Auf “Spiegel Online” steht seit Dienstag ein siebenteiliger Artikel über ein Großprojekt, mit dem im Mittelmeerraum Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen werden soll. Es ist ein erstaunlich positiver Artikel, bei dem der Teil “Kritik” einigermaßen pflichtschuldig drangeklatscht aussieht. Aber darum soll es gar nicht gehen:
Unter der Teilüberschrift “Wie der Strom transportiert wird” findet sich eine Passage über Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ), ein Verfahren, mit dem der in Nordafrika produzierte Strom nach Europa geschafft werden soll.
Eine erprobte Technik, wie “Spiegel Online” weiß:
Die Firma ABB verlegt seit Jahren sowohl unterseeisch als auch an Land HGÜ-Kabel. “Bei dem Norned-Projekt haben wir in 410 Metern Tiefe ein 580 Kilometer langes Kabel zwischen Norwegen und den Niederlanden gelegt”, sagt Günther Stark, Leiter des Fachvertriebs für den Bereich elektrische Netze bei ABB Deutschland. Die Aktion dauerte zwei Wochen und kostete 600 Millionen Euro. Das elf Zentimeter dicke Kabel verbindet seither die Stromnetze beider Länder.
(Link im Original)
Über diesem Text, in dem der Schweizer Elektrotechnikkonzern Asea Brown Boveri (ABB) erwähnt wird, und über allen anderen Texten dieser Artikelserie findet sich ein kleiner Hinweis:
“Powered by …”?
Chefredakteur Rüdiger Ditz erklärt uns, es handele sich um eine Werbeform, die Werbekunden die Möglichkeit biete, “seine Banner in einem Themenfeld exklusiv zu platzieren”. Seit dem Relaunch im August gebe es bei “Spiegel Online” “Tausende Themenseiten”, deren Inhalte alle rein redaktionell seien. Von diesen Tausenden Seiten sind ein paar “powered by”.
Dass ein Text, in dem es unter anderem um ABB gehe, auch in dem Themengebiet “Erneuerbare Energien” erscheine, das “powered by ABB” ist, ist laut Ditz “purer Zufall, weil der Redakteur oder Ressortleiter der Ansicht war, sein Text passe am besten in das Thema ‘Erneuerbare Energien’.” Der selbe Text sei im Übrigen ja auch noch zu anderen Themengebieten (wie “Solarenergie”, “Kopenhagen-Konferenz”, “Klimawandel”) zugeordnet.
Auf die Frage, ob der Ruf von “Spiegel Online” aufgrund solcher “Zufälle” nicht Schaden nehmen (oder “absaufen”) könne, schreibt Ditz:
Auf allen powered-by-Seiten stehen redaktionell unabhängige Texte. In den vergangenen Jahren war der Ruf von SPIEGEL ONLINE durch diese Praxis nicht berührt, deshalb sehe ich nicht, warum er künftig dadurch gefährdet sein sollte.