“Wikifehlia” habe “sein erstes Promi-Opfer”, heißt es eingangs. Zwar ist Heck keineswegs das erste “Promi-Opfer”, aber was da über Heck im Internet-Lexikon stand, ist wirklich eindrucksvoll. “Bild” schreibt:
So heißt es bei “Wikipedia” in Hecks Lebenslauf, er habe “nach einem Bombenangriff drei Tage lang onanierend unter einer Kellertreppe” gelegen: “Wegen dieses Traumas begann er nach seiner Rettung zu stottern.”
Weiter heißt es: “Heck nahm Gesangsunterricht, um seine Impotenz loszuwerden” — und es wird sogar behauptet, Heck habe “vor dem Krieg als Verkaufsleiter einer Kondomfirma gearbeitet”!
Immerhin steht im Text auch:
Die Schmutz-Einträge wurden mittlerweile gelöscht.
Bemerkenswerterweise steht im “Bild”-Text aber nicht, wann die “Schmutz-Einträge” überhaupt gemacht wurden. Dabei lässt sich das bei Wikipedia gut nachvollziehen: Die von “Bild” zitierten Passagen wurden nämlich am 13. November mittags von einem anonymen Nutzer abgeändert. (Derselbe Nutzer hat übrigens am Morgen des 13. November auch die Einträge zu Bata Illic und zu Karl Moikvandalisiert, was allerdings binnen einer Minute bemerkt und rückgängig gemacht wurde.)
Klar könnte ein Fußballtorwart sich einfach damit zufrieden geben, in der Nationalmannschaft bloß Ersatzspieler zu sein. Er könnte sagen: “Mein Anspruch ist, ewig die Nummer 2 in Deutschland zu bleiben.” Allerdings: Wer weiß, ob jemand mit so einer Einstellung überhaupt in eine Nationalmannschaft aufgenommen würde.
Der Fußballtorwart Timo Hildebrand jedenfalls (derzeit die Nummer 2 hinter Jens Lehmann) hat, nachdem er erfahren hat, dass er morgen gegen Zypern spielen soll, offenbar “ins DSF-Mikrofon” gesagt:
“Mein Anspruch ist, die Nummer 1 in Deutschland zu werden.”
Das steht heute so in “Bild”*. Der einleitende Satz lautet:
Wer gedacht hat, dass es nach Kahns Rücktritt ruhig werden würde im deutschen Tor, hat sich getäuscht.
Und seltsamer Weise sehen Überschrift und Seite-1-Aufmacher so aus:
*) Ansonsten hat Hildebrand offensichtlich kein Wort über Jens Lehmann und sein Verhältnis zu ihm verloren, hat weder Lehmanns Spielweise kritisiert, noch behauptet, er sei besser als Lehmann oder irgendetwas anderes in der Richtung. Nur damit hier kein falscher Eindruck entsteht — was angesichts der “Bild”-Überschrift nicht verwunderlich wäre.
Zur “Bild” vom 9. November erklärt Jürgen Trittin u.a:
In der 4. Folge der BILD-Serie Patient Erde wird (…) empfohlen: “Weniger Auto fahren. Laufen, Rad nehmen, Fahrgemeinschaften mit Nachbarn, Kollegen bilden — oder öffentliche Verkehrsmittel.” Denn: “So können wir unseren schönen Planeten retten”.
Vor gerade mal einem Jahr war BILD nochganzandererAuffassung. Meinen Hinweis, man könne neben anderen Maßnahmen auch mal ab und zu das Auto stehen lassen, war Anlass für eine “Benzin-Wut-Kampagne” gegen den Umweltminister. Dieser Vorschlag sei “blanker Hohn” für Pendler. (Aus einer Pressemitteilung von Jürgen Trittin, Links von uns.)
Mit Dank an Jonas L. und Trittins Büro für den Hinweis.
Was gab es für eine Aufregung auf dem Boulevard, als vor rund zwei Wochen bekannt wurde, dassderzweiteSohnvonBritneySpearsundKevinFederlinedochnicht, wie bis dahin angenommen, Sutton Pierce heißt, sondern Jayden James. Das kann man sogar auf dessen Geburtsurkunde und auf dem Scheidungsantrag von Spears nachlesen, die erstaunlicher Weise im Internet zu finden sind. Auch Christiane “Ich weiß es!” Hoffmann, die sich ja des Öfteren mitBritneySpearsbeschäftigt und deren Kernkompetenz angeblich bekanntlich Prominente seinsollen sind, hatte das irgendwie mitbekommen. Jedenfalls schrieb sie vorgestern über Spears:
Nur zwei Monate nach der Geburt von Baby Nr. 2 Jaden James hat sie sich neu erfunden. Hervorhebung und Fehler im Original.
Nur zwei Tage nach dieser Kolumne (in der übrigens auch ein Ausriss aus dem besagten Scheidungsantrag abgebildet wurde) hat Christiane “Ich weiß es!” Hoffmann es aber schon wieder vergessen und schreibt über Spears:
Nachdem die Pop-Prinzessin (…) das alleinige Sorgerecht für Sean Preston (13 Mon.) und Sutton Pierce (59 Tage jung) beantragte (…) Hervorhebung und Fehler im Original.
Mit Dank an Svenya, Christine N. und Steffi für den Hinweis.
Nachtrag, 14.20 Uhr: Bei Bild.de wurde Christiane Hoffmanns Fehler von heute übrigens offenbar selbständig korrigiert. Und der von vorgestern ist inzwischen auch berichtigt.
Nebenstehender — im Original ziemlich großer — Teaser befindet sich derzeit auf der “Leute”-Seite von Bild.de. Die Überschrift des dazugehörigen Textes lautet: “Macht ER sie wieder glücklich?” Mit “ER” meint Bild.de einen Mann, der kürzlich mit Britney Spears beim Eislaufen fotografiert wurde. Bild.de nennt ihn einen “Unbekannten”.
Und natürlich wissen wir ebenso wenig wie Bild.de, ob “ER” sie wieder glücklich machen wird. Dafür aber, dass weniger Spekulation und mehr Recherche nicht schaden können. “ER” heißt nämlich Larry Rudolph, war mal Spears’ Manager und ist deshalb für andere Medien ganzundgarkeinUnbekannter.
Mit Dank an Steffi, Anna und Johannes E. für den sachdienlichen Hinweis.
Nachtrag, 21.28 Uhr: Inzwischen hat man bei Bild.de dann doch recherchiert und entdeckt, dass “‘Contact Music’ berichtet”, dass es sich bei dem “Unbekannten” um Larry Rudolph handelt.
Wir müssen mal eine Lanze brechen für das arme Kohlendioxid (auch CO2genannt, und nicht, wie “Bild” heute in Teil 3 der großen Serie “Patient Erde” mehrfach schreibt, C02). Kohlendioxid ist nämlich nicht nur böse. Was wäre schließlich Sprudelwasser, Bier, Sekt oder Brause ohne es. Eben: Ziemlich schal. Deshalb ist es auch ungerecht und falsch, wenn “Bild” heute unter einem großen Foto von Chinesen auf Fahrrädern behauptet, diese würden ihren Mundschutz tragen, “um nicht die CO2-verdreckte Luft” einzuatmen (siehe Ausriss). Außerdem: Was sollte dann eigentlich mit der “CO2-verdreckten Luft” passieren, die dieselben Chinesen ausatmen?
Mit Dank an Oliver W. für den sachdienlichen Hinweis.
Warum sollten wir Zweifel an der Geschichte haben, die Ruth Hannah Reeves der “Bild”-Zeitung über ihre “wilden Tage ab 1960” mit Paul McCartney erzählt hat (siehe Ausriss)? Bloß, weil sie in der “Bild”-Zeitung steht? Nein, deswegen nicht. Aber “Bild” zitiert Reeves u.a. so:
“Ich habe 10 Jahre lang im Hamburger Starclub an der Bar gearbeitet, kannte alle Musiker.”
“1965 habe ich Paul wieder getroffen. Er war gerade frisch getrennt von seiner Freundin Jane Asher und meinte zu mir; Ruth, komm mich doch mal besuchen.”
Das war offenbar das letzte Mal, dass Reeves McCartney getroffen haben will. Aber auch daran stimmt was nicht. Paul McCartney und Jane Asher trennten sich nämlich erst 1968.
Aber so ist das wohl mit historisch belegbaren Fakten. Sie sind eben etwas ganz anderes als nostalgische Erinnerungen einer 66-jährigen Rentnerin aus Hamburg — und Journalismus ist eigentlich etwas anderes als Gefühlsduselei.
Mit Dank an Jörg L. für den sachdienlichen Hinweis.
Mit Kindern und Tieren kannst du nicht verlieren. (“Eherne Regel des Journalismus”, zitiert nach “Der Spiegel”)
Bis vorgestern war die Welt eigentlich noch ganz in Ordnung. Es gab da ein weißes Reh im Hirschgrund bei Oberlungwitz. Eine Seltenheit, ohne Frage, aber allzu große Aufregung gab es nicht. Bloß vereinzelt berichteten Medien über das Albino-Reh, das wohl so um den 25. Oktober zum ersten Mal gesichtet wurde.
Na, wegen “Bild”. Die nahm sich des Themas nämlich am Mittwoch an — auf bewährte Art. Schon auf der Titelseite witterte sie (wie berichtet) einen neuen “Fall Bruno?” und schrieb:
Im Innenteil fand sich die Überschrift:
Neben diese Überschrift platzierte “Bild” ein Foto von Günter Giese, dem Präsidenten des Jagdverbandes Sachsen. “Bild” zitierte ihn mit den Worten:
“Das weiße Reh ist eine Mutation. Und die gehören nicht in die Wildnis, sie müssen geschossen werden.”
Uns sagte Giese zwar, er habe das “so nie” gegenüber der “Bild”-Zeitung gesagt, sondern lediglich geäußert, dass er persönlich ein solches Tier in seinem Jagdrevier nicht dulden würde. Aber darum geht es gar nicht. “Bild” jedenfalls sprach von einem “Abschussbefehl”, den es nicht gibt, und zitierte noch einen Experten, der wegen des Albino-Rehs den Rehbestand gefährdet sah.
In der Folge haben sich auch das Sächsische Umweltministerium, der Naturschutzbund (Nabu) und weitere Experten zu dem Tier geäußert. Die Meinungen gehen auseinander. Jagdpächter Ralf Georgi allerdings, in dessen Revier sich das weiße Reh befindet, bleibt bei dem, was er am Mittwoch schon in “Bild” erklärte:
“Wenn einer in meinem Revier das Reh heimlich schießt, ist das Wilderei. Mich stört das weiße Bambi nicht!”
Damit war eigentlich schon alles über das “Drama” um Rehweißchen gesagt: Es gibt kein Drama, solange Georgi an seinem Entschluss festhält, wie auch Jagdpräsident Giese schon gestern via dpa klargestellt hatte: “Die Entscheidung, [das Reh] zu schießen, liegt einzig bei dem Revierpächter oder -besitzer.”
Immerhin: Diese Information kommt in dem ein oder anderen Medienbericht durchaus vor, allerdings hat sie natürlich kaum eine Chance durchzudringen gegen Überschriften wie “Weißes Reh soll sterben” oder “Tod für ‘Rehweißchen’?”
So geht das eben: “Bild” macht eine Tiergeschichte zur Seite-1-Schlagzeile, spitzt zu, übertreibt, verdreht und schon ist aus der “Bild”-Frage nach dem neuen “Fall Bruno” tatsächlich ein “Fall Bruno” geworden — auch, wenn die beiden Fälle (außer ihrem waidmännischen Sujet) nichts gemeinsam haben. Wahrscheinlich ist man bei “Bild” darauf auch noch stolz.
P.S.: Heute berichtet “Bild” natürlich auch wieder über das weiße Reh. Im Text heißt es unbeirrt, “wie BILD berichtete, will der sächsische Jagdpräsident Dr. Günter Giese (69) das süße Reh abschießen lassen”, und die Überschrift lautet: “Alle wollen weißes Bambi retten”. Nun ja, es müsste nicht gerettet werden, hätte “Bild” es nicht in Gefahr in die Schlagzeilen gebracht.
“Bild” wittert heute einen neuen “Fall Bruno”, weil Jäger ein “süßes weißes Bambi erschießen” sollen. Allerdings, so “Bild”, habe sich bislang “niemand gefunden, der den Herzlos-Befehl ausführen will”. “Bild” meint zu wissen warum:
Und “Bild” glaubt sogar, den Ursprung dieses Aberglaubens zu kennen:
Nun ist ein Hirsch zwar nicht unbedingt ein Reh, und wer weiß schon, ob der Aberglaube tatsächlich auf die Hubertus-Legende zurückzuführen ist, aber sei’s drum. Denn erstens ist es mindestens umstritten, ob Hubertus einem weißen Hirsch begegnete (manche meinen, die Darstellungen von weißen “Hubertus-Hirschen” seien auf die Unkenntnis von Künstlern zurückzuführen). Und zweitens weiß wohl nur “Bild”, was es mit dieser ominösen Lanze auf sich hat, die sich in ein Kruzifix verwandelt haben soll. Eigentlich besagt die Legende nämlich, dass Hubertus gerade auf den Hirsch anlegen wollte, als er entdeckte, dass dieser ein leuchtendes Kreuz zwischen den Geweihstangen trug. Sokannmandasauchüberallnachlesen.