Archiv für November 16th, 2004

Stoppschilder jetzt in “Bild”-Rot

1.) Die Farbe der Marke “Bild” ist rot. So viel steht ja mal fest.

2.) Das neue Auswärtstrikot der deutschen Fußballnationalmannschaft ist auch rot. Der Ausrüster Adidas nennt den Farbton “Toro”.

3.) Generalsponsor des Deutschen Fußballbundes und seiner Nationalmannschaften ist seit 1990 Mercedes-Benz. Der aktuelle Vertrag läuft noch bis 2006.

4.) Bei allen Spielen zwischen Nationalmannschaften, die unter der Schirmherrschaft der FIFA ausgetragen werden, ist Sponsorwerbung auf sämtlichen Ausrüstungsgegenständen nach Artikel 13 des FIFA-Ausrüstungsreglements verboten.

5.) Fragt man beim DFB nach, was es mit der heutigen Seite-1-“Bild”-Schlagzeile, “Nationalmannschaft jetzt in BILD-Rot” auf sich haben könnte, kriegt man zur Antwort, dass die Entscheidung für die neuen Trikots und deren Farbe “überhaupt nichts mit der ‘Bild’-Zeitung zu tun” hat.

“Bild” sprach zuerst mit… dem Friseur

(Nur nicht aufregen!)
Es stimmt, dass dieser Schnappschuss in der gestrigen “Bild”-Zeitung kurzzeitig Beachtung fand. Kaum ein TV-Promimagazin beispielsweise, das ihn (im Zusammenhang mit der Berichterstattung über eine Aids-Gala, während der das Foto entstand) nicht beiläufig gezeigt hätte: RTL-Dschungelshow-Gewinnerin Désirée Nick und Klaus Wowereit, Berlins Regierender Bürgermeister, küssen sich inmitten einer von zahlreichen Kamerateams und Journalisten besuchten Benefizveranstaltung, zu der Wowereit in Begleitung seines langjährigen Lebensgefährten gekommen war.

Und wer weiß, vielleicht stimmt es ja wirklich, vielleicht hat “Bild” ja Recht, wenn sie heute, groß, auf der Titelseite, unter der völlig sinnentleerten Überschrift “Wowereit nicht mehr schwul?” behauptet: “Ganz Deutschland diskutiert über einen Zungenkuss.” Wer weiß. (Wir wissen ja alle nicht mal, ob das, was der Schnappschuss zeigt, überhaupt ein Zungenkuss war: Nicks “Bild”-Statement gestern war gewohnt kokett, und Wowereit hatte “nicht die Absicht, das zu kommentieren.“)

Allerdings nennt “Bild” heute für die Behauptung, dass “ganz Deutschland diskutiert”, keinerlei Belege. Nein, stattdessen hat “Bild” offenbar ausschließlich mit “Promi-Friseur Udo Walz (60)” gesprochen – und mit dem Sexualwissenschaftler Wilhelm Preuss (keine Altersangabe). Doch dazu später.

Walz jedenfalls sagt laut “Bild” nicht, wie diese zur Titelstory gehörige Schlagzeile suggeriert: “Solche Küsse küsst doch kein schwuler Mann!” Nein, Walz plaudert nur ein wenig drauflos, findet, solche Küsse gehörten “nicht in die Öffentlichkeit”, und beendet sein längliches “Bild”-Statement mit den nichtssagendem Worten:

“Aber bei Wowi reden wir ja nur von einem Kuß. Und abgesehen davon, daß es wirklich wichtigere Probleme auf der Welt gibt als so ein Bussi. Ein Kuß, ganz egal zwischen wem, ist und bleibt doch eine der schönsten Sachen der Welt.”

Das war’s. Beziehungsweise war’s das noch nicht ganz. Denn “BILD-Medizin-Redakteur Dr. Christoph Fischer” hat ja noch mit erwähntem Sexualforscher gesprochen, der auf die drängenden Fragen der “Bild”-Macher (“Ist Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (51, SPD) gar nicht mehr schwul?” bzw. “Kann ein Schwuler wieder Frauen lieben?” und “Kann ein Schwuler wieder Frauen sexuell begehren?” usw.) sogar eine Antwort hat. Sie lautet zusammengefasst:

“Das ist ganz unwahrscheinlich.”

PS: Und nachdem das gesagt ist, kann man das, was darüber hinaus “Bild”-Kolumnist Franz Josef Wagner zum Thema beizutragen zu haben glaubt, bestenfalls ignorieren — und (mit Dank an Tommy für den sachdienlichen Hinweis) daran erinnern, dass “Bild” am 16.2.2002 unter der Überschrift “Kann Sabine Christiansen Wowereit umdrehen?” schon mal fast dieselbe Story druckte, was die “Zeit” damals übrigens “praktizierte Offenheit gegenüber dem Schwachsinn” nannte…

Ja, irre!

Irre! Der Luxuswagen-Hersteller, die Porsche AG, hat dank Cayenne den dicksten Gewinn ihrer Unternehmensgeschichte eingefahren!”

Das jedenfalls schreibt “Bild” heute an derselben Stelle, an der für “Bild” doch vor fünf Tagen erst Porsche-Chef Wendelin Wiedeking “Gewinner” des Tages war – wegen des Erfolges des Geländewagens Cayenne natürlich, für den es einen Preis gab, der (wie wir wissen) im Vorjahr an “Bild” verliehen worden war.

PS: Noch irrer ist da nur, was “Bild” heute über diesen Schnappschuss zu berichten hat.