Na, da freut sich aber die “Bild”-Redaktion. In der gestrigen Ausgabe hat sie gar “keinen Fehler gefunden”, weshalb sie in der Korrektur-Spalte von heute “den eigentlich unfehlbaren Kollegen von der ‘Frankfurter Allgemeinen Zeitung'” einen Hinweis schenkt:
Jaha, auch seriöse Zeitungen machen nämlich Fehler, nicht immer nur “Bild”.
Zur Feier des Tages wollen wir natürlich auch nicht zurückstehen und schenken “Bild” unsererseits noch einen Hinweis: Liebe “Bild”-Mitarbeiter, anders als gestern in “Bild” zu lesen war, ist Mainz-05-Trainer Jürgen Klopp NICHT 34, sondern am 16.6.1967 geboren. Folglich, liebe “Bild”, ist er tatsächlich schon 39 Jahre alt.
Mit Dank an Falk H. und Leif S. für den sachdienlichen Hinweis.
Nachtrag aus der “Bild”-Korrekturspalte vom Mittwoch, dem 19.7.2006:
Die Montag-Ausgabe von BILD war doch nicht fehlerfrei, wie wir gehofft hatten.
In dem Artikel „Wir sagen ja zum Duzen“ war das Alter des Trainers des Fußball-Bundesligisten FSV Mainz 05, Jürgen Klopp, mit 34 angegeben.
Bislang gab es international eine Art stillschweigendes Abkommen der Medien, keine Fotos der sterbenden Prinzessin Diana zu veröffentlichen. Man kann sagen, dass es zwei Gründe für dieses Abkommen gibt. Der erste ist eher allgemeiner Natur: Das Andenken und die Würde der toten Diana sollten nicht verletzt werden. Der zweite Grund ist etwas spezieller: Diana und Dodi Al-Fayed waren mit ihrem Fahrer auf der Flucht vor Paparazzi, als der Unfall sich ereignete. Dasist bekannt. Ebenso wie die Tatsache, dass die Paparazzi auch am Unfallort noch Fotos machten. Aber die wurden, wie gesagt, bislang nicht veröffentlicht.
Die italienische Illustrierte “Chi” hat nun eines dieser Fotos abgedruckt. Es zeigt offenbar, wie ein Helfer versucht, Diana eine Sauerstoffmaske anzulegen. Die italienische Zeitung “Corriere della Sera” und das spanische Magazin “Interviu” druckten das Foto wenig später ebenfalls.
WiediverseandereMedien, berichtet auch “Bild” über die Veröffentlichung des Fotos und die Reaktion in Großbritannien:
Im Text schreibt “Bild”:
Es ist ein Tabu-Bruch, den es so noch nie gegeben hat! Zum ersten Mal druckt ein Magazin ein Foto der sterbenden Prinzessin Diana († 36).
“Bild” druckt rechts neben dem Text ein Foto der lächelnden Diana und schreibt dazu:
So wollen wir sie in Erinnerung behalten: Prinzessin Diana starb am 31. August 1997
Links neben dem Text zeigt das Blatt ein anderes Bild: Die Veröffentlichung des Fotos der sterbenden Diana in “Chi”. “Bild” hat das Foto nicht etwa bearbeitet, um Dianas Gesicht unkenntlich zu machen. Und “Bild” zeigt es auch nicht als kleinen Ausriss. Es nimmt fast eine viertel “Bild”-Seite ein und dürfte damit nicht wesentlich kleiner sein, als in der Originalveröffentlichung.
Und sagen wir es mal so: Wenn man über einen Tabubruch berichtet, und sich die Auffassung, dass es sich dabei in der Tat um einen zu verurteilenden Tabubruch handelt, zu eigen macht, gleichzeitig jedoch eben diesen Tabubruch wiederholt, dann ist das nicht nur völlig widersinnig, sondern auch pure Heuchelei.
“Bild” zitiert übrigens auch, wie Dianas Söhne die Veröffentlichung des Fotos kommentierten. Sie seien “tieftraurig über eine derartige Niveaulosigkeit”. Zugleichappelliertensie allerdings auch an “die Medien der Welt”, keine Fotos zu publizieren, die “uns, unserem Vater, der Familie unserer Mutter und all jenen, die sie liebten und respektierten, große Schmerzen zufügen”. Diesen Appell zitiert “Bild” nicht.
Man kann wahrlich nicht behaupten, dass “Bild” dem Besuch von George Bush bei Angela Merkel wenig Platz einräumt. Die Seiten 2 und 3 der heutigen Ausgabe sind voll davon. “Bild” zeigt Händeschüttel-Fotos, Kuss-Fotos (gleich vier!), Bush beim Grillen, Bush beim Radfahren, Bush beim Baby-Hochhalten usw. “Bild” berichtet über “Wirtin Hanni”, die sich “die Hand nicht mehr waschen” will, weil Bush ihr ein Autogramm darauf gegeben hat, und “Bild” druckt ein “Minuten-Protokoll des historischen Besuchs”. Das alles (und ein wenigmehr) unter der großen Überschrift: “Deutschland fliegt auf die Bushs” (siehe Ausriss).
Das “Minuten-Protokoll” glänzt mit Detailverliebtheit. Ein paar Auszüge:
Bush duscht, zieht seinen schwarzgrauen Anzug mit blauer Krawatte an, frühstückt. (…) Auf dem Tisch: Extra eingeflogenes US-Mineralwasser (“Deer-Park”) – doch Bush trinkt lieber Cola light. (…) Mittagessen. Lachs und Heilbutt aus der Ostsee, Entenbrust mit grünem Spargel, Waldbeeren mit weißer Schoko-Mousse. Dazu Mineralwasser, danach Espresso. (…) Das Präsidentenehepaar hat sich zum Grillfest umgezogen (Bush: hellblaues Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln, Laura Bush: beigemelierter Hosenanzug) (…) Gemeinsam mit dem Ehepaar Merkel (in Jeans und Blazer) und Sauer (beige Hose, offenes Hemd) begrüßen die Bushs fünfzig handverlesene Gäste. Das von Gastwirt Olaf Micheel selbstgeschossene 30-Kilo-Wildschwein (eineinhalb Jahre alt), seit sechs Stunden auf dem Grill, ist fertig. (…) Merkel und ihr Mann bringen Laura und George W. Bush zu ihrem Hubschrauber. Er startet in die Abendsonne – Angela Merkel und ihr Mann winken ihren Gästen noch lange hinterher.
Wenn man das alles so liest, bekommt man tatsächlich den Eindruck, dass Deutschland auf die Bushs fliegt. Jedenfalls erwähnt “Bild” heute mit keinem Wort, dass es Proteste und Demonstrationen gegen den Besuch von George Bush gab. In Stralsund und auch in anderen deutschen Städten. Das ist zumindest bemerkenswert. Andere Medien schaffenesnämlichohneProbleme, daseinoderandereWortüberdie Anti-Bush-Demonstrationen zuverlieren.
Mehr als bemerkenswert, man könnte sagen irreführend oder sogar gelogen, ist allerdings die Überschrift. Tatsächlich fliegt “Deutschland” (was immer “Bild” auch damit meint) nicht auf die Bushs. Und damit meinen wir gar nicht die demonstrierende und protestierende Minderheit, sondern rund die Hälfte der Deutschen. Laut einer repräsentativen Umfrage der Forsa im Auftrag des “Stern” bewerten nämlich 52 Prozent den Bush-Besuch negativ und nur 41 Prozent positiv. Auch davon erfahren die “Bild”-Leser freilich nichts. Dabei wäre eigentlich genügend Platz gewesen.
Ende Mai traf sich Springer-Vorstand Mathias Döpfner mit dem Schriftsteller Günter Grass zum Gespräch. Es ging darin auch um die “Bild”-Zeitung und darum, dass Opfern journalistischer Berichterstattung Genugtuung verschafft werden müsse. Döpfner sagte u.a.:
“Ja, wenn falsch berichtet worden ist, muss das korrigiert werden. Und zwar nicht nur durch eine Gegendarstellung, sondern auch durch einen redaktionellen Widerruf. Ich finde die amerikanische Einrichtung der Korrekturspalte am festen Ort ausgesprochen sinnvoll. Das begrüße ich sehr.”
Es gab so etwas ja schon mal in “Bild”. Udo Röbel hatte in seiner Zeit als Chefredakteur eine Korrekturspalte eingeführt. Unter seinem Nachfolger, Kai Diekmann, gab es sie nicht mehr. Aber: Offenbar hat man mittlerweile auch bei “Bild” ihre Notwendigkeit wiederentdeckt und heute die Gelegenheit genutzt, schon mal einen Fehler auf der Seite 1 zu korrigieren und die Korrekturspalte ab morgen als feste Einrichtung anzukündigen (siehe Ausriss).
Auf Seite 2 der Zeitung werden zukünftig Fehler in der Berichterstattung, die der Redaktion unterlaufen, aufgelistet und korrigiert.
Und entweder “Bild” braucht noch etwas Übung im Fehler-Korrigieren oder, wenn die Redaktion Fehler ungeprüft übernimmt, gelten die nicht als Fehler, “die der Redaktion unterlaufen”. Aus dem heutigen Text wird jedenfalls gar nicht deutlich, dass auch “Bild” gestern behauptet hatte, Andrea Kempter sei die “Sat.1-Wetterfee”.
Und was bedeutet eigentlich “solche oder ähnliche Fehler”? Dass “Bild” nur Geschichten korrigiert, die sich mit einer nackten Frau bebildern lassen?
Diese kleine Meldung stand gestern in der “Bild”-Zeitung:
Und es stimment offenbar, dass Mickey Rourke sich einen Teil des kleinen Fingers abgeschnitten hat. Es gibt auch eine aktuelle Meldung des “World Entertainment News Network” (WENN) dazu. Sie beginnt allerdings so:
Mickey Rourke once had an unusual way of dealing with his anger – he cut off his finger. Hervorhebung von uns.
Daraus wird deutlich, dass die Geschichte nicht ganz so aktuell ist, wie sie in “Bild” – und übrigens auchinanderenMedien – klingt. Im Juli 2005 erzählte er die Geschichte beispielsweise dem “Stern” und im August 2005 der “Süddeutschen Zeitung”. In beiden Interviews wird auch deutlich, wann sich das Ganze ungefähr zugetragen hatte: Nämlich vor “achteinhalb Jahren”, wie die “Süddeutsche” vor einem Jahr schrieb.
Mit Dank an Lukas J. für den sachdienlichen Hinweis.
Während der WM hat “Bild” nun einen Weg gefunden, wie sich diese beiden Probleme hervorragend kombinieren lassen: Den “BILD-Handy-Reporter”. Und wer nun gehofft hatte, dass diese Aktion mit dem Ende der WM ausläuft, der wird enttäuscht:
Natürlich kann jeder selbst entscheiden, ob er für “Bild” den Paparazzo machen will, oder nicht. Aber man sollte dabei zweierlei bedenken. Erstens können die Fotografierten meist nicht entscheiden, ob sie überhaupt fotografiert werden wollen (Stichwort: Persönlichkeitsrechte). Und zweitens gibt es keine Garantie dafür, dass die Geschichte, die “Bild” dann zu dem Leser-Foto macht, auch stimmt (Stichwort: Ahnungslos Fotos betexten).
Diese Ahnungslosigkeit demonstriert “Bild” schon gleich zum Auftakt der Aktion. So schreibt sie zum heutigen Schnappschuss, der einen Polizisten zeigt, der während der Fahrt mit dem Handy telefoniert:
Lieber Schutzmann – das ist dreister, als die Polizei erlaubt. Dafür sind wohl mindestens 40 Euro für die Kaffeekasse seiner Polizeiwache fällig.
Denn laut Bußgeldkatalog gibt es für diese Ordnungswidrigkeit 40 Euro Strafe und einen Punkt in Flensburg.
Nun ja, nicht unbedingt. Denn was “Bild” dabei nicht berücksichtigt: Polizisten genießen nach Paragraph 35 der Straßenverkehrsordnung (StVO) Sonderrechte. Das heißt, sie sind von den Vorschriften der StVO befreit, “soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist”.
Ob Paragraph 35 StVO hier greift, wissen wir natürlich nicht, “Bild” und der Leser-Reporter aber offenbar auch nicht. Deshalb, wie gesagt: Paparazzi, Vorsicht!
Mit Dank an Conrad G. für den sachdienlichen Hinweis.
Ach ja, vormittags cool an der Atlantikküste Wellenreiten, nachmittags in Ruhe am Mittelmeer Sonnenbaden, und abends geht’s dann nach Paris, um das Nachtleben zu genießen – So in etwa stellt man sich offenbar bei der “BamS” Urlaub in Frankreich vor. Jedenfalls heißt es in der aktuellen Ausgabe, im Ressort “Leben Wissen” (sic):
Das “Hotel du Palais” in Biarritz verlangt für Pritsche samt Sonnenschrim 275 Euro am Tag. (…) An den öffentlichen Stränden der benachbarten Stadt Cannes kosten Liege und Schirm immerhin noch 30 Euro am Tag.
Hervorhebung von uns.
Mit Dank an Frank G. für den sachdienlichen Hinweis.
Eventuellwird das Sportgericht in Rom am Dienstagabend ein Urteil im italienischen Fußballskandal sprechen. Vielleichtaber auch erst am Mittwoch. Sollte das Gericht der Anklage folgen, werden dem italienischen Fußballverein Juventus Turin die letzten beiden Meistertitel aberkannt, und er muss in die dritte italienische Liga. Am 4. Juli hatte die Anklage dasgefordert. Seit Freitag beraten die Richter nun. Wie sie entscheiden, weiß noch niemand.
Mit Ausnahme von Bild.de. Dort weiß man nicht bloß, wie die Entscheidung ausgeht, nein, der Formulierung nach zu urteilen, kennt man sogar schon die Begründung – und zwar schon spätestens seit dem 5. Juli. Das ist jedenfalls das Datum, das unter diesem Text steht:
Mit Dank an Campino-84 für den sachdienlichen Hinweis.
Nachtrag, 20.57 Uhr. Der Zukunfts-Beauftragte von Bild.de hat den Artikel (nach einem weiteren Blick in die Glaskugel, in die Agenturmeldungen oder auf diese Seite, wer weiß?) entfernt.
Nachtrag, 15. Juli. Jetzt hat das Sportgericht entschieden, und wir wissen: Bild.de kann doch nicht hellsehen.
Es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn derjenige, der die Teaser auf Bild.de beschriftet, den dazugehörigen Artikel nur eine Spur genauer durchlesen würde. Dann ließen sich solche Fehler leicht vermeiden:
Tatsächlich wählt nämlich nicht die FIFA den wertvollsten Spieler der WM, sondern die akkreditierten Medienvertreter. Entsprechend heißt es im Bild.de-Text auch unzweideutig, “Die Journalisten wählten [Zidane] zum wertvollsten Spieler der WM.”
Mit Dank an Thorsten S. für den sachdienlichen Hinweis.
Nachtrag, 14.57 Uhr: Bild.de hat den Teaser flugs korrigiert.
Dieser Teaser (siehe Ausriss) befindet sich zur Zeit auf der News-Seite von Bild.de. Klickt man drauf, kommt man zu einer Fotogalerie. Darin finden sich dann u.a. Bilder von einer Ente an der Leine, einer “Frosch-Attacke”, einem “Schlamm-Volleyball-Turnier” oder von einem Flitzer bei Wimbledon. Definitiv nicht skurril oder witzig ist allerdings das 10. Foto der Galerie:
Mit Dank an Kait für den sachdienlichen Hinweis.
Nachtrag, 8.7.: Bild.de hat das Foto mittlerweile aus der Galerie entfernt.