Es war ein Knaller, den die Mainzer “Allgemeine Zeitung” am Montagnachmittag verkündete. Michael Hartmann, der SPD-Bundestagsabgeordnete, gegen den wegen Drogenverdachts ermittelt wird, habe ihr gegenüber zugegeben, Crystal Meth konsumiert zu haben:
Die Nachrichtenagenturen und Online-Medien verbreiteten die Meldung sofort weiter. Bild.de berichtete:
SPD-Mann Hartmann: Ja, ich habe Crystal Meth genommen
AFP:
Hartmann räumt Konsum von Crystal Meth ein
dpa:
Zeitung: Hartmann gibt Konsum von geringer Crystal-Menge zu
Noch am selben Abend ließ Hartmann im Südwestrundfunk und gegenüber “Spiegel Online” den Bericht der “Allgemeinen Zeitung” dementieren. Er habe sich nirgendwo gegenüber den Medien geäußert. “Ich äußere mich erstmals gegenüber der Staatsanwaltschaft. Nirgendwo sonst”, zitiert ihn “Spiegel Online”.
Die “Allgemeine Zeitung” erklärte daraufhin: “Wir haben nicht mit Hartmann direkt gesprochen, aber diesen Anschein auch nicht erweckt.” Sollte der Eindruck entstanden sein, bedauere er dies.
Tja, wie mag dieser Eindruck wohl entstanden sein?
Ob es wohl an der Überschrift gelegen hat, in der die Zeitung hinter Hartmanns Namen einen Doppelpunkt und dann ein Zitat in Anführungszeichen gesetzt hat? Oder an Formulierungen wie:
Hartmann ließ gegenüber unserer Zeitung auf Anfrage erklären, er habe “einmal einen Bruchteil der Menge, die derzeit in Rede steht, konsumiert, dann aber die Finger davon gelassen.” (…)
Hartmann trat auch Spekulationen entgegen, …
Hartmann wies gegenüber unserer Zeitung auch Gerüchte zurück, …
… so Hartmann am Montag.
… ließ Hartmann am Montag verlauten.
Inzwischen hat die “Allgemeine Zeitung” stillschweigend ihren Artikel geändert. Nun sieht er plötzlich so aus:
Aus der Formulierung …
Hartmann ließ gegenüber unserer Zeitung auf Anfrage erklären, er habe “einmal einen Bruchteil der Menge, die derzeit in Rede steht, konsumiert, dann aber die Finger davon gelassen.”
… wurde:
Eine Vertrauensperson Hartmanns sagte dieser Zeitung am Montag, man gehe davon aus, dass er „einmal einen Bruchteil der Menge, die derzeit in Rede steht, konsumiert, dann aber die Finger davon gelassen“ habe.
Und Aussagen, die zuvor noch die Quelle “so Hartmann” trugen, werden nun, ohne eine Erklärung, zitiert mit der Formulierung “verlautet in eingeweihten Kreisen”.
Für die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” kam die Korrektur der Mainzer “Allgemeinen Zeitung” zu spät. Sie berichtet heute:
Hartmann selbst, der über seinen Anwalt Johannes Eisenberg zunächst mitteilen ließ, er wolle sich öffentlich nicht äußern, meldet sich am Montag via “Allgemeine Zeitung” zu Wort: Er habe “einmal einen Bruchteil der Menge, die derzeit in Rede steht, konsumiert, dann aber die Finger davon gelassen”.