“Man kann Alfred Neven DuMont glauben, dass ihn der Wunsch nach gutem Journalismus antreibt.”
(“Der Spiegel”, 5/2014)
Der Jahresanfang ist die Zeit, in der die Menschen sich ganz besonders für Diäten interessieren, und deshalb ist es auch die Zeit, in der die Medien ganz besonders viel über Diäten berichten. Die Zeitungen der Mediengruppe M. DuMont Schauberg tun es in diesem Jahr mit ganz besonderem Eifer.
Der “Kölner Stadt-Anzeiger” hat eine Serie “Los geht’s” gestartet. Darin überrascht er seine Leser unter anderem mit der These: “Wer abnehmen will, muss essen”, nennt Sport “Doping für die Zellen”, stellt spätberufene Extremsportler vor, interviewt Ingo Froböse, einen Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln — und empfiehlt jedesmal dessen kostenpflichtiges Abnehm-Programm “fitmio”.
Der Kölner “Express” hat auch eine Serie im Angebot, eine “große Stoffwechsel-Fibel” namens “Enorm in Form”, mit “Tipps vom Experten”, wie man sich schlankschläft und wie man den Jojo-Effekt vermeidet und der überraschenden These: “Wer abnehmen will, muss essen!” Der Experte ist in jedem Fall Ingo Froböse, ein Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln — und empfiehlt jedesmal dessen kostenpflichtiges Abnehm-Programm “fitmio”.
Die Serie aus dem “Kölner Stadt-Anzeiger” findet sich mit demselben Experten und derselben Empfehlung auf den Online-Seiten von “Berliner Zeitung” , “Frankfurter Rundschau”, “Mitteldeutscher Zeitung” und “Kölnischer Rundschau”.
Und die Boulevard-Variante aus dem “Express” steht mit demselben Experten und derselben Empfehlung auf den Online-Seiten von “Berliner Kurier” und “Hamburger Morgenpost”.
In einer konzertierten Aktion werben die Medien von M. DuMont Schauburg in großen, scheinbar redaktionellen Serien für “fitmio”, das kostenpflichtige Abnehmprogramm von Professor Froböse, und verlinken praktischerweise auch direkt dorthin.
Das lässt sich leicht erklären, allerdings findet sich diese Erklärung nicht auf den Seiten dieser Zeitungen. Das kostenpflichtige Abnehmprogramm “fitmio” mit Prof. Dr. Ingo Froböse, dem “Experten an Ihrer Seite”, ist ein Unternehmen der DuMont Net GmbH & Co. KG, einer hundertprozentigen Tochter der Mediengruppe M. DuMont Schauberg.
Der Verlag M. DuMont Schauberg ist also mit seiner Internet-Tochter Betreiber eines Abnehmprogramms mit Ernährungs- und Bewegungsplan inklusive Motivationsvideos von Prof. Dr. Froböse, das immerhin 79 Euro kostet. Und nutzt seine Zeitungen und deren Online-Seiten, dieses Angebot im redaktionellen Teil und ohne Hinweis auf die wirtschaftliche Verquickung zu bewerben. Er lässt eine Leserin sogar scheinbar unabhängig das Angebot testen. Die 47-jährige TV-Programmplanerin aus Bergisch Gladbach ist, Überraschung, sehr angetan.
Auf den “fitmio”-Seiten lacht übrigens treuherzig folgender Hinweis:
“Ich bin der Spiritus Rector der Redakteure”, sagt Alfred Neven DuMont, der Patriarch des Verlages, dem “Spiegel”, der ihn als positives Gegenbeispiel zu Mathias Döpfner, dem Vorstandsvorsitzenden von Axel Springer darstellt. “Man muss doch Leidenschaften haben. Das Schlimmste für mich wäre, Bankier zu sein und nur noch an das Geld denken zu müssen.”
Neven DuMont sagt: “Ich glaube an die Zeitung.” Zumindest weiß sein Verlag, wofür sie noch nützlich sein kann.
Mit Dank an Kai B.!
Nachtrag, 30. Januar. Aus dem Internetauftritt der “Frankfurter Rundschau” sind die Artikel mit der “fitmio”-Werbung plötzlich verschwunden.