So steht’s heute in “Bild”, wobei im Artikel noch eine andere Formulierung für denselben Sachverhalt gewählt wurde:
Per Brief haben er [der Ex-Radprofi Jan Ullrich] und seine Rechtsanwälte die Wiederholung der Sendung verboten. (Link von uns.)
Das macht die Sache nicht besser. “Spiegel Online” berichtet dazu:
Ein Bericht der “Bild”-Zeitung von heute, in dem mit Bezug auf einen angeblichen schriftlichen Vertrag* zwischen Beckmann und Ullrich behauptet wird, dass der Radstar juristisch gegen weitere Ausstrahlungen der Sendung vorgehen wolle, ist laut Strohband [Ullrichs Manager] schlicht falsch.
Laut “Süddeutsche Zeitung” (Donnerstagsausgabe) wurde die Beckmann-Redaktion lediglich aufgefordert, Passagen des Gesprächs nicht an andere Redaktionen weiterzugeben. Und wie wenig die Sendung (die nach wie vor komplett online ist) verboten wurde, können auch 3sat-Zuschauer morgen ab 10.15 Uhr verfolgen, wenn “Beckmann” ungeschnitten wiederholt wird.
*) Hier irrt “Spiegel Online”: Von einem “schriftlichen Vertrag” zwischen Beckmann und Ullrich ist in “Bild” keine Rede.
P.S.: Auf Bild.de wurde die Überschrift inzwischen aktualisiert und der Artikel um eine Stellungnahme des NDR ergänzt. Die unsinnige und falsche “haben verboten”-Behauptung allerdings blieb von der Überarbeitung ebenso unberührt wie der Teaser.
Wie berichtet, war es “Bild” ja bereits gestern irgendwie wichtig, darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem heute an Jürgen Klinsmann verliehenen Bundesverdienskreuz am Bande um “die unterste Stufe” handele. Und heute schreibt “Bild” noch einmal:
Das Verdienstkreuz am Bande ist die unterste Stufe (von acht).
Doch was gestern nur merkwürdig war, ist heute schlicht falsch: Klinsmanns Verdienstkreuz ist zwar das kleinste der Verdienstkreuze, aber wenn “Bild” heute auch noch die Gesamtzahl der Stufen mitteilen zu müssen glaubt, hätte ein wenig Recherche vielleicht nicht geschadet. Denn laut Bundespräsidialamt [pdf] wird der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich “in acht verschiedenen Stufen verliehen”, doch “die unterste Stufe” ist die so genannte Verdienstmedaille.
Der Halbsatz in Klammern ist bemerkenswert. Damals, als Johannes B. Kerner das gleiche Verdienstkreuz verliehen bekam, hatte “Bild” den Halbsatz nicht dazugeschrieben. Als Hans-Wilhelm Gäb es verliehen bekam, auch nicht. Und als Dr. Dr. h.c. Manuela Schmid bei einer “Herz für Kinder”-Gala “1 Million Euro aus ihrem Privatvermögen spendete”, wurde zwar ausdrücklich erwähnt, dass “die Frau mit dem goldenen Herzen” noch “im April 2005 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet” worden sei. Den Zusatz, dass es sich dabei um die “die unterste Stufe” der Auszeichnung handele, suchte man jedoch auch da vergeblich.
Warum glaubt ein Mediziner plötzlich, dass seine Kollegen ihn ab sofort für einen Trottel halten? Na, warum wohl: Er wurde in einem “Bild”-Artikel zitiert!
So berichtete “Bild” (Berlin-Brandenburg) am Samstag über einen Mann, Joachim B. (Name von uns gekürzt), der am seltenen Guillain-Barré-Syndrom erkrankt ist. Er wird derzeit in einer Reha-Klinik in Bernau behandelt. Der “Bild”-Artikel über B. ist kürzer als 70 Zeilen, die Geschichte selbst, nun ja, ein wenig größer. Schließlich litt B. laut “Bild” unmittelbar vor seiner Erkrankung unter Durchfall und Übelkeit!
Und weil “Bild” doch vor gar nicht allzu langer Zeit noch viel größer über die “schlimmste Magen-Darm-Seuche” berichtet hatte (eigentlich — wir berichteten — eine vergleichsweise harmlose Noroviren-Infektion), die ebenfalls sich in Durchfall und Übelkeit äußert, zeigt “Bild” heute noch einmal die damalige Titelseite (“So berichtete BILD am 31. Januar 2007”). Und schreibt in großen gelben Lettern über das “erschütternde Schicksal vom Joachim B. aus Berlin”:
Im Artikel wird die Überschrift nochmals aufgegriffen:
Tja, war’s das? Wie zur Antwort druckt “Bild” einen kurzen O-Ton von Dr. Michael Jöbges, Chefarzt in der Bernauer Klinik, in der Joachim B. behandelt wird: “Ein Fall wie aus dem Lehrbuch. Erst kam der Virus, dann die Lähmung”, soll er gesagt haben.
Uns aber teilte Jöbges auf die Frage “War es das Noro-Virus?” mit:
Ich bin von dem “Journalisten”* befragt worden, ob auch das Noro-Virus Auslöser dieses Syndroms sein kann. Dies habe ich verneint und angegeben, dass das in Rede stehende BakteriumCampylobakter jejuni heiße. Außerdem habe ich darauf hingewiesen, dass natürlich nicht jeder Mensch, der eine Campylobakter-jejuni-Infektion erleidet, danach ein Guillain-Barré-Syndrom durchmacht. Ich habe versucht, dem “Journalisten”* zu vermitteln, dass Fragen aus dem Gebiet der Autoimmunologie nicht in dürren, einfachen Worten zu erklären sind, sondern eine ausführlichere Erklärung erfordern. Diese Botschaft scheint nicht verstanden worden zu sein.
Dies sind alles prinzipielle Erwägungen. Aus Gründen der Schweigepflicht kann ich zu dem konkreten Fall keine Angaben machen und möchte hierfür um Ihr Verständnis bitten.
Leider wird jeder Leser, der diesen Artikel für “bare Münze” nimmt und über ein wenig medizinischen Sachverstand verfügt, mir denselben ab sofort absprechen. (Hervorhebungen, Link und Sternchen von uns.)
Ein 15-jähriges Mädchen ist brutal ermordet worden, der mutmaßliche Täter geständig, der Fall seit Monaten in den Schlagzeilen.
Am Donnerstag war Prozessauftakt. Die Eltern des Opfers saßen in einem Gerichtssaal in Hagen, und sie waren nicht allein. O-Ton “Westfalenpost”: “Vor Sitzungssaal 201 ist um 8.54 Uhr der Andrang bereits so groß, dass Reporter, interessierte Zuschauer und neugierige Gaffer vor der verschlossenen Saaltür einen bunten Pulk bilden. (…) Um 9.05 Uhr werden die Einlasskarten verteilt. Gedränge, Geschiebe, wie beim Sommerschlussverkauf. (…) Um 9.58 Uhr betritt das Gericht den Raum. Blitzlichtgewitter der Pressefotografen, TV Kameras surren, dann Abgang, raus.”
Und man muss sich das vorstellen: Inmitten dieses Blitzlichtgewitters und der surrenden TV-Kameras also, in einem Raum mit dem Oberstaatsanwalt, der gleich die Anklageschrift verlesen, und dem mutmaßlichen Mörder, der anschließend möglichst detailliert Auskunft über seine Tat geben sollte — die Eltern des Opfers. Klick!
Das ist schlimm, aber vielleicht ist es doch nicht das schlechteste Foto, weil es so eindringlich die Erschütterung zeigt, die ein solches Verbrechen auslöst:
Tiefe Trauer und Nervösität bei den Eltern von Nadine kurz vor Beginn der Gerichtsverhandlung
So steht es unter dem Foto in der “WAZ”. Und sogar in “Bild”, die vorgestern fast dasselbe Foto druckte, steht es ähnlich:
(…) die Eltern der toten Nadine sammeln Kraft für die schrecklichen Einzelheiten des Todes ihrer Tochter
Denjenigen aber, die bei “Bild” tagtäglich aus den Geschichten “Bild”-Schlagzeilen machen, war das nicht genug: “kurz vor Beginn”? “sammeln Kraft für”? Geht’s nicht besser, schlimmer? Ja:
Es hat also einen Sinn, dass es ab Prozessbeginn nicht mehr gestattet war, zu fotografieren: “Bild”, so lehrt uns die kleine, fette Lüge in der Überschrift, hätte die Fotos zu gern gedruckt.
Der Mann, der unlängst auf Bild.de mit seinem Foto als Beispiel für “alkoholisierte Fans des 1. FC Lok Leipzig” herhalten musste, steht bekanntermaßen in keinerlei Zusammenhang mit den berichteten Vorgängen.
Eigentlich genauso wie der Mann, der unlängst auf Bild.de mit seinem Foto als Beispiel dafür herhalten musste, dass Patienten “manchmal wochenlang auf einen Termin beim Arzt warten” müssen.* Der steht nämlich auch in keinerlei Zusammenhang mit den berichteten Vorgängen.
Der Unterschied:
Im zweiten Fall hat Bild.de das irreführende Symbolfoto entfernt und muss in einer “Richtigstellung” erklären, dass der Mann in keinerlei Zusammenhang mit den berichteten Vorgängen steht.
Im ersten Fall indes bleibt Bild.de bei seiner (falschen) Darstellung.
*) Liebe BILDblog-Leser: Hat vielleicht noch irgendwer in seinem Cache den Bild.de-Artikel hinter diesem Link in der ursprünglichen Fassung?
Im Sommer 2006, wenige Tage nachdem eine Französin namens Alexandra Paressant dem britischen Boulevardblatt “The Sun” intime Details über den brasilianischen Fußballspieler Ronaldinho erzählt hatte, sah die letzte Seite der “Bild”-Zeitung so aus:
Und man kann nicht einmal behaupten, dass “Bild” damals keine Anstrengung unternommen hätte, sich von der eigenen Geschichte zu distanzieren:
(…) jetzt soll Brasiliens Superstar Ronaldinho (26) angeblich einen echten Traumtreffer gelandet haben. Das französische Top-Model Alexandra Paressant (…) behauptet steif und fest, daß der weltbeste Fußballspieler abseits des Rasens nur für SIE dribbelt. (…) (Fettungen von uns.)
Allerdings: Damit SIE der “Bild”-Zeitung “jetzt zum 1. Mal” erzähle, wie sie Ronaldinho kennengelernt habe, wurde “Ronaldinhos angebliche Geliebte” von den “Bild”-Kollegen Cathrin Gilbert und Florian Scholz extra “aufgespürt”.
Aufgespürt, aha.
Wenige Tage später druckte die “Bild am Sonntag” ein Interview von Gilbert & Scholz mit Paressant, illustriert mit einem der “Bild”-Fotos und einem unscharfen Foto, das zuvor bereits in der “Sun” zu sehen war. Der Text klang ähnlich vertraut:
Weltfußballer Ronaldinho (26) dribbelt neben dem Platz nur noch für Sie [sic]: Alexandra Paressant (26). Das behauptet zumindest das Top-Model aus Frankreich.
Und wiederum kaum eine Woche später berichteten Gilbert & Scholz in “Bild” erneut über Paressant — diesmal mit einem neuen Foto, das angeblich Ronaldinho “und Freundin Alexandra” auf Marbella zeigte, tatsächlich aber etwas ganz anderes zeigte.
Danach dauerte es ein wenig, bis Gilbert & Scholz mit neuen Neuigkeiten aufwarten konnten, aber am 19. Juli war es soweit. Illustriert mit einem der aus “Bild” bekannten Fotos hieß es nun:
Ronaldinho bekennt sich öffentlich zu seiner neuen Liebe, dem französischen Top-Model Alexandra Paressant (…).
Frech oder selbstvergessen, jedenfalls so, als hätte es die “Sun”-Enthüllungen nie gegeben, hieß es über Ronaldinhos “neue Liebe” nun sogar:
BILD berichtete exklusiv.
Die Zeitschrift “Rund” schreibt jedoch in ihrer März-Ausgabe (u.a. unter Berufung auf das französische Magazin “So Foot”):
Laut “Rund”-Magazin handelt es sich bei Paressant vielmehr um “eine Expertin der Medienmanipulation” (oder gar “eine Verrückte”). Ihr sei es mit allerlei Tricks gelungen, “ein virtuelles Double” ihrer selbst zu schaffen — und das so gut zu vermarkten, dass ihre vermeintliche Liebesgeschichte mit dem Fußballstar nicht nur in der “Sun” und vielen, vielen anderen Medien nachzulesen war (und ist), sondern auch “exklusiv” in “Bild”.
Die Fotos, mit denen “Bild” und “BamS” ihre Paressant-Geschichten immer wieder großzügig bebilderten (O-Ton “Bild”: “Wow!”), bekam “Bild” übrigens offenbar von einer vermeintlichen Managerin des “Top-Models” zur Verfügung gestellt (“Bild”-Fotocredit: “privat”). Sie zeigen allerdings leider nicht die “Heckansicht” und “schönsten Fankurven” von Alexandra Paressant, sondern (irgend)ein Mannequin namens Alexandra Kabi.
PS: Laut “Rund”-Magazin wollten sich weder die “Bild”-Autoren noch “Bild” zu den Schwindel-Vorwürfen äußern. Bei Bild.de ist keiner der Paressant-Texte mehr zu finden.
Auf dem Flughafen Dortmund kam es kürzlich zu einem Unfall, bei dem ein Flughafenbus einen Treibstofftank rammte, woraufhin aus einem abgerissenen Anschlussrohr rund 100 Liter Diesel auf das Rollfeld flossen. Viele Medien in der Region berichteten darüber — auch “Bild”.
Und es ist erfreulich, dass “Bild” (anders als die “WAZ” in einer Fotounterzeile) darauf verzichtet hat, zu behaupten, der Bus sei “voll besetzt” gewesen. Das hätte nämlich nicht gestimmt.
Unerfreulich hingegen ist, dass “Bild” stattdessen lieber behauptet, der Bus sei in einen “Tankwagen” geknallt, woraufhin “über 1000 Liter Diesel” auf die “Startbahn” geflossen seien.
Bild.de berichtet vom Karneval in Rio — genauer: über einen “Schlüpfer-Unfall” der brasilianischen “Schönheitskönigin” Angela Bismarchi, an der ihr Ehemann, der Schönheitschirurg Ox Bismarchi, rund 30 Schönheits-OPs durchgeführt haben soll.
Das alles berichtet Bild.de zwar nicht, schreibt aber unter ein Foto von Angela Bismarchi:
Um es jedoch mit BILDblog-Leser Sebastian zu sagen:
Ox hatte weniger Glück — er wurde am 2.12.2002 erschossen.
Nachtrag, 23.2.2007: Inzwischen hat Bild.de die Fotobeschriftung den Tatsachen, ähm, angepasst. Nun heißt es dort:
Vor knapp zwei Wochen hatte “Bild” ja “50 Prominente gefragt, welches Auto sie fahren – und was sie für die Umwelt tun”. Unter ihnen natürlich: Dieter Bohlen. Und abgesehen davon, dass Bohlen behauptete, Fahrradfahren “sexy” zu finden, “Spaziergänge ins Dorf” bzw. überhaupt “viel zu Fuß” zu machen und “am Wochenende so gut wie nie” zu fahren (“Es ist gesund für mich und gut für die Umwelt”), zitierte ihn “Bild” mit den Worten:
Ich fahr zurzeit am meisten einen Opel Astra GTC, Baujahr 2006.
Bohlen als Fahrer eines Opel Astra (CO2-Emmission ab 130g/km): Das hätte man ihm gar nicht zugetraut! Zumal er doch noch im Frühjahr 2006 “pünktlich zur Cabrio-Saison” von seinem winterlichen Hummer H2 (294g/km CO2) auf “ein neues Corvette Cabrio” (ca. 310g/km CO2) umgesattelt war — “frei nach dem Motto ‘rechts ist Gas'”, wie es damals stolz in einer Pressemitteilung seines Corvette-Händlers hieß.
Der Eindruck aber, dass Bohlen neuerdings auch als Vorbild in Sachen Umweltschutz taugen könnte, wie “Bild” noch vor knapp zwei Wochen suggerierte, trog: Wie man der heutigen “Bild” entnehmen kann, hat Bohlen gestern morgen “seine neue Corvette beim Autohändler abgeholt”.