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Kurz korrigiert (25)

Gestern war der 2. November 2005. Vor 40 Jahren schrieben wir folglich das Jahr 1965. Und anders als “Bild” gestern behauptete, als sie zwei Satellitenfotos des Tschadsees aus dem UNEP-Atlas afrikanischer Seen abbildete (siehe Ausriss), zeigt das obere Bild nicht den “Tschadsee heute” und das untere nicht den “Tschadsee vor 40 Jahren”. Vielmehr stammt das neuere vom 21. Oktober 2001 und das ältere von 1972. Woher wir das wissen? Es steht auf beiden drauf.

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Daniel K.

Symbolfoto XVIII

Minu Barati und Joschka Fischer haben am Sonnabend geheiratet. Und da ist es natürlich kein Wunder, dass “Bild” heute darüber berichtet. Sogar “Exklusiv-Fotos” hat “Bild” sich besorgt.

Auf der Seite 10 sind es ganze sechs Stück. Auf dreien von ihnen ist Barati zu sehen. Und drei weitere Fotos zeigen Joschka Fischer. Auf keinem der sechs Paparazzi-Fotos, die “Bild” druckt, sind sie gemeinsam abgebildet.

Die “Bild”-Titelseite aber sieht so aus:

Neben die Abbildung hat “Bild” folgenden Text geschrieben:

Wunderschöne Braut: Minu Barati (29) verlässt im champagnerfarbenen Kleid als 5. Ehefrau von Joschka Fischer das Rathaus von Rom. Rechts: Noch-Außenminister Fischer (57) auf dem Weg zum Hochzeitsessen Fotos: ABACA

Und der Text kommt einem ja nun etwas seltsam vor. Warum diese umständlich, zweigeteilte Formulierung, wenn die “5. Ehefrau von Joschka Fischer” und der “Noch-Außenminister” doch scheinbar gemeinsam auf dem Weg zum Hochzeitsessen das Rathaus von Rom verlassen? Im Grunde ganz einfach: Sie tun es gar nicht. Für die Aufmacher-Optik hat “Bild” einfach zwei Paparazzi-Fotos von Fischer und Barati genommen, wie sie auch auf Seite 10 abgebildet sind, und nebeneinander montiert.

Wenn man das weiß, dann erkennt man sogar relativ schnell, dass es das schöne Paarfoto, das “Bild” heute auf seiner Titelseite zeigt, gar nicht gibt. Aber eben nur dann.

PS: Bild.de hat sich für eine andere Symbolfotovariante entschieden und illustriert den Satz “Joschka Fischer hat seine Lebensgefährtin Minu in Rom geheiratet” (ohne weiteren Kommentar) mit einem Foto vom 10. Mai 2005, das die beiden im Anschluss an die Verleihung des Leo-Baeck-Preises in Berlin zeigt.

Angst vor leichten Verletzungen

Der Rennfahrer Heinz-Harald Frentzen hatte am Sonntag bei der DTM in Hockenheim einen schweren Unfall. Er wurde nach Ludwigshafen in die Klinik gebracht, wo eine leichte Gehirnerschütterung diagnostiziert wurde. Das wurde bereits am Sonntag bekannt und von “Bild” geflissentlich ignoriert. Am Montag berichtete das Blatt so:

Im Text heißt es:

Bei einer Computer-Tomografie wird eine Gehirnerschütterung der schwersten Kategorie festgestellt. Frentzen wird sofort auf die Intensivstation gebracht. Er hat außerdem schwere Prellungen und ein Schleudertrauma.

Dazu wäre, erstens, zu sagen, dass es terminologisch gar keine Gehirnerschütterung der “schwersten Kategorie” gibt (eine Gehirnerschütterung ist eine leichte Form des Schädel-Hirn-Traumas). Zweitens ist anzumerken, dass eine Gehirnerschütterung nicht per Computer-Tomographie nachweisbar ist (es lassen sich lediglich schwerere Gehirnverletzungen nachweisen und somit ausschließen). Und drittens hieß es dann gestern in einer Mitteilung der DTM:

Frentzen auf dem Weg der Besserung

Doch auch das wurde von “Bild” ignoriert. Heute steht also folgendes im Blatt:

Auffällig daran ist nicht nur, dass im Text jetzt schon von “Hirnprellungen” die Rede ist (die “Angst vor Hirnblutungen” dürfte ein Zitat des behandelnden Arztes im Handelsblatt zerstreuen), sondern auch, dass Frentzen selbst in “Bild” zitiert wird. Und zwar so:

“Ich habe noch sehr starke Kopfschmerzen. An den Unfallhergang kann ich mich nicht erinnern.”

Nicht, dass er das nicht gesagt hätte, das hat er durchaus. Allerdings klingt das vollständige Zitat, wie es sich in der bereits erwähnten Besserungs-Meldung auf der DTM-Internetseite nachlesen lässt etwas anders:

“An den Unfallhergang kann ich mich nicht erinnern”, sagt Frentzen. “Generell geht es mir gut außer, dass ich noch starke Kopfschmerzen habe. (…)”

Und eigentlich wäre die Geschichte hiermit zuende. Ist sie aber nicht. Denn erstens hat man sich bei Focus-Online dummerweise entschieden, die heutige Hirnblutungs-Geschichte aus “Bild” ungeprüft zu übernehmen. Und zweitens wusste man bei Bild.de offenbar schon gestern, dass alles halb so schlimm ist. Mit Datum vom 24. Oktober wurde nämlich diese Geschichte veröffentlicht:

Mit Dank für die zahlreichen sachdienlichen Hinweise

Der Wunsch nach Rache ist verbreitet

Schau|pro|zess, der (abwertend): auf propagandistische Massenwirkung angelegtes öffentliches Gerichtsverfahren.
Duden, 5. Auflage

“Bild” macht heute Jörg Armbruster zum Verlierer des Tages. Der ehemalige Nahost-Korrespondent der ARD hat vorgestern im “Tagesthemen”-Kommentar die Befürchtung geäußert, dass der Prozess gegen Saddam Hussein zum “Schauprozess” werden könnte. Außerdem ist Armbruster der Meinung, dass “der Sinn für Gerechtigkeit” im Irak noch unterentwickelt sei, der “Wunsch nach Rache” hingegen sei verbreitet. Deswegen fragt “Bild”:

Entdeckt da jemand sein Herz für Saddam?

Am Ende steht:

BILD meint: Erst denken, dann reden!

Und wir möchten die Aufforderung gerne zurückgeben. Schließlich bezeichnet Armbruster Saddam in seinem Kommentar mehrfach als “Massenmörder”, wirft ihm mehrfach Folter und Vertreibung vor und sagt:

Zehntausende Iraker ließ der Diktator hinrichten, sie hatten keine Chance sich zu verteidigen, sie kamen erst gar nicht auf die Anklage- sondern gleich auf die Folterbank.

Armbrusters abschließende Sätze zeigen eigentlich recht deutlich, worum es ihm geht:

Sie [die Richter] müssen dem Massenmörder Saddam einen juristisch einwandfreien Prozess bieten. Nur so können sie die Iraker überzeugen, dass es so etwas gibt wie eine demokratische Justiz im neuen Irak, erst so bekommt der Prozess einen tieferen Sinn. Denn kein Strafmaß kann die Verbrechen Saddams je wieder gut machen.

Wie kommt man bei “Bild” also dazu, Armbruster vorzuwerfen, er habe “sein Herz für Saddam” entdeckt? — Armbruster sagt:

Den Satz, auch ein Schwerverbrecher hat einen Anspruch auf einen fairen Prozess, diesen wichtigen Satz verstehen viele Iraker nicht.

Offenbar nicht nur die.

Kurz korrigiert (22)

Anders als “Bild” heute auf der Titelseite schreibt, wurde die Tochter des Bundespräsidenten keineswegs “beraubt”. Möglicherweise wurde sie betrogen (und zwar vor über fünf Jahren). Jedenfalls schreibt “Bild” im Text dazu etwas von einem “Betrugsprozess”. Und so, wie “Bild” den Sachverhalt schildert, wurde Köhlers Tochter weder Gewalt angetan, noch wurde sie mit “gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben” bedroht. Das ist beim Raub, anders als beim Betrug oder beispielsweise beim Diebstahl, aber Tatbestandsvoraussetzung. Nicht zuletzt deswegen wird Raub ja auch am härtesten bestraft.

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Alex B.

Sexuelle Belästigung? Nichts leichter als das!

“Bild” berichtet heute ein wenig aus dem Arbeitsrecht. Einem Düsseldorfer Koch wurde beispielsweise gekündigt, weil er eine Kollegin anrief und ihr folgendes sagte:

“Du kleine süße Sau, jetzt nimm mal deine Hände von deinen Titten, fahre damit tiefer …”

Und ein Verkäufer aus Hamm wurde entlassen, weil er einer Kollegin einen Brief folgenden Inhalts schrieb:

“Bei Bedarf werd’ ich Dir Deine hübschen Pobacken versohlen, du Miststück!”

Und ein Hausmeister aus Halle an der Saale wurde gefeuert, weil er “eine Flasche Wasser seines Chefs trank.”

Wie? Sie finden, man kann sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nicht mit dem Diebstahl einer Flasche Wasser im Wert von 30 Cent vergleichen? “Bild” findet, man kann. Ihr dient der Fall vom Hausmeister, über den sie bereits gestern berichtete (“Irrer Fall vorm Arbeitsgericht – Gefeuert! Nur weil er aus der Wasser-Kiste vom Chef trank”), als Aufhänger für die heutige Arbeitsrechtsgeschichte. Die trägt folgende Überschrift:

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Anke S.

Nachtrag, 21:15 Uhr
Um noch deutlicher zu machen, wie “leicht” es für den Verkäufer aus Hamm tatsächlich war, seinen Job zu verlieren, sei hier ein etwas längerer Auszug aus dem letzten seiner Briefe an die Kollegin zitiert:

“Bei Bedarf werde ich Dir Deine hübschen Pobacken versohlen; wenn mir danach ist, nehm ich dazu einen Rohrstock (Miststück)! Wenn Du Sonntag nicht um 16.00 Uhr bei … (für uns unleserlich) am S………………… steht, garantiere ich Dir, daß ich Dich verdammtes süßes Miststück irgendwo erwische und dann nagele ich Dir einen Fuß fest und Du läufst nur noch im Kreis. Tschüß”

Der ganze Sachverhalt lässt sich übrigens hier nachlesen. Und das hat schon eine etwas andere Qualität, als Wasser vom Chef zu trinken.

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Johannes B.

“Bild” findet Südkorea nicht

Na, das kann ja lustig werden. Morgen erscheint nämlich der vierte Teil von Franz Beckenbauers “WM-Tagebuch” in “Bild”. Thema: “Franz in Seoul/Südkorea”.

Und wenn Beckenbauer sich auf seinem Weg dorthin anhand der Karte orientiert hat, die “Bild” heute abdruckt, und auf der sie sich bemüht, seine Reiseroute nachzuzeichnen (siehe Ausriss), dann wird der arme Präsident des Koreanischen Fußballverbands (KFA), Chung Mong-Joon, wohl etwas bedröppelt am Flughafen gestanden haben, während der Franz, im Flugzeug über Vietnam, Thailand, Laos und Kambodscha kreisend, vergeblich Ausschau nach Seoul gehalten hat. Asien ist aber auch unübersichtlich.

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Andre E.

“Bild” verwechselt Frankfurt mit San Diego

Was haben San Diego und Frankfurt/Main gemeinsam?

In beiden Städten gibt es beispielsweise Hochhäuser.

Die Skylines von Frankfurt/Main und San Diego sehen sich aber trotzdem nicht ähnlicher als die von, sagen wir, Lübeck und Bremen.

Doch bei “Bild” und insbesondere auch bei Bild.de verwechselt man ja gerne mal was. So auch die Stadt am Main mit der Stadt am Pazifik. Jedenfalls behauptete man bei Bild.de spontan, dass ein dort abgebildetes Foto den Triathleten Normann Stadler beim Training “vor der Kulisse von San Diego” zeige (siehe Ausriss), obwohl es ihn doch vor der Kulisse von Frankfurt zeigt. Irgendjemandem muss der Fehler dann aber aufgefallen sein. Inzwischen wurde der falsche Satz geändert, und jetzt steht dort nur noch: “Normann Stadler beim Training”. Hm. Gut möglich, dass das immer noch falsch ist. Dafür, dass das Foto Stadler ganz und gar nicht beim Training zeigt, sondern beim “Opel Ironman Germany Triathlon”, spricht nämlich einiges. Zum Beispiel die Startnummer auf der rechten Hüfte.

PS: Anlass für die Geschichte über Stadler war übrigens eine kleine Meldung in der gestern erschienenen “Sport Bild”. Das Blatt berichtet, dass Stadler beim Training in San Diego von einem unter Drogen stehenden Autofahrer angegriffen wurde. Und “Bild” beruft sich auch explizit auf die Schwesterzeitschrift. Allerdings unnötiger Weise. Denn Stadler selbst hatte schon vor zwei Wochen, also am 15.9., auf seiner Internetseite darüber berichtet.

Mit Dank für den Hinweis an Helmut R. und Markus Z.

Nachtrag, 30.9.2005, 13:35 Uhr:
Wir müssen uns ein klein wenig korrigieren. Die spontaneBehauptung, das abgebildete Foto zeige Normann Stadler “vor der Kulisse von San Diego”, stammt gar nicht ursprünglich von Bild.de. Vielmehr taucht die falsche Bildunterschrift schon in Teilen der Print-Ausgabe von “Bild” auf (siehe Ausriss). Bild.de hat sie wohl bloß ungeprüft übernommen. Richtig ist es dagegen übrigens u.a. in der Regionalausgabe für Berlin und Brandenburg, oder zumindest nicht falsch. Dort wurde nämlich komplett auf eine Fotounterzeile verzichtet.

Mit herzlichem Dank für den Scan an Markus Z.

Kurz korrigiert (17)

Es würde wirklich nicht schaden, wenn man bei Bild.de ab und zu die eigenen Texte läse. Peinliche Verwechslungen wie diese ließen sich dann sicher vermeiden:

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Hendrik G.

“Bild” hat’s nicht gewusst

NICHT MAL DER KANZLER HAT’S GEWUSST!

So beginnt der Text zum heutigen Seite-1-Aufmacher in “Bild”.

Und so sieht der entsprechende Artikel auf Seite zwei aus:

Im Text selbst steht’s auch noch mal:

Nicht einmal der Kanzler war vorher eingeweiht.

Und bei Bild.de steht schon den ganzen Tag genau das Gleiche.

Das Gegenteil steht da allerdings auch — im Nachrichtenticker, einem kleinen Laufband am unteren Bildschirmrand:

Wenn man da drauf klickt, gelangt man zu diesem Text:

Außenminister Joschka Fischer (Grüne) hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vorab über seinen am Dienstag erklärten Verzicht auf Parteiämter bei den Grünen informiert. Beide hätten sich am Montag zu einem einstündigen Gespräch im Kanzleramt getroffen, erklärte Regierungssprecher Béla Anda jetzt in Berlin. An dem Gespräch hätten nur Fischer und Schröder teilgenommen. Anda betonte, daß sich der Verzicht Fischers nur auf Parteiämter beschränke und nicht etwa Regierungsämter einschließe.

Dass Anda damit anders lautende Medienberichte dementierte, steht da zwar nicht, aber hier zum Beispiel.

Mit Dank an Peter K. und Boris S. für die Hinweise.
 
Nachtrag, 22.9., 1.10 Uhr:
Mittlerweile ist die oben zitierte Ticker-Meldung nicht mehr online.

Nachtrag, 22.9.2005, 10:03:
Dafür, dass der Kanzler schon vorab informiert war, sprechen auch seine Äußerungen in der von ARD und ZDF am Wahlabend ausgestrahlten “Berliner Runde”. Wie beispielsweise die “Welt” am Dienstag dokumentierte, hatte Schröder bereits da von “den Nachfolgern von Herrn Fischer” gesprochen.

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