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Das Ende der Welt

Wow.

Von allen übergeigten “Bild”-Überschriften der letzten Jahre ist dies vermutlich die übergeigteste:
Nasa: Weltuntergang in 96 Jahren

In der gedruckten Ausgabe steht am Ende der Überschrift wenigstens noch ein Fragezeichen:
Nasa hat errechnet: Weltuntergang in 96 Jahren?

Und bevor wir ins Detail gehen, sollten wir vielleicht zur Beruhigung schnell sagen: Die Nasa geht keineswegs davon aus, dass am 4. Mai 2102 die Welt untergeht. Sie geht sogar ausdrücklich davon aus, dass am 4. Mai 2102 die Welt nicht untergeht.

Mit erstaunlichem Mut zur Lüge erzählt der Londoner “Bild”-Korrespondent Peter Michalski ein apokalyptisches Märchen und schafft es dabei, den Sinn fast sämtlicher Tatsachen und Zitate ins Gegenteil zu verkehren. Sein Artikel beginnt mit den Worten:

Seine Sprengkraft entspricht allen Kernwaffen, die es auf der Erde gibt. Sein Ziel scheint eindeutig: Ein riesiger Asteroid ist unterwegs zu unserem Planeten. Am 4. Mai 2102, befürchtet die Nasa, schlägt er ein. So ihre Berechnungen.

Nein. Sein Ziel ist alles andere als eindeutig. Und die Berechnungen der Nasa sagen, dass der keineswegs “riesige” Asteroid “2004 VD17” die Erde mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,93 Prozent nicht treffen wird.

“Bild” schreibt:

Die Kollisionsgefahr hat sich verdreifacht. Die Nasa ordnete ihn als bisher einzigen Himmelskörper der Gefahrenstufe Gelb zu!

Falsch. Im Dezember 2004 wurde der Asteroid Apophis ebenfalls dieser Gefahrenstufe zugeordnet. Ein halbes Jahr später konstruierte “Bild” daraus ein höchst irreführendes Stück mit der Schlagzeile: “Geht am Freitag den 13. April 2029 die Welt unter?”

“Bild” hält sich auch diesmal nicht damit auf, zu erklären, was die “Gefahrenstufe Gelb” bedeutet. Die entsprechende Torino-Skala geht von 0 bis 10. “Apophis” erreichte Ende 2004 vorübergehend Stufe 4. Der Asteroid, um den es jetzt geht, steht nun nicht mehr auf 1, sondern auf 2. Stufe 2 bedeutet:

(…) there is no cause for public attention or public concern as an actual collision is very unlikely. New telescopic observations very likely will lead to re-assignment to Level 0.

(Es gibt keinen Anlass für öffentliche Aufmerksamkeit oder öffentliche Beunruhigung, denn eine tatsächliche Kollision ist sehr unwahrscheinlich. Neue Beobachtungen mit Teleskopen werden sehr wahrscheinlich zu einer Rückstufung auf Stufe 0 führen.)

Kein Anlass für öffentliche Aufmerksamkeit? Das weiß “Bild” aber besser:

Ein Einschlag hätte die Gewalt eines Erdbebens mit Stärke 7,4. Würde er in Berlin aufschlagen, gäbe es einen riesigen Krater: Zehn Kilometer breit, 530 Meter tief. Der Feuerball würde Bäume im Umkreis von 100 Kilometern in Brand setzen, unzählige Menschen töten.

Die Druckwelle wäre so stark, daß sie bis nach Hamburg (250 Kilometer entfernt) reichen und dort große Gebäude einstürzen lassen würde. Die Langzeitfolge wäre nuklearer Winter: Dunkelheit und Kälte durch aufgewirbelten Staub.

Die Kratergröße und der Erdbebenvergleich finden sich auch in seriösen Quellen. Aber wie kommt “Bild” darauf, dass dem Einschlag ein “nuklearer Winter” folgen würde? Die Wirkungen von Asteroiden-Einschlägen sind schwer vorherzusagen, aber Journalisten, die sich damit beschäftigt haben, sagen im Gegenteil: “2004 VD17” sei “nicht groß genug, um weltweite Verwüstungen anzurichten”, sondern könne höchstens erhebliche regionale Schäden verursachen.

Die einzige andere Quelle, die wir gefunden haben, die nach dem (sehr, sehr unwahrscheinlichen) Einschlag dieses Asteroiden einen “nuklearen Winter” heraufziehen sieht, ist die britische Boulevardzeitung “The Sun”. Die hatte schon am Freitag das bevorstehende “Ende der Welt” vorhergesagt. Der “Bild”-Artikel liest sich über weite Strecken, als ob ihr Autor, der wie gesagt in London sitzt, die “Sun”-Geschichte fast wörtlich übersetzt und auf deutsche Verhältnisse übertragen hätte.

Ahnung vom Thema scheint er nicht zu haben, denn er schreibt weiter:

Jüngste Schätzung des Treffer-Risikos: 1600 zu 1.

Nein, umgekehrt: 1 zu 1600. Oder 0,06 Prozent.

Und am Ende verleiht die “Bild”-Zeitung ihrem Märchen noch die nötige Schein-Glaubwürdigkeit und zitiert zwei Wissenschaftler:

Andrea Milani Comparetti von der Uni Pisa: “Ein echtes Problem – aber nicht für unsere Generation.” Nasa-Experte Dr. David Morrison setzt auf Hoffnung: “Zum Glück bleiben uns noch fast 100 Jahre.”

“Bild” hat Morrisons Zitat gekürzt. Im Original sagt er noch:

“This should provide ample time to refine the orbit and, most probably, determine that the asteroid will miss the Earth.”

(Das sollte uns genügend Zeit geben, die Umlaufbahn genauer zu bestimmen und, höchstwahrscheinlich, festzustellen, dass der Asteroid die Erde verpassen wird.)

Gegenüber dem “New Scientist” fügte der Wissenschaftler hinzu:

“We’re more likely to be hit between now and then by an object that we don’t know about.”

(Es ist wahrscheinlicher, dass wir bis dahin von einem Objekt getroffen werden, das wir noch gar nicht kennen.)

Oh je. Auf der Grundlage dieses Zitates könnte sich die “Bild”-Zeitung versucht fühlen, morgen zu titeln: Weltuntergang nicht einmal mehr 96 Jahre entfernt!

PS: Es gab schon vor zweieinhalb Jahren ähnliche Weltuntergangs-Szenarien aufgrund eines Asteroiden, weltweit und natürlich in “Bild”. Die Wissenschaftler waren danach so entsetzt über die absurde Panikmache der Medien, dass sie über eine völlige Abschaffung der Torino-Skala nachdachten.

Danke auch an Martin W., Michael E. und Axel B.!

Nachtrag, 13.10 Uhr. Auch Bild.de hat jetzt immerhin ein Fragezeichen hinter die Worte “Nasa: Weltuntergang in 96 Jahren” gesetzt. Sämtliche Fehler und irreführenden Behauptungen sind aber natürlich im Text geblieben.

Nachtrag, 18.25 Uhr. Die Schweizer Boulevardzeitung “Blick” hielt es für klug, die Falschmeldung von “Bild” zu übernehmen — nicht ohne sie um ein paar besonders abwegige Formulierungen ergänzt zu haben (“rast … exakt auf unsere Erde zu: ein riesiger Asteroid”).

“Bild” entdeckt den idealen Urlaubsort

Astronomen der Nasa haben in knapp 150 Lichtjahren Entfernung erstaunlicherweise einen Planeten in einem System aus drei Sonnen entdeckt, aber eines der größten Rätsel des Universums ist immer noch ungelöst: Warum es der größten deutschen Tageszeitung nicht gelingen will, Artikel über astronomische Themen zu veröffentlichen, die auch nur grob annähernd den Tatsachen entsprechen.

Es wäre eigentlich nicht so schwer. Denn eigentlich sagt die Nasa zu dem Bild aus dem Sonnensystem “HD 188753”, das sie verbreitet, alles, was man wissen muss: Dass es sich um die Illustration eines Künstlers handelt, zum Beispiel. Und dass die Landschaft, die das Bild zeigt, die eines hypothetischen Mondes ist, der um den neu entdeckten Planeten kreist. Der Planet selbst ist die rosafarbene Kugel links oben, es handelt sich um einen Gasriesen.

So schön strahlt der 3-Sonnen-PlanetMan hätte das alles nur lesen und abschreiben müssen. “Bild” aber nennt die Illustration ein “Foto”. “Bild” verwechselt den hypothetischen Mond mit dem Gasriesen selbst und tut so, als sei dessen Felswüste die attraktive Oberfläche des Planeten. “Bild” verwechselt den Namen des Planeten mit dem des Sonnensystems. (Und am Zeitdruck kann es nicht gelegen haben: Die Nachrichtenagentur dpa berichtete — schön auf deutsch — schon am 13. Juli; bei Spiegel Online steht die Geschichte auch schon seit zehn Tagen.)

Und dann strickt “Bild”-Redakteur Attila Albert noch eine lange, fantastische Geschichte darüber, wie es wäre, auf diesem Planeten zu leben:

Es wäre der ideale Urlaubsort. (…)

Am Strand müßte sich keiner ärgern, daß eine Seite verbrannt und die andere blaß ist. Die drei Sonnen bräunen Sie ganz gleichmäßig, besser als im Solarium. (…)

Wer Blumen züchtet, müßte sich nicht mehr über krumme Stiele ärgern. (…)

Nie schlechtes Wetter! Bei drei Sonnen ist es auf dem neuentdeckten Planeten jeden Tag hell und warm.

“Warm” ist ein interessanter Begriff in diesem Zusammenhang. Die Temperaturen auf dem Planeten werden auf rund 1000 Grad Celsius geschätzt.

neu  

“Bild” rühmt Scientology-Organisation

Eigentlich sollte der Name “Scientology” bekannt genug sein, um jeden Journalisten zu warnen. Um ihn dazu zu bringen, ein bisschen zu recherchieren, bevor er sich auf ein “exklusives” Interview mit einem bekennenden Scientology-Mitglied einlässt. Damit er nicht durch Unbedarftheit Teil der PR-Maschine einer Organisation wird, die laut Verfassungsschutz ein “gut funktionierendes Unternehmen” ist, “das vor allem das rücksichtslose Gewinnstreben zur Handlungsmaxime erklärt hat und auch danach verfährt” und dessen Praktiken nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes 1995 als “menschenverachtend” und für Betroffene “gesundheitsgefährdend” zu werten sind.

“Bild”-Reporter Norbert Körzdörfer hätte vor seinem Besuch bei Tom Cruise nicht viel im Internet recherchieren müssen, um das herauszufinden. Er hätte auch in irgendeinem Archiv nachlesen können, was von der Organisation “Narconon” zu halten ist, deren Center in Oklahoma er mit Cruise besuchte — Körzdörfer nennt es treuherzig ein “Drogen-Rehabilitationszentrum”.

Der “Spiegel” berichtete 1991:

Die geschäftstüchtige Scientology-Sekte verdient zunehmend am Elend von Süchtigen. Der Tarnverein Narconon bietet eine Therapie an, die nach Ansicht von Suchtexperten und Fachärzten nicht nur nutzlos, sondern auch gesundheitsschädlich ist. Ehemalige Narconon-Patienten sprechen von folterähnlichen Ritualen. (…)

Mit untauglichen Methoden versuchen sich Anhänger der weltweiten Psycho-Sekte Scientology (…) im Rauschmittel-Entzug. Das Ergebnis ist meist nur neue Abhängigkeit: Statt Koks oder Heroin verabreicht Narconon die Seelen-Droge Scientology.

Die “FAZ” zitierte 1997 den Bayerischen Innenminister Günther Beckstein:

(…) die [Scientology-]Unterorganisation “Narconon” behaupte, jungen Rauschgiftabhängigen helfen zu können. In Wirklichkeit gehe es darum, die Eltern auszubeuten, sie und ihre Kinder aber einfach fallenzulassen, wenn kein Geld mehr da sei.

Die “Welt”, eine Schwesterzeitung von “Bild”, schrieb 2002, dass der Berliner Drogenbeauftragte bereits 1978 “eindringlich vor Narconon” gewarnt habe:

So bestehe unter anderem die “Gefahr einer irrationalen Anpassung an die hausinterne Hierarchie” des Programms.

Und als der “Spiegel” am 25. April 2005 ein Interview mit Tom Cruise führte (englische Version), kam es zu folgendem Wortwechsel:

Cruise: Ich bin ein Helfer. Ich selbst habe zum Beispiel Hunderten Leuten geholfen, von Drogen loszukommen. Wir bei Scientology haben das einzig erfolgreiche Drogen-Rehabilitationsprogramm der Welt. Es heißt Narconon.

SPIEGEL: Das stimmt nicht. Unter den anerkannten Entzugsverfahren taucht Ihres nirgends auf; unabhängige Mediziner warnen davor, weil es auf Pseudowissenschaft beruhe.

Cruise: Sie verstehen nicht, was ich sage. Es ist eine statistisch erwiesene Tatsache, dass es nur ein erfolgreiches Drogen-Rehabilitationsprogramm gibt in der Welt. Punkt.

SPIEGEL: Bei allem Respekt: Wir bezweifeln das, Mr. Cruise.

Nun aber durfte “Bild”-Reporter Norbert Körzdörfer Tom Cruise besuchen — “exklusiv. Live. In Amerika.” Schon vor zwei Wochen ließ er sich glücklich mit Cruise fotografieren (siehe Ausrisse) und schwärmte außerordentlich vom Treffen mit dem “begehrtesten Mann des Planeten”, dem “Star der Stars, Hollywoods Nr. 1”, einer “Ikone der Jetzt-Zeit”, “mit einer Aura emotionaler Intelligenz”. Jetzt nennt Körzdörfer Cruise u.a. “Ein Mann! Eine Ikone!”, “Hollywoods Mega-Star Nr. 1”, “Mega-Weltstar Nr. 1”, “Mehr Mensch als Star”, “den ‘5-Milliarden-Dollar-Mann’ (Einspielergebnisse)”:

Er kämpft als Vater, Star – und “Scientologe” – gegen Psychopillen für Schüler, gegen Drogen, gegen Kriminalität!

Nur in einer Klammer schreibt Körzdörfer, dass Scientology “in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet” wird — erklärt aber nicht einmal im Ansatz, warum das so ist und was Scientology überhaupt ist. Dann zitiert Körzdörfer Cruise mit den Worten: “Ich will das Richtige tun. Ich will helfen! Komm mit!” Der Artikel geht wie folgt weiter:

Tom schlüpft in seine beige „Belstaff“-Lederjacke. Ein Jeep bringt uns zum “Narconon”-Center (Drogen-Rehabilitationszentrum).

Tom führt mich. Tom zeigt die Krankenzimmer. Die Helfer. Und die traurigen Augen der Patienten, die freiwillig gekommen sind, um aus ihrer eigenen Drogenhölle auszubrechen.

Diese Augen lächeln, wenn sie Tom Cruise sehen: “80 Prozent dieser Menschen schaffen es, die Drogen zu besiegen… ”

Tom schreitet wie ein Cowboy durch diese Gänge der schmerzenden Hoffnung. Seine Körpersprache atmet Demut. Er lauscht. Ernst. Er preßt seine Lippen zusammen. Er nickt. Er ballt die Faust: “Ihr schafft das!” Seine Augen lächeln zurück.

Tom ist kein Gott. Er ist verdammt menschlich. Er ist der Action-Star seines eigenen Lebens – live: “Es gibt so viel Leid! Ich muß helfen. Wenn ich am Ende des Tages meine Kinder sehe, will ich etwas Gutes getan haben…”

Man könnte nun staunen über die Naivität des “Bild”-Reporters, wenn da nicht ein Wort in diesem Text wäre, das darauf hindeuten könnte, dass er die Vorwürfe gegen “Narconon” sehr wohl kennt. Es ist das scheinbar überflüssige Wort “freiwillig” in dem Satz: “Und die traurigen Augen der Patienten, die freiwillig gekommen sind, um aus ihrer eigenen Drogenhölle auszubrechen.” Man könnte auf den Gedanken kommen, dass Körzdörfer nicht versehentlich, sondern wissentlich Werbung für Scientology macht.

Wir haben die “Bild”-Zeitung heute gegen 14 Uhr um eine Stellungnahme gebeten, aber bislang keine Antwort erhalten. Weiterführende kritische Auseinandersetzungen mit “Narconon” finden sich hier, hier, hier und hier. Danke an Jan T. und andere Hinweisgeber.

Nachtrag 28. Juni. Übrigens hatte auch Christiane F. (“Wir Kinder vom Bahnhof Zoo”) Narconon-Erfahrungen.

Alle Hervorhebungen in den Zitaten von uns.

Symbolfoto X

“Bild” versteht es nicht: Planeten außerhalb unseres Sonnensystems lassen sich nicht nur außerordentlich schwer nachweisen, sie lassen sich auch noch schlechter fotografieren. Erstens, weil sie ziemlich weit entfernt sind, und zweitens werden sie von einem sonnenähnlichen Stern, den sie umkreisen, überstrahlt. Deshalb gibt es auch keine wirklich guten Bilder von ihnen. (Es gibt überhaupt erst ein bestätigtes Foto eines extrasolaren Planeten).

“Bild” allerdings hat auf Seite eins der heutigen Ausgabe und online ein gestochen scharfes “Foto” eines “Cousins unserer Erde” (siehe obigen Ausriss) — das, anders als “Bild” im Text behauptet, gar kein Foto ist, sondern eine künstlerische Darstellung des erdähnlichen Planeten Gliese 876 d.

Auf einem Foto (sofern es möglich wäre, eins zu machen) sähe Gliese 876 d wahrscheinlich ungefähr so aus — vielleicht aber auch ganz anders und bestimmt nicht so schön rund:


Darstellung von BILDblog

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Jan W.

Ist hier irgendwo Geist?

“Bild” schreibt groß über die Entdeckung von Licht ferner Planeten und macht daraus einen gewaltigen Aufmacher. Vielleicht hätten sie jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt.

Es ist einer dieser “Bild”-Artikel, bei denen man gar nicht weiß, ob man wirklich versuchen soll, all die Fehler im einzelnen aufzudröseln, oder es beim pauschalen: “Alles Humbug!” belassen soll. Versuchen wir’s.

Erster Blick in die Unendlichkeit

Es fängt an mit dem Bild. Nein, so hat man ihn nicht gesehen, den fernen Planeten, dessen Licht gerade erstmals gemessen werden konnte. So sieht er auch nicht aus. Das Bild ist eine künstlerische Darstellung der Nasa, wie ein Stern und ein ihn eng umkreisender Planet von der Nähe aussehen könnten, und zwar nicht im normalen Licht, sondern in Infrarotlicht. Es ist ein Modell, ein Symbolbild, wie aus der Veröffentlichung der Nasa deutlich hervorgeht. Nur “Bild” hat das ignoriert überlesen.

Und was schreibt “Bild” treuherzig unter die Abbildung?

Feuerrot umkreist der neue Planet seine Riesensonne.

Nein, tut er nicht. Graubeige sähe er vermutlich aus (wenn man ihn sehen könnte). Und was an dem Planeten “neu” ist, weiß “Bild” allein. Von seiner Existenz wussten die Forscher jedenfalls vorher schon.

Der Autor des “Bild”-Textes hat nicht im Ansatz verstanden, was das Besondere an der Entdeckung der Astronomen ist: Erstmals wurde die Wärmestrahlung, das Infrarotlicht von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems gemessen. Der Durchbruch besteht nicht darin, dass man Himmelskörper entdeckt hat, die besonders weit von uns entfernt sind, sondern dass es sich um Planeten handelt, nicht um Sterne. Und was schreibt “Bild”?

Menschheit gelingt erster Blick in die Unendlichkeit

Humbug. Die beiden beobachteten Planeten sind rund 150 bzw. 500 Lichtjahre von uns entfernt. Wenn das die Unendlichkeit ist, hat fast jeder von uns schon diverse “Blicke in die Unendlichkeit” getan, und das mit bloßem Auge: Der helle Polarstern zum Beispiel ist 430 Lichtjahre von uns entfernt.

Weiter bei “Bild”:

Astronomen haben erstmals mit dem supermodernen “Spitzer Weltraumteleskop” (es ist mit Infrarotkameras ausgerüstet) das Licht fremder Welten außerhalb unseres Sonnensystems eingefangen.

Was für ein Quatsch. Das “Licht fremder Welten außerhalb unseres Sonnensystems” kennt jedes Kind. Es nennt es Sternenhimmel.

Am besten an dem “Artikel” ist allerdings die Frage:

Ist hier irgendwo Gott?

Genau: Auf irgendeinem Planeten ein paar Hundert Lichtjahre von uns entfernt sitzt Gott. Vielleicht sollte die “Bild”-Chefredaktion da beim nächsten Besuch beim Papst doch noch einmal genauer nachfragen.

(Fundiertere Berichte zum Thema stehen z.B. hier, hier, hier und hier.)

Nichts Welt bewegendes passiert


Das klingt ja schrecklich! Und was wird dann aus uns Menschen?

Unser blauer Planet – rauben ihm jetzt Ur-Kräfte des Weltalls die Balance? Droht Chaos?
Alarmsignale:
Die Erdachse kippt. (…) Noch rechnen Forscher “nur” mit einer Achs-Kippung von 0,4 Grad, in Millionen Jahren.

Und wenn’s doch schneller geht? Auf die Frage hat “Bild” sich offenbar von dem Forscher Jacques Laskar erzählen lassen:

“Das Verhalten unseres Planeten ist chaotisch, nicht berechenbar”.

So was ähnliches steht auch im ersten Absatz der dem “Bild”-Artikel zu Grunde liegenden Untersuchung, allerdings in anderem Zusammenhang. Und eigentlich rechnen Forscher damit, dass diese 0,4 Grad bereits eine ungewöhnlich rasant ablaufende “Achs-Kippung” darstellen.

Ja, aber:

Die Sonne steckt in den Flegeljahren. Seit Jahrtausenden war sie nicht so “nervös” wie heute, schreiben renommierte Wissenschaftler in der Zeitschrift “Nature”.

Das stimmt. So ähnlich stehts jedenfalls in einer Veröffentlichung in “Nature” vom 28. Oktober 2004. Dort prognostiziert ein internationales Forscherteam allerdings auch einen Rückgang der Sonnenaktivität in wenigen Jahrzehnten.

Und was ist hiermit?

Der Astrobiologe Prof. Chandra Wickramasinghe hat in 41 Kilometern Höhe Massen von bisher unbekannten Mikroorganismen entdeckt: “Das könnten Killerkeime sein!”

Die Theorie von Wickramasinghe, dass die Lungenkrankheit SARS aus dem Weltraum kam, hat “Bild” zwar vergangenes Jahr schon einmal als Sensation präsentiert, unterstützt wird sie aber nur von wenigen Wissenschaftlern. Manche halten sie für einen “Scherz” oder auch für ziemlich unwahrscheinlich.

Ansonsten wertet “Bild” noch Erdbeben, Meteoritenschwärme, derzeit aktive Vulkane und theoretisch mögliche Vulkanausbrüche als Alarmsignale. Was dann auch schon für eine riesige “Bild”-Schlagzeile auf Seite eins und eine große Geschichte auf Seite 12 reicht.

Beruhigend, eigentlich.

Ja, es ist Sommer!

“Ja, es gibt Leben im All!” steht da in großen Lettern auf Seite 1 der “Bild”-Zeitung. Und hätte “Bild” die Schlagzeile, illustriert mit einem Bild der Erde, nicht im August 2004, sondern ungefähr 4 Milliarden Jahre früher gedruckt, wäre das quasi eine Sensation gewesen. Ungefähr 4 Milliarden Jahre später allerdings, seitdem sich auf einem Planeten in einer “Milchstraße” genannten Galaxie nach den Archaeobakterien allmählich auch komplexere Lebewesen (Delfine, Hyazinthen, “Bild”-Leser u.a.) entwickelt haben, ist die “Bild”-Überschrift natürlich noch immer sehr, sehr wahr. Aber muss sie deshalb derart riesig auf der Titelseite von “Europas größter Tageszeitung” stehen, die doch “den Lesern jeden Tag einen Informationsvorsprung” vermitteln will? (Zumal, ganz nebenbei bemerkt, die Schlagzeile auch mit dem dazugehörigen Artikel auf Seite 10 nichts zu tun hat. Nein, nichts. Der nämlich handelt mehr oder weniger von Günther Hasinger, der auf die anderslautende
“Bild”-Frage “Gibt es Leben außerhalb der Erde?” bloß antwortet: “Wahrscheinlich ja.”)

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