Es war eine “tolle Fahrt in einem Doppelstockbus”, bevor die Reporterin das Schiff bestieg. Dort ist dann alles “supertoll, weil alles leuchtet und glänzt und die Treppenstufen mit Glitzersteinen verziert sind”. Der Balkon in der Kabine war “toll”, die Büffets “sehr lecker”, der Kellner “sehr lustig” und die Shows im Bord-Theater “toll”.
Klar, dass ihr Fazit über die Mittelmeer-Kreuzfahrt mit der “MSC Fantasia” da lautet:
Ich fand die Reise mit diesem großen Schiff toll, vor allem, weil ich so gerne auf das Meer schaue.
Was die Reisereportage im “Münchner Merkur” von dem Lobhudel-Journalismus unterscheidet, den man sonst im Bezug auf Kreuzfahrten leider schon fast gewohnt ist, ist die Autorin: Heidi ist erst elf Jahre alt und als “Kinderreporterin” im Einsatz.
Oder wie es der “Merkur” ausdrückt:
Immer, wenn Ferien sind, schicken wir die Kinderreporter los, damit sie uns von den Reisezielen dieser Welt berichten. In diesem Jahr geht es um Kreuzfahrten.
Weil wir wissen wollten, was das bedeutet, haben wir beim “Münchner Merkur” nachgefragt. Die Redaktion erklärt uns, dass im Frühjahr Reisen ausgelobt würden, “für die sich die Kinder ganz offiziell bewerben können.”
Aus allen Bewerbungen wählt ein Team aus Redakteuren die jeweiligen Reporter nach Eignung und Fähigkeit aus. Die Reisen werden natürlich, das ist auch bei professionellen und hauptberuflichen Reisereportern meistens der Fall, von Veranstaltern unterstützt, was der Objektivität der Berichterstattung allerdings nicht im Wege steht. Von den Kindern (sie sind in keinem Fall mit einem Redaktionsmitglied verwandt oder sonstwie verbunden) wird keine positive Berichterstattung erwartet.
Man kann es einem elfjährigen Mädchen nicht übel nehmen, dass sie von einer Kreuzfahrt (mutmaßlich ihrer ersten) begeistert ist und letztlich alles – mit Ausnahme von Neapel (dreckig) und Landausflügen (teuer) – “toll” findet. Aber wenn der “Merkur” ihren euphorischen Text über die “MSC Fantasia” abdruckt und im Internet gleich die Website verlinkt, auf der man die Reise buchen kann, ist das vermutlich effektiver als jede offizielle Anzeige, die die Reederei hätte schalten können.
Mit Dank an Hans P.