Autoren-Archiv

Ulla?

Eigentlich weiß es ja auch die “Bild”-Zeitung besser, aber auf der heutigen Titelseite behauptet sie trotzdem, Horst Seehofer (der Horst Seehofer) sei Bundesgesundheitsminister. Im Ernst:

Mit Dank an Matthoa D.

Schleichwerbu can do

“Bild” macht heute Veronica Ferres zum “Gewinner” des Tages. Der Grund:

Sie hat BILD gelesen und sofort reagiert.

Weiterer Grund:

Veronika Ferres (41) hat sich via O2 bei LifeService, dem kostenlosen Handy-Ortungssystem der Björn-Steiger-Stiftung, registrieren lassen.

Aber warum “via O2? Ginge doch auch mit jedem anderen Mobilfunkanbieter. Ach so: Frau Ferres wirbt ja für O2. Und “Bild” hat offensichtlich kein Problem damit, es auch zu tun.

Mit herzlichem Dank an Tobias R.

“Bild” und der “Aids-Afrikaner”

Nachdem es “Bild” im Fall des “unheimlichen Aids-Manns” heute sogar berichtenswert findet, dass einem rechtskräftig Verurteilten (ganz so, wie es das Gesetz vorsieht) die Untersuchungshaft auf seine Haftstrafe angerechnet wird…

… müssen wir wohl doch mal auf einen Halbsatz zu sprechen kommen, mit dem “Bild” und Bild.de frühere Berichte über den Fall garniert hatten. Der Fall an sich ist schlimm und verzwickt, aber unstrittig: Beim “unheimlichen Aids-Mann” handelt es sich um den HIV-positiven Kennedy O., den “Bild” auch schon mal den “Aids-Afrikaner” nannte. Obwohl bereits 1999 von einem Gesundheitsamt verpflichtet, seine Sexpartnerinnen über seine HIV-Infektion zu informieren, hatte O. offenbar “mindestens eine seiner Liebhaberinnen” angesteckt und wurde “wegen gefährlicher Körperverletzung und neunfacher versuchter gefährlicher Körperverletzung zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt”.

Doch vor dem Urteil schrieb “Bild”:

Anwalt Hanjo Schrepfer kämpft dafür, dass O. nach drei Jahren und sechs Monaten wieder freikommt – und bis an sein Lebensende auf Krankenkassenkosten in Deutschland behandelt wird.
(Hervorhebung von uns.)

Und nach dem Urteil schrieb Bild.de:

Anwalt Hanjo Schrepfer hatte dafür gekämpft, dass O. nach drei Jahren und sechs Monaten wieder freikommt – und bis an sein Lebensende auf Krankenkassenkosten in Deutschland behandelt wird.
(Hervorhebung von uns.)

Ein merkwürdiger Halbsatz: Wäre es “Bild” lieber, wenn der HIV-positive Mann nicht bis an sein Lebensende behandelt würde? Nicht auf Krankenkassenkosten? Nicht in Deutschland? Merkwürdig ist der Halbsatz aber auch, weil Anwalt Schrepfer auf unsere Nachfrage hin bestreitet, dafür gekämpft zu haben, dass O. bis an sein Lebensende auf Krankenkassenkosten in Deutschland behandelt wird. Vielmehr handelt es sich bei der “Bild”-Formulierung offensichtlich um eine Umschreibung dafür, dass Schrepfer sich auch dafür einsetzt, dass sein Mandant, dessen medizinische Versorgung täglich 70 Euro koste, aus humanitären Gründen nicht in sein Heimatland Kenia abgeschoben wird.

Und so gesehen wäre es von “Bild” genau so sinnlosvoll gewesen, zu behaupten, die Staatsanwaltschaft hätte mit ihrem Antrag auf acht Jahre Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung dafür gekämpft, dass der Angeklagte jahrelang auf Staatskosten behandelt wird.

“Spannertum und sittliche Empörung”

Schräg, kultig, schmutzig? Mit sinkender Auflage und wachsender Hysterie? “Bild” enthüllte, dass der CSU-Politiker Horst Seehofer eine “heimliche Freundin” habe, die von ihm im 4. Monat schwanger sei. Deshalb ist “Bild” heute auch Thema in anderen Medien. Ein kleine, unvollständige Presseschau:

“Berliner Zeitung”:

Mittlerweile hat sich die Bild-Zeitung, obwohl ihre Auflage seit Jahren sinkt, eine gewisse Beachtung auch in sogenannten besseren Kreisen verschafft, wo man im Kokettieren mit dem, was man “schräg” oder “kultig” findet, seine Vorurteilslosigkeit beweist. Und so kam es, dass in diesen Tagen ein solches Organ in den Streit um Stoiber eingreifen kann, indem es über einen möglichen Nachfolger schreibt, er habe eine Geliebte, die von ihm schwanger sei. (…) [E]inen Nutzen aus der Geschichte zieht die Bild-Zeitung selbst, die seit je mit der Mischung aus Spannertum und sittlicher Empörung ihre Leser befriedigt. (…) Wie jemand sein Sexualleben führt, ist allein seine Sache und die seiner Partner (…). Es geht nicht darum, irgendjemandem seine Freuden zu verleiden. Aber was ist es für eine Gesellschaft, die sich täglich, millionenfach und öffentlich anzoten lässt?

 
“Süddeutsche Zeitung”:

Das Blatt selbst hat sich in der Überschrift des ersten Artikels zutreffend charakterisiert: Da steht das Wort “schmutzig”. Dieser Selbstbeurteilung kann man nicht widersprechen, denn auf diesem Terrain kennt das Blatt sich aus.
(Link von uns.)

 
Michael Haller auf Stern.de:

Die “Bild” verliert seit zehn Jahren kontinuierlich an Auflage. Mit wachsender Hysterie sucht sie nach Knallern, mit denen sich Auflage machen lässt. Und bei Politikern hat sie keine Hemmungen, schließlich sind da die Anzeigenkunden außen vor. Wenn es um Wirtschaftsthemen geht, sucht die “Bild” viel eher Möglichkeiten der Kooperation – deutlich erkennbar zum Beispiel beim Fall Dieter Bohlen und “Deutschland sucht den Superstar”. Das hat nichts mehr mit Journalismus zu tun, hier geht es um Win-Win-Geschäftsmodelle.

 
“Augsburger Allgemeine”:

In gut informierten Berliner Kreisen wird eine ganz andere Version gehandelt: Seehofers Freundin selbst soll das Boulevardblatt informiert haben. Und zwar, weil der Minister mit ihr Schluss machen und zur Familie zurückkehren wollte, heißt es. Bild soll die Story schon seit Wochen in der Schublade gehabt haben und nur auf einen günstigen Zeitpunkt zur Veröffentlichung gewartet haben.

Cui bono?

Dies ist die heutige “Bild”-Schlagzeile:

Und die Stellen, an denen “Bild” erklärt, warum das die heutige “Bild”-Schlagzeile ist, sehen maßstabsgetreu ungefähr so aus:


Es handelt sich dabei um neun kleine Worte (“Nun ist er als Chef der CSU im Gespräch”), irgendwo mitten in einem Seite-2-Kommentar, 20 kleine Worte am Anfang eines Seite-2-Artikels (“In der Führungskrise der CSU gilt er als heißester Anwärter auf den Parteivorsitz für die Zeit nach Edmund Stoiber”). Aber der Reihe nach. Schließlich wird ohnehin niemand ernsthaft behaupten wollen, dass die Details aus dem Privatleben des CSU-Politikers Horst Seehofer, die von “Bild” heute zur Titelschlagzeile gemacht werden, zufälligerweise gerade heute zur Titelschlagzeile gemacht werden.

Und während Stern.de beispielsweise darauf verweist, dass “”Bild” durch die Seehofer-Schlagzeile “mit einem ungeschriebenen Gesetz der deutschen Presse” in Konflikt gerate, wonach “über das Privatleben von Politikern nicht berichtet wird — zumindest nicht ohne deren Einverständnis”, rechtfertigt “Bild” selbst den Tabubruch als moralische Entscheidung:

“Wer sein Privatleben groß plakatiert, wer es politisch einsetzt, muss sich daran messen lassen. Und genau das tun wir.”

So jedenfalls steht es, sprachlich etwas holprig, am Ende des erwähnten Seite-2-Kommentars. Und das wirkt so scheinheilig wie der vorgebliche, auf geradezu alberne Art irreführende Anlass für die Veröffentlichung über Seehofers “heimliche Freundin” (“Jetzt ist die 32-Jährige schwanger — vierter Monat!”, “Wie erklärt er das seiner Frau?”): Horst Seehofers “Baby mit heimlicher Geliebten” ist nicht die Promi-Geschichte mit Herzschmerz, die ebenso gut auch anderntags und anderswo hätte in “Bild” stehen können, als die sie uns die neue “Bild”-Chefreporterin Verena Köttker heute auf Seite 2 verkauft (siehe Ausriss).

Wenn seit Wochen öffentlich und parteiintern über die weitere politische Karriere des CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber nachgedacht, wenn Horst Seehofer als möglicher Stoiber-Nachfolger gehandelt wird und dieser Tage im bayerischen Wildbad-Kreuth die alljährliche Klausurtagung der CSU stattfindet, profitiert beileibe nicht nur die “Bild”-Zeitung von ihrem Scoop.

Im Gegenteil warnt Stern.de davor, sich mit solchen Berichten “politisch instrumentalisieren zu lassen”. Und auch andernorts wird spekuliert, wer denn die Seehofer-Geschichte lanciert habe. (Erstaunlicherweise verteilt die bayerische Staatskanzlei angeblich ein Fax der “Bild”-Redaktion, in dem die Behauptung, Gerüchte um Minister Seehofer wären gezielt aus dem Umfeld der Staatskanzlei an ‘Bild’ gestreut worden, als “blanker Unsinn” dementiert werden, was wiederum Lawblog.de zu der Frage veranlasst, “ob Bild auch so vehement abstreitet, wenn andere verdächtige Kreise genannt werden”.)

Wir aber halten fest: “‘Bild” macht sich bewusst zum Handlanger der (parteipolitischen) Interessen anderer — entweder um von der Aufmerksamkeit zu profitieren oder weil die (parteipolitischen) Interessen anderer auch ihre eigenen sind.

Kurz korrigiert (306)

Sagen wir’s so: Wenn wir ausschließen, dass man bei “Bild” eingesandte Leser-Fotos vor der Veröffentlichung nicht überprüft (oder anschaut) und “BILD-Leser-Reporter” Joachim Nolte in Stralsund tatsächlich einen “unter Trümmern begrabenen Golf” entdeckte, dann hat man sich bei “Bild” offenbar entschieden, stattdessen lieber einen unter Trümmern begrabenen Polo* zu zeigen. Wenn nicht, hätten wir einen praktischen Tipp: Im Zweifelsfall tun’s auch Wörter wie “VW”, “Auto” oder “Ding”.

*) Das Nummerschild haben wir übrigens schnell mal unkenntlich gemacht.

Mit Dank an Tobi, Alex, Boris M. und Julian.

Nachtrag, 20 Uhr: Inzwischen hat Bild.de den “Bild”-Fehler hier korrigiert, hier hingegen nicht.

Störfall im Überschriftenreaktor

Mehrheit der Deutschen für die Ausrottung des Eichhörnchens!

In einer von BILDblog in Auftrag gegebenen, nicht-repräsentativen Meinungsumfrage sprach sich die Mehrheit der Befragten dafür aus, den Eichhörnchenbestand in Deutschland drastisch zu reduzieren, wenn von den possierlichen Tierchen eine Gefahr ausgehen sollte, die das Leben unzähliger Menschen gefährden würde.

Und laut “Bild am Sonntag” ist die Mehrheit der Deutschen für Atomkraft. Zumindest stand das gestern so in einer “BamS”-Überschrift (siehe Ausriss):

"Mehrheit der Deutschen für Atomkraft

Im “BamS”-Bericht über die “BamS-Umfrage” stand dann allerdings etwas ganz anderes. Erstens:

“61 Prozent der Deutschen sagen: Es ist nicht vertretbar, aus der Atomenergie auszusteigen, bevor alternative Energien wie Sonnen- oder Windkraft in einem vergleichbaren Umfang zur Verfügung stehen!
(Hervorhebung von uns.)

Und zweitens:

“31 Prozent der Befragten sprechen sich für längere (…) Kraftwerk-Laufzeiten aus; 17 Prozent sagen sogar, dass der Atomausstieg komplett rückgängig gemacht werden müsste. 47 Prozent meinen, dass die Kernkraftwerke wie beschlossen abgeschaltet werden sollten.”
(Hervorhebung von uns.)

Wenn wir das richtig verstehen, sind laut “BamS” also 78 Prozent für einen Atomausstieg bzw. gegen Atomkraft, was wiederum die politische Website NachDenkSeiten.de dazu veranlasst hat, der “BamS” folglich “Propaganda” vorzuwerfen und “einen Manipulationsversuch” zu unterstellen.

Mit Dank an Wolfgang L. und Uli K. für den Link.

Allgemein  

Köhlbrandbrücke von “Bild” verloren

Hamburg ohne Köhlbrandbrücke – unvorstellbar, aber wohl doch bald Realität!

So steht es heute in der “Bild”-Zeitung (Hamburg). Halbseitig wird dort auf der Titelseite der “Abriss” des bekannten Bauwerks annonciert (siehe Ausriss). Weiter heißt es dort ohne Wenn und Aber: “Hamburg verliert ein Wahrzeichen.” Der Hamburger Senat müsse “in Kürze” über einen Neubau oder Ersatz beschließen.

Erste Zweifel an ihrer Titelgeschichte kommen “Bild” selbst offenbar erst acht Seiten später. Dort heißt es nämlich plötzlich nur noch:

Hamburg verliert möglicherweise eines seiner Wahrzeichen.

Jetzt muss der Senat nach BILD-Informationen in absehbarer Zeit über einen Abriss der 1970 bis 1974 errichteten Köhlbrandbrücke entscheiden!
(Hervorhebungen von uns.)

Die im Hamburger Senat für den Hafen zuständige “Hamburg Port Authority” (HPA) hat die schöne “Bild”-Schlagzeile dennoch umgehend dementiert:

Ein Abriss der Köhlbrandbrücke ist nicht geplant.

Und die HPA-Sprecherin weist uns darauf hin, dass zwar auch die Zukunft der Köhlbrandbrücke in die vielen Überlegungen für eine Neugestaltung der Hafenquerspange über den Köhlbrand miteinbezogen werde. Allerdings befinde sich diese “noch im gröbsten Planungsstadium”. Zur Zeit würden “lediglich Machbarkeitsstudien erstellt”. Die Frage, ob die Brücke abgerissen wird oder nicht, die “Bild” heute auf die Titelseite beantwortet, stelle sich konkret “vielleicht in zwanzig, dreißig Jahren”.

Mit Dank an Michael H. für den Hinweis, Martin G. für den Scan und Martin A. für alles.

Symbolfoto XLIV

Schon möglich, dass sich Djamila Rowe nun, nachdem sich (laut “Bild”) ihr bisheriger Freund zum Jahreswechsel von ihr getrennt hat, einfach nochmal denselben Pullover angezogen und dieselbe Frisur gemacht hat, die sie auch vor einem Jahr trug, nachdem sie (laut “Bild”) einen Selbstmordversuch unternommen hatte, um sich darin von demselben Fotografen wie vor einem Jahr fotografieren zu lassen. Schon möglich.

Mit Dank an Juliana J. für den Hinweis.

Nachtrag, 12.1.2007: Das Rowe-Foto von 2006 ist bei Bild.de plötzlich “nicht mehr verfügbar”. Schade, es war so anschaulich.

Blättern:  1 ... 44 45 46 ... 98