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Heiße-Luft-Alarm in der “Bild”-Zeitung

“Bild” ruft heute “Tornado-Alarm über Deutschland” aus. “Immer häufiger, immer heftiger: Das neue Wetter-Phänomen Wirbelsturm”, heißt es in der Unterzeile zu einer “Bild”-Geschichte über einen Tornado, der vergangenen Samstag in Frankfurt/Main schwere Schäden angerichtet hat.

Ohne allzusehr ins Detail zu gehen: Ob in Deutschland tatsächlich “immer häufiger” Tornados auftreten und diese “immer heftiger” werden, wie “Bild” schreibt, ist mindestens umstritten. Zwar rechnen viele Klimaforscher mit einer Zunahme extremer Wetterphänomene. Aber belastbare Daten, die belegen, dass die Zahl der Tornados in den letzten Jahren zugenommen hätte, gibt es derzeit offenbar nicht.

Und wenn “Bild” schreibt, den “bisher schwersten Tornado” hätte es im März 2006 in Hamburg gegeben, so ist das nachweislich falsch. Es handelte sich dabei um einen Tornado der Kategorie F2 auf der Fujita-Skala, mit Windgeschwindigkeiten von maximal 252 km/h. Das klingt zwar viel, ist im Vergleich zu dem Tornado, der im Jahr 1968 Pforzheim heimsuchte jedoch eher wenig. Der erreichte Windgeschwindigkeiten von 400 km/h (Kategorie F4) und aus den Jahren 1764 und 1800 sind sogar zwei Wirbelstürme dokumentiert, die aufgrund von Schadensberichten als F5-Tornados eingeschätzt werden. Womit klar sein dürfte, dass Wirbelstürme, anders als “Bild” behauptet, kein “neues Wetter-Phänomen” sind.

Kommen wir zu dem tollen großen Foto, mit dem die “Bild”-Geschichte, die ja auch das “BILD-Leser-Reporter”-Logo trägt, illustriert ist:

"Tornado-Alarm über Deutschland -- Immer häufiger, immer heftiger: Das neue Wetter-Phänomen Wirbelsturm"

Wahnsinn! Oder? In einem kleinen Text rechts auf der Seite heißt es:

Eine bedrohliche Unwetterfront schiebt sich über Hessen, gewaltige Luftwirbel reichen bis zur Erde. Fotografiert hat’s Leser-Reporter Andreas M.* (20)
*) Abkürzung von uns

Damit keine Verwirrung entsteht: der zitierte Text, der rechts neben der mächtigen Windhose und unter diesem kleinen unspektakulären Foto steht, bezieht sich nur auf das kleine unspektakuläre Bild, auf dem weit und breit kein Tornado zu erkennen ist. Das große Windhosen-Foto unter den Worten “Tornado-Alarm über Deutschland” hingegen zeigt nicht den Frankfurter Tornado vom Wochenende. Es wurde in Elie in Manitoba, Kanada aufgenommen, wie man uns bei der Nachrichtenagentur AP sagt, von der das Foto stammt.

P.S.: Manche Klimaforscher gehen übrigens davon aus, dass die Zunahme von Tornado-Meldungen in den letzten Jahren darauf zurückzuführen ist, dass die Öffentlichkeit “sensibler für das Thema” würde, wie die “FAZ” im September letzten Jahres Thomas Sävert (der übrigens auch schon einschlägige Erfahrungen mit “Bild” gemacht hat) zitierte. Außerdem schrieb die “FAZ”: “Internet und Fotohandys tragen ihren Teil bei” (sic).

Mit Dank an Jan K. und Frank A. für den sachdienlichen Hinweis.

Sehen alle gleich aus

Okay, dass Lagos in einem “Bild”-Artikel über den nigerianischen Fußballer Obafemi Martins als Hauptstadt Nigerias bezeichnet wird, obwohl sie das schon seit 1991 nicht mehr ist, mag man der “Bild”-Sport-Redaktion noch verzeihen. Die sollen sich ja schließlich in erster Linie mit Fußball auskennen.

Aber: “Bild” zeigt auch ein schönes großes Foto, dessen Quelle mit “WITTERS” angegeben wird, eines schwarzen Fußballspielers und behauptet, es zeige “Bertis Stürmer-Star” Obafemi Martins:

"Mord-Anschlag auf Bertis Stürmer-Star"

Und sucht man bei Witters in der Fotodatenbank nach “Obafemi Martins”, findet man das Foto sogar. Nur zeigt es trotzdem nicht Obafemi Martins (Newcastle United), sondern Taye Taiwo (Olympique Marseille). Dummerweise hat das offenbar niemand in der “Bild”-Sport-Redaktion gemerkt.

Mit Dank an Sven P. und Alex für den sachdienlichen Hinweis.

Kurz korrigiert (424)

In Hamburg bei der “Bild”-Zeitung mag man Hans Albers offenbar. Und die Vorstellung, dass ein “Bild”-Redakteur mit Kapitäns-Mütze morgens “La Paloma” pfeifend das Büro betritt und, sich halb auf den Schreibtisch setzend, verschmitzt grinsend zur Sekretärin wendet: “Na, du seute Deern” — diese Vorstellung ist ganz drollig (siehe Ausriss rechts). Allerdings würde man von jenem Redakteur auch erwarten, er wisse, dass Hans Albers nicht 78 sondern bloß 68 Jahre alt geworden ist. Oder dass die Bezeichnung “Star der Nachkriegszeit” (siehe Ausriss links) Albers nur teilweise gerecht wird. Er war nämlich auch schon in der Vorkriegs- und in der Kriegszeit ein Star. Wenn nicht sogar ein größerer.

Mit Dank an klein-K auch für den Scan.

Nachtrag, 21.6. (mit Dank an klein-k): “Bild”-Hamburg berichtigt in ihrer heutigen Ausgabe in einer Meldung das Alter von Hans Albers.

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Zirkusreife “Bild”-Kampagne gegen Sarrasani

Tag 1:
Es fing eigentlich relativ harmlos an: Vor einer knappen Woche berichtete “Bild”-Dresden zum ersten Mal über die zwei Tiger des"Sarrasani-Tiger wohnen jetzt im Supermarkt!" Zirkus “Sarrasani”: “Sarrasani-Tiger wohnen jetzt im Supermarkt!” (siehe Ausriss). Mieter hätten sich wegen des Gebrülls beschwert, hieß es. “Bild” zitierte eine 71-jährige Anwohnerin, die sich gar nicht mehr traue, “an unserem alten Supermarkt vorbeizugehen”. Außerdem stinke es “schrecklich”. Eine weitere Mieterin “schimpft” angeblich: “Das Gebrüll hört sich so qualvoll an!” Zwar habe die Stadt die “seltsame Raubtierhaltung” genehmigt. Allerdings zitiert “Bild” einen Amtstierarzt, er habe nicht gewusst, dass die Tiger “im Warenlager” gehalten würden.

Tag 2:
Am Tag darauf berichtete “Bild”"Rettet die Tiger aus dem Supermarkt" wieder über den “Skandal”, den “Bild”-Leser “aufgedeckt” hätten. Unter der Überschrift “Rettet die Tiger aus dem Supermarkt” behauptete “Bild”, Sarrasani lasse seine zwei Tiger “seit Wochen” und “heimlich” im Supermarkt wohnen. Und Tierschützer würden fordern, dass “Sarrasani seine Tiere sofort artgerecht unterbringt”. (Nebenbei: Als wir einen der von “Bild” zitierten Tierschützer fragten, ob er die konkrete Unterbringung der Sarrasani-Tiger kenne, beendete der abrupt das Telefon-Gespräch.)

Tag 3:
Am folgenden Tag hieß es in “Bild”: “Tiger in Kaufhalle gehalten: Fliegt"Tiger in Kaufhalle gehalten: Fliegt Sarrasani jetzt aus dem Supermarkt?" Sarrasani jetzt aus dem Supermarkt?” “Bild” habe herausgefunden, dass nicht mal der Vermieter der Halle über die “merkwürdige Nutzung als Raubtierkäfig” informiert gewesen sei. “Ob Sarrasani rausfliegt”, wolle der Vermieter nach einem Gespräch entscheiden. Und wieder hieß es, “Bild”-Leser hätten “aufgedeckt, dass der Varieté-Chef seit Wochen seine Tiger (…) mitten im Wohngebiet hausen lässt.”

Tag 4:
Einen Tag später kam, was kommen musste: “Sarrasani-Tiger im Supermarkt: Der Foto-Beweis!” Ein “Bild”-Fotograf "Sarrasani-Tiger im Supermarkt: Der Foto-Beweis!"hatte ein Foto gemacht, das, nun ja, einen Tiger hinter Gittern zeigt, und offenbar die Behauptung Sarrasanis widerlegen sollte, es gehe den Tigern gut. “Bild” fasste noch kurz ihre Kampagne der vorhergehenden Tage zusammen und schrieb, dass sich “wieder Mieter der angrenzenden Wohnblocks bei BILD” gemeldet hätten. Von “mehreren Eingaben wegen des Gebrülls und Gestanks” war die Rede. Zu Wort kam dann allerdings wieder nur die 71-jährige Mieterin, die “Bild” schon am ersten Tag ihrer Kampagne zitiert hatte und die sich nun auch noch über “das Zirkus-Zelt mit Bumbum bis 23 Uhr” beschwerte. “BILD bleibt dran!” hieß es abschließend.

Tag 5:
Tat sie auch. Aber nur in Form einer Zwei-Spalten-Meldung, in der es hieß: “Gestern fotografierte BILD exklusiv eine der beiden Raubkatzen” — und die darüber Auskunft gab, dass Sarrasani “einen zweiten Drahtzaun mit Sichtschutz gegen neugierige Blicke aufgestellt” habe.

Soweit die Kampagne von “Bild”. Und nun die Fakten:

Die Sarrasani-Tiger wohnen nicht “seit Wochen”, wie “Bild” mehrfach behauptete, “im Supermarkt”, sondern sie sind bereits seit dem Jahr 2004 auf dem Gelände untergebracht. Und das auch nicht “heimlich”, wie “Bild” wiederholt schrieb, sondern mit Kenntnis und Billigung des Veterinäramts, das die Haltung abgenommen und regelmäßig kontrolliert hat. “Die Haltungsbedingungen und der Allgemeinzustand der Tiger wurden letztmalig im Dezember 2006 amtstierärztlich kontrolliert”, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung der Dresdner Stadtverwaltung. Zudem fand am Tag des ersten “Bild”-Berichts eine weitere Kontrolle statt. Weiter heißt es in der Mitteilung (und ähnlich auch in einer Stellungnahme Sarrasanis [pdf]):

Bei beiden Kontrollen ergaben sich aus tierschutzrechtlicher Sicht keine Beanstandungen bzw. Auflagen.

Sarrasanis Vermieter, die TLG Immobilien GmbH, ist nach unseren Informationen seit Mietbeginn im Jahr 2004 darüber informiert, dass der Zirkus zwei Tiger auf dem Gelände hält. Bei der TLG wollte man sich uns gegenüber jedoch nicht zu dem Sachverhalt äußern.

Dass laut “Bild” weder der zitierte Amtstierarzt noch der Vermieter gewusst hätten, dass die Tiger “im Warenlager” gehalten würden, kann allerdings stimmen. Doch es gibt dafür einen einfachen Grund: Die Tiger werden nicht “im Warenlager” gehalten.

In der Pressemitteilung der Dresdner Stadtverwaltung heißt es entsprechend:

Die Tiger werden im Außengelände neben der ehemaligen Kaufhalle am Straßburger Platz gehalten. Die Haltung der Tiere ist nicht zu beanstanden; Größe und Ausstattung der Haltungseinrichtungen entsprechen den “Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen des BMVEL” sowie den Anforderungen des Erlaubnisbescheides nach § 11 Tierschutzgesetz der zuständigen Erlaubnisbehörde der Landeshauptstadt Wiesbaden.

Ob es aus ethischer Sicht zu beanstanden ist, Tiger oder sonstige wilde Tiere wie beispielsweise Eisbären in Gefangenschaft zu halten, wollen wir nicht diskutieren. Sarrasani erfüllt jedenfalls offensichtlich alle “drei Voraussetzungen” für die Haltung von Tigern, die “Bild” bereits am zweiten Tag ihrer Kampagne zusammengetragen hatte:

"Darf sich eigentlich jeder einen Tiger halten?"

P.S.: Der Zirkus Sarrasani hat in direkter Umgebung des Tiger-Geheges ein Büro mit Kartenverkaufsstelle. Von Beschwerden seitens der Anwohner sei bei Sarrasani jedoch nichts bekannt, sagt uns eine Sprecherin auf Anfrage. Tja, die 71-jährige Dame Mieter hielten es offenbar für sinnvoller, sich an “Bild” zu wenden.

Nach “Malle” wollen mehr als alle

Im großen “Mallorca-Special” (“Nach Malle wollen alle!”) ist Bild.de offensichtlich so ziemlich jeder "Nach Malle wollen alle! Großes Mallorca-Special"Superlativ recht (siehe Ausriss). So auch dieser:

Allein im vergangenen Jahr hoben laut Statistischem Bundesamt rund 3,8 Millionen Flugzeuge von Deutschland aus gen Mallorca ab.

Wenn das stimmte, wären das mehr als 10.000 Flüge pro Tag. Und wenn man annähme, dass jedes Flugzeug im Schnitt nur etwa 75 Passagiere an Bord hätte (eine zugegebenermaßen völlig aus der Luft gegriffene Zahl), dann würden pro Jahr rund 285 Millionen Urlauber allein aus Deutschland die Insel bevölkern. Da müssten dann — selbst wenn wirklich “alle” nach “Malle” wollten und auch flögen — schon einige Mehrfach-Urlauber dabei sein. Glücklicherweise ist das Unsinn.

Mit Dank an Christian K. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 18.04 Uhr: Der Mallorca-Beauftragte von Bild.de hat aus den -zeugen inzwischen -gäste gemacht.

“Bild” schenkt “Reiter-Held” eine Ente

Unter der Überschrift “Verband kennt ihn nicht mehr” berichtete “Bild” am 6. Juni über den 70. Geburtstag von “Reiter-Held” Alwin Schockemöhle (siehe Ausriss). Selbst "Reiter-Held Schockemöhle: Verband kennt ihn nicht mehr"Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel hätten gratuliert, schreibt “Bild”. Aber:

Aus aller Welt kamen Glückwünsche. Nur die deutsche Reitsportföderation (FN) in Warendorf vergaß ihren größten Reiter. Kein Anruf, kein Telegramm, keine Würdigung. Wie peinlich!

Als Quelle für die Geschichte dient “Bild” Schockemöhle selbst, über den dpa anlässlich seines Geburtstags diskret schrieb: “Inzwischen lebt Alwin Schockemöhle (…) zurückgezogen in seiner Villa im niedersächsischen Mühlen”. “Bild” zitiert ihn mit den Worten:

“(…) Dass sich nun keiner an meinem Geburtstag aus Warendorf bei mir meldete, auch nicht Präsident Breido Graf zu Rantzau und nicht dessen Vorgänger Dieter Graf Landsberg-Velen, das ist wie eine Verschwörung.”

Gut möglich, dass Schockemöhle das tatsächlich zu “Bild” gesagt hat.

Allerdings entspricht es offenbar nicht den Tatsachen. Gestern dementierte die Reitsportföderation (die übrigens nicht anzweifelt, dass Schockemöhle korrekt zitiert wurde) in einer Pressemitteilung glaubwürdig den eingangs zitierten “Bild”-Satz:

Diese Behauptung ist falsch. Richtig ist: Breido Graf zu Rantzau (Breitenburg), Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), sandte ein handschriftliches Glückwunschreiben an Alwin Schockemöhle. Ein Gratulationsschreiben wurde ebenfalls von Dr. Hanfried Haring, dem Vorsitzenden des geschäftsführenden Vorstands und Generalsekretär der FN, an Alwin Schockemöhle gesandt. Persönlich gratulierten anlässlich des Geburtstagsempfangs mit Ruth Klimke (Münster) und Friedrich Witte (Burscheid) zwei der insgesamt drei Vize-Präsidenten der FN.

Und zumindest was die persönliche Anwesenheit von Friedrich Witte angeht, hätte es der “Bild”-Autor (Kürzel: DL) eigentlich besser wissen müssen. Es handelt sich nach unseren Informationen nämlich um denselben Autor, der auf equinet.de schrieb:

Im Kreise von Familie, Verwandten, Freunden, ihm altbekannten Journalisten und Züchtern feierte gestern Alwin Schockemöhle (…) seinen Geburtstag. (…) Gekommen waren unter anderem als Privatmann Friedrich Witte, Vize-Präsident der FN (…)

Mit Dank an Alexa F. für den sachdienlichen Hinweis.

“Bild” versetzt Mann in Todesangst

"Fernsehturm-Putzer abgestürzt!"

Ganz schön spektakulär, diese Geschichte zum heutigen “BILD-Leser-Reporter”-Foto in der “Bild”-Berlin:

Kopfüber baumelt ein Mann unter der silbernen Kugel des Fernsehturms. Hilflos hängt er in der Luft (…)! Aufregung am Alex! (…) Ein Industriekletterer reinigt die Kugel des Fernsehturms. Plötzlich rutscht er ab, stürzt 30 Meter in die Tiefe. Nur ein Sicherungsseil bremst den freien Fall, rettet ihm das Leben. BILD-Leser-Reporter Klaus-Michael Baltruschat (49): “Ich hörte einen lauten Schrei. Der Mann stürzte, schrie ganz laut, sein Hilferuf hallte über den Alexanderplatz.”

Es sieht zwar auf dem Foto nicht so aus, als baumele der Mann “kopfüber” am Seil, aber “Bild” überprüft ja bekanntlich die Leser-Reporter-Fotos vor der Veröffentlichung. So auch dieses. “Bild” hat bei der Funkturm GmbH nachgefragt und zitiert ganz am Ende eine Sprecherin. Allerdings hat man sich offenbar entschieden, ihr nicht zu glauben, sondern sie nur zu zitieren:

Wie konnte der Unfall passieren? Luisa Vollmar (29) von der Deutschen Funkturm GmbH: “Der Kletterer wollte die Seilkonstruktion testen, ließ sich deshalb einige Meter fallen. Es war niemand in Gefahr.”

Uns gegenüber konkretisierte die Sprecherin der Funkturm GmbH ihre Äußerung wie folgt:

Das war kein Unfall, sondern ein Routine-Test. Der Kletterer ist auch nicht 30 Meter in die Tiefe gestürzt — das Seil ist an der Stelle ohnehin nur zehn Meter lang — sondern er hat sich rausbaumeln lassen.

Übrigens: Anders als “Bild” (“Angeblich nur ein Test…”) findet man bei Bild.de, wo dasselbe Foto unter Berufung auf “BILD-Leser-Reporter Uwe Baltruschat (40)”* veröffentlicht ist, die Funkturm-GmbH-Version offenbar plausibel:

Doch was dramatisch aussieht, war eher ungefährlich. Funkturm-Sprecherin Luisa Vollmar (29): “Der Kletterer gehört zu einer Firma, die die Kugel säubert. Er testete die Sicherheit, ließ sich einige Meter fallen.”

*) Bei Uwe Baltruschat handelt es sich laut Klaus-Michael Baltruschat um seinen Bruder.

Nachtrag, 14.6.: Wie uns BILDblog-Leser Andreas G. mitteilt, entschied man sich auch in der Düsseldorfer “Bild”-Ausgabe (und vermutlich auch in anderen), den Text abzudrucken, der bei Bild.de steht, also der Version der Funkturm-GmbH Glauben zu schenken. Und auf lichtjaeger.de gibt es ein kleines, unspektakuläres Video des Fernsehturm-Putzers.

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Bild.de erfindet Misshandlung und Missbrauch

"Erica (15) -- entführt und ein Jahr misshandelt"

So berichtet Bild.de über ein Mädchen aus Connecticut, USA, das, nachdem es ein Jahr lang vermisst worden war, jetzt von der Polizei entdeckt wurde. Die Informationen in dem Bild.de-Artikel weichen allerdings in einigen Punkten von dem ab, was beispielsweise der offenbar gut informierte US-Fernsehsender CNN auf seiner Internetseite berichtet. So steht zum Beispiel nicht bei CNN (und auch nicht in anderen Medienberichten über den Fall), dass das Mädchen “misshandelt” wurde. Auch die folgende Bild.de-Formulierung findet sich nicht in anderen Meldungen zum Thema:

Nach ersten Informationen wurde das Mädchen misshandelt, womöglich missbraucht. Die Polizei schließt auch nicht aus, dass der Teenager mit Drogen gefügig gemacht wurde und freiwillig in das Haus kam.

Stattdessen heißt es etwa bei CNN:

Authorities said they were not sure the girl — who they said had a “tough” life involving drug use and had a history of running away from home — was being held against her will. (…) The girl was being evaluated by medical personnel, Blatter said, and authorities including child welfare workers would determine the best placement for her. “She is physically OK,” he said.

Kurz zusammengefasst gibt es also “nach ersten Informationen” keine Hinweise, dass das Mädchen “misshandelt” oder “missbraucht” wurde. Und zwar schließt die Polizei tatsächlich nicht aus, dass das Mädchen “freiwillig in das Haus kam”. Aber davon dass sie mit “Drogen gefügig gemacht” wurde, steht da rein gar nichts. Das würde ja auch irgendwie der These der Freiwilligkeit widersprechen, oder?

Mit Dank an Wolfgang W. für den sachdienlichen Hinweis.

Entwarnung für Normalerbliche

"Erbschaftssteuer 1400 Prozent rauf?"

So steht es heute auf der Seite 1 der “Bild”-Zeitung. Und 1400 Prozent sind ja ein ganz ordentlicher Batzen. Sie ergäben sich, so “Bild”, aus “internen Berechnungen aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion”:

Beispiel: Für ein Haus mit einem Verkehrswert von 500 000 Euro müsste ein 25-jähriger Erbe (Sohn/Tochter) künftig rund 44 000 Euro Erbschaftssteuer zahlen — “1400 Prozent” mehr als heute! Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach private Immobilien künftig höher bewertet werden müssen.

Die Rechnung stimmt im Prinzip. Die Überschrift und eigentlich der gesamte Artikel sind trotzdem in doppelter Hinsicht Unsinn.

Denn erstens beziehen sich die 1400 Prozent nicht auf die Erbschaftssteuer schlechthin, sondern nur auf vererbte Immobilien. Die werden derzeit gegenüber anderen Vermögensarten bevorzugt behandelt* und sollen zukünftig genauso behandelt werden wie beispielsweise Barvermögen (das meint “Bild” mit “künftig höher”).

Zweitens beschreibt “Bild” mit den “1400 Prozent” keineswegs den Normalfall, sondern Ausnahmefälle von großen Erbschaften. Die Regierungskoalition ist sich nämlich darüber einig, Freibeträge einzuführen, so dass “ein normales Einfamilienhaus in Bayern oder Baden-Württemberg nicht belastet wird”, wie es kürzlich in einer dpa-Meldung und ähnlich auch in anderen Berichten zum Thema hieß.

Wessen Eltern also neben dem Eigenheim nicht noch über die ein oder andere Mietskaserne verfügen, der braucht sich auch zukünftig eher keine Sorgen zu machen über eine drohende Erbschaftssteuererhöhung von “1400 Prozent”.

Mit Dank an Michael H. und Bastian B. für den sachdienlichen Hinweis.

*) Derzeit werden bebaute Grundstücke nicht nach ihrem Verkehrswert, sondern nach dem sogenannten Ertragswert besteuert. Der beträgt in der Regel etwa 50 Prozent des Verkehrswertes (die genaue Berechnung ersparen wir uns). In diesem Fall wären das also 250.000 Euro. Nach Abzug des Freibetrags für Kinder in Höhe von 205.000 Euro bleiben also 45.000 zu versteuernde Euro (Nachlassverbindlichkeiten und andere Erbgegenstände außen vor). Bei einem Steuersatz von 7 Prozent ergibt das 3.150 Euro Erbschaftssteuer. Die, angeblich aus den “internen Berechnungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion” stammenden, von “Bild” angegebenen 44.000 Euro wären also tatsächlich ungefähr “1400 Prozent” mehr.

Kurz korrigiert (422)

"Schiri Fandel: Meine Horror-Nacht"Beim Fußballspiel Schweden gegen Dänemark wurde der Schiedsrichter Herbert Fandel von einem Fan attackiert, der aufs Spielfeld rannte. “Bild” schreibt dazu (siehe Ausriss) in einer Fotounterzeile: “Schlag an den Hals”. Und in der Unterzeile zu einem weiteren Foto: “Schlag ins Gesicht”. Im Text behauptet “Bild”:

Mit dem linken Arm schlug er Deutschlands ‘Schiedsrichter des Jahres’ zuerst ins Gesicht, dann an den Hals.

Tatsächlich wurde Fandel jedoch nur einmal getroffen, bevor ein dänischer Spieler den Angreifer abdrängen konnte.

So gesehen muss man wohl froh sein, dass “Bild” nicht noch mehr Fotos derselben Szene zeigt — sonst wäre aus dem Vorfall womöglich noch eine Massenschlägerei geworden.

Mit Dank an Martin K., Mike S., Julian B. und viele andere für den sachdienlichen Hinweis.

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