Auf interessante Widersprüche stößt, wer den Fehler macht, sich auf Bild.de über die neuen Regeln beim Eurovision Song Contest informieren zu wollen. Einerseits heißt es da:
Gegen die Stimmen-Schacherei. (…)
Wird der Schlager-Grand-Prix endlich wieder ein fairer Wettbewerb? (…)
Weil sich die osteuropäischen Länder frech die Punkte zuschoben, landete unser Sänger Roger Cicero (36) in Helsinki nur auf Platz 19.
Die Stimmen-Mafia aus dem Osten soll jetzt mit neuen Regeln gestoppt werden.
Und andererseits steht im selben Artikel:
Massive, von unabhängigen Experten aber zurückgewiesene, Kritik kam aus westeuropäischen Ländern auch, weil der Wettbewerb angeblich durch das gegenseitige “Zuschanzen” von Punkten innerhalb der osteuropäischen Länder für die westeuropäischen Teilnehmer nicht mehr zu gewinnen sei.
(Alle Hervorhebungen von uns.)
Der Widerspruch lässt sich leicht erklären: Das zweite Zitat stammt wörtlich aus einer dpa-Meldung, die den Kern des Artikels bildet. Um daraus eine Bild.de-Meldung zu machen, haben die Autoren einfach den Unsinn vom unfairen Wettbewerb und einer Ost-“Mafia” dazu geschrieben.
An der Dominanz der osteuropäischen Länder in diesem Jahr hätte sich, wie berichtet, fast nichts geändert, wenn nur westeuropäische Länder hätten abstimmen dürfen. Und in den beiden Vorjahren hatten keine Länder des ehemaligen Ostblocks gewonnen.
Auch der letzte Satz des Bild.de-Artikels stammt nicht von den Agenturen. Er lautet:
Die neuen Regeln beim Grand Prix lassen nun hoffen, das auch wir endlich wieder eine faire Chance haben, den Wettbewerb zu gewinnen.
Lassen sie das? Die Änderungen betreffen fast ausschließlich die Qualifikation für das Finale. In diesem Jahr hatten sich dabei nur osteuropäische Länder durchsetzen können. NDR-Redakteur Manfred Witt erklärt die Änderungen deshalb so: “Das ist ein Versuch, das Finale ausgeglichener zu besetzen.” Deutschland ist aber ohnehin — wie bisher — für das Finale gesetzt. An “unseren” Chancen werden die neuen Regeln also vermutlich wenig ändern.