Wenn die Polizei Polizeifotos veröffentlicht und die “Bild”-Zeitung sie nachdruckt, schreibt sie für gewöhnlich dazu:
Haider-Details
“Bild” vom 27.10.2008:
- “Haiders Schuh: Der rechte Schuh der Edelmarke ‘Ludwig Reiter’ wurde aus dem Wagen geschleudert”
- “Haiders Brille: Das Gestell der Marke ‘Donna Karan’ liegt auf der Straße”
“BamS” vom 26.10.2008:
- “Ein schwarzer Schuh Haiders der Luxusmarke Ludwig Reiter sowie eine Brille (Donna Karan)…”
Außer am vergangenen Montag. Da druckte “Bild” mehrere sorgfältig beschriftete Detail-Fotos vom Autowrack und der Unfallstelle des tödlich verunglückten österreichischen Politikers Jörg Haider (siehe Kasten) und schrieb:
Mehr als zwei Wochen nach dem tödlichen Unfall wurden jetzt Bilder des Horror-Crashs veröffentlicht (…) Offizielle Beweisfotos — freigegeben von der Polizei.
Und die “Bild am Sonntag”, wo dieselben Fotos schon tags zuvor zu sehen waren, wurde fast noch deutlicher:
Die Polizei hat sie freigegeben. Fotos des Grauens vom völlig zerstörten Wrack (…).
In den Fotonachweisen jedoch sucht man den Hinweis auf die “Polizei” vergeblich.
Wie jetzt herauskam, ist das kein Wunder. Denn anders als von “Bild” und “BamS” behauptet, sind die Wrack-Fotos keine “offiziellen Beweisfotos” “aus dem Unfallbericht”: Ein Polizeibeamter hatte sie offenbar in der Unfallnacht mit seiner Privatkamera gemacht, anschließend verschiedenen Medien angeboten und auch verkauft. Erschienen sind sie nach Angaben der Nachrichtenagentur APA “bei einem österreichischen Nachrichtenmagazin” – aber vorgestern eben auch in der “Bild am Sonntag” sowie gestern in “Bild”.
Weil der (geständige) Polizeibeamte “widerrechtlich gehandelt” habe, wurde er nun suspendiert. Laut diepresse.com hat er sich “durch den Verkauf der Fotos nämlich der Verletzung des Amtsgeheimnisses schuldig gemacht, was ein Disziplinar- und höchstwahrscheinlich auch ein Gerichtsverfahren nach sich ziehen wird”.
Aber darüber werden ja “Bild” und “BamS” sicherlich auch zum nächstmöglichen Zeitpunkt berichten und nicht nur erklären, unter welchen Umständen sie an die privaten Aufnahmen des Polizisten gelangt sind, sondern auch, warum sie behaupteten, die Fotos seien offiziell.
P.S.: Auf oe24.at, dem Online-Angebot der Zeitung “Österreich”, wo die Fotos ebenfalls seit Sonntag zu sehen sind, heißt es perfiderweise unter der Überschrift “Polizei legt Bilder vom Unfalltod offen”: “Haiders Familie ist nun entsetzt darüber, dass die Bilder (…) ohne Rücksprache an die Öffentlichkeit weitergegeben wurden.”