Sie wirkt leicht angespannt, ja skrupulös in ihren Ausführungen, wie sie dasitzt am Tisch eines Cafés in Berlin-Charlottenburg und von ihrem Romandebut spricht.
“Sie”, das ist Schriftstellerin Judith Hermann. Die Passage stammt aus einem Porträt über sie, das in der vergangenen Ausgabe des “Cicero” erschienen ist, geschrieben von Peter Henning, der ebenfalls Schriftsteller ist.
Und es wirkt, als habe Peter Henning seine Gesprächspartnerin sehr genau beobachtet, während sie so dasaß in dem Café in Berlin-Charlottenburg, denn er schreibt:
Jede ihrer Bewegungen erscheint bewusst und kontrolliert, ihr Lächeln beinahe scheu.
Oder:
(…) erläutert sie und fährt sich mit den Händen über das streng zu einem Knoten gefasste Haar.
Oder:
(…) sagt Judith Hermann und lächelt.
Oder:
Über ihren Zügen liegt Anspannung.
Oder:
Wenn sie aber kurz lacht, weicht die grüblerische Konzentriertheit so schnell, wie sie kam, mädchenhafter Leichtigkeit.
Das Problem ist allerdings: Judith Hermann saß gar nicht in diesem Café in Berlin-Charlottenburg. Also, vielleicht schon, irgendwann mal. Aber nicht mit Peter Henning. Das Treffen zwischen ihm und der Schriftstellerin, das er hier suggeriert, hat es in Wahrheit nämlich nie gegeben.
Der “Cicero” hat das in seiner aktuellen Ausgabe richtiggestellt:
Wir wollten von Peter Henning wissen, warum er die Redaktion — und die Leser — dermaßen getäuscht hat, doch auf unsere Anfragen hat er nicht reagiert.
Mit großem Dank an Sarah T.