Wir waren zwar nicht dabei, können uns aber lebhaft vorstellen, wie bei “Bild” hektische Betriebsamkeit ausbrach, als am Sonntag die folgende Meldung der Nachrichtenagentur dpa einging:
Ein 26 Jahre alter Mann hat vermutlich aus Eifersucht (…) seine 23-jährige Freundin (…) getötet. Er soll in der Nacht zu Sonntag seine Lebensgefährtin geschlagen, gewürgt und mit einem Messer auf sie eingestochen haben. (…) Nachdem die Frau eine Kurznachricht über Handy erhalten hatte, kam es zu der Auseinandersetzung. Der 26-Jährige vermutete als Absender einen heimlichen Liebhaber.
Bis in den Wortlaut hinein können wir uns ausmalen, wie bei “Bild” Aufträge erteilt werden, wie jemand beispielsweise ruft, “Besorgt das Handy!”
Na, egal. “Bild” kann heute jedenfalls mit Einzelheiten aufwarten, die sich nicht mal eben problemlos in einer Agenturmeldung nachlesen lassen. Zum Beispiel kennt man bei “Bild” den Text der Kurzmitteilung (“Schlaf gut. Träum von mir (Scherz). Bussi, hab’ dich lieb!”) und den Zeitpunkt (“Es war 0.01 Uhr”), die Print-Ausgabe kennt außerdem das SMS-Signal (“Viermal piepste es”), während online wiederum aufgeschrieben steht, wie es genau weiter ging (“Daniel K. (26) griff nach dem Handy, las den Text und tobte vor Eifersucht”). Und nachdem “Bild” am Montag schon nacherzählen konnte, was die Frau kurz vor ihrem Tod gesagt hatte (“Bianca verteidigte sich, sagte, sie habe sich nur austoben wollen”), kennt Bild.de mittlerweile sogar den Wortlaut (“Stell dich nicht so an. Ich will mich einfach ein bißchen austoben”).
Dumm nur, dass trotz so viel Detailwissen lediglich in einem der drei Artikel die Todesursache stimmt. So hieß es gestern, der Mann “erwürgte” seine Freundin. In dem Artikel auf “Bild”-Online mit heutigem Datum steht, sie sei “erschlagen” worden und in der heutigen Druckausgabe endlich, dass sie “erstochen” wurde.
Mehr als dumm, dass der Beschuldigte in der Online-Ausgabe kurzerhand als “Mörder” vorverurteilt wird, (“Während Bianca M. starb, verging sich ihr Mörder noch an ihr”), obwohl doch, wie sich auch in der gedruckten “Bild” nachlesen lässt, bislang lediglich Haftbefehl wegen Totschlags erlassen wurde.
Aber wen interessieren schon solche Details?
Nachtrag, 27.10., 0.30 Uhr: Obiger Satz, der besagt, dass “in der heutigen Druckausgabe endlich” stünde, die junge Frau sei “erstochen” worden, stimmt so nicht. Tatsächlich hat die wahre Todesursache, die seit Montagnachmittag bekannt ist, es nämlich nur in die Dienstags-Ausgabe von “Bild” Berlin/Brandenburg geschafft. In der überregionalen Ausgabe hieß es, genau wie auf Bild.de, die Frau sei “erschlagen” worden.