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Kontinent des Lächelns

Schön, dass “Bild” versucht, den Lesern des Münchner Sportteils nebenbei noch ein wenig kulturelle Allgemeinbildung zu vermitteln. Die Fußballer des FC Bayern München weilen nämlich zur Zeit in Japan. Und da hat man sich bei “Bild” wohl gedacht, das wäre eine gute Gelegenheit, ein bisschen was über Franz Lehár zu erzählen:

Dumm nur, dass Franz Lehárs Operette “Land des Lächelns” gar nicht in Japan spielt, sondern in China. Bekanntlich.

Mit herzlichem Dank an Norman S. auch für den Scan.

Kurz korrigiert (241-242)

Die “Bild”-Frage, ob Tour-de-France-Sieger Floyd Landis tatsächlich “Hoden-Doping” betrieben hat, oder doch eher Schulter- oder Oberkörperdoping (pdf) lassen wir besser mal unbeantwortet. Wir wissen schließlich genauso wenig wie “Bild”, ob Landis überhaupt gedopt hat. Nicht korrekt ist deshalb diese “Bild”-Behauptung:

"Floyd Landis (30) gedopt! Erstmals in der Geschichte der Tour de France ist ein Sieger des Dopings überführt worden."

Landis ist nämlich noch nicht des “Dopings überführt worden”. Bislang war lediglich die A-Probe positiv. Als des Dopings überführt gilt man jedoch erst, wenn auch die B-Probe positiv ist.

Und Doping mal hin oder her, so schnell wie “Bild” schreibt, war Landis auf der 17. Etappe der diesjährigen Tour nun auch wieder nicht:

Am Tag zuvor war der Ami böse eingebrochen, hatte in der Gesamtwertung 8:08 Minuten Rückstand. Nach der 17. Etappe plötzlich 5:42 Minuten Vorsprung.

Landis gewann zwar die 17. Etappe mit 5:42 Minuten Vorsprung. In der Gesamtwertung lag er danach jedoch noch 30 Sekunden hinter dem Führenden auf Platz drei.

Mit Dank an Philip M. und Christoph S. für die Hinweise.

Nachtrag, 29.7.2006: “Bild” hat den “Vorsprung”-Fehler heute in ihrer Korrekturspalte berichtigt und sogar noch einen weiteren kleinen Fehler (“In der Rubrik „Ich weiß es“ (27. Juli) wurde das Alter von Thomas Gottschalk in einer Bildunterschrift mit 57 Jahren angegeben. Gottschalk ist erst 56 Jahre alt.”) entdeckt. Dass darüber hinaus Radost Bokel als “Momo” natürlich nicht, wie “Bild” behauptete, der “Kinderstar aus der ‘Unendlichen Geschichte’ war, ist “Bild” offenbar auch im Nachhinein nicht aufgefallen. Und der “Vorsprung”-Fehler selbst steht nach wie vor unkorrigiert bei Bild.de

Verrechneter Sommer

“Bild” ist ja gerade wieder mal dabei, “Die Große Geld-Debatte” zu führen. Heute sind die Beamten dran:

"Soviel verdienen deutsche Beamte"

Im Text heißt es:

Es ist das Top-Thema in Deutschland: Die großen Gehalts-Listen von BILD! Heute sagt BILD, wie viel unsere rund zwei Millionen Staatsdiener verdienen (…) Ihr Job ist sicher, Kündigung ausgeschlossen. (…) Pensionen: Im Alter 71,75 % des letzten Gehaltes (steuerpflichtig).

Huch?! Nee, Verzeihung! Das war ja der Text, den “Bild” vor ziemlich genau zwei Jahren unter der Überschrift “So viel verdienen deutsche Beamte” druckte. Heute steht in “Bild”:

Die große Geld-Debatte: Ganz Deutschland diskutiert, wer wieviel Geld für seine Arbeit bekommt. Heute sagt BILD, was die rund zwei Millionen deutschen Beamten verdienen (…) Nicht jeder Staatsdiener verdient sehr viel — dafür hat er einen sicheren Arbeitsplatz, weniger Abgaben und eine gute Pension (71,75 % vom letzten Brutto).

Und was vor zwei Jahren irreführend war, ist es noch immer. Zum Beispiel die “Bild”-Angabe zu den Pensionen. Zwar beträgt die höchstmögliche Beamten-Pension tatsächlich 71,75 Prozent, allerdings muss man dafür 40 Jahre verbeamtet gewesen sein. Denn das Ruhegehalt berechnet sich nach § 14 BeamtVG. Bei 30 Dienstjahren kommt man so auf rund 54 Prozent “vom letzten Brutto”, bei 20 Dienstjahren nur auf 36 Prozent.

Anders als vor zwei Jahren, als “Bild” bei den meisten Einkommen noch eine Einkommensspanne angegeben hatte, will sie es diesmal ganz genau wissen und gibt dafür im Kleingedruckten “Berechnungs-Annahmen” an:

35jähriger verheirateter Beamter, der mit 23 Jahren verbeamtet wurde; ohne Weihnachtsgeld und Zulagen

Wir haben mal ein paar Stichproben gemacht und festgestellt, dass die Annahmen bei manchen Berufsgruppen zu recht abenteuerlichen Konstellationen führen. Wer z.B. nach 12-jähriger Dienstzeit mit 35 Jahren immer noch Gefreiter ist, der hat definitiv was falsch gemacht. Andererseits sind Generalbundesanwälte oder Richter am Bundesgerichtshof für gewöhnlich etwas älter als 35.

Noch weiter neben der Realität liegt “Bild” beim Staatsanwalt:

Staatsanwälte werden nach Besoldungsgruppe R1 [pdf] bezahlt. Demnach kommt man in Westdeutschland als 35-Jähriger auf 3.695,38 Euro und im Osten auf 3418,23 Euro Grundgehalt. Der Familienzuschlag für Verheiratete beträgt 105,28 Euro, bzw. 97,38 Euro. Wie “Bild” auf die eigenen Zahlen (s.o.) kommt, ist uns ehrlich gesagt schleierhaft.

Ähnlich sieht’s beim Richter am Landessozialgericht (Besoldungsgruppe R2) aus:

Nach unserer Rechnung ergibt sich für einen 35-Jährigen ein Bruttoeinkommen von 4.261,50 Euro (West) und 3.941,88 Euro (Ost). “Bild” hat auch hier sehr viel höhere Beträge raus (s.o.).

Und wenn “Bild” schon möchte, dass “ganz Deutschland” darüber diskutiert, “wer wieviel Geld für seine Arbeit bekommt”, dann wünschte man sich dafür doch wenigstens eine korrekte Grundlage. Sonst kann man sich ja die Infos gleich selber zusammensuchen.

Mit Dank an Robert T., Oliver H., Marcel H., Jan G. und Benjamin S. für die sachdienlichen Hinweise.

Bei uns kommt das Geld aus der Bank

Gutes Thema eigentlich, mit dem die “Bild”-Zeitung heute aufmacht (siehe Ausriss). Wer kommt schon mit seinem Geld aus? Wer überzieht nicht ab und zu sein Konto? So wie die 14 Kontoinhaber, die “Bild” unter der Überschrift “Unser Geld reicht nie für einen Monat” präsentiert und deren Geld mehrheitlich für einen Monat zu reichen scheint. Laut Schuldenreport 2006 sind sogar 3,1 Millionen Haushalte in Deutschland überschuldet. Und auch das steht so in “Bild”:

Immer mehr Deutsche kommen mit ihrem Geld nicht aus! Laut Schuldenreport 2006 sind schon 3,1 Millionen Haushalte überschuldet. Seit 1999 hat sich diese Zahl mehr als verdoppelt.

Als “wichtige Gründe” dafür nennt “Bild” “Sinkende Einkommen”, “Steigende Lebenshaltungskosten”, “Explodierende Energiekosten”, “Steigende Abgaben und Gebühren” und “Angst um den Arbeitsplatz” (?).

Und mal abgesehen davon, dass die 14 Kontoinhaber mit dem wichtigen Thema Überschuldung nichts zu tun haben und sich die Zahl der überschuldeten Haushalte nicht “seit 1999”, sondern zwischen 1993 und 2002 mehr als verdoppelt hat, ist auch in der Pressemitteilung zum Schuldenreport 2006, der im Februar veröffentlicht wurde, die Rede davon, dass “bereits kleine ‘Störungen’ wie etwa die Reparatur der Waschmaschine oder steigende Energiepreise den finanziellen Kollaps auslösen können”. Allerdings geht es den Herausgebern des Reports (Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz und Bundesverband der Verbraucherzentralen, VZBV) noch um etwas anderes. In der Pressemitteilung heißt es über überschuldungsgefährdete Haushalte:

Diese Haushalte stehen auf der Kante — leichtfertige Kreditvergabe und die diskriminierenden Scoring-Praktiken der Banken können hier leicht den Anstoß zur Überschuldung geben.

Deshalb fordern die Verbände u.a. einen “Ausbau der Schuldnerberatung”, “die gesetzliche Verankerung des Rechts auf ein Girokonto auf Guthabenbasis” und “die Verankerung der Pflicht zu einer verantwortlichen Kreditvergabe in der EU-Verbraucherkreditrichtlinie”.

In “Bild” steht davon nichts. Stattdessen beantwortet “Bild” unterhalb der bereits erwähnten Überschrift “Unser Geld reicht nie für einen Monat” die Frage:

Beim Diakonischen Werk findet man das abwegig. Ein Sprecher sagte uns:

Der Dispo sollte eigentlich nur als Überbrückung dienen. Wir wären ja mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir zur Erhöhung des Dispos raten würden, obwohl das Geld ohnehin schon nicht ausreicht.

So geht das also: Statt ein wichtiges Thema, das jeden angeht, in seiner gesellschaftspolitischen Brisanz sachkundig zu erörtern, gibt “Bild” lieber einen blöden Tipp.

Mit Vorlage von “Bild”

Bei “Bild” versteht man sich darauf, den Eindruck zu erwecken, man wüsste Bescheid. So schrieb das Blatt gestern über das anstehende Fußballspiel von Hertha BSC gegen FK Moskau zwar: “Die spannendste Frage. Spielt Marcelinho”. Und danach war die Rede von einer großen “Chance”, dass Marcelinho in der Startelf stehe. Doch wenig später zitierte sie Marcelinho in der Berlin/Brandenburg-Ausgabe so:

“Ich gebe alles, will Hertha in den UEFA-Cup schießen. (…) Vorher konzentriere ich mich aber nur auf das Spiel.”

Und am Ende des Textes hieß es:

Das plant [Hertha-Trainer] Götz: (…) Vorne soll es Pantelic als einzige Spitze richten. Mit den Vorlagen von Marcelinho.

Und vielleicht haben das gestern die Bild.de-Mitarbeiter gelesen, nicht bemerkt, dass “Bild” bloß spekuliert und dann diese Meldung daraus gemacht:

Marcelinho — Die “Hertha-Diva” spielt gegen Moskau

(…) Der Brasilianer, den Hertha verkaufen will, flog gestern mit nach Rußland und steht in der Start-Elf.

Das ein oder andere “könnte”, “möglicherweise” oder “vielleicht” hätte sicher nicht geschadet. Ganz im Gegenteil.

Mit Dank an Mark H. und Klaus W. für den sachdienlichen Hinweis.

Schröder zu privat

Am 21. Januar dieses Jahres veröffentlichte “Bild” eine ganze Reihe von Fotos, die Altkanzler Gerhard Schröder, Doris Schröder-Köpf und ihre beiden (unkenntlich gemachten) Töchter “auf Kurzurlaub in Italien” zeigten. Nicht weniger als sieben dieser Fotos druckte “Bild” auf der letzten Seite und eines auf der Titelseite. Die Seite-1-Schlagzeile lautete:

"Schröder ganz privat"

Damit traf “Bild” den Kern der Sache schon ganz gut.

Die Schröders waren sogar so privat, dass Fotos davon gar nicht hätten veröffentlicht werden dürfen. Das jedenfalls entschied jetzt das Landgericht Hamburg. Die Schröders hatten gegen die Veröffentlichung in “Bild” (und in “Bunte”, wo die gleichen Fotos Anfang Februar zu sehen waren) geklagt, und das Gericht gab den Schröders Recht. Die Veröffentlichung verletze das Persönlichkeitsrecht, weil “die Abbildungen den Kläger bei einem Zusammensein mit seiner Familie in einer nicht bewusst der breiten (Medien)Öffentlichkeit zugewandten Eltern-Kind-Situation zeigten”, wie uns ein Gerichtssprecher erklärt.

Anders ausgedrückt: Gerhard Schröder mag zwar als Altkanzler eine absolute Person der Zeitgeschichte sein, deren Persönlichkeitsrecht eingeschränkt ist. Das rechtfertigt aber nicht, dass man Fotos von ihm und seiner Familie beim ganz privaten Zusammensein im Urlaub veröffentlicht, wie “Bild” es getan hat.

Mit Dank an Michael G. für den Hinweis.

Vorsicht, Paparazzi! (2)

Die “LeserReporter“-Aktion von “Bild” zeigt offenbar Wirkung. Jedenfalls bei den Fußballspielern Lukas Podolski und David Odonkor. Von beiden veröffentlichte “Bild” in den letzten Tagen Leser-Fotos, ohne die Einwilligung dafür zu haben, wie der “Tagesspiegel” berichtet:

(…) Fotos von Lukas Podolski auf Mallorca und David Odonkor auf einem Parkplatz sind in diesen Tagen erschienen, beide Male sollen die “Leser-Reporter” mit 500 Euro für das Einsenden der Handy-MMS belohnt werden. Die Fußballer gehen dagegen vor, sagte ihr Spielerberater Kon Schramm dem Tagesspiegel. Ihr Anwalt Christian Schertz bestätigte, in beiden Fällen Unterlassungserklärungen zu fordern. Er fühlt sich an Orwells “1984” erinnert: Der “Bild”-Aufruf an die Leser führe dazu, “dass ganz Deutschland versucht, Abschüsse aus dem Privatleben herzustellen”. Dieser Art von Hetzjagd müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Trotzdem werden es manche nicht lassen können.

Mit Dank an Mathias H. für den Hinweis.

Kurz korrigiert (239)

Luxusliner (Made in Italy) kippt einfach um

Und bei Bild.de würden sie jetzt schreiben: “Überschrift (made by Bild.de) kippt einfach um”. Obwohl das natürlich nicht stimmt. Tatsächlich ist die Überschrift nämlich genau wie der “Luxusliner” bloß um 30 Grad zur Seite gekippt, wie man dem Text entnehmen kann. Und bei einem Kreuzfahrschiff mit 3080 Passagieren und 1200 Besatzungsmitgliedern an Bord macht das sogar einen gravierenden Unterschied.

P.S.: Bei “Bild” ist die Überschrift übrigens nicht falsch. Dort heißt es: “Luxusliner (made in italy) kippt”.

Mit Dank an ClemensBW für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 19.10 Uhr: Bild.de hat die Überschrift mittlerweile korrigiert.

“Bild”-Warnsystem noch nicht in Betrieb

“Bild” hat heute mal wieder eine Frage:

Warum versagte das neue Tsunami-Warnsystem?

Gegenfrage: Welches “neue Tsunami-Warnsystem” meint “Bild” eigentlich? Etwa jenes, von dem im Text die Rede ist, und über das “Bild” schreibt:

Obwohl das Pazifik-Warnzentrum auf Hawaii rechtzeitig Tsunami-Alarm geschlagen hatte, kamen die Warnungen nicht an den Stränden von Java an. Grund: Indonesien fehlt es an Geld, um die Strände mit Sirenen auszustatten.

Das kann “Bild” aber nicht gemeint haben. Das Pacific Tsunami Warning Center (PTWC) ist nämlich gar nicht neu, sondern wurde bereits 1949 in Betrieb genommen. Und versagt hat es, wie man dem “Bild”-Text entnehmen kann, auch nicht, sondern eher die indonesischen Behörden.

Vielleicht also doch eher das Warnsystem vom Potsdamer Geoforschungszentrum (GFZ)? Davon ist ja gerade viel die Rede, allerdings nicht in “Bild”. Und im Interview mit der “Berliner Zeitung” sagt Jörn Lauterjung vom GFZ auf die Frage “Hat Ihr System versagt?”:

“Es hat nicht versagt, denn es ist noch gar nicht in Betrieb. Wir bauen es ja erst auf, und das dauert nach unserer Planung bis Ende des Jahres 2008.”

So gesehen ziehen wir unsere Gegenfrage besser zurück. Offenbar weiß “Bild” selbst am allerwenigsten, welches “neue Tsunami-Warnsystem” sie meint.

Mit Dank an Tobias J. für den sachdienlichen Hinweis.

Mein Gott, diese Hitze

“Puh, war das gestern wieder heiß.” – “Ja, ey. Und heute soll’s ja noch heißer werden.” – “Voll der Rekordsommer.” – “Echt mal. In Augsburg soll’s heute ja heißer werden als in Adelaide.” – “Stimmt. Und in Regensburg heißer als in Rio. Magdeburg wird sogar heißer als Mombasa.” – “Echt?” – “Ja, Mann. Wir sind voll der Hitze-Weltmeister.”

Und man mag das ja für eine ganz nette Idee von “Bild” halten, so eine Deutschlandkarte abzubilden, auf der die Temperaturen in deutschen Städten mit denen in anderen Orten auf der Welt verglichen werden. So kann sich der “Bild”-Leser immerhin einen Satz länger über das Wetter unterhalten – oder sogar zwei, wenn einer noch weiß, dass der Vergleich in sieben von 25 Fällen (online in acht von 26) mächtig hinkt, weil “Bild” Orte herangezogen hat, die auf der Südhalbkugel liegen. Und da ist ja bekanntlich gerade Winter.

Mit Dank an Uwe R., Patrick S. und Thomas D. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag , 13.21 Uhr: Okay, Bali liegt zwar auf der Südhalbkugel, allerdings ist es dort das ganze Jahr über ungefähr gleich heiß.

Mit Dank an Mario R. für den Hinweis.

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