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Verbraucherzentrale verklagt Bild.de

Anzeige / Volks-Laufschuh / Diesen Schuh sollten Sie sich anziehen

Diese Anzeige heute auf der Homepage von Bild.de ist verblüffend. Es steht “Anzeige” darüber, sie ist farblich ein bisschen von den redaktionellen Beiträgen abgesetzt und auch über der Seite, auf die man beim Klicken kommt, steht in lesbarer Größe “Anzeige”. Und wie unerhört das ist, dass bei Bild.de Redaktion und Werbung getrennt werden, kann man u. a. hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier nachlesen.

Vielleicht (aber auch nur vielleicht) hat diese kleine Revolution etwas damit zu tun, dass Bild.de gerade wegen Schleichwerbung verklagt wurde. Es geht um einen Artikel im Januar unter der Überschrift “Flitzer für 11.900 Euro: Volks-SEAT — und der Asphalt wird glühen”, der — wie üblich — wie ein Artikel aussah, aber Werbung darstellte. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte Bild.de nach eigenen Angaben aufgefordert, diese Werbung zu unterlassen. Nachdem das Unternehmen dazu nicht bereit gewesen sei, habe man Klage beim Landgericht Berlin eingereicht, heißt es in einer Pressemitteilung der Verbraucherzentrale:

Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb müssen Medien Werbung und redaktionelle Texte deutlich voneinander trennen. Auch der Mediendienstestaatsvertrag fordert diese Trennung. Genau diese Trennlinie wird bei BILD.de überschritten. “Die Werbepraktiken bei dem Portal haben mit professionellem Journalismus nichts mehr zu tun,” so vzbv-Chefin Edda Müller.

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Ohne Rücksicht auf die Wahrheit

Im Sommer 2002 kam es in einem Zweifamilienhaus in Burladingen, in der Nähe von Tübingen, zu einem Familienstreit. Das Haus gehört dem Sohn, der mit seiner Familie im Erdgeschoss lebte; im Obergeschoss wohnten seine Mutter und sein Stiefvater. Vom Balkon aus bewarfen beide einen Gast des Sohnes mit einer Bierflasche und einem Aschenbecher und beschimpften ihn heftig.

Nach weiteren ständigen Streitereien kündigte der Sohn seinen Eltern im Juli 2004 und setzte die Räumung der Wohnung vor dem Amtsgericht Hechingen durch. Entscheidend für dessen Urteil war der Vorfall zwei Jahre zuvor. Laut “Zollernalbkurier” ging die Mutter daraufhin zur “Bild”-Zeitung. Die veröffentlichte in ihrer Stuttgarter Ausgabe in großer Aufmachung eine herzzerreißende Geschichte über die guten Eltern, die ihr Leben lang alles für ihren Sohn getan haben, und nun zum Dank von ihrem Sohn und der unbarmherzigen Schwiegertochter auf die Straße gesetzt werden. Den entscheidenden Vorfall mit Bierflasche und Aschenbecher erwähnte “Bild” nicht. Die Schlagzeile lautete:

Die Herzlosigkeit des Sommers

Illustriert wurde der Artikel mit einem Foto des Hauses der Familie, einem großen Portraitbild des Sohnes in Anzug und Fliege (mit schwarzem Balken über den Augen) und einem Foto von den Eltern in ärmlicher Kleidung.

Der Sohn klagte wegen dieser Berichterstattung gegen den Springer-Verlag als Herausgeber der “Bild”-Zeitung — und bekam am vergangenen Freitag Recht. Laut “Südwest Presse” (nachzulesen auch hier) wurde die “Bild”-Reporterin vom Landgericht Tübingen “in scharfer Form” gerügt:

Sie habe (…) in grober Weise gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen. (… Bei dem Artikel) sei es der Verfasserin nur auf die “Story” angekommen, “ohne Rücksicht darauf, ob diese Story der Wahrheit entspricht”.

Das Gericht sah darin eine gravierende Verletzung des Persönlichkeitsrechts, weil “Bild” ihn als “herzlosen und unbarmherzigen Unhold” öffentlich in einer Auflage von 400.000 Exemplaren an den Pranger stellte, ohne die Hintergründe des Streits untersucht zu haben. Springer muss dem Sohn 10.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Danke an Marvin W. für den Hinweis!

“Bild” belegt: “Bild”-Lesen ungefährlich!

Neue Studie belegt: Video- und Computerspiele ungefährlich!

Nein, tut sie natürlich nicht. Die Studie sagt nur, dass die Gefahren überschätzt würden, was dann doch nicht ganz dasselbe ist. Bei der Untersuchung handelt es sich um die Magisterarbeit eines Kommunikationswissenschafts-Studenten. Der Autor Nikolaos Kyriakidis war übrigens vorher Creative Director der Firma Starbreeze, die — na?, genau: — Computerspiele herstellt.

Interessant ist auch, dass Kyriakidis, falls Bild.de ihn korrekt zitiert, seiner eigenen Studie widerspricht. Bei Bild.de sagt er: (Hervorhebungen von uns)

Selbst Jugendliche, die fast jeden Tag spielen, vernachlässigen andere Lebensbereiche fast gar nicht. Das Videospiel nimmt tendenziell Zeit von anderen medialen Beschäftigungen, wie Musik hören oder fernsehen.

In der Pressemitteilung der Ruhr-Uni Bochum heißt es dagegen:

Die Spiele werden häufig (in jeweils über 50 Prozent) auf Kosten von Lernen und Hausaufgaben sowie Schlaf gespielt.

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Sterben in “Bild”

Am gestrigen Mittwoch ist ein Serienkiller im Iran öffentlich ausgepeitscht und dann aufgehängt worden. Es war ein grausames Ritual; die Behörden hatten eigens mit Lautsprecherdurchsagen dafür gesorgt, dass sich viele Schaulustige am Platz der Hinrichtung versammeln.

Die “Bild”-Zeitung illustriert heute mit mehreren großen Fotos den Tod des Mörders. (Bei Bild.de sind teils andere Bilder und Bildtexte.) Ihr Artikel beginnt mit dem Autorennamen und der Ortsmarke “Teheran”, doch der Autor des Textes war vermutlich nicht in Teheran und ganz sicher nicht Augenzeuge der Hinrichtung. Denn seine Beschreibung ist in einigen wesentlichen Punkten falsch.

“Bild” zeigt ein Foto, auf dem der an einen Pranger gefesselte Mörder zu sehen ist. Hinter ihm steht ein Mann im weißen Hemd und schwarzen Jackett. Laut “Bild” zeigt das Foto folgendes:

…dann rammt ihm der Bruder eines Mordopfers ein Messer in den Rücken…

Dies gehöre zu einer “Hinrichtung nach iranischer Tradition”, behauptet “Bild”. Tatsächlich handelt es sich, wie FAZ.net erklärt, bei dem Mann im weißen Hemd nicht um den Bruder eines Mordopfers, sondern allem Anschein nach um einen Beamten. Er rammt ihm auch kein Messer in den Rücken, sondern beaufsichtigt die Schaulustigen. Zwar hat wirklich ein Mann den Mörder am Pranger mit einem Messer angegriffen. Aber es war weder der Mann, den “Bild” zeigt, noch gehörte die Attacke zur rituellen Handlung, wie “Bild” behauptet: Laut Nachrichtenagentur AP und BBC News hat ein Angreifer die Sicherheitsabsperrung durchbrochen und wurde schnell weggeführt.

Auch der von “Bild” erweckte Eindruck, solche grausamen öffentlichen Hinrichtungen seien Alltag im Iran, ist falsch. Der Korrespondent der australischen Zeitung “The Age” schreibt, öffentliche Hinrichtungen seien “relativ selten” im Iran; AP berichtet, solche Hinrichtungen seien auch im Iran umstritten, weil sie dem Bild des Landes im Ausland schadeten.

Anscheinend reichte es der “Bild”-Zeitung nicht, die entsetzlichen Bilder zu drucken, die die grausamen letzten Minuten im Leben eines Menschen zeigen. Sie wollte auch noch ein Foto zeigen vom Gesicht des Mannes in dem Augenblick, in dem ihm jemand ein Messer in den Rücken stößt. Dass es dieses Foto nicht gibt, ist für “Bild” — wie man sieht — kein Hindernis.

(“Focus Online”, das häufig Artikel aus “Bild” und Bild.de ungeprüft abschreibt, hat übrigens auch in diesem Fall den Fehler von “Bild” übernommen und das Foto vom angeblichen Angreifer falsch beschriftet.)

Nachtrag, 21.03.: “Focus Online” hat den Beitrag inzwischen aus seinem Angebot entfernt.

Kindergarten-Niveau

Mit dieser Fotomontage und der Schlagzeile “Super-Horst soll Deutschland retten” bereichert “Bild” heute die Diskussion um den sogenannten “Job-Gipfel” am Donnerstag, denn:

Immer mehr Politiker fordern, daß der Bundespräsident in die Jobkrise eingreifen soll.

Immer mehr Politiker? “Spiegel Online” schreibt:

Vor dem Krisengipfel im Kanzleramt erreichen die Schlagzeilen allmählich Kindergarten-Niveau (…).

Wie immer, wenn “Bild” bei irgendjemanden anruft, um eine Clownerie zu veranstalten, finden sich auch welche, die mitmischen. Es sind meist solche, die bei Straßenumfragen unter der Rubrik “Unbekannt” einhundert Prozent erreichen.

Entsprechend ist der Einfluss der von “Bild” Befragten. Das Fazit von “Spiegel Online”:

“Superhorst” muss draussen bleiben.

Nachtrag, 16.3.2005:
Andererseits: Wenn “Bild” mal so eine tolle Idee wie die mit dem “Super-Horst” hat, lässt sie davon so schnell nicht ab (selbst wenn die Idee gar nicht von “Bild” ist, sondern der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” nachgemacht entlehnt).

Gewinner des Jahres

Lange nichts von Helmut Kohl gehört. Im vergangenen Jahr war noch mächtig was los: Er gewann einen Prozess (und wurde dafür bei “Bild” Gewinner des Tages), er bekam einen Preis in Polen (und wurde dafür bei “Bild” Gewinner des Tages), er schrieb einen Bestseller (und wurde dafür bei “Bild” Gewinner des Tages), er schrieb wirklich einen Bestseller (und wurde dafür bei “Bild” Gewinner des Tages), er bekam einen Preis in Bayern (und wurde dafür bei “Bild” Gewinner des Tages), er gewann noch einen Prozess (und wurde dafür bei “Bild” Gewinner des Tages), er wurde Ehrenbürger seiner Heimatstadt (und wurde dafür bei “Bild” Gewinner des Tages), und er bekam einen Preis in Italien (und wurde dafür bei “Bild” Gewinner des Tages).

In diesen Minuten zeichnet “Bild” Helmut Kohl mit dem “Bild”-Medienpreis “Osgar 2005” dafür aus, dass er im vergangenen Jahr am häufigsten Gewinner des Tages in “Bild” war dass er sich für die deutsche Einheit, eine starke EU und ein freiheitliches Osteuropa eingesetzt hat.

Und wenn er dafür morgen nicht Gewinner des Tages in “Bild” ist, werden wir nachfragen, was da schiefgelaufen ist. Versprochen!

Nachtrag, 16.03.2005:
Also schiefgelaufen ist da natürlich nix. Im Gegenteil: “Helmut Kohl ist ja quasi ‘Gewinner’ des Tages,” so ein “Bild”-Sprecher unter Verweis auf die begleitende Berichterstattung, “weil er zusammen mit sieben weiteren wichtigen Persönlichkeiten den Osgar gewonnen hat.” Das leuchtet ein – zumal die Springer-Zeitung “Bild” den “Gewinner”-Platz so mal wieder anderweitig zu nutzen verstand und ihn kurzerhand dem Geschäftsführenden Redakteur der Springer-Zeitungen “Welt” und “Welt am Sonntag” zueignete.

“Bild” weiß, was Frauen denken

So ganz kann sich die “Bild”-Zeitung immer noch nicht damit abfinden, dass drei Parteien in Schleswig-Holstein einfach über Politik und Ministerpräsidenten entscheiden, nur weil sie bei einer Wahl die Mehrheit der Sitze im Landtag errungen haben. Und dass es sich bei den entscheidenden Personen nicht um richtige Politiker, sondern nur um Frauen handelt, scheint die Sache für “Bild” nur noch beunruhigender zu machen:

Meine Damen, wie lange geht das gut?

fragte “Bild” gestern groß auf Seite 2 und stellte fest:

“Deutschlands Norden ist seit gestern in Frauenhand!”

Zum Glück weiß “Bild”, was Frauen denken. Ministerpräsidentin Heide Simonis denkt: “Klasse! Jetzt kriegt mich hier keiner mehr weg!”, Anne Lütkes von den Grünen denkt: “Prima! Jetzt können wir die Küste mit noch mehr Windrädern zupflastern!” und Anke Spoorendonk vom SSW denkt: “Super! Ich krieg’ sogar Oppositionszulage!”

Das ist, nun ja, mutig von “Bild”. Denn es ist noch kein Jahr her, dass die Zeitung wegen solcher Denkblasen mit von “Bild” ausgedachten Gedanken von Sibel Kekilli verklagt wurde. Der “Bild”-Anwalt hatte argumentiert, dass eine Denkblase im Gegensatz zu einer Sprechblase offensichtlich karikierend und daher kein falsches Zitat sei. Das Berliner Landgericht sah das anders.

Anscheinend kann sich “Bild” aber eine Berichterstattung ohne Denkblasen nicht vorstellen. Immerhin steht neben dem Foto der Satz:

BILD hat darüber nachgedacht, was die drei mächtigen Frauen jetzt wohl so denken

Eigentlich ist also das, was aussieht wie Berichterstattung, nichts weiter als eine Denkblase von “Bild”.

Schock-Urteil

Das Landgericht Landau hat am Montag die Eltern eines verhungerten Säuglings zu Bewährungsstrafen verurteilt. Es befand sie, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet, der Körperverletzung mit Todesfolge und der Verletzung der Fürsorgepflicht schuldig.

Für “Bild” ist das ein “Schock-Urteil”:

Die Rabeneltern kamen mit Bewährung davon!

Nicht nur “Bild” ist schockiert, auch die “Bild”-Leser werden es sein. Nach dem Lesen des Artikels muss man einfach schockiert sein über das Urteil. Das liegt allerdings nicht nur am Urteil, sondern auch am Artikel.

“Bild” stellt den Landauer Fall in den Zusammenhang mit dem der vor wenigen Tagen in Hamburg verhungerten Jessica. Dabei haben beide Fälle wenig gemein. Der Mutter in Landau wurde nicht vorgeworfen, ihren Sohn nicht ernährt zu haben. Sie hat das Kind gestillt — warum es trotzdem so extrem unterernährt war, blieb ungeklärt. Die Eltern hätten trotz der offensichtlichen Todesgefahr für das Kind viel zu lange keinen Arzt aufgesucht, urteilte der Richter. Der Tod sei von den Eltern nicht beabsichtigt gewesen, aber “billigend in Kauf genommen” worden. Die Vorwürfe im Fall der Hamburger Eltern sind ungleich schwerwiegender.

Um den Eindruck von einem “Schock-Urteil” zu erreichen, lässt “Bild” wichtige Informationen weg. “Bild” verschweigt, dass auch der Staatsanwalt nur Bewährungsstrafen für die Eltern beantragt hatte — für die am Verfahren Beteiligten war das Urteil also keineswegs schockierend. “Bild” verschweigt, dass sich der Fall vor fast vier Jahren ereignet hat und der Vorsitzende Richter die lange Dauer des Verfahrens strafmildernd wertete. “Bild” verschweigt auch, dass die beiden verurteilten Eltern als Bewährungsauflage 1500 bzw. 1300 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten müssen.

Wenn man all das weiß, kann man das Urteil natürlich immer noch für falsch halten.

Mit “Bild” im Kopierraum

Interessante Frage, die Bild.de heute aufwirft:

Sex am Arbeitsplatz:
Wie weit darf ich gehen?

Unser Antwortvorschlag lautet: “17,5 Kilometer”, was natürlich ziemlich albern ist, aber nicht halb so albern wie das, was Bild.de antwortet. Dort hat man die Überschriftenfrage noch ergänzt um die Zusatzfragen: “Wohin, wenn das Verlangen zu groß wird?” und: “Wann kostet’s mich den Job?” — “Klicken Sie sich durch!”.

Das “Wohin” beantwortet Bild.de recht detailliert mit folgenden Vorschlägen: gleich im Büro (“verlockend” — wenn man die Gefahr liebt); auf die Toilette (“doppelt prickend” — wenn man die Gefahr liebt); auf den Balkon (aber nur zum Knutschen); ins Parkhaus (gut auf Auto-Rücksitz und hinter “dicker Säule”); in den Kopierraum (geil — wenn man die Gefahr liebt); in den Park (rundum empfehlenswert).

Die Frage “Wann kostet’s mich den Job” beantwortet Bild.de nicht, bzw. implizit mit: “Wenn ich erwischt werde”. Und die Frage “Wie weit darf ich gehen” beantwortet Bild.de nicht, bzw. implizit mit: “So weit ich will, wenn es mir nichts ausmacht, gefeuert zu werden”.

Schön wäre es natürlich gewesen, wenn in dem Text wenigstens irgendein Arbeitsrechts-Experte zu Wort kommen wäre, aber das darf man nicht Bild.de vorwerfen — vermutlich hat sich im Archiv der “Süddeutschen Zeitung” einfach kein Interview mit einem gefunden, bei dem man sich ohne Quellenangabe hätte bedienen können.

Zum Glück ist wenigstens auf das Umfrage-Archiv der “Jungen Karriere” Verlass. Und so kann Bild.de seine gefährlichen Sex-im-Kopierraum-Fantasien wenigstens anreichern mit zwei Umfrage-Ergebnissen, von denen das eine aus dem Juni 2004 stammt und das andere aus dem Februar 2002 und die überhaupt beide als Online-Umfragen so wenig verlässlich sind, dass man sie am besten gar nicht zitieren sollte, geschweige denn drei Jahre später.

Übrigens hat die “Junge Karriere” unbemerkt von Bild.de mit dem Februar-Heft ihren Namen in “karriere” geändert. Aber bis sich Bild.de einer Umfrage bedienen wird, die unter diesem neuen Titel geführt wurde, werden ja ohnehin noch ein paar Jahre vergehen.

Allgemein  

Wie “Bild” recherchiert

Heute stellen wir uns vor, wir wären Patricia Dreyer. Wir würden bei “Bild” arbeiten und müssten als Urlaubsvertretung von Christiane Hoffmann ihre “Ich weiß es!”-Kolumne füllen. Bislang hätten wir nur wenig aufregende Modeaufnahmen von Liz Hurley und die Nachricht, dass sich Herr Effenberg und Frau Effenberg auf einer Party öffentlich geknutscht haben, aber damit leider den Platz noch nicht gefüllt. Nun würde uns die sensationelle Nachricht erreichen, dass sich die Hollywood-Legende und Oscar-Preisträgerin Shirley MacLaine (70) das Gesicht operieren ließ, um auszusehen wie ihre jüngere Kollegin Sharon Stone. Behaupten würde das irgendeine Fotoagentur, die auch gleich einen “Beweis” für diese sensationelle Nachricht mitgeliefert hätte: Ein Foto von einer älteren Frau, die nicht aussieht wie Shirley MacLaine, aber ein bisschen wie Sharon Stone, sogar mit ganz ähnlicher Brille.

Was würden wir als Patricia “Ich weiß es vertretungweise” Dreyer tun? Recherchieren? Nachfragen? Kollegen losschicken, um herauszufinden, ob die sensationelle Nachricht stimmt und sich die große Shirley MacLaine wirklich per Extreme Makeover in Sharon Stone verwandeln ließ?

Oder einfach das Foto abdrucken und behaupten: “Die Schauspielerin [Shirley MacLaine] fährt mit nigelnagelneuem Sharon-Gesicht durch L.A.”?

Hier ist, wofür sich Frau Dreyer am 17. Februar 2005 entschieden hat:

Und hier ist, was deshalb heute in “Bild” stand:

Und wir hoffen, dass die “Bild”-Leute nicht ernsthaft selbst glauben, dass es sich hier bloß um eine “Fotoverwechslung” handelt (und nicht um die Vernachlässigung elementarer journalistischer Sorgfaltspflichten), sondern das nur behaupten.

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