Suchergebnisse für ‘papst’

Ist hier irgendwo Geist?

“Bild” schreibt groß über die Entdeckung von Licht ferner Planeten und macht daraus einen gewaltigen Aufmacher. Vielleicht hätten sie jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt.

Es ist einer dieser “Bild”-Artikel, bei denen man gar nicht weiß, ob man wirklich versuchen soll, all die Fehler im einzelnen aufzudröseln, oder es beim pauschalen: “Alles Humbug!” belassen soll. Versuchen wir’s.

Erster Blick in die Unendlichkeit

Es fängt an mit dem Bild. Nein, so hat man ihn nicht gesehen, den fernen Planeten, dessen Licht gerade erstmals gemessen werden konnte. So sieht er auch nicht aus. Das Bild ist eine künstlerische Darstellung der Nasa, wie ein Stern und ein ihn eng umkreisender Planet von der Nähe aussehen könnten, und zwar nicht im normalen Licht, sondern in Infrarotlicht. Es ist ein Modell, ein Symbolbild, wie aus der Veröffentlichung der Nasa deutlich hervorgeht. Nur “Bild” hat das ignoriert überlesen.

Und was schreibt “Bild” treuherzig unter die Abbildung?

Feuerrot umkreist der neue Planet seine Riesensonne.

Nein, tut er nicht. Graubeige sähe er vermutlich aus (wenn man ihn sehen könnte). Und was an dem Planeten “neu” ist, weiß “Bild” allein. Von seiner Existenz wussten die Forscher jedenfalls vorher schon.

Der Autor des “Bild”-Textes hat nicht im Ansatz verstanden, was das Besondere an der Entdeckung der Astronomen ist: Erstmals wurde die Wärmestrahlung, das Infrarotlicht von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems gemessen. Der Durchbruch besteht nicht darin, dass man Himmelskörper entdeckt hat, die besonders weit von uns entfernt sind, sondern dass es sich um Planeten handelt, nicht um Sterne. Und was schreibt “Bild”?

Menschheit gelingt erster Blick in die Unendlichkeit

Humbug. Die beiden beobachteten Planeten sind rund 150 bzw. 500 Lichtjahre von uns entfernt. Wenn das die Unendlichkeit ist, hat fast jeder von uns schon diverse “Blicke in die Unendlichkeit” getan, und das mit bloßem Auge: Der helle Polarstern zum Beispiel ist 430 Lichtjahre von uns entfernt.

Weiter bei “Bild”:

Astronomen haben erstmals mit dem supermodernen “Spitzer Weltraumteleskop” (es ist mit Infrarotkameras ausgerüstet) das Licht fremder Welten außerhalb unseres Sonnensystems eingefangen.

Was für ein Quatsch. Das “Licht fremder Welten außerhalb unseres Sonnensystems” kennt jedes Kind. Es nennt es Sternenhimmel.

Am besten an dem “Artikel” ist allerdings die Frage:

Ist hier irgendwo Gott?

Genau: Auf irgendeinem Planeten ein paar Hundert Lichtjahre von uns entfernt sitzt Gott. Vielleicht sollte die “Bild”-Chefredaktion da beim nächsten Besuch beim Papst doch noch einmal genauer nachfragen.

(Fundiertere Berichte zum Thema stehen z.B. hier, hier, hier und hier.)

“Bild” vs. Taschenrechner

Unter der Überschrift “Wird ein Deutscher nächster Papst?” hieß es gestern in “Bild”:

“Aussichtsreicher Anwärter auf das Amt des Papstes wäre Joseph Kardinal Ratzinger. Nach 944 Jahren gäbe es mit ihm erstmals wieder einen deutschen Papst, den 8. der Kirchengeschichte überhaupt.”

Und auf der Titelseite der “Süddeutschen Zeitung” steht deshalb heute u.a. folgendes:

“Seit die Bildzeitung dem Papst ihre Volksbibel überreichte, tut sie, als wäre sie der Osservatore tedesco, und in dieser ihrer neuen Halbamtlichkeit richtet sie dem Heiligen Vater schon mal die Nachfolge aus. Wenn dieser stürbe, wäre ihrer Rechnung nach Kardinal Ratzinger der aussichtsreichste Kandidat – ‘der erste deutsche Papst seit 944 Jahren’. Was die Bild frei kalkuliert, haben wir mit dem Taschenrechner nachgeprüft: 2005 minus 944 ergibt 1061, das Jahr also, in dem Alexander II. auf Nikolaus II. folgte. Alexander stammte aus Mailand, Nikolaus aus Burgund, und so läuft die Sache wohl auf Gegenpapst Honorius II. hinaus, der ebenfalls 1061 ins Licht der Geschichte trat. Er war zwar aus Parma, aber wenigstens deutscherseits durchgedrückt worden, nämlich von Agnes, der Witwe Kaiser Heinrichs III. Dass sie mit ihrem Kandidaten kein Glück hatte und kurz darauf den Schleier nahm, sollte den Leuten im Bild-Konklave zu denken geben. (…)”
(Links und Hervorhebungen von uns.)

Nachtrag, 14:09:
Ach ja, als letzter “deutscher Papst” gilt Hadrian VI., der vor 483 Jahren inthronisiert wurde bzw. vor 482 Jahren starb (allerdings aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation stammte), wohingegen man, wenn man, ähm, unbedingt nach einem Papst sucht, der aus dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik stammt, zuletzt bei Viktor II. fündig wird, der – vor 950 Jahren inthronisiert – vor 948 Jahren starb. (Weitere Infos gibt’s – mit Dank an Alexander S. für den Hinweis – hier.)

“BamS” ist lieb zu ihren Nächsten

Am 6. Dezember ist “Nikolaus”. Und wer wissen will, was es mit dem Heiligen Nikolaus auf sich hat, dessen mutmaßlicher Todestag vor über 1.600 Jahren am 6. Dezember gefeiert wird, kann das hier sehr schön nachlesen. Und wer dann noch wissen möchte, was aus dem Nikolaus geworden ist, klicke bitte hier. Oder hier. Oder aber hier und hier: ein schnapsnasiger, vollständig säkularisierter Weihnachtsmann in Coca-Cola-Rot eben, was manche schlimm finden, angesichts des echten, legendären, heiligen Bischofs Nikolaus von damals, im 4. Jhd., aus Myra in der Türkei, dem heutigen 70-Millionen-Staat, in dem inzwischen weniger als 0,2 Prozent Christen leben und über den (Achtung Überleitung!) in der gestrigen “BamS” folgendes zu lesen war:

Zwar kann nicht wirklich die Rede davon sein, dass in der Türkei Christen “schikaniert” würden (jedenfalls nicht stärker als die über 69 Millionen Moslems im Land), wie auch der zur Schlagzeile gehörige, dreiseitige “Bild am Sonntag-Report” deutlich machte. Zusammenfassend hießt es dort: “Rechtlich ist das alles sehr kompliziert hier, man wird auch genau kontrolliert. Aber das wird alles aufgewogen durch die sehr freundliche und menschliche Art der Türken.” Und im dazugehörigen “BamS”-Interview sagte Kardinal Karl Lehmann sogar ausdrücklich, es habe “der einzelne in der Türkei das Recht, seinen Glauben frei zu wählen”. Doch obwohl wir spätestens aus dem “BamS”-Report wissen, dass es aufgrund einer rigiden Trennung von Religion und türkischem Staat alle Glaubensgemeinschaften schwerer haben als anderswo, stand neben der Illustration einer in Ketten gelegten Bibel (siehe oben oder hier):

“In der Türkei, dem Land der prächtigen Moscheen, wird der christliche Glauben durch eiserne Gesetze angekettet”

Und das ist so scheinheilig, das wir (Ende des Exkurses!) wieder zurückkommen können zum Heiligen Nakolaus Nikolaus, der ja in der katholischen Kirche sogar als “apostelgleich” verehrt wird und bis 1969 mit einem “allgemein gebotenen Feiertag” bedacht wurde usw.: Denn zehn Seiten vor dem lobbyistisch anmutenden “Christen”-Text, der so oder so ähnlich (nur eben mit einer angemesseneren Überschrift) auch in jedem Kirchenblättchen abgedruckt sein könnte, stand in der “BamS” noch was ganz anderes – über den “Nikolaus” “Nakolaus” nämlich, “der ganz besondere Männerwünsche wahr werden lässt”…

Und darüber (siehe Ausriss) haben sich der Herrn Lehmann und andere Bekannte aus dem illustren Bibelkreis von “BamS”-Herausgeber Kai Diekmann dann bestimmt noch viel mehr gefreut, hohoho…
 
 
Nachtrag: Bei Bild.de gibt’s mittlerweile außerdem noch dies, bzw. dies, dies, dies, dies, dies, dies, dies, dies, dies, dies und dies, in der Montags-“Bild” wiederum eine “Nikomaus” als barbusiges Seite-1-Girl (ohne Abb.).

Feindliche Christen

Der Satz, den Altbundeskanzler Helmut Schmidt dem “Hamburger Abendblatt” gesagt hat, ist tatsächlich bemerkenswert und einer Schlagzeile würdig:

“Es war ein Fehler, Gastarbeiter ins Land zu holen.”

“Bild” macht ihn zu einer Überschrift unten auf Seite 1 und fasst Schmidts Äußerungen zusammen:

Das Ideal einer “multikulturellen Gesellschaft” sei in demokratischen Staaten wie Deutschland nicht durchsetzbar (…).

Da ist “Bild” an entscheidender Stelle ungenau. Tatsächlich hatte Schmidt gesagt, das Konzept sei mit einer demokratischen Gesellschaft “kaum vereinbar”. Das “Abendblatt” schreibt über eine kurze Zusammenfassung des Interviews denn auch: “Schmidt: Multikulti ist kaum möglich“.

Interessant ist auch, dass “Bild” den Hauptgrund, den Schmidt dafür nennt, nicht erwähnt. Er spricht nämlich nicht nur von mangelndem Integrationswillen der Ausländer, sondern sagt vor allem:

Das liegt an der Feindlichkeit, mit der alle christlichen Kirchen über Jahrhunderte die Europäer gegenüber anderen Religionen erzogen haben, insbesondere gegenüber dem Judentum und dem Islam. Gegenüber dem Judentum seit beinah 2000 Jahren, gegenüber dem Islam seit über 1000 Jahren. Wir haben eine Grundhaltung der Abwehr gegenüber diesen Religionen erzeugt, und wenn jetzt einige Idealisten von Toleranz reden, kommt dieser Appell Hunderte von Jahren zu spät.

Hoppla. Anscheinend hatte “Bild” für diesen interessanten Aspekt leider keinen Platz mehr, weil das Blatt schon wieder eine ganze Seite für dieses Thema freiräumen musste.

We are the Champions XIII

06.09.: Christian Kracht, “Der Freund” (Axel Springer)
10.09.: “Welt kompakt” (Axel Springer)
15.09.: “Auto Bild.de Automarkt” (Axel Springer)
17.09.: “Welt” (Axel Springer)
18.09.: Dieter Stolte (Axel Springer)
21.09.: Claus Strunz (Axel Springer)
28.09.: Hans-Olaf Henkel (Axel-Springer-Autor)
30.09.: Volker Koop (Axel Springer)
05.10.: Georg Kofler (Axel-Springer-Geschäftspartner)
08.10.: “Rolling Stone” (Axel Springer)
18.10.: Dietrich Grönemeyer (Axel Springer-Autor)
22.10.: “Bild”-Bestseller-Bibliothek (Axel Springer)
Aktueller Neuzugang als “Gewinner des Tages”:
26.10.: Peter Hahne (Axel Springer-Autor, schreibt jede Woche in der “BamS” die Kolumne “Gedanken am Sonntag”)

Nachtrag, 0:46: So gesehen wird’s allmählich Zeit, dass sich auch Hellmuth Karasek in die illustre “Gewinner”-Schar einreiht; “Literatur-Papst”, “TV-Star” und “Buch-Papst Deutschlands” ist er laut “Bild” von heute schließlich schon – und bekanntlich nicht nur das…

We are the Champions X

So ist das also:

Es ist d a s Thema der Frankfurter Buchmesse: Die “Bild”-Bestseller-Bibliothek von “Bild” und Weltbild! 25 Top-Bestseller zum Sensationspreis von 4,99 Euro!

Mag ja sein, und wer sich sehr anstrengt, der wird sicher auch auf der offiziellen Internetseite der Frankfurter Buchmesse irgendwo irgendwas dazu finden. Leichter sind Informationen darüber aber in “Bild” selbst aufzutreiben. Heute mal wieder auf der letzten Seite in der “In & Out”-Liste oder eben auf Seite 1 unter dieser Überschrift:

Literatur-Papst Karasek präsentiert die “Bild”-Bestseller-Bibliothek

So eine Empfehlung durch einen “Literatur-Papst” könnte man ja durchaus auch als eine Art von Qualitätssiegel begreifen. Ob zu Recht oder zu Unrecht soll hier gar nicht diskutiert werden, lediglich eine kleine Zusatzinformation, die in “Bild” leider fehlt, wollen wir noch gerne ergänzen:

Dr. Hellmuth Karasek, 70, wird (…) ab 1. Oktober 2004 exklusiv Autor der bei Axel Springer erscheinenden Zeitungen “Die Welt”, “Berliner Morgenpost” und “Welt am Sonntag”.

“Bild” spricht mit Gesteinigtem

Heute reden wir einmal über das Wort “fast”. Es ist ein kleines, unscheinbares Wort, ein schüchternes Adverb, das sich nicht wehrt, wenn man es (aus Platzgründen oder so) mal aus einer Überschrift streicht. In dieser über 30 Zentimeter breiten Schlagzeile der Berliner “Bild”-Ausgabe von heute zum Beispiel:

Das Deutsche Wörterbuch Wahrig definiert “steinigen” so:

‘stei|ni|gen <v.t.; hat> jmdn. steinigen durch Steinwürfe töten

Das Opfer war aber hinterher noch in der Lage, mit “Bild” zu reden. Aus dem Kleingedruckten winkt uns am Ende des zweiten Absatzes beschämt unser freundliches Adverb zu: “Am helligten Tag gingen drei wütende Fahrgäste auf ihn los, steinigten ihn fast.”

Mit der gleichen platzsparenden Logik hätte “Bild” auch Schlagzeilen komponieren können wie: “Stoiber zum Kanzler gewählt”, “Papst bei Attentat umgekommen”, “Franzi holt Bronze in Athen” und “‘Bild’ lügt nie”.

Blättern:  1 ... 14 15 16 17 18