Pünktlich zum Beginn des Sommerlochs der Sommerferien titelte die jüngste Ausgabe der “Bild am Sonntag”:
Er ist eine süße, versteckte Droge, die wir jeden Tag mit unserer Nahrung aufnehmen: Zucker! Inzwischen verzehrt jeder Deutsche rund 35 Kilo im Jahr. Denn in vielen Getränken und Lebensmitteln ist weit mehr Zucker, als wir vermuten.
Gut, so was erzählen Zahnärzte und Mütter seit Jahrzehnten. Jetzt sind es also die Enthüllungsjournalisten von der “BamS”, die dieser Zucker-Sache mal auf den Grund gehen:
Bild am Sonntag enthüllt, wie viel Zucker wirklich in unseren Lebensmitteln steckt.
Das hat allenfalls mittelgut geklappt.
Denn bei “Bild am Sonntag” haben sie gewürfelt:
BILD am SONNTAG hat 55 Lebensmittel auf ihren Zuckergehalt untersucht und in Zuckerwürfel umgerechnet.
Mit “untersucht” ist offenbar nichts anderes gemeint, als dass die Leute von “Bild am Sonntag” die Nährwert-Angaben von den Verpackungen abgelesen haben. Dabei haben sie festgestellt:
Die Ergebnisse (…) machen mitunter fassungslos.
In der Tat.
So sieht nach “Bild”-Umrechnung zum Beispiel der Zuckergehalt von Marmelade aus:
Über 60 Würfel! Im Gegensatz dazu wirkt das Nutella, das mit weniger als drei kleinen Würfelchen irgendwo zwischen Bauerntopf und Müsli auftaucht, geradezu gesund:
Allerdings liegt das nicht an der guten Milch und den Nüssen. Es liegt daran, dass die “Bild am Sonntag” völlig unterschiedliche Bezugsgrößen verwendet hat: Während sich der Zuckergehalt bei der Marmelade auf das ganze Glas bezieht, wird er bei Nutella nur für einen einzigen Esslöffel angegeben. Auf die gleiche Menge wie die Marmelade (350 Gramm) hochgerechnet, enthielte Nutella 65,3 Würfel Zucker, auf ein normales Nutella-Glas (450 Gramm) bezogen stolze 84. Damit wäre der bei “Bild” sonst so populäre Brotaufstrich mit Abstand das Produkt mit dem höchsten Zuckergehalt.
Überhaupt hat sich “Bild am Sonntag” große Mühe gegeben, die verschiedenen Produkte für den Leser möglichst schlecht vergleichbar zu gestalten: Da trifft “ein Glas Fanta” (0,25 Liter, 8 Würfel Zucker) auf eine “halbe Flasche Coca-Cola” (0,5 Liter, 17,7 Würfel) und “eine Flasche BioZisch von Voelkela Zitrone” (0,33 Liter, 9,3 Würfel), “ein Riegel Yogurette” (12,5 Gramm, 2,3 Würfel Zucker) auf “eine halbe Tüte Haribo Goldbären” (keine genauere Mengenangabe, 15,2 Würfel) und “ein Glas Apfelkompott von Spreewaldhof” (360 Gramm, 20,52 Würfel) und bei den Frühstücksflocken werden mal Portionen von 30, mal von 40 Gramm herangezogen.
Wenn Sie demnächst also im Freibad sitzen und eine Mutter beobachten, die ihrem Kind die Wassermelone (“133 Würfel Zucker”) aus der Hand schlägt und stattdessen ein Glas Nutella reicht, wissen Sie, woran das liegen könnte.
Mit Dank an Dennis K.