(Aus den “journalistischen Leitlinien” der Axel-Springer-AG.)
Martin S. Lambeck schreibt heute in seiner “Bild am Sonntag”-Kolumne:
Tiernamen haben in der Politik Konjunktur! Arbeitsminister Franz Müntefering prägte in seiner Zeit als SPD-Chef für bestimmte Investmentfonds den Begriff “Heuschrecken”. Doch am Mittwoch kam es noch schlimmer! Hamburgs Ex-Bürgermeister und Bundestagsabgeordnete Ortwin Runde (SPD) bezeichnet Geldanleger neuerdings als “Kakerlaken”! Es geht dabei um Investoren, die mit Immobilienbesitz an die Börse wollen (sogenannte REITs). Runde meint, das seien “Kakerlaken in den Wohnungen”.
Klingt nach einem Verstoß gegen das Gebot “Du sollst Menschen keine Tiernamen geben”. Ist aber ein Verstoß gegen das Gebot “Du sollst Zitate nicht sinnentstellend aus dem Zusammenhang reißen”.
Gesagt hat Runde der “taz” am Mittwoch* nämlich dies:
Bei REITs besteht die Gefahr von Immobilienblasen. Deutschlands Mietwohnungen könnten zum Zielgebiet von internationalen Finanzstrategen werden, die maximale Renditen erzielen wollen. Wohnumfeld oder soziale Mischung interessieren dann nicht mehr. Wir müssen aufpassen, dass wir nach den Heuschrecken nicht die Kakerlaken in die Wohnungen lassen.
Der Politiker bezeichnet als “Kakerlaken” also nicht die Investoren, sondern die Kakerlaken. Er meint, ähnlich wie der Deutsche Mieterbund: Die “Heuschrecken” (also die Investoren) könnten durch ihre Fixierung auf maximale Gewinne dafür sorgen, dass Wohngebiete verwahrlosen.
War das wirklich für Martin S. Lambeck zu schwer zu verstehen?
*) Nachtrag/Korrektur, 17. April. Das “taz”-Interview mit Runde ist nicht an diesem Mittwoch erschienen, sondern bereits am 25. Januar. Seitdem ist es u.a. von der REITs-Lobby auf die gleiche, unzulässige Art verkürzt worden wie von Lambeck. Die Zeitung “Euro am Sonntag” behauptet, Runde habe von “Kakerlaken vor der Tür” gesprochen. Das ist vermutlich schlicht falsch: Ein Papier Rundes zum Thema [pdf] trägt den Titel “Heuschrecken vor der Tür?” Wie “Bild am Sonntag”-Kolumnist Lambeck darauf kommt, Runde habe konkret am Mittwoch der vergangenen Woche von “Heuschrecken in den Wohnungen” gesprochen, wissen wir nicht.