lüthi selbst fasst sie in einem Update seines Blog-Eintrags so zusammen:

Karl Wendls Erklärung für den “Irrtum” lautet wie folgt. Er habe der Redaktion versehentlich eine “Skizze”, statt des fertigen Artikels gemailt und das unfertige Stück sei dann veröffentlicht worden. Als er nach unserem Hinweis den “Irrtum” bemerkte, habe er die Redaktion umgehend angewiesen, den Text von der Webseite zu entfernen.*

*) Wir halten diese Erklärung für unplausibel, sind von Bild.de-Kolumnisten aber auch nichts anderes gewohnt.

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Bild.de beweist: Welt-Aids-Tag immer noch nötig

Heute ist Welt-Aids-Tag. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sieht ihn u.a. als Anlass, “Solidarität mit den Betroffenen auf der ganzen Welt zu zeigen” und “aufzuklären”. Weiter heißt es auf welt-aids-tag.de:

Und jeder kann mitmachen.

Bild.de hat sich das nicht zweimal sagen lassen und präsentiert:

"Die wichtigsten Fragen und Antworten zu HIV und Aids"

Eine der Fragen lautet:

"Gibt es Risikogruppen?"

Und die Bild.de-Antwort kann sich sehen lassen:

"Homosexuelle Männer und Drogenanhängige sind besonders gefährdet, aber leider auch Unschuldige: Unter den 63 500 Infizierten sind auch etwa 400 Kinder, die HIV über ihre Mutter bekommen haben."

Mit Dank an Kermit für den Hinweis!

Nachtrag, 17.40 Uhr: Bild.de zeigt plötzlich doch noch ein wenig Solidarität mit den Betroffenen und hat die Antwort geändert. Nun heißt es: “Homosexuelle Männer und Drogenabhängige sind besonders gefährdet. Unter den 63 500 Infizierten sind aber auch etwa 400 Kinder, die HIV über ihre Mutter bekommen haben.”

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Heute anonym XX

Seit gestern berichtet “Bild” in großer Aufmachung über “Berlins schlimmsten Schulschwänzer”. Sie hat immerhin seinen Namen geändert und nennt den Jungen:

Taran N.*
*Name geändert.

Die “Bild”-Leute haben sogar daran gedacht, auf dem Zeugnis von “Taran”, das sie heute zeigen, den richtigen Namen und seinen Geburtstag zu schwärzen. Sie haben nur übersehen, dass der richtige Vorname auch im Text zweimal genannt wird, wo man ihn mit ein bisschen Mühe ganz gut entziffern kann.

Komisch. Manche Dinge passieren “Bild” wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder.

Mit Dank an Heiko F., Christian K., Kai D., Marlon K., Thomas und Daniel J.!

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Bild.de verliert beim Memory mit Maddie

Selbst wenn man sie Tag für Tag liest, die ganzen unrecherchierten, unredigierten Artikel auf Bild.de, deren Fehler wir in der Masse längst aufgehört haben zu korrigieren — manchmal ist es trotzdem schockierend zu sehen, welche Gleichgültigkeit und Verachtung die Redaktion Tatsachen entgegenbringt. Wie sie nicht einmal das Minimum an Arbeit und Sorgfalt investiert, um bei Artikeln, die sie nur aus anderen Boulevardzeitungen abschreibt oder übersetzt, den Originaltext wenigstens im Kern verstanden zu haben.

Vielleicht ist es auch so, dass Bild.de-Mitarbeiter in diesen Fällen in einer Art redaktionsinternem Memory-Spiel die jeweilige Quelle nur eine Minute gezeigt bekommen und dann mit verbundenen Augen aufschreiben müssen, was sie behalten haben.

Jedenfalls glaubt Bild.de, diese Neuigkeiten über den Fall Maddie aus der britischen Zeitung “Daily Mail” übernommen zu haben:

Aber das Foto, das Bild.de zeigt, ist nicht von der Polizei geheim gehalten worden. Es ist nicht in einem “Supermarkt in Holland” aufgenommen worden. Es wurde auch nicht “nur Stunden nach dem Verschwinden von Madeleine McCann (5) aus der Ferienanlage in Portugal in einem Amsterdamer Geschäft gefilmt”. Und das behauptet auch nicht die “Daily Mail”.

Das Foto, das Bild.de zeigt, ist einen halben Tag nach Maddies Verschwinden in einer Tankstelle in Portugal aufgenommen worden. Es ist ihren Eltern noch am selben Tag gezeigt worden, die sofort ausschlossen, dass es sich um ihre Tochter handele. So berichtet es die “Daily Mail”.

Die “Daily Mail” berichtet in ihrem Artikel auch davon, dass einige Tage später ein Mädchen in einem Geschäft mit Partyartikeln in Amsterdam gesehen worden sei, bei dem es sich um Maddie gehandelt haben könnte. Davon gibt es aber keine Videoaufnahmen oder Fotos. Der “Daily Mail”-Artikel ist also ein Artikel über mehrere Vorfälle.

Die gedruckte “Bild”…

hat es übrigens geschafft, das Foto dem richtigen Land, Zeitpunkt und Vorfall zuzuordnen, fügt aber hinzu: “War es Maddie?” — eine Frage, die die Eltern laut “Daily Mail” längst mit Nein beantwortet haben.

Das ist schon zuviel für die Aufmerksamkeitsspanne der Bild.de-Mitarbeiter. Sie haben die Fakten der beiden Fälle so gründlich durcheinander gewürfelt, dass im Ergebnis nichts mehr stimmt. Sie sind schon an der Aufgabe gescheitert, auf der Grundlage eines Artikels einen eigenen Artikel zu schreiben.

Mit Dank an Vengo für den sachdienlichen Hinweis.

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Franz Josef Wagner und die Nebel von Avon

Jedes Jahr um diese Zeit feiert Franz Josef Wagner zwei Geburtstage. Seinen eigenen und den von Mick Jagger. Eine ganz besondere Beziehung verbindet den “Bild”-Autor mit dem Sänger. Kein Wunder: Ihre Biographien weisen verblüffende Parallelen auf.

Beide sind im Sommer 1943 geboren. Beide sind Männer. Jaggers Mutter war Avon-Beraterin, Wagners Mutter Handarbeitslehrerin. Jagger macht Musik, Wagner hört sie.

Zum 60. Geburtstag Jaggers schrieb Wagner in der “Welt”:

Wenn man an 60 denkt, dann denkt man, dass die betreffende Person Schwierigkeiten beim Einparken hat und gelegentliche Unsicherheit im Personengedächtnis. Ich glaube, dass man mit 60 triumphierend jung sein kann — wenn man ein Rock ‘n’ Roller ist. Jeder Orthopäde sagt, dass das Geheimnis die Bewegung sei. Tanzen wir den Tod zum Teufel. Der 60-jährige Mick Jagger tanzt das Leben vor. In einer Woche werde ich 60.

Zum 63. Geburtstag Jaggers schrieb Wagner in “Bild”:

Rock ‘n’ Roll ist ein Lebensentwurf – es ist auch mein Lebensentwurf. Wir rocken uns den Tod weg, die Bandscheibe, die Prostata, die Röchel-Lunge. Ich liebe Mick Jagger nicht nur, weil er “Satisfaction” singt, sondern weil seine Mutter Avon-Beraterin war. Der Sohn einer Avon-Beraterin wird Mick Jagger — was für ein Traum, was für ein Märchen!

Und ein paar Tage später in der “taz”, nach einem Konzert der Stones:

Mick Jagger ist eine Woche älter als ich, er wird am 26. Juli 63, ich am 7. August. Aber es waren viele tausend noch Ältere im Berliner Olympiastadion als wir beide. Vielleicht war es das, was wir feierten: dass die Katastrophen wie Weltuntergang, Raucherkrebs, Prostata, Herz, Venen nicht eingetreten waren und auch in dieser Nacht nicht eintreten würden. (…)

“What can a poor boy do except to sing for a rock’n’roll band”, fragte Mick Jagger vor 40 Jahren in seinem Ur-Song “Street Fighting Man”. Vor 40 Jahren — wo war ich?

Vor 40 Jahren hing ich auch an den Fersen des Glücks. What can a poor boy do … Micks Mutter war Avon-Beraterin, meine Handarbeitslehrerin, sie unterrichtete Mädchen im Stricken und Tischdecken. Da war nicht viel Kohle zu holen. Also, what can a poor boy do?

Er kann Zahnarzt werden, Astronaut werden, er kann sein Leben verschlafen, er kann Mick Jagger werden, oder er kann im Drogenrausch wie der beste Rolling Stone, Brian Jones, im Swimmingpool ertrinken. Er kann ein Gesicht wie Keith Richards kriegen, er kann Bianca Jagger heiraten, Jerry Hall. Er kann sieben Kinder mit vier Frauen zeugen, er kann aber auch als PR-Gag auf eine Palme klettern und herunterfallen. Er kann Boulevard-Reporter werden, Gossen-Goethe. Er kann eigentlich alles werden, wenn er ein Street Fighting Man ist.

Und heute nun wird Mick Jagger 65. Und Franz Josef Wagner, der “Gossen-Goethe”, schreibt in “Bild”:

Sie sind eine Woche älter als ich, heute werden Sie 65, ich am 7. August. Was gibt’s für uns 65-Jährige zu feiern? Zuallererst, dass wir überlebten und Leber, Lunge, Arterien sich bisher nicht bemerkbar machen. Den Genen sei Dank!

Es war im Sommer 62, vor 46 Jahren, als ich Ihren Ursong “Street Fighting Man” zum ersten Mal hörte. Ich war damals ein Junge wie Sie. Ihre Mutter war Avon-Beraterin, meine Mutter war Handarbeitslehrerin. (…) Man konnte damals schnell abgleiten in die Hippie- und Kifferkultur.

Von einem Tag auf den anderen riss mich Ihr “Street Fighting Man” aus dem Kiffen heraus. “What can a poor boy do except to sing for a rock ‘n’ roll band”. (…)

Ihr Song hat mich gerettet. Ihr Song war eine Aufforderung, seine eigene Kraft zu entdecken.

Ja, so war es. Es war dieser Song. Alle, die dabei gewesen waren und heute Zahnärzte sind, Therapeuten, Rechtsanwälte, werden es bestätigen. Es war dieser Song. (…)

Rock ‘n’ Roll hat die Welt immer verbessert. Vor 46 Jahren wurde ich durch Mick Jagger Rock ‘n’ Roller – ich liebe die Freiheit.

Aber was immer Franz Josef Wagner vor 46 Jahren vom rechten Weg abbrachte und ihn veranlasste, einen Karrierepfad einzuschlagen, an dessen Ende er heute täglich einen Brief in der “Bild”-Zeitung schreibt — die Rolling Stones und “Street Fighting Man” waren es nicht. Ihr erstes Album brachten die Stones 1964 heraus. “Street Fighting Man” wurde, inspiriert von den Studentenunruhen in Paris, 1968 aufgenommen und veröffentlicht.

Wann hörte Franz Josef Wagner also mit dem Kiffen auf? Man weiß es nicht. Aber nach dem Konzert der Stones fuhr er mit dem Taxi nach Hause: “Richtung Paris Bar, um mich mit Alkohol noch ein bisschen mehr in Stimmung zu bringen.”

Mit Dank an Steffen B., Manfred L., Maren, Andreas und Map!

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Max Mosley: “Bild” soll zahlen

Selbst für die in solchen Fällen nicht ganz unerfahrenen Anwälte des Axel Springer Verlags dürfte dieser Fall etwas besonderes sein: Der Präsident des Internationalen Automobilverbands FIA, Max Mosley, geht nämlich mit erstaunlicher Massivität gegen “Bild” und die Axel Springer AG vor.

Max Mosley ist ein Mann, der vielen Menschen lange Zeit relativ egal gewesen sein dürfte. Wer sich nicht für Automobilsport interessierte, der hatte womöglich nicht einmal von dem FIA-Präsidenten gehört – bis zum Frühjahr dieses Jahres.

Am 30. März nämlich hatte die britische Boulevard-Zeitung “News of the World” über eine “kranke Nazi-Orgie mit 5 Huren” berichtet, an der Mosley teilgenommen habe. “News of the World” hatte Bilder aus einem Video gedruckt, das von dieser “Orgie” aufgenommen wurde, und auch Ausschnitte des Videos veröffentlicht. Angeblich hätten die Prostituierten Nazi-Uniformen getragen oder seien wie KZ-Häftlinge gekleidet gewesen.

"Formel-1-Boss: Wirbel um Nazi-Sex-Party"“Bild” berichtete einen Tag später über die Geschichte von “News of the World”. Auf der Titelseite und in einem großen Artikel im Innenteil. Auch “Bild” druckte diverse Bilder aus dem Orgien-Video, eines davon bereits auf der Titelseite. Und während die “Bild”-Zeitung im Text selbst für ihre Verhältnisse sehr vorsichtig formulierte, also fast ordnungsgemäße Verdachtsberichterstattung betrieb, war die Titelschlagzeile schon wesentlich weniger zurückhaltend. “Formel-1-Boss: Wirbel um Nazi-Sex-Party” stand da. Und: “Huren trugen Nazi-Uniformen” (siehe Ausriss). Und einen Tag später stand unter anderem in “Bild”:

Der Formel-1-Boss nackt bei einer Nazi-Sexorgie (…)

Seit Sonntag kennt die Welt [Mosleys] dunkle Seite. Das perverse Doppelleben des Formel-1-Bosses. Die englische Zeitung “News of the World” schockte mit einem Skandal-Video. Mosley vergnügte sich mit fünf Prostituierten in Nazi-Uniformen und KZ-Häftlingsklamotten. Eine Nazi-Sexorgie! (…)

Die ekelhafte Nazi-Sexorgie dauerte fast fünf Stunden.

“News of the World” wurde gestern für ihre Berichterstattung vom britischen High Court zur Zahlung von 60.000 Pfund an Mosley verurteilt. Laut dem “Guardian” ist das der höchste Schadensersatz in der “jüngeren Rechtsgeschichte”, der wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen ausgesprochen wurde.

Die Untreue:

Wie uns Mosleys Anwältin sagt, gehe sie davon aus, dass die von “Bild” veröffentlichten Aufnahmen aus dem Orgien-Video die “Bild”-Zeitung “über 65.000 Euro” gekostet haben dürften. Ausgaben in dieser Größenordnung müsse der Springer-Vorstand absegnen. Da die Veröffentlichung der Bilder rechtswidrig gewesen sei, hätte der Vorstand damit Firmengelder rechtswidrig verwendet. Insofern sehe sie hier den Tatbestand der Untreue zum Nachteil der Axel Springer AG als gegeben an.

Und wegen der Berichterstattung der “Bild”-Zeitung hat Max Mosley über seine Anwältin in Deutschland Strafanzeige gestellt. Gegen die an der Berichterstattung Beteiligten, unter anderen gegen die “Bild”-Chefredaktion, wegen Beleidigung, übler Nachrede, Verleumdung und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen. Und gegen den Vorstand der Axel Springer AG wegen Untreue (siehe Kasten).

Mosleys Anwältin sagt, sie bereite zudem eine Schadensersatzklage gegen “Bild” und Bild.de vor, die sie voraussichtlich nächste Woche einreichen werde. Sie werde von “Bild” eine Million und von Bild.de 500.000 Euro fordern. Diverse einstweilige Verfügungen habe sie schon gegen die Berichterstattung in “Bild” und auf Bild.de erwirkt (tatsächlich sind alle Artikel über das Mosley-Video, die Nazi-Bezüge enthalten, bereits aus Archiven verschwunden und auf Bild.de nicht mehr auffindbar). Außerdem verlange sie die Veröffentlichung von Widerrufen — auf der “Bild”-Titelseite und auf der Startseite von Bild.de.

Erfahrungsgemäß ist es unwahrscheinlich, dass Mosley tatsächlich insgesamt 1,5 Millionen Euro Schadensersatz zugesprochen werden (für gewöhnlich bewegen sich die Summen in Deutschland bei solchen Fällen eher im fünfstelligen Bereich). Doch wenn es zur Verhandlung kommt, wird dabei sicher eine Rolle spielen, was Richter David Eady des britischen High Court in der Verhandlung gegen “News of the World” festgestellt hat und was sich in verschiedenen britischen und auch deutschen Medien nachlesen lässt:

“Ich habe keine Beweise dafür gefunden, dass das Treffen am 28. März 2008 ein Nachspielen von Nazi-Verhalten oder die Übernahme von Nazi-Haltungen sein sollte. Und das war es auch nicht. Ich sehe keine echte Basis für die Behauptung, dass die Teilnehmer die Opfer des Holocaust lächerlich gemacht hätten”, sagte Eady.

“Es gab Bondage, Schläge und Dominanz, was typisch zu sein scheint für S&M-Praktiken.”

Mit Dank an das “Manager Magazin”.

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Bild.de hält Dragandabic.com für Karadzics Website

"http://dragandabic.com Karadzic als Guru Dr. Dragan Dabic / Die Lügen-Homepage des Massenmörders"

Aber auch wenn Bild.de etwas anderes behauptet und drei Bild.de-Autoren ebenso ausführlich wie empört aus dem kargen Inhalt der Internetseite Dragandabic.com zitieren:

Mit großer Wahrscheinlichkeit ist Dragandabic.com nicht “die Lügen-Homepage des Massenmörders”.

Erstellt wurde die Website offensichtlich erst gestern – am Tag nachdem der mutmaßlichen Kriegsverbrecher Radovan Karadzic festgenommen worden ist. Und in den “Eigenschaften” eines Fotos auf Dragandabic.com findet sich folgender Text:

Übersetzung:

“Dieses Videobild aus dem Fernsehen in Kikinda zeigt den ehemaligen Kriegsführer der bosnischen Serben Radovan Karadzic, rechts, wie er unter seiner falschen Identität als Dragan Dabic am 28. Januar 2008 an einer vom Magazin ‘Zdrav Zivot’ (Gesundes Leben) unterstützten Konferenz im serbischen Kikinda teilnimmt. Kadadzic wurde nach offiziellen Angaben am Montagabend, dem 21. Juli 2008, in einem Belgrader Vorort festgenommen. Ein Richter ordnete seine Überführung zum U.N.-Kriegsgerichtshof im niederländischen Den Haag an, wo er sich wegen Völkermordes verantworten muss, sagte der Staatsanwalt für Kriegsverbrechen Vladimir Vukcevic. (…)”

Der Text ist identisch mit der Bildbeschreibung eines gestern veröffentlichten AP-Fotos.

This video frame grab image taken from Kikinda Television shows former Bosnian Serb wartime leader Radovan Karadzic, right, attending a conference sponsored by “Healthy Life” magazine under the false identity of Dragan Dabic on January 28, 2008 in Kikinda, Serbia. Karadzic was arrested Monday night July 21, 2008 in a Belgrade suburb, officials said. A judge has ordered his transfer to the U.N. war crimes tribunal in The Hague, Netherlands, to face genocide charges, war crimes prosecutor Vladimir Vukcevic said. The woman on the left is unidentified. (AP Photo/Kikinda Television via APTN)

Tja. Dabei müsste Bild.de sich mit Lügen-Homepages doch eigentlich bestens auskennen.

P.S.: Karadzics Website findet man übrigens hier — oder auf Karadzics Visitenkarte als “D.D. [Dragan Dabic] David”…

Mit Dank an Christian Z., ix, Reiner, Pekka R., Thomas B., Nils und vor allem Frank M.

Nachtrag, 19 Uhr: Nachdem Bild.de heute gegen 13 Uhr groß über die angebliche “Lügen-Homepage” berichtet hatte, berichteten u.a. auch die Nachrichtenagenturen AFP (14.11 Uhr), dpa (15.13 Uhr) und Reuters (15.44 Uhr). Andere Nachrichtenseiten übernahmen die Meldungen. Anders als Reuters versandte AFP allerdings um 17.17 Uhr einen “dringenden Hinweis”, wonach “Zweifel an der Echtheit der Seite aufgekommen” seien und es sich “möglicherweise (…) um eine Fälschung” handele, weswegen man die Ursprungsmeldung zurückziehe; dpa* zog um 17.19 Uhr nach und schrieb: “Die als Quelle angegebene Internetseite www.dragandabic.com wurde erst am 22. Juli ins Netz gestellt und ist offensichtlich eine Fälschung.” Und beim WAZ-Portal derwesten.de findet sich dort, wo zuvor die Dragandabic-Meldung stand, der Hinweis: “Da es sich offenbar um eine Fälschung handelt, entschuldigen wir uns für den Fehler und haben den Artikel offline genommen.”

Ach ja: Auf Bild.de wurden inzwischen zwar die meisten Verlinkungen zum “Lügen-Homepage”-Text aus anderen Artikeln entfernt. Unverändert online ist er aber nach wie vor.

*) Bei dpa hat man zur Meldung zunächst schon kurz nach Veröffentlichung eine Korrektur herausgegeben. Korrigiert wurde darin jedoch nur ein Deppenapostroph in der Überschrift…

Nachtrag, 19.53 Uhr: Nach einem Hinweis von uns hat um 19.45 Uhr auch Reuters eine Korrektur nachgereicht, wonach es sich bei Dragandabic.com “nicht um die offizielle Seite von Karadzic handelte”.

Nachtrag, 24.7.2008, 15 Uhr: Auf unsere Nachfrage, ob Bild.de etwa dabei bleibe, dass es sich bei der “Lügen-Homepage” um Karadzics Homepage handele, erhielten wir bislang zwar keine Antwort. Aber der Artikel wurde offenbar aus dem Bild.de-Angebot entfernt.

Nachtrag, 31.7.2008: Laut “New York Times” behauptet jemand, der sich “Tristan Dare” und “Medienkünstler” nennt, Urheber der “Lügen-Homepage” (auf der sich zwischenzeitlich auch Google-Ads fanden) zu sein.

Nachtrag, 11.8.2008: Der Vollständigkeit halber sei vielleicht noch erwähnt, dass “Tristan Dare” sein dragandabic-Projekt inzwischen selbst erklärt und u.a. Bild.de als schlechtes Beispiel anführt. Bemerkenswert auch, was auf dragandabic.com bei den “10 beliebtesten alt-chinesischen Sprichwörtern, ausgesucht von Dr. Dabic persönlich” inzwischen an 10. Stelle steht.

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