Okay, mal abgesehen davon, dass der TV-Moderator Reinhold Beckmann am Samstag in “Bild” “das deutsche Schulsystem” kritisieren durfte, hat das, was die “Bild”-Zeitung heute zur Titelgeschichte macht (siehe Ausriss), keinerlei Neuigkeitswert:
Schlampige Schulreformen und lausige Lehrpläne bedeuten für immer mehr Schüler brutalen Stress. (…) Hauptproblem ist das auf 12 Jahre verkürzte Abi (…) Und: Die Umsetzung treibt Schüler und Eltern in den Wahnsinn.
Und zur Veranschaulichung des “Wahnsinns” hat “Bild” eine kleine Textaufgabe in ihrer Berichterstattung versteckt. Sie lautet:
Nadia (…) macht das verkürzte Abi in 12 Jahren, (…) hat 31 Unterrichtsstunden/Woche, dazu kommen ca. 10 Stunden pro Woche für Hausaufgaben.
Und die (unausgesprochene) Frage ist natürlich: Wieviele Stunden paukt Nadia in der Woche?
Um’s ihren Lesern nicht allzu schwer zu machen, bietet “Bild” selbst zwei verschiedene Lösungvorschläge an.
Erstens (auf der Titelseite und im Kommentar):
Und zweitens (im “großen Report in BILD”):
Falsch ist beides. Weil nämlich Unterrichtsstunden hierzulande nur 45 Minuten dauern, kommt die kleine Nadia (nur) auf ca. 33 Stunden Lernen pro Woche*, also wahlweise 8 bzw. 17 Stunden weniger als “Bild” behauptet. Aber aus der Wahrheit hätte “Bild” womöglich keine so schöne Schlagzeile machen können…
*) Wie “Bild” auf die Zahl 50 kommt, wird den “Bild”-Lesern heute nirgends verraten. Vermutlich aber stammt sie aus der Samstags-Ausgabe von “Bild”. Dort hieß es über die 16-jährige Schülerin Claudia, dass sie “bis zu 50 Stunden in der Woche” lerne. Doch auch dort waren’s bei genauerem Hinschauen – inklusive “Zusatzkurs” (1,5 Stunden) und sonntägliches “Klausuren und Referate vorbereiten, lernen” (6 Stunden) – “nur” bis zu 41 Stunden. Wie großzügig man vorgehen muss, um am Ende tatsächlich die sagenhaften 50 Stunden zusammenzukratzen, hat immerhin der “Münchner Merkur” schon mal vorgemacht – übrigens vor knapp einem Jahr.
Mit Dank auch an die Hinweisgeber.