Es gibt in Deutschland Menschen, die nennen Moslems öffentlich “Jammertürken”, “Muselaffen”, “Muselgeier”, “Talibanfurzer”, “windelpupsende Mamasöhnchen”, “Arschhochbeter”, “Ziegenschänder”, “Eselficker” oder schlicht “Gesoxe” – und verstecken sich selbst dabei hinter Fantasienamen wie “Kreuzritter”, “RadikalDemokrat” oder “Islamophobius”.*
Und es gibt Menschen, die bieten diesen Leuten ein Forum. Die Betreiber der Internetplattform “politically incorrect” (kurz PI) sind solche Menschen. Sie nennen sich “Islamkritiker”, sind aber Islam-/Moslemhasser – und Thilo Sarrazin ist ihr Gott einer ihrer Helden.
Das alles muss man wissen, wenn man diesen Artikel in der “Bild”-Zeitung vom vergangenen Samstag liest. Denn im Artikel selbst, erschienen als Seite-2-Aufmacher, steht davon kein Wort.
Warum auch? Schließlich geht es darin ja scheinbar nur um die kurdischstämmige Journalistin Mely Kiyak, die in einer ihrer häufig sehr streitbaren Kolumnen (erschienen in “Berliner Zeitung”, “Frankfurter Rundschau” sowie in den Online-Ausgaben beider Zeitungen) den Buchautor Thilo Sarrazin eine “lispelnde, stotternde, zuckende Menschen-Karikatur” genannt hatte – was (angesichts der Tatsache, dass Sarrazins rechte Gesichtshälfte seit einer Tumor-OP 2004 teilweise gelähmt ist), nun ja, womöglich nicht die beste Idee der Welt war. Jedenfalls nahmen beide Zeitungen die Kolumne kommentarlos aus ihrem Online-Angebot, und die “Berliner Zeitung” druckte am Freitag sogar eine “Klarstellung”, in der Kiyak ihre Wortwahl sehr bedauert.
Aus Kiyaks “Klarstellung”:
“[…] Meine Intention war zu keinem Zeitpunkt, ihn persönlich herabzusetzen. Thilo Sarrazin erscheint als Diskutant ungewöhnlich und erfordert aufgrund seiner Sprache, Gestik und Mimik Toleranz und Rücksichtnahme. Selbst verweigert er aber diese Rücksichtnahme und Toleranz hinsichtlich Erscheinungsbild, Lebensformen, Herkunft und Disposition Anderer. Mir ging es darum, auf seine eigenen – nicht körperlich bedingten – Unvollkommenheiten in seinem Auftritt hinzuweisen; wie ich jetzt finde, mit unzulässigen Mitteln. Wenn ich den physiologischen Hintergrund gekannt hätte, hätte ich das Bild nicht gewählt. Ich bedauere das sehr! […]”
So weit, so unschön und, ja, berichtenswert – auch, wenn man bei genauerer Lektüre der “Klarstellung” erkennt, dass Kiyak sich darin, anders als “Bild” in Überschrift und Text suggeriert, mit keinem Wort entschuldigt – schon gar nicht bei Sarrazin (siehe Kasten). Aber das nur nebenbei.
Denn Kiyak schrieb weiter:
In den letzten Tagen erreichte mich allerdings auch eine gesteuerte und organisierte Beschwerdewelle, die die Grenzen der Empörung weit überschritt und sich nur noch in blankem Hass äußerte.
Wie solche “Beschwerdewellen” aussehen, hat Kiyak (aber bei weitem nicht nur sie) bereits häufiger erleben müssen und darüber sogar schon öffentlich berichtet – auch über die Auslöser: Islamhasser-Seiten wie PI nämlich dokumentieren islamhasserkritische Texte gern mit der Nennung von E-Mail-Adressen und weiteren Kontaktmöglichkeiten der Kritiker – und überlassen den Rest der geneigten Leserschaft…
“Bild” jedenfalls fasst das, was Kiyak in der “Klarstellung” schildert, dennoch (Hervorhebung von uns) als “eine angeblich ‘gesteuerte und organisierte Beschwerdewelle'” zusammen – hat dann aber noch eine weitere Kiyak-Geschichte parat:
Kürzlich attackierte sie in einem anderen Zusammenhang sogar einen ihrer Leser. BILD liegt eine E-Mail vor, die Kiyak am 18. Mai an Markus L. (Name geändert) schickte. Der hatte ihr in höflicher Sprache einen Leserbrief auf eine ihrer Kolumnen geschrieben.
Mely Kiyak schrieb L. zurück: “(…) Und auch sonst schreiben Sie so dämliche Grütze, dass man es kaum fassen kann. Als Zeitung schämen wir uns in Grund und Boden, solch einen flachgewichsten Leser wie Sie zu haben!”
Doch der Halbsatz “BILD liegt eine E-Mail vor” ist lächerlich – und irreführend: Die E-Mail (inhaltlich eher eine Art Manifest islamophober Überfremdungsängste mit persönlichen Anwürfen gegen Kiyak als Reaktion auf eine ihrer islamkritikerkritischen Kolumnen) wurde bereits vor einer Woche ins Internet gestellt – veröffentlicht auf journalistenwatch.com, einer privaten Website des Bundes-Pressesprechers der rechtspopulistischen Partei Die Freiheit, die auf vielfältige Weise mit der eingangs erwähnten Islamhasser-Seite PI verbandelt ist. Und nicht nur das. Der E-Mail-Wechsel wurde vor dem “Bild”-Artikel auch auf PI (und vielen anderen, ähnlichen Websites) dokumentiert – zusammen mit zahllosen beleidigenden PI-Leserkommentaren und dem redaktionellen Hinweis: “[D]iese abartigen Ausfälle einer Mely Kiyak darf man einfach nicht unkommentiert stehen lassen. Hier der Kontakt zur Frankfurter Rundschau, die dieser moslemischen Furie eine regelmäßige Plattform bietet: (…)” Außerdem hat journalistenwatch.com sogar eine Pressemitteilung zum Thema verschickt – zufälligerweise unmittelbar vor der “Bild”-Veröffentlichung.
Dafür, dass der “Bild”-Artikel nun, so wie er veröffentlicht wurde, in der Islamhasser-Szene bejubelt wird, kann “Bild” nichts. Beifall von der falschen Seite ist leider nie völlig ausgeschlossen. Aber: Dass in dem “Bild”-Artikel selbst kein (distanziertes) Wort über das unappetitliche und menschenverachtende Umfeld steht, das Kiyaks Entgleisung hervorgerufen und überhaupt erst öffentlich gemacht hat, ja, dass “Bild” sogar den Hintergrund der ganzen Auseinandersetzung, also die kritische Berichterstattung über die Islamhasser-Szene, komplett ausblendet, kann kein Zufall sein!
Der “Bild”-Artikel über Kiyak beginnt mit den Worten:
Ich hatte das schon fast wieder vergessen, aber ich glaube, ich kenne die Antwort.
*) Hinweis in eigener Sache: Die genannten Beispiele stammen aus dem Buch “Heile Welten – Rechter Alltag in Deutschland” (Leseprobe hier), das ich mitgeschrieben habe.