Manchmal, da stehen “Bild”-Reporter einfach nur einen ganzen Tag lang auf einem Friedhof in Berlin-Zehlendorf vor dem Grab von Bubi Scholz und warten, dass irgendwer vorbeischaut, um hinterher auf einer halben Zeitungsseite mehrere Fotos des Scholzschen Grabsteins (“10 Uhr”, “12 Uhr”, “15 Uhr”, “18 Uhr”) abzudrucken und dazuzuschreiben:
“Gestern wäre die Box-Legende 76 Jahre alt geworden. Niemand besuchte des Grab. (…) BILD war von 7.30 bis 18 Uhr vor Ort. (…) Von 7.30 bis 18 Uhr kam kein Besucher.”
Manchmal machen “Bild”-Reporter aber auch andere Dinge…
…kleine Kinder ansprechen zum Beispiel: Vor knapp einem Monat etwa berichtete die “Süddeutsche Zeitung”, ein “Bild”-Reporter habe am Tor des Hauses von Günther Jauch geklingelt und durch den Zaun Jauchs neunjährige Tochter befragt, die aus der Tür getreten sei, was ein “Bild”-Sprecher mit den Worten dementierte: “Aber vielleicht hat er ja ‘Guten Tag’ gesagt.”
Und in Zusammenhang mit dem bei einem Bombenattentat im ägyptischen Dahab getöteten Jungen aus Tübingen schreibt das ortsansässige “Schwäbische Tagblatt” heute über den begleitenden Presserummel:
“In einem Fall schreckte ein Journalist laut einem Elternbericht nicht davor zurück, Kinder, die gerade alleine zu Hause waren, mit der Suche nach einem Foto des getöteten Jungen zu behelligen. Der Journalist gab sich den Kindern gegenüber als TAGBLATT-Mitarbeiter aus. Dem Presseausweis zufolge*, den sich der später hinzugekommene Vater zeigen ließ, arbeitet er für die Springer-Presse.”
Beim “Tagblatt” erwägt man deshalb rechtliche Schritte gegen den Journalisten, bei dem es sich nach unseren Informationen um den Fotojournalisten Alexander Blum handelt, der u.a. für die “Bild”-Zeitung arbeitet und, wie es auf seiner Homepage heißt, Auftraggeber “auch bei der Recherche vor Ort unterstützt”.
Und fündig geworden ist Blum bei seiner Suche nach einem Foto des getöteten Jungen offenbar doch noch. “Bild” druckt es heute (anders als in anderen Fällen, in denen sich “Bild” auch schon mal mit einem unkenntlich gemachten Symbolfoto behilft) quasi weltexklusiv auf der Titelseite und im Blattinnern (siehe Ausrisse) sowie bei Bild.de. Der Fotograf selbst, dessen Namen “Bild” als Quelle für das Foto angibt, wollte sich uns gegenüber nicht äußern, woher die Aufnahme stammt bzw. wer die Einwilligung für den Abdruck gegeben habe (“Ich weiß nicht, wovon Sie reden”), und verwies an die “Bild”-Pressestelle. Eine Antwort auf unsere mehrmalige Anfrage dort steht bislang aus.
*) Anders als das “Tagblatt” berichtete, zeigte der Journalist auf Nachfrage offenbar seinen Presseausweis und sagte, dass er Mitarbeiter der Axel Springer AG sei.
Nachtrag, 15.9.2006: “Bild” wurde für die Veröffentlichung des Kinderfotos vom Deutschen Presserat öffentlich gerügt.