“Bild”-Wörterbuch

Was meint die “Bild”-Zeitung eigentlich, wenn sie “geheim” schreibt? Was versteht man unter einem “Nippel-Alarm”? Wie gefährlich ist ein “Balkon-Monster”? Wer ist “Klümchen”? Und welche “Hupen” machen kein Geräusch?

Solch elementare Fragen für den “Bild”-Zeitungsleser beantwortet jetzt das große, kontinuierlich aktualisierte BILDblog-“Bild”-Wörterbuch.

“Bild” macht Neuanfang

“Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann greift hart durch: Er will bei der Beachtung der “journalistischen Standards” des Blattes in Zukunft kein Auge mehr zudrücken. Das sagte er anlässlich der Neubesetzung mehrerer Stellen in der Chefredaktion, die er als “Zäsur” bezeichnete. Seine “grundsätzlichen Überlegungen” waren ihm “so wichtig”, dass er sie zusätzlich per E-Mail an die “Bild”-Mitarbeiter schickte. In dem Brief, den die Fachzeitschrift “werben & verkaufen” veröffentlichte, lobt er die Bedeutung des Blattes, fährt aber fort:

Wo Licht ist, ist Schatten. Wo gearbeitet wird, da werden Fehler gemacht. Das heißt nicht, daß wo mit besonders großen Buchstaben gearbeitet wird, deshalb auch besonders große Fehler gemacht würden. Aber: In großen Buchstaben sind Fehler eben besonders eindrucksvoll und tun uns besonders weh. Gerade weil wir journalistischer Schrittmacher und Marktführer sind, werden wir sehr genau und kritisch beobachtet. Und deshalb müssen wir uns selbst und unsere Performance jeden Tag kritisch überprüfen.

Jeder Fehler ist ein Fehler zuviel! Lassen Sie mich ein paar Dinge unsortiert herausgreifen:

Wer sich bei heiklen Themen auf andere verläßt und keine eigenen Recherchen anstellt, paßt nicht zu uns. Übergeigte Überschriften, die vom Text nicht gehalten werden, haben in BILD nichts zu suchen. Texte, die man nicht versteht, Bildunterschriften, die lieblos hingerotzt werden, machen unsere Zeitung kaputt. Wer bei anderen abschreibt und dabei nicht mal in der Lage ist, Namen oder Fakten richtig abzuschreiben, gehört nicht zu BILD!

Was ich Ihnen hier beispielhaft sage, sind eigentlich selbstverständliche Standards. … Deshalb gilt bei der Beachtung unserer journalistischen Standards künftig: Null Toleranz! Qualität kommt von quälen. Und das erwarte ich von uns. Jeden Tag, immer wieder.

Wem die Bereitschaft fehlt, mit Lust, mit Liebe und mit Leidenschaft für BILD zu arbeiten, jeden Tag für das gesamte Blatt mitzudenken, der sollte sich prüfen, ob er bei uns wirklich richtig ist. In diese Kritik schließe ich jeden, der Führungsverantwortung trägt, vor allem und zu allererst mich, ein.

Der Antritt der neuen Mitglieder der Chefredaktion, fast vier Jahre, nachdem Diekmann “Bild”-Chefredakteur wurde, solle als ein “Neuanfang” begriffen werden, schrieb Diekmann:

Wenn alle mitmachen, werden die nächsten vier Jahre ganz sicher so erfolgreich wie die vergangenen vier Jahre.

Wir begrüßen den “Neuanfang”, weisen aber darauf hin, dass die verkaufte Auflage von “Bild” in den vergangenen vier Jahren um elf Prozent oder eine halbe Million Exemplare gesunken ist.

Wirbel um die “sexy Sächsin”

Neulich lobte “Bild” die 18-jährige Landtagsabgeordnete Julia Bonk für ihre “Zivilcourage”, druckte große Fotos der “sexy Sächsin” mit “Schmollmund, roter Mähne, bauchfreiem T-Shirt” und verkniff sich sogar, die PDS, für die Bonk im Landtag sitzt, als “SED-Nachfolgepartei” zu bezeichnen.

Anderthalb Wochen darauf sagte Bonk gegenüber “Focus”, sie setze sich für eine Freigabe von Drogen wie Cannabis und “härterem Stoff” (“Focus”) ein. “Bild” gefiel das gar nicht. Prompt machte das Blatt die 18-Jährige zum “Verlierer des Tages”, weil ihre Forderung “sogar die Ex-SED-Genossen erschrecken” dürfte. Da war sie wieder, die “SED”-Keule.

Am Montag fragte “Bild”: “Was geht bloß in ihrem hübschen Köpfchen vor?”, druckte Bonks “Drogenverherrlichung” noch mal ausführlich und als Schlagzeile das “Geständnis” “Ja, ich nehme Drogen!” (obwohl Bonk im Text mit den Worten “Ja, ich habe Drogen genommen” zitiert wird) und verwies bei dieser Gelegenheit online nochmal auf die Bildergalerie, äh: die Bildergalerie “So schön kann Politik sein”.

Mal abgesehen davon, dass “Bild” vorher wahrscheinlich nicht den “Auszug aus dem Jugendwahlprogramm 2004 der PDS Jugend Sachsen zum Thema Drogen” gelesen hat, ist es doch völlig okay, Bonks Forderungen zu kritisieren, oder?

Klar! Es ist ja nicht so, dass “Bild” einen anderen Grund gehabt hätte, “Deutschlands schönste Politikerin” nicht mehr so sympathisch zu finden wie noch vor zwei Wochen. Oder?

“Ich habe nichts gegen die Berichte über meine Person. Aber ich will als Politikerin wahrgenommen werden”,

zitierte die “Badische Zeitung” Julia Bonk, die “allzu persönlichen Interviewanfragen eine Abfuhr” erteilt, am vergangenen Donnerstag, also noch vor der ganzen Aufregung. Und schreibt ganz nebenbei:

So hätte die ‘Bild-Zeitung’ gerne auch etwas freizügigere Fotos geschossen, doch es blieb bei Worten wie ‘sexy Sächsin’ oder ‘Schmollmund’.”

Mit Dank an mehrere sachdienliche Hinweiser.

Unumstritten renommiert

“BILD bleibt die mit Abstand wichtigste deutsche Tageszeitung! Keine andere Tageszeitung wurde im dritten Quartal häufiger mit Exklusivmeldungen zitiert”,

meldet “Bild” auf Seite 1 unter Berufung auf das “renommierte Bonner Medienforschungsinstitut Medien Tenor”.

Das ist erst einmal nicht weiter ungewöhnlich, weil auch andere Zeitungen gerne drucken, wie wichtig sie sind – wohl, um es selbst nicht zu vergessen.

Für den Hinweis, dass das stets renommierte Forschungsinstitut zuletzt gar nicht mehr so arg renommiert, sondern, ganz im Gegenteil, eher umstritten war, blieb in der knappen Meldung sicher einfach kein Platz mehr. Medien-Tenor-Beiratsmitglied Mathias Döpfner, nebenberuflich Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, hätte das sowieso nicht gefallen.

Allgemein  

Monster-Ratten-Alarm

Himmel: Die Erdachse kippt, auf unseren Autobahnen lungern mörderische Afrika-Büffel herum, und jetzt wird Deutschland auch noch von mutierten Riesennagern bedroht!

Angst vor Monster-Ratten
Sie werden 60 Zentimeter lang, neun Kilo schwer und tauchen immer häufiger in Südhessen auf

Mit dieser Schlagzeile schockierte heute die “Bild” Frankfurt.

Monster-Ratten-Alarm am Rhein! Straßenbahnfahrer Joachim Jüngling (43) machte die schockierende Entdeckung mitten in Mannheim. Bei der Fahrt mit der Linie 4 fand er einen riesigen toten Nager auf den Gleisen und fotografierte ihn. Der Fund: 60 Zentimeter groß, lange rötliche Zähne und ein nackter Schwanz. Straßenbahnfahrer Jüngling: “Ich hatte furchtbare Angst.”

Na, kein Wunder. Wenn uns so eine mutierte Riesenratte mit ihren rötlichen Zähnen und dem fiesen nackten Schwanz anspringen würde …

… Moment, von anspringen kann natürlich keine Rede sein: Die Ratte war zwar Monster, aber tot. Und was ihre lebenden Freunde angeht, fassen wir zusammen, was bei “Bild” im Kleingedruckten steht:

Es handelt sich um Sumpfbiberratten (Nutria). Das sind Vegetarier. Sie sind sehr friedlich. Sie übertragen keine Krankheiten. Sie dringen nicht in Wohnungen ein wie normale Ratten. Sie scheuen den Menschen. Es gibt sie seit über 200 Jahren in Deutschland. Sie sind nicht auf mysteriöse Weise eingewandert, sondern wurden zunächst für Pelze gezüchtet und dann einfach freigelassen.

Mit anderen Worten: Jede Wollmaus ist gefährlicher.

Wir erwarten jetzt in “Bild” Frankfurt die Überschriften: “Panik wegen Riesen-Grashalm”, “Rückkehr der Killer-Küken” und “Angst vor Monster-Linealen”.

Ach, und Mannheim liegt gar nicht in Südhessen.

In eigener Sache

Wir freuen uns: Wir sind nominiert für die Weblog Awards der Deutschen Welle in der Kategorie “Best Journalistic Blog / German”! Über die Vergabe der insgesamt elf “BOBs” (“Best of Blogs”) entscheiden die Leser: Bis zum 5. Dezember kann jeder hier abstimmen; hier geht’s direkt zu uns und den anderen neun Nominierten in unserer Kategorie.

We are the champions XIV

Und täglich grüßt das Murmeltier: “Bild” ist Gewinner des Tages in “Bild”. Weil die Sportredaktion mit dem “Paralympic Media Award” für ihre Berichterstattung über die Paralympics ausgezeichnet wurde. Und was meint “Bild” dazu?

BILD meint: Die Ehre gebührt den Athleten!

Ja, genau. Deshalb steht oben neben “Gewinner des Tages” ja auch “BILD Sportredaktion” und nicht “Die Athleten der Paralympics”.

Übrigens hat “Bild” den Preis nicht alleine bekommen. Ausgezeichnet mit dem “Paralympic Media Award 2004” wurden außerdem: ARD, ZDF, Radio Aktiv Hameln, Bayer Leverkusen und die Deutsche Bahn. Deren Namen passten halt nur nicht mehr neben das fette Eigenlob.

Und falsch geschrieben (“Paralympics”) hat “Bild” den Namen des Preises auch noch.

Allgemein  

Symbolfoto IV

Am Donnerstag zeigte “Bild” als Aufmacher auf Seite 1 dieses Foto:

Auf das Foto zeigte diese Schlagzeile:

Unter dem Foto stand dieser Bildtext:

Britische Flugzeuge im Bombenkampf gegen Deutschland.

Und was zeigt das Bild? Amerikanische Flugzeuge über der Normandie.

Nach einem Bericht des “Tagesspiegel” und mehrern sachdienlichen Hinweisen.

Allgemein  

Nichts Welt bewegendes passiert II

Vor kippenden Erdachsen, den Flegeljahren der Sonne und Killerkeimen aus dem Weltall müssen wir uns also, wie gesagt, trotz Riesenschlagzeilen in “Bild” womöglich nicht akut fürchten. Aber diese Achs-Kippung klingt ja doch irgendwie beunruhigend. Von was für Zeiträumen reden wir da eigentlich, bis der “Äquator kocht”? Kann ich vorher noch die Wäsche reinholen?

“Bild” beantwortet diese Frage erstaunlich widersprüchlich. Online heißt es: “in Millionen Jahren”. In “Bild” Berlin-Brandenburg lautet die Angabe “in Million Jahren”, als hätte da jemand hastig noch etwas korrigiert. Und “Bild” München warnt: “in den nächsten zehn Jahren”.

Huch!

Wie kommen die darauf? Durch die “Süddeutsche Zeitung”. Dort stand am Mittwoch ein Artikel im Ressort “Wissen” mit der Überschrift “Die Erdachse kippt”. Im ersten Satz hieß es, das Klima werde sich in den “kommenden zehn Jahren” ändern. Im weiteren Text stand zwar die korrekte Angabe: in den “kommenden zehn Millionen Jahren”, und am Donnerstag brachte die SZ auch eine Korrektur des Fehlers. Aber das bemerkte die “Bild”-Zeitung anscheinend erst, nachdem sie schon auf der ersten Seite reichlich Platz für das (scheinbar dringliche) Thema freigeräumt und die Münchner Ausgabe gedruckt hatte.

Nichts Neues im Dschungel

Seit dem Start der zweiten Staffel von “Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!” ist “Bild”-Reporterin Patricia Dreyer vor Ort in Australien und berichtet aus dem RTL-Camp. Gestern hatte sie vermutlich ziemlich viel Freizeit – trotz der großen “Schummelei”-Enthüllungsgeschichte, die heute im Blatt steht.

“Warum regnet’s nie?”, fragt Dreyer darin misstrauisch – und erklärt: “Weil der Regen gar nicht ins Camp gelangt! Eine Plane ist drübergespannt, damit trotz extremer Wetterbedingungen TV-Bilder geliefert werden können.” Na gut, das ist kein Aufreger. Schon am 18. Januar 2004 während der ersten Dschungel-Staffel hatte “BamS” berichtet: “Das ganze Areal ist gegen Regen geschützt. Techniker Keith, der im TV-Team arbeitete, zu BamS: ‘In die Baumwipfel wurde eine riesige Abdeckplane eingewoben.'”

“Warum hört man keine Tiergeräusche?”, rätselt die Dschungelreporterin weiter. Na, “weil’s keine gibt! Alle größeren wilden Tiere wurden vor Beginn der Dreharbeiten aus dem Wald entfernt, um die Promis nicht zu gefährden.” Auch nicht gerade eine Neuigkeit. Vor 9 Monaten zitierte “BamS” einen RTL-Mitarbeiter: “Das Camp ist vorher gesäubert worden. Jedes Tier, auf das die Kandidaten treffen, ist von RTL dort platziert worden.”

Und der angeblich verbotene Kontakt zur Außenwelt? Dreyer deckt auf: “Von wegen Einsamkeit! Die Promis können mit einem Psychologen telefonieren, in Notfällen einen Arzt verlangen, einmal am Tag wird auch das Plumpsklo geleert.” Das mit dem Plumpsklo war bisher tatsächlich nicht bekannt. Der Rest schon. Wieder “BamS” im Januar: “Sie sind ganz auf sich gestellt – hieß es vor dem Start der Show. In Wirklichkeit stand sogar ständig ein Psychologe zur Verfügung, der im eigens dafür aufgebauten Haus (darin ist auch die Erste-Hilfe-Station) fleißig kontaktet wurde.”

Ein paar Seiten vor Dreyers Bericht druckt “Bild” übrigens diese originelle Eigenanzeige ab:

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