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Kurz korrigiert (273)

Es gibt eine amerikanische Fernsehserie über den “Naval Criminal Investigative Service” der amerikanischen Marine. Im Original hieß sie zunächst “Navy NCIS”, später dann “NCIS”. Sat.1 zeigt sie allerdings unter dem Titel “Navy CIS” — vermutlich, damit einige Zuschauer, denen der Buchstabendreher nicht auffällt, sie irgendwie mit den extrem erfolgreichen (aber mit “NCIS” weder verwandten noch verschwägerten) “CSI”-Formaten von Vox und RTL verwechseln.

Fallen wirklich Leute auf sowas rein?

Aber klar! Bild.de berichtet heute über “CSI: Miami” und “CSI: NY”. Und schreibt in diesem Zusammenhang:

“CSI steht für ‘Crime Scene Investigation’ und gleich mehrere Erfolgsserien aus den USA. Ob Las Vegas, Miami, New York oder die Navy — die Fernseh-CSI-Teams werden immer mehr.”

Danke an Jörg J., Christian H. und Alexandra P. für die Hinweise.

Allgemein  

“Bild” wider den Magerwahn im Showgeschäft

Annett Louisan ist anscheinend kürzlich in einem “trägerlosen Seidenkleid” aufgetreten, das “Bild” nicht übersehen ließ, dass sich “ein paar Pfündchen mehr auf die Rippen geschmuggelt haben”. Na und?

Die “Bild”-Zeitung hat kein Problem damit. Im Gegenteil. Sie jubelt:

Endlich mal eine Sängerin, die den Magerwahn im Showgeschäft nicht mitmacht!

Und wenn Sie jetzt so ein wohliges Gefühl im Bauch haben und denken: Mensch, wose Recht ham, hamse Recht, dann sollten Sie jetzt nicht hier klicken.

“Bild” nicht

Seit vier Tagen kämpft “Bild” in einer Serie für die deutsche Sprache, die “wie ein weidwundes Tier auf der Lichtung” stehe und “kein scharfes Schwert zur Selbstverteidigung” habe. “Bild” klagt u.a. über Anglizismen, die Zumutungen der Jugendsprache und die allgemeine Sprachlosigkeit.

Bestimmt zu Recht.

Nachtrag, 16.30 Uhr:
Negativ wirkt sich bei dieser Serie natürlich auch die bekannte Englischschwäche von “Bild” aus: “Denglisch” grassiert, weil Jugendliche amerikanische Idole anhimmeln, die in “screenplays” auftreten? In Drehbüchern??

Mit Dank an Christian D. und Jens F. und Gruß an Peter K.

Kurz korrigiert (272)

Miroslav Klose ist im Champions-League-Spiel von Werder Bremen gegen Levski Sofia gestern in der 82. Minute ausgewechselt worden. Warum? “Bild” weiß es:

Damit er sich für Bayern schonen kann, für sein erstes Saisontor…

Klose hat in dieser Bundesliga-Saison bereits zwei Tore erzielt: gegen Hannover 96 und Bayer Leverkusen.

Danke an Christian G., Christoph M., Wolfram M., Walter H. und Reinhard W.

Kurz korrigiert (271)

Etwas verspätet kommen wir auf die “Top 10” der vergangenen Woche von “Bild”-Kolumnist Mainhard Graf Nayhauß zurück, der als “taktloseste Entgleisung” eine Meldung aus dem Satiremagazin “Titanic” ausmachte:

Unter der Überschrift “Von Null auf Hundert – wie Unauffällige immer wieder Weltgeschichte machten” nannte es zusammen mit Hitler den Unions-Fraktionsvize Bosbach, dessen Tätigkeit als “gelernter Supermarktleiter” (in Wahrheit Rechtsanwalt) in “rumsitzen” und in “Akten rummalen” bestünde.

Und sicher ist das, wie fast alles in “Titanic”, irgendwie taktlos und womöglich sogar beleidigend gemeint. Bis auf die Sache mit dem “gelernten Supermarktleiter”. Das ist einfach wahr.

Danke an Stefan S. für den Hinweis!

“Bild” gibt MwSt-Erhöhung nicht an Leser weiter

Am Samstag machte “Bild” die Seite 2 mit dieser Schlagzeile auf:

Mehrwertsteuer-Erhöhung
Diese Firmen machen da nicht mit

Offenbar gibt es Firmen, die 2007 ihre Nettopreise senken wollen, damit die Kunden trotz der geplanten Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht mehr für ihre Produkte zahlen müssen. Solche Unternehmen machen nach Ansicht von “Bild” “beste Werbung für ihre Geschäfte”.

Hier wird's ab Januar 2007 nicht teurer: - Energie Baden-WürttembergUnd so wird sich jede Firma gefreut haben, die in der zugehörigen “Bild”-Liste (Ausriss rechts) weiß auf schwarz als Vorbild genannt wurde.

Insbesondere der Stromversorger Energie Baden-Württemberg (EnBW). Der hat zwar gerade vergangene Woche bekanntgegeben, die Strompreise bis März 2008 “stabil” halten zu wollen. Das bezog sich aber ausdrücklich nur auf die Nettopreise:

“… die von der Politik beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozent zum 1. Januar 2007 wird von der EnBW an alle Kunden weitergegeben.”

Auf Nachfrage bestätigte uns EnBW heute, dass sich daran nichts geändert habe.

PS: Andere Medien hatten über die EnBW-Preispolitik vergangene Woche unter Überschriften berichtet wie: “EnBW legt Mehrwertsteuer auf Kunden um”, “Steigende Strompreise wegen Mehrwertsteuer” oder “Mehrwertsteuer treibt Strompreis hoch”.

Nach der “Bild”-Ente, die von den Nachrichtenagenturen ddp und AFP übernommen wurde, findet man Artikel über die EnBW-Preispolitik unter Überschriften wie: “Immer mehr Firmen geben Mehrwertsteuererhöhung nicht weiter”.

In der heutigen “Bild”-Korrekturspalte taucht EnBW nicht auf. Und auch Bild.de hält weiter an der Falschmeldung fest.

Vielen Dank an Benny und Anja!

Was Claus Jacobi nahe liegt

Na sowas: Es gibt in der Bundesrepublik 2,5 Millionen arbeitslose Männer und über 16 Millionen arbeitende Frauen. Es müsste also nur jede sechste Frau aufhören zu arbeiten, und schon könnten alle Männer in Deutschland einen Arbeitsplatz haben. Warum tun sie das nicht? Warum haben wir keine Männer-Vollbeschäftigung, wenn es scheinbar so leicht wäre? Liegt es daran, dass Männer mehr Geld für die Arbeit wollen als Frauen? Oder haben wir so viele arbeitende Frauen, weil sie besser sind als Männer?

Wie? Sie finden das abwegig? Dann lesen Sie mal, was Claus Jacobi gestern in seiner wöchentlichen Kolumne in “Bild” schrieb:

Es gibt in der Bundesrepublik 3,6 Millionen arbeitslose Deutsche und 3 Millionen arbeitende Ausländer. Zwei Deutungen liegen nahe: Entweder arbeiten die Ausländer besser als die Deutschen. Oder sie arbeiten für einen Lohn, für den Deutsche die gleiche Arbeit nicht verrichten mögen. Besonders gefallen einem beide Möglichkeiten nicht.

Zwei Deutungen dieser Kolumne liegen nahe:

Entweder Jacobi findet es grundsätzlich bedenklich, dass Ausländer in Deutschland arbeiten dürfen, solange noch Deutsche arbeitslos sind. Mit dieser Argumentation ist er nicht allein: “Durch den unkontrollierten Zustrom von Ausländern kommt es unmittelbar zu einem Verdrängungswettbewerb auf dem Arbeitsmarkt, der zu Lasten der deutschen Arbeitnehmer geht”, argumentiert zum Beispiel die NPD. Und die rechtsextreme “Deutsche National-Zeitung” formuliert, “in Zeiten knapper Arbeitsplätze müssen die Einheimischen bei der Arbeitsplatzbeschaffung bzw. -sicherung Vorrang haben gegenüber fremden Staatsbürgern.”

Oder Jacobi weiß nicht, dass die meisten Ausländer in Deutschland am Arbeitsmarkt die gleichen Rechte haben wie Deutsche. Vielleicht denkt er, dass Ausländer hier nur Stellen annehmen dürfen, für die sich kein Deutscher findet. Diese Regel gibt es, sie gilt aber nur für Ausländer, die eine befristete Aufenthaltserlaubnis haben. Dagegen dürfen zum Beispiel Ausländer, die eine unbefristete Niederlassungserlaubnis besitzen (das allein sind laut Migrationsbericht rund 40 Prozent), sowie EU-Bürger (mit Ausnahme der meisten jüngsten Beitrittsländer) genau so beschäftigt werden wie Deutsche.

Entweder Claus Jacobi weiß das nicht. Oder es passt ihm nicht. Besonders gefallen einem beide Möglichkeiten nicht.

(Übrigens ist es nicht so, dass Ausländer in Deutschland sich vor Arbeit nicht retten können, wie man nach dem Lesen der “Bild”-Kolumne denken könnte. Die Arbeitslosenquote ist bei Ausländern mehr als doppelt so hoch wie insgesamt (pdf). Aber arbeitslose Ausländer sind vielleicht nicht so Jacobis Thema.)

Günstiger geht’s nicht!

Ja, gut, Werbebanner kann man überall im Internet buchen. Aber Bild.de scheint doch sehr viel mehr im Angebot zu haben.

Die Firma Germanwings zum Beispiel scheint da einen guten Deal gemacht zu haben. Sie ist aktuell nicht nur mit traditionellen Werbeflächen auf Bild.de vertreten. Sondern hat auch ein Plätzchen mitten im redaktionellen Teil ergattert, perfekt getarnt als Anriss für einen Artikel.

Entdeckt? Genau: Wer auf das Versprechen klickt, für “traumhafte 0 Euro” nach “Paris, Rom, Madrid…” zu fliegen, kommt nicht zu einer redaktionellen Zusammenstellung von aktuellen Billigflug-Angeboten, sondern exklusiv zu Germanwings. Sagen wir’s anders: Es ist eine Anzeige. Also: Schleichwerbung.

Aber das ist noch nicht alles. Oben in der Menuleiste von Bild.de findet sich im Reiseressort der Unterpunkt “Billigflüge”. Wohin kommt man, wenn man darauf klickt? Zu einer Billigflug-Suchmaschine? Einer redaktionellen Übersicht? Irgendeiner Art von Serviceangebot von Bild.de? Ach was: Natürlich ebenfalls zur Germanwings-Werbung.

Nun ist es aber nicht so, dass die Partnerschaft mit Germanwings so weit ginge, dass Bild.de nicht mehr kritisch über die Angebote der Billigflieger berichten würde. Seit Donnerstag berichtet Bild.de zum Beispiel in einem eigenen Artikel anlässlich eines Urteils über die zweifelhafte Werbung mit “0-Euro-Flügen” und warnt vor den “versteckten Kosten der Billigflieger”. Und fisselt das Problem “im Detail” anhand der Anbieter hlx, Ryanair, easyjet, Air Berlin und dba auf.

Hm. Ts. Fehlt da nicht einer?

Ach nein: Da ist Germanwings ja. Nicht in dem kritischen Text. Sondern in der Anzeige gleich rechts daneben, die für “0-Euro-Flüge” wirbt:

Danke an den Finblogger und Sebastian B.!

Nachtrag, 22.20 Uhr. Erstaunlich: Keine zwei Stunden später steht wenigstens in dem “Paris, Rom, Madrid”-Teaser klein das Wort “Anzeige”.

Wer hat an der Uhr gedreht?

Als “Zeitzeugin” des Transrapid-Unglücks stellte “Bild” am 25. September Melanie Kroll aus Wilhelmshaven vor:

Sie saß an Bord einer kleinen Propellermaschine, ihr Freund (36) am Steuerknüppel.

Nur Minuten nach der Katastrophe flogen sie über den Unglücksort im Emsland.

Nur Minuten? Dass das nicht stimmt, kann man schon auf den ersten Blick erkennen: Krolls Foto, das “Bild” veröffentlichte, zeigt, wie ein Teil des Transrapids der Werkstattwagen von zwei riesigen Kränen geborgen wird.

Die Fotos sind nicht Minuten, sondern Stunden nach dem Unglück entstanden. Die Katastrophe ereignete sich gegen 10 Uhr. Kroll war, wie sie dem ARD-Magazin “Panorama” sagte, um “kurz nach zwei” an der Unglücksstelle.

Warum datiert “Bild” das Foto zurück? “Panorama” hat Nicolaus Fest, Mitglied der “Bild”-Chefredaktion gefragt:

“Weiß ich ehrlich gesagt nicht. Müsst’ ich mal nachprüfen. Scheint mir ein Fehler zu sein. Gut. Es ist ja insofern auch… auch bei uns passieren Fehler. Ich will das gar nicht… gar nicht kleinreden oder verneinen.”

Dieser “Fehler” war praktisch für “Bild”. So ersparte sich die Zeitung zunächst unbequeme Fragen. Die Polizei hatte nämlich nach dem Unfall ein Überflugverbot verhängt, damit die Rettungshubschrauber ungestört fliegen konnten. Deshalb ist die Uhrzeit entscheidend. “Bild” erweckt den Eindruck, die “Leser-Reporterin” sei ohnehin zufällig in der Luft gewesen, als sich das Unglück ereignete. In Wahrheit ist sie gezielt zur Unglücksstelle geflogen, nachdem sie aus dem Fernsehen von der Katastophe erfuhr.

“Dann hab ich gleich angerufen bei meinem Bekannten, weil der ein Flugzeug hat, und hab gedacht, das ist also das einfachste, wenn wir da hinfliegen.”

Von dem Überflugverbot habe sie nichts gewusst.

Allgemein  

Gefunden!

Am 22. August 2006 sprach “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann vor dem Wirtschaftsrat der CDU in Hamburg. Eine Frau im Publikum fragte ihn, welchen Anteil seine Zeitung daran habe, dass wir in einer Neidgesellschaft lebten.

Kai Diekmann antwortete, es gebe eine Zeitschrift, die jährlich eine Liste der reichsten Deutschen veröffentliche. Er glaube, dass solche Veröffentlichungen schädlich seien, weil sie den Neid in unserer Gesellschaft verstärkten.

Diekmann sagte wörtlich:

“Sie werden diese Gehaltslisten in ‘Bild’ nicht finden.”

Nicht?

Am Mittwoch fanden wir folgenden Artikel groß auf Seite 1 der “Bild”-Zeitung:

Die 30 reichsten Deutschen

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