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“Lust-Seuche” wieder ausgebrochen

Dieser Artikel auf “Bild”-Online stammt vom 14. Oktober des Jahres 2004. Er trägt folgende Überschrift:

Lust-Seuche besiegt? Forscher erfindet Creme gegen AIDS

Damit das klar ist: Es geht in dem Artikel nicht darum, dass AIDS auch nur ansatzweise besiegt ist, es besteht lediglich die Möglichkeit, dass ein Mittel gefunden wurde, das die Übertragung des Virus verhindert – zusätzlich zum Kondom.

Dass “Bild” es mit der Berichterstattung über die Immunschwächekrankheit AIDS zuweilen nicht so genau nimmt, wissen wir ja schon. Dass der Pressekodex in Ziffer 14 ganz spezielle Richtlinien für die Berichterstattung über medizinische Themen enthält, erwähnen wir nur der Vollständigkeit halber – Wie aber kommt “Bild” dazu, hier plötzlich den Begriff “Lust-Seuche” zu verwenden?

Nur zur Erinnerung: die Ansteckung mit HIV kann durch vier Körperflüssigkeiten erfolgen, das sind Samen- und Scheidenflüssigkeit sowie Blut und Muttermilch – ob man bei der Übertragung Lust empfindet oder nicht, ist gänzlich unerheblich.

Der Tod ist nicht genug

Woran starb Christopher Reeve?

Nun ja, wir wissen es eigentlich nicht. Oder besser gesagt: Wir wissen nur das, was aus der Stellungnahme von Reeves Familie auf der Homepage der Christopher Reeve Paralysis Foundation hervorgeht.

Reeve fell into a coma after going into cardiac arrest while at home. Reeve was being treated for a pressure wound that he developed, a common complication for people living with paralysis. In the past week, the wound had become severely infected, resulting in a serious systemic infection.
Reeve was admitted to Northern Westchester Hospital on Saturday evening and never regained consciousness.

Übersetzt bedeutet das etwa, dass Reeve nach der Infektion eines Druckgeschwürs, wie es häufig bei Gelähmten vorkommt, einen Herzstillstand erlitt und ins Koma fiel, aus dem er nicht mehr erwachte.

In “Bild” klang das gestern auf der Titelseite allerdings etwas anders:

Und darunter heißt es,

Reeve starb mit 52 an einem Herzinfarkt, nachdem er sich mit einem Super-Virus infiziert hatte

Was für ein “teuflischer Super-Virus” das war, der Reeve “besiegt” hatte, das geht auch aus dem Artikel nicht hervor, Wundinfektionen jedenfalls werden nur in den seltensten Fällen von Viren verursacht – von Super-Viren ganz zu schweigen.

Hat “Bild” etwa Informationen, die den Lesern vorenthalten werden? Oder ist der Tod an sich “Bild” einfach zu langweilig?

(Mit Dank für die sachdienlichen Hinweise an Carsten und Alex)

We are the Champions X

So ist das also:

Es ist d a s Thema der Frankfurter Buchmesse: Die “Bild”-Bestseller-Bibliothek von “Bild” und Weltbild! 25 Top-Bestseller zum Sensationspreis von 4,99 Euro!

Mag ja sein, und wer sich sehr anstrengt, der wird sicher auch auf der offiziellen Internetseite der Frankfurter Buchmesse irgendwo irgendwas dazu finden. Leichter sind Informationen darüber aber in “Bild” selbst aufzutreiben. Heute mal wieder auf der letzten Seite in der “In & Out”-Liste oder eben auf Seite 1 unter dieser Überschrift:

Literatur-Papst Karasek präsentiert die “Bild”-Bestseller-Bibliothek

So eine Empfehlung durch einen “Literatur-Papst” könnte man ja durchaus auch als eine Art von Qualitätssiegel begreifen. Ob zu Recht oder zu Unrecht soll hier gar nicht diskutiert werden, lediglich eine kleine Zusatzinformation, die in “Bild” leider fehlt, wollen wir noch gerne ergänzen:

Dr. Hellmuth Karasek, 70, wird (…) ab 1. Oktober 2004 exklusiv Autor der bei Axel Springer erscheinenden Zeitungen “Die Welt”, “Berliner Morgenpost” und “Welt am Sonntag”.

Allgemein  

Man wird ja mal fragen dürfen


Das macht Hoffnung – allerdings mehr als angemessen. Schaut man sich nämlich die Geschichte über den gleichen Sachverhalt in dem wissenschaftlichen Fachmagazin “New Scientist” an, ist von einer “Sensation im Kampf gegen Aids!”, wie “Bild” auf der Titelseite schreibt, nicht viel zu spüren. Ja, eigentlich geht es dort um etwas ganz anderes, nämlich um wissenschaftliche Forschungs- und Untersuchungsstandards:

His work has caused huge controversy in Nigeria, causing wrangles between Abalaka and the Nigerian ministry of health. (übersetzt etwa: Seine Arbeit hat eine gewaltige Kontroverse in Nigeria ausgelöst und entfachte einen Streit zwischen Abalaka und dem nigerianischen Gesundheitsministerium)

Recht gute und zutreffend übersetzte Zusammenfassungen der “New Scientist”-Meldung finden sich übrigens hier, hier oder hier. Dort lässt sich auch dies nachlesen:

Aber Saladin Osmanov, der Koordinator der gemeinsamen HIV-Impfstoff-Initiative von WHO und UNAIDS, warnt davor, dass Abalakas Impfstoff nicht nach den strengen Protokollen evaluiert wurde und seine Arbeit nicht von unabhängigen Experten überprüft wurde.

Das – und nicht etwa die Gefahr, dass Boulevard-Medien den Bericht als “Sensation” präsentieren könnten – ist im Übrigen auch der Grund dafür, dass Kollegen des verantwortlichen Redakteurs Ray Spier beim Fachmagazin “Vaccine”, in dem Abalakas Bericht erschien, sich gegen dessen Veröffentlichung ausgesprochen hatten. Darauf und auf die Diskussionswürdigkeit von Abalakas Untersuchung, sowie auf die unzulängliche Datengrundlage weist Spier in einem Leitartikel in “Vaccine” übrigens auch hin. “Bild” leider nicht.

Warum eigentlich nicht?

P.S.: Nur der Vollständigkeit halber soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass Abalaka keineswegs “Aids-Spezialist” ist, wie “Bild” behauptet, sondern “general surgeon with training in immunology”, was eher so etwas wie “Chirurg mit Erfahrung in Immunologie” bedeutet.

Das alte Lied

Eigentlich ist die Überschrift “Gottschalk trommelt für deutschen Pop” ja ganz pfiffig. Meint das Wort “trommeln” doch u.a., dass jemand musiziert, was natürlich hervorragend zum “Pop” als Musikrichtung passt. Da es in dem zugehörigen “Bild”-Artikel aber um die gestern vorm Kulturausschuss des Bundestags diskutierte Frage nach einer Radio-Quote für deutschsprachige oder in Deutschland produzierte Musik geht, dürfte wohl eher die übertragene, umgangssprachliche Bedeutung von “trommeln” gemeint sein, die der Duden folgendermaßen definiert:

tro.m|meln [spätmhd. trumelen]: 1. a) die Trommel (1) schlagen: laut t.; Übertragung: weil die Gewerkschaften für die 35-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich trommeln (ugs.; mit Eifer dafür Werbung, Propaganda machen…)

Gottschalks eifrige Werbung liest sich dann allerdings so:

Nur dass ein Titel deutsch gesungen wird, sollte ihm nicht das Recht geben, zwangsaufgeführt zu werden. (…) Quote für deutsche Produktionen geht in Ordnung – was die Sprache betrifft, hielte ich sie für bedenklich.

Vielleicht ist die Überschrift also doch viel weniger pfiffig als irreführend.

We are the Champions V

Heute in “Bilds” “In & Out”-Liste: die “1a-Sahne-CD-Sammlung ‘HÖRZU präsentiert 10 Meisterwerke der Klassik’ (EMI Classic)”. Und aus welchem 1a-Sahne-Verlag stammt noch gleich “Hörzu”, diese 1a-Sahne-Fernsehzeitschrift? Richtig, aus dem 1a-Sahne-Axel-Springer-Verlag, der auch “Bild” herausgibt, diese 1a-SahneHalt! Das geht zu weit, nicht mal im Scherz.

(Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Daniel W.)

Ein dringendes Bedürfnis

Das Ende der Schlechtschreibung rückt näher!

So steht’s mal wieder in “Bild”, und der Text dazu klingt, als sollte man das tatsächlich Ernst nehmen:

Der Kulturausschuss der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verlangt jetzt in einem Dringlichkeitsantrag vom Bundestag, die neuen Regeln zu stoppen. Die Abgeordneten sollen die Länder auffordern, “alsbald eine abschließende Entscheidung bezüglich der Regeln” zu treffen.

Interessant daran ist, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gar keinen eigenen Kulturausschuss hat, nur so eine Art Arbeitsgemeinschaft, die sich gelegentlich trifft, um kulturpolitische Fragen zu diskutieren. Tatsächlich wurde in dieser AG kürzlich auch über die Rechtschreibreform gesprochen. Fragt man allerdings bei der Fraktion nach, weiß dort niemand etwas von einem Dringlichkeitsantrag oder sonstigem Beschluss, der vom Bundestag fordert, “die neuen Regeln zu stoppen”.

Andererseits könnte man nach der “Bild”-Lektüre sogar glauben, dass eine derartige Forderung Erfolg haben könnte, schließlich zitiert “Bild” nicht nur aus dem vermeintlichen “Dringlichkeitsantrag”, sondern auch Peter Gauweiler. Und Gauweiler seinerseits sorgte als bekennender Rechstschreibreformgegner nicht nur kürzlich in erwähnter CDU/CSU-AG für entsprechende Diskussionen, er ist auch stellvertretender Vorsitzender des Kulturausschusses des Bundestags, in dem sieben CDU/CSU-, sieben SPD-, zwei Grünen- und ein FDP-Politiker sitzen – weshalb man ihn auf keinen Fall mit dem nichtexistenten Kulturausschuss der CDU/CSU-Fraktion verwechseln sollte. Und dieser Gauweiler sagte “Bild” offenbar:

Der Bundestag hat bereits vor acht Jahren die Rechtschreibreform kritisiert. Es ist Zeit, dass diesen Worten jetzt Taten folgen.

Ob Peter Gauweiler mit dem Wort “kritisiert” wohl halbherzige Formulierungen wie die folgenden meint?

Der Deutsche Bundestag nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, daß die Art und Weise der Umsetzung der Rechtschreibreform und ihre Inhalte bei den Bürgern unseres Landes ein hohes Maß an rechtlicher und sprachlicher Unsicherheit über die deutsche Rechtschreibung hervorgerufen haben.

Wir wissen es nicht. Wir wissen nur, dass Gauweiler “gutachterliche, publizistische, Vortrags- oder sonstige Tätigkeiten” für die Axel-Springer-Verlag AG wahrnimmt bzw. von Zeit zu Zeit in “Bild” und “BamS” Kommentare schreibt.

We are the Champions IV

Der “Gewinner des Tages” vom heutigen 28. September ist kein Springer-Chefredakteur, kein Springer-Herausgeber und auch keine Publikation aus dem Springer-Verlag. Es ist Hans-Olaf Henkel, laut “Bild” “Deutschlands klügster Manager”. Der hat kürzlich ein Buch geschrieben, aus dem “Bild” vorab Auszüge abgedruckt und das Ganze online mit einem “Buchtipp” verbunden hatte, der einen mit einem Klick zu Amazon bringt, wo man das Buch bestellen kann. Dieses Buch steht nun auf Platz 4 der Bestsellerlisten von “Focus” und “Spiegel”, was natürlich ein prima Grund ist, Henkel zum “Gewinner des Tages” zu machen – na ja, und außerdem ist Henkel ja schon seit dem Jahr 2001 Springer-Autor. Er schreibt Kommentare in “Bild”.

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