Heute auf Facebook: Ralph Grosse-Bley, Chefredakteur der Schweizer Boulevardzeitung “Blick”, ist stolz:
Raufende Chinesen, die den Kapitän von Flug LX 196 Zürich–Peking zur Umkehr zwingen: Das BLICK-Exklusiv-Video, das den älteren der beiden Chinesen leicht verletzt und schwer betrunken an Bord des Airbus A340 zeigt, war gestern der absolute Renner auf Blick.ch (siehe hier: http://bit.ly/TeVxG9)
Die Mini-DV-Kassette mit den Filmaufnahmen hatten BLICK-Reporter im Rahmen unfangreicher Recherchen am Montag von einem Schweizer erhalten, der mit an Bord war.
Gut, “der absolute Renner” dürfte das Video gewesen sein, weil die Leser unter der Überschrift “Schlägerei im Swiss-Airbus: Was wirklich geschah — Passagier filmte Chinesen, Augenzeugin spricht” vermutlich ein Video von einer ordentlichen Schlägerei erwartet hatten und nicht eines von Menschen, die nach einer Schlägerei (oder wonach auch immer, das geht aus dem Video nicht hervor) irgendwo rumstehen.
Aber darum soll es hier nicht gehen.
Ralph Grosse-Bley ist nämlich auch empört:
Im Lauf des Dienstags tauchte das Video dann auch auf der Website von 20 Minuten auf – mit einem Quellenhinweis auf eine zweifelhafte britische Website.
Wie geht das? Diese Website funktioniert ähnlich wie Youtube: Jeder kann aufschalten, was er will, zum Beispiel auch, was er gerade irgendwo im Internet geklaut hat. Etwa das exklusive BLICK-Video aus dem Swiss-Airbus.
Die Macher von “20 minuten.ch” finden das geklaute Video rein zufällig auf der britischen Website – und schon ist es bei ihnen online, mit Hinweis auf die zweifelhafte Website. Natürlich wissen sie, woher das Video in Wahrheit stammt, aber das spielt keine Rolle in der Online-ist-allesgratis-Philosophie.
Es sind Hehler, keine Journalisten. Hehler machen Geschäfte mit geklauter Ware. Journalisten recherchieren selbst.
Ja, diese verdammte Online-ist-allesgratis-Philosophie. Da kann Ralph Grosse-Bley sicherlich so einiges drüber berichten.
Zum Beispiel die Geschichte von Charley, dem Küken:
Das Video wurde zum YouTube-Hit und die Journalisten von blick.ch haben es offensichtlich bei YouTube heruntergeladen, mit ihrem Logo versehen und auf dem eigenen Server hochgeladen.
Oder dieses Video von einem Torwart-Tor aus der 2. Schweizer Liga:
Das ist ist “ein Hit” auf YouTube, “hat schon über 140’000 Klicks eingeheimst” — und läuft jetzt mit der Originalmusik und dem Logo von footmag.ch, nur ergänzt um das Logo von blick.ch auf blick.ch.
Oder der betrunkene russische Baggerfahrer:
Montag auf YouTube, heute bei blick.ch.
Oder dieser Beinahe-Unfall, bei dem offenbar sogar egal ist, wo er stattfand:
Vorher schon im Internet zu sehen gewesen.
Oder, ganz aktuell, die Schülerin, die ihren Lehrer tritt:
Das Video macht seit gestern auf LiveLeak und YouTube die Runde und ist heute schon bei blick.ch zu sehen.
Ja, dieses Internet. Jeder kann “aufschalten”, was er will, zum Beispiel auch, was er gerade irgendwo im Internet geklaut hat.
Mit Dank an André H.