Interessant, interessant: Falls man nicht unterstellt, dass “Bild” schlicht was dagegen hat, wenn (hierzu zum Beispiel) andere anderer Meinung sind als“Bild”, dann ist wohl schon allein die Tatsache, dass in einer Zeitung zwei verschiedene Meinungen stehen können, für “Bild” (in der ja manchmal sogar zwei verschiedene Wahrheiten stehen) Grund genug, um daraus einen “Verlierer” des Tages zurechtzubiegen – und die Meinungsverschiedenheit “peinlich” zu finden.
Mit anderen Worten:
“Peinlich für den Politikchef der ‘Süddeutschen Zeitung’. Einen Tag, nachdem Heribert Prantl (51) die Rede von Bundespräsident Köhler von seinem Münchener Schreibtisch aus im Leitartikel runtergemacht hat (‘Allgemeinplätze aneinandergereiht …’), mußte er sich im eigenen Blatt vom jüngeren Kollegen belehren lassen. Reporter Christoph Schwennicke, der Köhler live im Israelischen Parlament erlebt hatte, urteilte: eine Rede ‘mit besonderer Kraft’.”
PS: Natürlich hätte “Bild” aus demselben Grund auch ebenso gut Herrn Schwennicke zum “Gewinner” machen können, aber der Platz für den “Gewinner” war ja schon vergeben an den tollen Auflagenrekord eines verlagseigenen Sonderhefts der “AutoBILD”! [Ach nee, Unsinn: Das mit der “AutoBILD” war ja gar nicht heute, sondern gestern, sorry…]
“(…) nach BamS-Recherchen stellt sich jetzt heraus: Freilandeier sind seit Jahren immer wieder mit dem krebserregenden Supergift Dioxin belastet!”
Die “BamS” stützte ihre Behauptung auf Messergebnisse aus Bayern, dem baden-württembergischen Kehl und Niedersachsen. Und die “BamS”-Geschichte selbst wurde in quasi allen deutschen Medien weiterverbreitet.
Am gestrigen Donnerstag nun widmete sich das ARD-Politmagazin “Monitor” dem Thema und fragte:
“Was ist dran an den Zahlen, die ‘Bild am Sonntag’ vorlegte?”
Als Antwort zitiert das Magazin u.a. den bayerischen Gesundheitsminister Werner Schnappauf mit den Worten “Die Meldung der ‘Bild am Sonntag’ traf zu keinem Zeitpunkt zu.” Der Kehler Bürgermeister Jörg Armbruster spricht von “Missbrauch” und “Lobbyismus” und “Monitor” selbst von “schlechter Recherche” bzw. Fakten, die offensichtlich “von der ‘Bild am Sonntag’ verschwiegen” wurden. Insbesondere an der Berichterstattung aus Niedersachsen, wo laut “BamS” “sogar 28 Prozent der Freilandeier über den zulässigen 3 Pikogramm Dioxin” lagen (vgl. hier), sei “alles vollkommen falsch”.
“Monitor” wirft der “BamS” vor, hinter dem “Horrormärchen mit falschen Zahlen” stehe weniger die tatsächliche Gefahr vergifteter Freilandeier als ein für 2007 drohendes Verbot der Käfighaltung von Hühnern, das auf heftigen Widerstand der Käfighaltungslobby stößt, deren unsachliche Argumente wiederum die “BamS” undistanziert kolportierte.
PS: Zwei Tage nach dem “Dioxin-Alarm” der “BamS” hieß es übrigens in einem Experten-Interview bei “Bild”:
“Darf ich überhaupt noch Eier essen?
(…) Ja. Denn die gefundene Konzentration des Giftes ist zu niedrig, als daß sie zu Gesundheitsschäden im Körper führen könnte.
Und wie viele Eier pro Tag sind unbedenklich?
(…) Im Prinzip können Sie so viel essen, wie Sie wollen. Selbst bei fünf Eiern sehe ich kein gesundheitliches Risiko.”
Gestern wurde in Stuttgart ein Kriminalbeamter wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt.
Um aber heute in keiner Weise an der schäbigen “Schämt Euch!”-Kampagne teilzuhaben, anlässlich derer die “Bild”-Zeitung zwölf der bundesweit über 5000 Staatsanwälte, 20.000 Richter und 270.000 Polizeibeamten mit (behelfsmäßig mit schwarzen Balken versehenen) Fotos abbildet, weil sie laut “Bild” gegen Gesetze verstoßen haben, klicken Sie bitte weder hier noch hier noch hier!
Schließlich würfe [quasi als Nachtrag, 15:20] die “Bild”-Berichterstattung hinter den Links viel mehr Fragen auf als sie Reflexe befriedigt. Zum Beispiel diese: Sind die von “Bild” zusammengetragenen zwölf “Fälle – also umgerechnet 0,004 Prozent – eigentlich viel? Handelt es sich bei jedem der von “Bild” zusammengetragenen zwölf Fälle um einen Einzelfall? Oder ist es, wie “Bild” schreibt, “kein Einzelfall”? Werden es gar, wie “Bild” einfach so behauptet, tatsächlich “immer mehr”? Und wem ist damit gedient, wenn “Bild” die zwölf “schlimmsten Beispiele” mit so einem behelfsmäßig anonymisierten Foto illustriert?
Wer darauf keine Antwort weiß, schaue sich doch stattdessen lieber ein (behelfsmäßig mit schwarzem Balken versehenes) Foto von Chefredakteur Kai D. (40) an. Auch einfach so.
Es stimmt schon: Der Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) will demnächst die gemeinsam von Ulla Kock am Brink und Jörg Thadeusz moderierte Abendtalkshow “Leute am Donnerstag” einstellen. So steht’s beispielsweise heute in “Berliner Zeitung” und “Tagesspiegel”, so ähnlich steht’s auch in “Bild”:
Und man kann sicherlich spekulieren, ob mit dem O-Ton am Ende wirklich “ein RBB-Sprecher” zitiert wird, wie es den Eindruck macht, oder bloß aus einer RBB-Pressemitteilung. Andererseits: Hätte “Bild” tatsächlich mit einem RBB-Sprecher gesprochen, wieso ist dann in “Bild” von “maximal” 100.000 Zuschauern die Rede, wenn es doch – zumindest anfangs – auch schon mal 220.000 waren?
Spricht man indes mit einem RBB-Sprecher, ist sogar der “Marktanteil”-Satz plötzlich weit weniger “merkwürdig” als “Bild” ihn findet. Denn dann erfährt man, dass zwar die letzte Ausgabe der Sendung “knapp 7 Prozent” Marktanteil hatte, die Durchschnittsquote im Jahr 2004 allerdings mit durchschnittlich rund 4 Prozent (zuletzt rund 5 Prozent) nicht, wie von “Bild” fälschlicherweise behauptet, “über”, sondern unter dem Sender-Durchschnitt lag. Der nämlich lag 2004 bei rund 6 Prozent, zwischen 18 Uhr und 23 Uhr sogar bei 8,5 Prozent, weshalb eine Absetzung der Sendung denn auch alles andere als “merkwürdig” ist.
“BILD übersetzt von Kopf bis Fuß das Englisch-Wirrwarr in deutschen Kaufhäusern.”
So steht es bei Bild.de. Und mal abgesehen davon, dass es natürlich der “Wirrwarr” ist: Wem – außer der Mehrheit – ginge dieser ganze “Englisch-Wirrwarr in deutschen Kaufhäusern” nicht tagtäglich auf den Wecker?!
Allerdings ist die Übersetzung eines Englisch-Wirrwarrs für “Bild” ein gewagtes Unterfangen. Schließlich wissen aufmerksame “Bild”-Leser, dass es mit den Englisch-Kenntnissen in den “Bild”-Redaktionen soeineSacheist, was wiederum “Bild” nicht davon abhält, in einem “Einkaufslexikon” 27 englischsprachige Bezeichnungen von “Beanie” bis “Casual Wear” zu übersetzen.
Und, nun ja, man mag darüber streiten, ob der Begriff Vintage wirklich “zerrissene Hose” bedeutet, wie “Bild” behauptet, oder nicht vielmehr das, was sich auf Deutsch Second-Hand-Kleidung nennt. Vielleicht ist One-size-fits-all mit “Jeanshosen in allen Größen” auch etwas unbeholfen (um nicht zu sagen: völlig falsch) übersetzt, weil die Formulierung doch eigentlich im Gegenteil Kleidungsstücke wie Mützen oder Socken bezeichnet, die es nur in einer einzigen Größe gibt und jedem passen sollen. Schon möglich, dass darüber hinaus eine Mesh-Cap keine “große Schirmmütze” ist, sondern vielmehr bloß eine solche Schirmmütze, die im hinteren Teil aus einem großmaschigen, netzartigen Stoff gefertigt wurde. Möglich auch, dass das alles enorm besserwisserisch klingt.
Dabei geht’s noch besserwisserischer: Knitwear nämlich übersetzt “Bild” mit “zerknittertes Hemd”. Und mal abgesehen davon, dass der Begriff nun überhaupt nichts mit irgendeinem “Hemd” zu tun hat, kommt das englische Wort knit ja vom Altenglischen cnyttan (was soviel wie “knoten” oder “binden” bedeutet und darin wohl dem deutschen knüpfen verwandt ist), wohingegen das deutsche Wort (zer)knittern (wie knistern) ein Ablaut des lautmalerischen knattern ist, also ursprünglich “leise knattern” bedeutete – vor allem aber mit dem englischen knit rein gar nichts zu tun hat, denn das bedeutet “stricken”, weshalb knitwear auch schlicht “Strickzeug” meint, wohingegen modisch zerknitterte Kleidung in der Regel sinnvollerweise mit Begriffen wie crinkle oder crush bezeichnet wird.
Aber natürlich müssen “Bild”-Redakteure im Ressort “Geld & Job” das alles nicht wissen. Aber sie hätten einfach mal hier klicken können, bevor sie ihren fehlerhaft hingerotzten Unsinn unter einer großkotzigen Überschrift (“…damit wir auch wissen, was wir kaufen”) verbreiten.
PS: Ebenfalls nicht verwechseln sollte man knittern mit klittern: Letzteres bedeutet nämlich “verfälscht darstellen”.
Mit Dank an Gerd S. für den sachdienlichen Hinweis und Steffi I. für die sachkundige Beratung.
Nachtrag, 14.12 Uhr:
Inzwischen hat der Wirrwarr-Beauftragte von Bild.de seinen Dienst angetreten und die Übersetzung von “One-size-fits-all” zu “Jeanshosen für alle Größen” geändert. Ob er es schaffen wird, im Laufe der kommenden Wochen noch weitere Fehler zu korrigieren? Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Nachtrag, 28.1.2005:
Na, also: Der Wirrwarr-Beauftragte von Bild.de hat sich nochmals rangesetzt und die Begriffserklärungen nachträglich berichtigt. Nun heißt es auch zu Vintage richtigerweise “Second-Hand-Look”, zu Mesh-Cap nur noch “Schirmmütze”, und hinter dem (ausgesprochen häufig in deutschen Kaufhäusern verwendeten) Begriff Knitwear steht “Strickwaren”. Ja, sogar die bereits überarbeitete Übersetzung von One-size-fits-all wurde nun abermals in “Kleidungsstücke, die es nur in einer einzigen Größe gibt, die jedem paßt (z.B. Mützen oder Socken)” korrigiert. Nur der Rechtschreibfehler im Wort “Kaputzenpullover”, der hier bislang unerwähnt geblieben war, wurde übersehen. Aber da wollen wir jetzt echt nicht tzimperlich sein.
Aus aktuellem Anlass fassen wir zusammen: Seit beispielsweise dem 4.1.2005 hießen die “Gewinner” des Tages in “Bild” unter anderem:
8.1.2005 Alexander Hold
Hauptdarsteller in einer Gerichtsshow beim Sender Sat.1, an dem der Axel Springer-Verlag beteiligt ist 10.1.2005 Stefan Aust
Chefredakteur des “Spiegel”, der beim Widerstand gegen die “Schlechtschreibreform” (“Bild”) und das “Maulkorb-Urteil” (“Bild”) sowie beim Vorabdruck verschiedener Bücher mit dem Axel Springer-Verlag kooperierte und von der im Axel Springer-Verlag erscheinenden “Hörzu” eine “Goldene Kamera” verliehen bekommt, aber ausdrücklich nie mit Springer-Chef Mathias Döpfner Ski gefahren ist. 13.1.12005 Thomas Gottschalk
TV-Moderator, dessen Sendung “Wetten, dass…?” mit Bild.de kooperiert. 18.1.2005 “Bild”-Buch “Das Jahr 2004”
O-Ton “Bild”: “können Sie hier bestellen” 20.1.2005 Kai-Uwe Ricke
Chef der Telekom, die mit Bild.de kooperiert. 21.1.2005 Torsten Rossmann
Chef des Senders N24, an dem der Axel Springer-Verlag beteiligt ist. 22.1.2005 Audi
Automarke, die von der “Bild am Sonntag” das “Goldenen Lenkrad” verliehen bekam. 25.1.2005 Sarah Connor
Sängerin, die von der im Axel Springer-Verlag erscheinenden “Hörzu” eine “Goldene Kamera” verliehen bekommt. 26.1.2005 Die “Bild”-Bestseller-Bibliothek
(Kein Kommentar)
Nachtrag, 27.1.2005: Wolf Wegener
Chef des ADAC, nachdem er 50.000 Euro für eine “Bild”-Aktion spendete.
Diese bzw. diese Geschichte über Daisy, die heute in der “Bild”-Zeitung steht, ist zu ekligzu hinterfotzigzu niederträchtigzu unkomischzu perfide zu lang, als dass wir uns ausführlich damit befassen wollten.
Ein Mensch ist umgebracht worden, ein ihm nahestehender Mensch ist offenbar “mit der ganzen Situation völlig überfordert” und “mit Weinkrämpfen zusammengebrochen”. Und worum sorgt sich “Bild”? Ob der Hund des Verstorbenen mental auf ein Reise ins Zillertal vorbereitet ist und darum, dass der Hund “nicht einmal Wintersachen dabei” habe.
Zugegeben: Es ist nur eine kleine Kleinigkeit, aber so genannte Homonyme (ugs. auch “Teekesselchen” genannt) sind ein faszinierendes Sprachphänomen. Schimmel zum Beispiel ist ein Homonym. Oder, wenn man so will, auch Bild. Und es gibt dergleichen natürlich nicht nur im Deutschen, sondern beispielsweise auch in der englischen Sprache, mit der man sich, wiewirwissen, bei “Bild” oft schwertut.
Bei Bild.de hat man sich unterdessen entschieden, über das Hochzeitskleid von Cameron Diaz zu berichten, das laut MTV vom indianischen Designer David Jet Black Horse geschneidert werde. Genauer gesagt heißt es bei Bild.de:
“Ein Designer mit dem passenden Namen David Jet Black Horse (…) hat angeblich schon ein Outfit für die Schauspielerin mit indianischen Vorfahren ersonnen”
Und das alles wäre ja völlig okay, wenn Bild.de dort, wo in obigem Zitat die drei Punkte stehen, nicht überflüssigerweise einen Einschub untergebracht hätte, der da lautet:
“vollkommen frei übersetzt: David Flugzeug Schwarzes Pferd…”
Weniger “vollkommen frei” übersetzt hieße der indianische Designer allerdings höchstens “David Rappe“, weil jet nämlich nicht nur ein “Flugzeug”, sondern auch ein Teekesselchen ist und jet black im Englischen nun mal schlicht “rabenschwarz” bedeutet, wie bereits ein kurzer Blick ins Online-Wörterbuch verrät, während alles andere (auch wenn es nur eine kleine Kleinigkeit ist) von bemerkenswerter Inkompetenz zeugt – und Cameron Diaz übrigens einen Mann ehelichen will, der “vollkommen frei übersetzt” Justin Holzsee heißt.
“BILD sorgt für Klarheit”, schrieb “Bild”(anlässlich der Nebentätigkeiten von Politikern). Aber als wäre die Welt nicht schon kompliziert genug, stehen woanders andauernd irgendwelche Sachen, die mit dem, was in “Bild” steht, nicht übereinstimmen. Was soll man also glauben? War es nun, wie “Bild” behauptete, eine “elektronische Anti-Terror-Datenbank”, die das FBI zum “Gewinner” des Tages “Verlierer” des Tages machte, oder (nur) ein Internet-Überwachungssystem? Entging Shermine Sharivar, wie in “Bild” stand, “nur knapp dem Tod” und “hatte schreckliche Schmerzen” oder vielleicht doch “keinen Kratzer abbekommen”? Wie kommt es, dass es laut “Bild” auf dem Saturnmond Titan “stinkt wie auf einem Misthaufen”, obwohl das für den Gestank angeblich verantwortliche Methan ein geruchloses Gas ist? Wieso heißt es wiederum bei Bild.de, dass “britische Forscher” irgendwas über Liebeskummer und Frauengehirne herausgefunden hätten, wo doch in der von Bild.de zitierten Quelle ausdrücklich von “American scientists” der Medical University of South Carolina die Rede ist? Warum wird in demselben Text die Empfehlung der britischen Therapeutin Christine Northam zu einem “Rat der Forscher”? Anders gefragt: Trug Rudolph Moshammer nun, wie wiederholt in“Bild” stand, eine Perücke oder, wie mittlerweile ebenfalls in “Bild” stand, keine Perücke?
Und wie verhält es sich mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Prof. Gert Weisskirchen, der sich (anlässlich der Nebentätigkeiten von Politikern)“zu Unrecht von der BILD-Zeitung in ein falsches Licht gerückt” sieht? Weisskirchen jedenfalls ist der Ansicht, dass die “Bild”-Berichterstattung “verwirrt”.
Machen wir’s kurz: Wer hat indenvergangenenTagen nicht über Prinz Harry berichtet, nachdem er ausgerechnet in einem Nazi-Kostüm auf einem Kostümfest erschien und die britische Zeitung “The Sun” darüber berichtet hatte? Die US-Boulevardzeitung “New York Post” schrieb daraufhin:
“Harry wore the attire of a member of Nazi Gen. Erwin Rommel’s infamous Afrika Korps, The Sun newspaper in London reports.”