Als die französische Polizei am vergangenen Donnerstagvormittag die Wohnung des mutmaßlichen islamistischen Attentäters stürmte und ihn dabei erschoss, hatte die Erstürmung in der gedruckten “Bild” vom Donnerstag schon stattgefunden (BILDblog berichtete).
Aber “Bild” war dabei nicht allein: Die “Berliner Zeitung” und die (von der gleichen Redaktion belieferte) “Frankfurter Rundschau” erklärten beide auf ihren Titelseiten, die Polizei habe die Wohnung des Mannes gestürmt und den Mann “gestellt”, worunter man eigentlich landläufig versteht, dass jemand lebend gefasst wird.
Bei “Welt”, “Welt Kompakt” und “Rheinischer Post” war der Verdächtige (bzw. “Täter”) gar in der Titelschlagzeile “gestellt” worden:
Immerhin erwähnen alle drei Zeitungen im Artikel, dass die Konfrontation “am Abend” bzw. “bei Redaktionsschluss” noch angedauert habe.
Und tatsächlich zeigen sich da ja die Nachteile einer Printausgabe, die tatsächlich irgendwann gedruckt werden muss und bei solch unübersichtlichen Situationen, die quasi zeitgleich mit Druckprozess und Auslieferung stattfinden, überholt sein kann, wenn der Zeitungsbote sie in den Briefkasten des Lesers steckt. Im Internet hingegen können Artikel permanent an die aktuelle Situation angepasst werden — einige Online-Medien berichteten gar in einem “Live-Ticker” von der Erstürmung der Wohnung wie von einer Sportveranstaltung.
Anders macht es da die “Leipziger Volkszeitung”, die seit Mittwochabend unbeirrt im “Polizeiticker” auf ihrer Webseite verkündet:
Besonders bemerkenswert daran ist, dass diese Überschrift die einzige Leistung der “LVZ”-Redaktion ist: Der komplette Artikel, in dem von einer Festnahme des Mannes überhaupt keine Rede ist, stammt von der Deutschen Presseagentur (dpa). Die hatte ihn allerdings mit der durchaus zutreffenden Überschrift “Nervenkrieg in Toulouse: Serienmörder wollte wieder töten” veröffentlicht.
Mit Dank an Jan und die anderen Hinweisgeber.
Nachtrag, 18.10 Uhr: “LVZ Online” hat die Überschrift inzwischen auf “Nervenkrieg in Frankreich: Serienmörder wollte wieder töten” gekürzt.