
“Bild” selbst ist auch ganz begeistert und lässt die eigene Aktion von Ersatz-Chefredakteur Bob Geldof als “historische BILD-Ausgabe” feiern, die eine “einmalige Koalition aus Künstlern, Unternehmern, Politikern, Journalisten, Sportlern, Staatsmännern und den Völkern aller Nationen” versammelt habe. Sogar der amerikanische Präsident George W. Bush scheint Teil dieser Koalition zu sein und eigens für die Afrika-Ausgabe einen Gastbeitrag geschrieben zu haben:
Auch eine solche womöglich gut gemeinte Sonderausgabe ist für “Bild” also kein Grund, plötzlich wahrhaftig zu berichten, denn Bushs Text ist alles andere als “exklusiv”. Es handelt sich um eine Rede, die George W. Bush am Mittwochmittag (Ortszeit) im Rosengarten des Weißen Hauses vor Journalisten gehalten hat — in einer gekürzten, übersetzten und mit Flüchtigkeitsfehlern durchsetzten Version.
Zum Vergleich:
| Bushs Rede | Bush “exklusiv” in “Bild” |
| When I took office, an HIV diagnosis in Africa’s poorest communities was usually a death sentence. Parents watched their babies die needlessly because local clinics lacked effective treatments. | Als ich mein Amt antrat, war eine HIV-Infektion in Afrikas ärmsten Gemeinden ein Todesurteil. Eltern mussten zusehen, wie ihre Babies einen unnötigen Tod starben, weil die örtlichen Kliniken keine wirkungsvollen Behandlungen anbieten konnten. |
| This modern-day plague robbed Africa and other countries of the hope of progress, and threatened to push many communities toward chaos.
The United States has responded vigorously to this crisis. |
Diese moderne Plage raubte Afrika und anderen Ländern ihre Hoffnung auf Fortschritt und drohte viele Gemeinschaften ins Chaos zu stürzen. Wir reagieren mit aller Macht auf diese Katastrophe. |
| usw. | usf. |

Wegen dieses Erfolges beantrage ich beim amerikanischen Kongreß [sic], dass die Anstrengungen im Kampf gegen die Plage HIV/Aids verdoppelt werden und zusätzliche 30 Milliarden Dollar für die Prävention, Behandlung und Nachsorge von HIV/Aids in den nächsten 5 Jahren zu genehmigen. (…)
Soviel Hilfe gab es noch nie und diese Hilfe ist die größte Zusage die je eine Nation im Kampf gegen eine einzelne Seuche in der Geschichte der Menschheit gemacht hat.
Kritiker relativieren diese Superlative. Sie weisen zum Beispiel darauf hin, dass die Zahl der Patienten, die von den amerikanischen Hilfen profitieren, gegenüber dem bereits bestehenden Programm nur leicht steigen würde — prozentual entspräche das sogar einem Rückgang. Und von einer “Verdoppelung” der Ausgaben zu sprechen, wie Bush es tut, sei ohnehin irreführend.
Darüber kann man natürlich streiten. Aber man kann es nicht, wenn man ohne jede journalistische Einordnung einfach eine Presseerklärung des amerikanischen Präsidenten unter der Überschrift “US-Präsident George W. Bush exklusiv in BILD: Soviel Hilfe gegen Aids gab es noch nie!” abdruckt.
PS: “Spiegel Online” sieht in der Afrika-“Bild” einen Beweis dafür, “wie rasch moralische Beweggründe sich in einen wohlfeilen Moralismus verwandeln können, der in verlogenem Kitsch und objektivem Zynismus endet”.
