Das eine Problem mit Franz Josef Wagner ist ja, dass man nie weiß, ob es nicht schon ein Fehler ist, sich überhaupt ernsthaft mit seinen Texten zu beschäftigen. Ob man ihm nicht unrecht tut, wenn man sich genauer anguckt, was ihm durch eine vermutlich nie beabsichtigte Verknüpfung verschiedener Gehirnregionen zufällig durch den Kopf schoss, als er gerade eine “Bild”-Kolumne verfasste. Ob sich nicht Wagners Briefe sachlicher Kritik entziehen.
Andererseits erreicht das, was Wagner schreibt, theoretisch elfeinhalb Millionen Menschen täglich. Macht man es sich da nicht zu leicht, wenn man jeden Irrglauben, den er verbreitet, jedes Vorurteil, jede Geschmacklosigkeit und jedes gefährliche Plädoyer einfach ignoriert — weil es ja “nur Wagner” ist, Wagner, der Wahnsinnige? Darf jemand, wenn er nur wirr genug denkt, einfach antiaufklärerisch jedes Ressentiment bedienen, ohne dass jemand Verantwortliches eingreift?
Heute jedenfalls schreibt Wagner an diejenigen, die durch den Wurf eines Holzklotzes von einer Autobahnbrücke eine junge Frau töteten. (Die “Bild”-Zeitung nennt diesen Unbekannten den “Brücken-Teufel” und beginnt ihren, äh: Bericht mit den Worten: “SIE JAGEN DICH UND SIE WERDEN DICH KRIEGEN, FEIGER BRÜCKEN-TEUFEL!”)
Und das andere Problem mit Franz Josef Wagner ist ja, dass man gar nicht wüsste, wo man anfangen sollte, um das ganze irrwitzige Verständnis von Strafe und Psychiatrie aufzuschlüsseln, das in und zwischen diesen wenigen Zeilen stecken — ein Irrwitz, dessen anti-aufklärerische und populistische Haltung bei Wagner selbst vielleicht aus seiner wirren Wut entsteht, aber aus Kalkül abgedruckt wird.
(Was auch immer “Bild” und Wagner mit dem letzten Satz sagen wollen.)