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Schleichwerbung: Alles beim alten

Vor kurzem sagte uns Edda Fels, die Sprecherin der Axel Springer AG: Die Pflicht, redaktionelle und werbliche Texte zu trennen, gelte auch für Bild.de. Und als eine Maßnahme, um sie besser zu erfüllen, würden Mitarbeiter von Bild.de seit einiger Zeit nur noch entweder journalistische oder werbliche Texte schreiben.

Dann wüssten wir gerne, in welche Kategorie die (uns einschlägig bekannte) Mitarbeiterin Nicole Geiger fällt. Im Lebenslauf auf ihrer Homepage nennt sie sich “selbständige Journalistin”, und das, was sie aktuell für Bild.de geschrieben hat und in diesem Augenblick sogar Aufmacher auf der Startseite ist, sieht tatsächlich danach aus:

CSU-Politiker Michael Glos ruft auf: Macht mehr Urlaub in Deutschland. 10 tolle AngeboteDer zugehörige Artikel wiederholt die Forderung des designierten Wirtschaftsministers Glos aus der “Bild am Sonntag”, in Deutschland Urlaub zu machen, und behauptet: “Bild.T-Online hat für Sie die 10 schönsten Reiseziele in Deutschland zusammengestellt.”

Wer sich dann aber durch die empfohlenen Ziele klickt, erfährt nicht nur, dass das Berliner Nachtleben “einzigartig” ist, die Lage von Schloss Neuschwanstein “einmalig” und das Wetter von Sylt “traumhaft”, sondern findet auch zu jedem Reiseziel einen Link mit passendem Reiseangebot und dem Satz: “Hier gleich buchen”.

Anscheinend hatte aber nur ein einziges Unternehmen interessante Angebote für Deutschland-Reisen. Sämtliche zehn Empfehlungen führen zum Bild.de-Partner TUI; keine einzige zu einem anderen Reiseveranstalter. Wenn die Bild.de-Leser hier fleißig klicken und buchen, hilft das vielleicht ein bisschen der deutschen Wirtschaft und Herrn Glos, ganz sicher aber TUI und Bild.de.

Das Wort “Anzeige” findet sich nirgends.

Vielen Dank an Tobias L.!

Bild.de und die Schleichwerbung

Vor drei Wochen baten wir Mathias Döpfner, den Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer AG, um eine Erklärung, warum er öffentlich die Vermischung von redaktionellen und kommerziellen Inhalten “brandgefährlich” nennt, genau diese Vermischung aber das Geschäftsmodell der Springer-Tochter Bild.T-Online zu sein scheint. Unser zentrales Beispiel war der Erotik-Bereich von Bild.de, in dem journalistische Inhalte nicht von Werbung zu unterscheiden waren.

Seitdem hat sich in diesem Bereich von Bild.de etwas geändert. Genau genommen ist dies hinzugekommen:

Konzernsprecherin Edda Fels sagt, das habe nichts mit unserem Offenen Brief zu tun, auf den wir im übrigen keine Antwort erwarten sollten. Sie sagt außerdem, sie wolle nicht auf unsere konkreten Beispiele eingehen, aber einige grundsätzliche Dinge klären: Obwohl die Internetfirma Bild.T-Online AG nur eine 63-Prozent-Tochter des Springer-Konzerns sei, fühle sie sich den “publizistischen Richtlinien” Springers mitsamt dem Trennungsgebot von Redaktion und Werbung verpflichtet. Andererseits müsse man auch dem speziellen Nutzungsverhalten im Internet Rechnung tragen. Hier würden andere “Spielregeln” gelten, was aber keine Ausrede zu einer Vermischung von Redaktion und Werbung darstellen solle.

Das ist vage, es gibt aber auch Konkreteres: Am 20. September gab die Axel Springer AG bekannt, man habe die Organisationsstruktur von Bild.T-Online so geändert, dass sie “noch stärker” eine “konsequente Trennung von Redaktion und werblichen Inhalten” reflektiere. Das soll nach den Worten von Fels auch beinhalten, dass es nun keine Bild.de-Redakteure mehr gibt, die sowohl werbliche als auch redaktionelle Texte schreiben. Die “technische Umsetzung” der neuen Richtlinien für die Trennung von Redaktion und Werbung sei aber schwierig, und es könne noch einige Zeit dauern, bis sie vollständig sei.

Fakt ist: Anders als noch vor zwei Wochen lässt einen das Erotik-Portal von Bild.de nicht mehr in dem Glauben, es gehe hier um irgendwie geartete redaktionelle Inhalte. Fakt ist auch: Noch sind lange nicht alle werblichen Links wie vorgeschrieben (und angeblich angestrebt) als solche gekennzeichnet.

Dass Bild.de, wie es aussieht, gerade ein bisschen mehr Wert auf eine Trennung von Redaktion und Werbung legt, soll auch mit dem neuen Vorstandsvorsitzenden zusammenhängen: Gregor Stemmle, der von “Bild” kommt, führt seit 1. Juni das Unternehmen. Und auch das Urteil des Berliner Landgerichtes gegen einen typischen Schleichwerbefall bei Bild.de dürfte eine Rolle spielen. Schließlich ist die Trennung nicht nur guter Stil, sondern gesetzlich vorgeschrieben.

Und wir fassen zusammen: Falls Mathias Döpfner es ernst meint mit seiner Warnung vor der “brandgefährlichen” Vermischung kommerzieller und redaktioneller Inhalte, ist das offenbar nicht nur ein Appell an andere, sondern nicht zuletzt auch an sein eigenes Haus.

PS: Aktuell informiert Bild.de über eine finnische Studie, wonach “ungerechte Chefs” angeblich das Leben verkürzen. Zum Thema hat Bild.de einen Kasten “Ihr Recht” mit vier Links eingebaut (Ausriss links). Die ersten beiden sind reine Werbelinks, der dritte führt zu einem offensichtlich durch kommerzielle Interessen desselben Werbepartners inspirierten redaktionellen Beitrag, der vierte zu einem redaktionellen Text. Zu unterscheiden sind sie nicht.

Nachtrag, 1. November. Vier Tage lang hatte der lustig gemischte Werbe-Redaktions-Kasten auf der Seite gestanden. Am Tag, nachdem wir darüber berichteten, ist er entfernt worden. Wenn der Weg zu einem Online-Angebot Bild.de, das dem Gesetz und den behaupteten eigenen Ansprüchen genügt, darüber führt, dass erst jeder einzelne Verstoß öffentlich gemacht werden muss, wird es ein langer Weg.

Gericht verbietet Bild.de Schleichwerbung

Schleichwerbung ist eine schlimme Sache, findet die “Bild”-Zeitung. Wenn die ARD sie betreibt. In ihrem Online-Angebot Bild.de, das die Axel Springer AG gemeinsam mit T-Online betreibt, findet sie die Vermischung von Werbung und redaktionellen Inhalten dagegen unproblematisch.

Weil man das den Seiten von Bild.de ansieht, hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) in einem konkreten Fall gegen Bild.T-Online geklagt: Die Schleichwerbepraxis verstoße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und den Mediendienstestaatsvertrag.

Vor dem Berliner Landgericht argumentierte Bild.T-Online nach Darstellung des VZBV, gerade jüngere Internetnutzer gingen von einem generellen Werbecharakter des Internet aus. Eine klare Abgrenzung zwischen Werbung und redaktionellen Beiträgen sei deshalb nicht erforderlich. Folgt man einem Gespräch des damaligen Vorstandsvorsitzenden von Bild.T-Online, Peter Württemberger, im Dezember 2004 mit der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, beruht das Geschäftsmodell von Bild.T-Online wesentlich auf dieser Annahme.

Das Landgericht Berlin erklärte die Praxis am vergangenen Dienstag für rechtswidrig: Werbung müsse als “Anzeige” gekennzeichnet oder eindeutig zu erkennen sein. Auch ein sogenannter “Teaser” zwischen redaktionellen Inhalten müsse den Lesern eindeutig klarmachen, dass er zu einem Werbeangebot führt — er dürfe dies nicht erst nach dem Klick erfahren. Der VZBV fasst das Urteil so zusammen: Eine Internetseite sei so zu gestalten, dass der Nutzer die Wahl hat, ob er sich mit Werbung beschäftigen will oder nicht.

Wenn Bild.de in Zukunft bei Schleichwerbung ertappt werde, wie sie sich auch vorgestern noch fand, könnte das nach diesem Urteil teuer werden, heißt es bei den Verbraucherzentralen.

Eine Sprecherin von Bild.T-Online sagte, sie könne das Urteil nicht kommentieren, da es dem Unternehmen noch nicht vorliege.

Nachtrag, 30. Juli: Inzwischen gibt es eine Stellungnahme von Bild.T-Online. Das Unternehmen widerspricht “entschieden” der Darstellung der Verbraucherzentralen. Es sei in dem Verfahren nicht um “Schleichwerbung” gegangen, sondern um die Frage, ob eine nicht als Werbung gekennzeichnete Werbe-Ankündigung als Werbung erkennbar gewesen sei. Bild.T-Online habe ausdrücklich auf die “Notwendigkeit einer eindeutigen Trennung von Redaktion und Anzeigen” hingewiesen, es sei lediglich darum gegangen, wann eine Werbung im Internet klar erkennbar sei.

Die Pressemitteilung von Bild.T-Online endet mit den Worten: “Bild.T-Online wird weiterhin gemäß der journalistischen Leitlinien von Axel Springer großen Wert darauf legen, daß Werbung auch als solche klar erkennbar ist.” Zur genaueren Bedeutung des Wortes “weiterhin” klicken Sie bitte hier,
hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier oder hier.

Bloß keine Schleichwerbung!

Die “Bild”-Familie schreibt gern über Paris Hilton – und bild.de beispielsweise dies:

“Paris soll in einem Fast-Food-Werbespot mitspielen, ihr David dabei Regie führen. Bestätigt ist bislang nichts.”

Um welche Fast-Food-Kette es sich dabei handelt, bleibt unerwähnt. Kochlöffel etwa? Mc Donald’s jedenfalls ist’s, wer hätte es gedacht, nicht.

Mit Dank an Nils K. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 5.9.2004: Immerhin hat Bild.de mittlerweile ebenfalls herausgefunden, für wen Frau Hilton künftig wirbt und das sogar in die “Internet-Klatsch”-Rubrik geschrieben.

Antidiskriminierung verlässt X, “Unglücklicher Zufall”, Müllhalde

1. Antidiskriminierungsbeauftragte ruft staatliche Institutionen zum Verlassen von X auf
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat angekündigt, X (ehemals Twitter) zu verlassen. Als staatliche Institution habe man eine Vorbildfunktion, daher sei ein Verbleib bei X nicht mehr vertretbar. Darüber hinaus fordert die Antidiskriminierungsstelle andere Institutionen auf, ebenfalls über einen Ausstieg nachzudenken: “Alle Ministerien und andere öffentliche Stellen sollten sich fragen, ob es weiterhin tragbar ist, auf einer Plattform zu bleiben, die zu einem Desinformations-Netzwerk geworden ist und dessen Eigentümer antisemitische, rassistische und populistische Inhalte verbreitet.”

2. Gute Nachrichten für den Sponsor
(taz.de, Gernot Knödler)
Wie die “taz” berichtet, ließ sich das “Hamburger Abendblatt” von der Firma Eins-Komma-Fünf-Grad und der städtischen Messegesellschaft eine Jubiläumsaktion sponsern, bei der der Hamburger Fernsehturm angestrahlt wurde. Unmittelbar neben dem Artikel zu dieser Aktion erschien ein großer Beitrag über Eins-Komma-Fünf-Grad, der den Verdacht der Schleichwerbung aufkommen ließ. Die Funke Mediengruppe, zu der auch das “Hamburger Abendblatt” gehört, habe den Vorwurf entschieden zurückgewiesen und die Artikelkombination als ” einen – wenn auch ob der Wirkung unglücklichen – Zufall” bezeichnet.

3. Rezeption des Israel-Angriffs auf Telegram
(belltower-news.de)
Die Monitoring-Redaktion von “Belltower News” hat sich angeschaut, wie Rechtsextreme und Verschwörungsverbreiter die Terrorangriffe auf Israel nutzen, um ihre Narrative bei Telegram zu verbreiten. Das Fazit: “Nach einem unendlich langen Terror-Wochenende gegen die israelische Bevölkerung wirkt Telegram wie eine brennende Müllhalde entfesselter Menschenfeindlichkeit.”

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4. Warum zahlen Nutzer nicht für Nachrichten?
(de.ejo-online.eu, Johanna Mack)
Johanna Mack fasst eine Studie zusammen, die vier Hauptgründe nennt, warum Nutzerinnen und Nutzer nicht für Nachrichten bezahlen: als zu hoch wahrgenommene Preise, genügend kostenlose Nachrichtenquellen, mangelnde Bindungsbereitschaft sowie Liefer- oder technische Probleme. Viele der Befragten seien sich nicht bewusst, dass es durchaus günstigere Angebote gibt, oder fühlen sich durch andere Dienste wie Netflix oder Spotify übersättigt. Auch die Vielfalt kostenloser Informationen und das Zögern, sich auf ein Medium festzulegen, wirke sich negativ auf die Zahlungsbereitschaft aus.

5. Der Flächenbrand
(journalist.de, Sonja Peteranderl)
Sonja Peteranderl beschäftigt sich beim “journalist” mit der alarmierenden Zunahme von Burn-out-Erkrankungen bei Journalistinnen und Journalisten, die auf das hohe Arbeitstempo und den Stress zurückzuführen sei. Studien aus den USA und Deutschland würden die Dringlichkeit des Problems belegen und eine bessere Unterstützung der Medienschaffenden fordern.
Weiterer Lesetipp: Von Risiken und Druck im Beruf: “Journalist*innen in Deutschland sehen sich in einem hohen Maß Stress ausgesetzt. Die Mehrheit hat in letzter Zeit Beleidigungen im Internet und Herabwürdigungen ihrer Arbeit erlebt. Das kam bei einer repräsentativen Befragung heraus, die jetzt im Arbeitspapier ‘Journalismus in Deutschland 2023: Aktuelle Befunde zu Situation und Wandel’ vom Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans Bredow-Institut (HBI) veröffentlicht wurde.” (verdi.de)

6. Niggemeier und Rosenkranz übergeben Leitung von “Übermedien”
(dwdl.de, Alexander Krei)
Zum Schluss noch eine Personalnachricht von den Kollegen von nebenan: Wie “DWDL” unter Berufung auf eine Pressemitteilung von “Übermedien” berichtet, ziehen sich Stefan Niggemeier und Boris Rosenkranz aus der Geschäftsführung des Online-Magazins zurück. Ab 2024 soll Alexander Graf, bisher Chefredakteur des “Medium Magazins”, als neuer Geschäftsführer und Chefredakteur die Leitung übernehmen. Niggemeier und Rosenkranz würden “Übermedien” aber als Autoren und alleinige Gesellschafter erhalten bleiben.

Zur Rückkehr von Marion Horn

Im November 2019, als klar war, dass Marion Horn den Axel-Springer-Verlag verlassen wird, hatten wir hier im BILDblog einen kritischen Blick auf Horns Schaffen als Chefredakteurin der “Bild am Sonntag” veröffentlicht: Zum Abschied von Marion Horn.

Was von uns als Rückschau auf die kleinen Merkwürdigkeiten und das große Schlimme gedacht war, könnte nun als Vorschau dienen: Gestern wurde bekannt, dass Marion Horn zum Springer-Verlag zurückkehrt, als Vorsitzende der Chefredaktionen der “Bild”-Gruppe. Daher veröffentlichen wir unseren Beitrag von damals unverändert hier noch einmal: Zur Rückkehr von Marion Horn.

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Marion Horn war nicht mal ein halbes Jahr im Amt, da zeigten sich selbst hartgesottene Islamhasser beeindruckt. So schrieb das Hetzportal “Politically Incorrect” im März 2014 verblüfft:

Ja was ist denn in die BILD am SONNTAG (BamS) gefahren? (…) Gleich zwei mal packt das Springer-Blatt das heiße Thema Islam an – und zwar in einer Deutlichkeit, die es in sich hat.

Schon auf dem Titelblatt prangt die unmissverständliche Headline: “Islam-Rabatt für Jolins Mörder”. Ohne Fragezeichen!

Tatsächlich behauptete die “Bild am Sonntag” gemeinsam mit den anderen “Bild”-Medien ohne Fragezeichen, in Deutschland gebe es einen “Islam-Rabatt”, also mildere Strafen vor Gericht, wenn es sich bei den Straftätern um Muslime handelt.

Titelseite BILD am Sonntag: Islam-Rabatt für Jolns Mörder

In Wahrheit kam eine Studie, die die “Bild”-Medien als vermeintlichen Beleg für den in Deutschland vorherrschenden “Islam-Rabatt” anführten, sogar zum genau gegenteiligen Schluss: Deutsche Strafgerichte würden sogenannte Ehrenmörder “nicht milder als andere Beziehungstäter” behandeln, “sondern sogar strenger.”

Der zweite Artikel in der “Bild am Sonntag”, über den sich “Politically Incorrect” damals so freute, war ein Interview mit einem deutsch-türkischen Schriftsteller – große “BamS”-Überschrift: “‘Islam gehört zu uns wie die Reeperbahn nach Mekka'”.

Fazit der Fremdenfeinde:

“Zum Regieren brauche ich BILD, BamS und Glotze”, sagte Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder vor zehn Jahren. Wenn die oben erwähnten Artikel eine intensive und schnörkellose Debatte über die Gefahren des Islam in Deutschland auslösen, könnte die BamS vom heutigen 30. März 2014 eine nicht zu unterschätzende Katalysator-Funktion gehabt haben.

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So ging sie also los, Marion Horns Karriere als Chefredakteurin der “BamS”. Und nun, gut sechs Jahre später, geht sie zu Ende: Wie der Axel-Springer-Verlag in dieser Woche mitteilte, verlässt Horn die “Bild am Sonntag”.

Mit “Kompetenz und Leidenschaft” habe sie als Chefredakteurin “insbesondere die investigative und politische Relevanz von BILD am SONNTAG geprägt”, sagte Springer-Chef Mathias Döpfner.

Werfen wir zum Abschied also einen Blick zurück auf ihr glorreiches Werk.

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Als erste Frau an der Spitze der “BamS”, als bekennende “schlimme Feministin” ging es ihr immer auch darum, ein Zeichen zu setzen: für Frauen, gegen Sexismus. Klischees und stereotype Rollenbilder seien ihr zuwider, sagte sie mal, und dagegen kämpfe sie an:

Wir versuchen bei “BamS”, andere Frauenbilder zu zeigen.

Zum Beispiel solche:

Ein großes Foto in der

Herzogin Kate war im Mai 2014 “dem Wind sei Dank” das Kleid hochgerutscht, wodurch ihr Po entblößt wurde.

Der Windhauch des royalen Helikopters bei der Landung in den australischen Blue Mountains sorgte für diesen kurzen, aber magischen Moment.

Diesem “magischen Moment” widmete die “Bild am Sonntag” unter Feministin Horn fast die ganze letzte Seite.

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Im Juli 2014 veröffentlichte die “BamS” neben den anderen “Bild”-Medien zahlreiche Fotos und persönliche Informationen von Menschen, die beim Abschuss eines Flugzeuges über der Ukraine ums Leben gekommen waren.

Eine Erlaubnis der Angehörigen hatte die Redaktion nicht eingeholt. Die Veröffentlichung wurde später auch vom Presserat kritisiert.

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Wenige Tage später entschied sich Marion Horn für den Abdruck eines islamfeindlichen Kommentars ihres damaligen Stellvertreters Nicolaus Fest. “Der Islam stört mich immer mehr”, schrieb er darin, ihn störe “die weit überproportionale Kriminalität von Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund”, “die totschlagbereite Verachtung des Islam für Frauen und Homosexuelle” und vieles mehr. Der Islam sei wohl “ein Integrationshindernis”, was man “bei Asyl und Zuwanderung ausdrücklich berücksichtigen” solle.

Ich brauche keinen importierten Rassismus, und wofür der Islam sonst noch steht, brauche ich auch nicht.

Nach massiver Kritik verließ Fest die “Bild am Sonntag”. Horn entschuldigte sich mehr oder weniger – und blieb.

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Im Monat darauf verkündete die “Bild am Sonntag” exklusiv, Schauspieler Henning Baum habe das Ende seiner Serie “Der letzte Bulle” bestätigt. Noch am selben Tag teilte sein Management mit, das Zitat in der “BamS” sei frei erfunden.

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Zwei Wochen später berichtete die “Bild am Sonntag” über den Mord an einem 14-jährigen Mädchen und druckte im Artikel ein Foto des vermeintlichen Täters, das die Redaktion bei Facebook geklaut hatte:

Tatsächlich hatte der Abgebildete überhaupt nichts mit der Tat zu tun.

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Im Dezember 2014 fragte die “Bild am Sonntag” empört:

Haben wir nicht alle Lichter am Baum?

Denn in Berlin-Kreuzberg, so die Behauptung der “BamS”, müsse der Weihnachtsmarkt neuerdings “Winterfest” heißen. Auf “dem Altar der politischen Korrektheit” werde “die christliche Tradition geopfert”, insinuierte das Blatt.

In Wahrheit stimmte die Geschichte gar nicht: “Wie die Märkte sich nennen, ist uns total egal”, erklärte das zuständige Bezirksamt auf unsere Nachfrage. Die “Bild am Sonntag” hatte sich das Weihnachtsmarktverbot ausgedacht – und lieferte den besorgten Bürgern und Islamhassern einmal mehr neue Munition.

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Im darauffolgenden Frühjahr berichtete die “BamS”, dass die Schweizer Bundesanwaltschaft Franz Beckenbauer wegen der WM-Vergabe an Russland und Katar als Zeugen befragen wolle. Die Schweizer Bundesanwaltschaft teilte auf unsere Nachfrage mit, dass das Quatsch sei. Die Geschichte in der “Bild am Sonntag” sei sogar “mehrfach falsch”. Die Redaktion habe nicht mal bei ihr nachgefragt.

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Im Monat darauf schrieb die “BamS” auf ihrer Titelseite, Angela Merkel habe in Bayreuth einen “Kollaps” erlitten.

Angela Merkel - Kollaps in Bayreuth
Zwei Stunden nach diesen Fotos kippte Merkel um

Die Meldung des angeblichen Schwächeanfalls verbreitete sich rasend schnell, doch kurz darauf brachte die Nachrichtenagentur AFP folgende (wortwörtliche) Breaking News:

Regierungssprecher: Merkel bei Wagner-Festspielen nicht kollabiert – Kein Schwächefall – Stuhl der Kanzlerin brach zusammen

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Im August 2015 wurde in Schleswig-Holstein die Leiche eines Mannes gefunden, der Suizid begangen hatte. Daraufhin bat die Polizei die Medien darum, die Fotos, die sie zur Fahndung veröffentlicht hatte, “aus der Berichterstattung zu nehmen”.

Die “Bild am Sonntag” ignorierte nicht nur die Bitte der Polizei, sondern lieferte möglichen Nachahmern auch gleich noch den genauen Ort des Suizids:

Von dieser Brücke sprang ein Vater in den Tod

(Wenn du selber Probleme hast, depressiv bist oder über Suizid nachdenkst, kansst du dich jederzeit unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 an die TelefonSeelsorge wenden.)

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Anfang 2016 druckte die “Bild am Sonntag” zahlreiche Fotos und persönliche Informationen von Menschen, die bei einem Zugunglück in Bad Aibling gestorben waren.

Diesen 11 Opfern schuldet ihr die Wahrheit! (dazu 11 Porträtfotos)

Eine Zustimmung der Angehörigen lag wieder nicht vor, und wieder wurde die Veröffentlichung vom Presserat kritisiert.

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Wenige Monate später druckte die “Bild am Sonntag” zahlreiche Fotos und persönliche Informationen von Menschen, die bei einem Anschlag auf ein Einkaufszentrum in München getötet worden waren.

Titelseite der

Eine Zustimmung der Angehörigen lag wieder nicht vor, und wieder wurde die Veröffentlichung vom Presserat kritisiert.

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Im September 2016 druckte die “Bild am Sonntag” einen Gastkommentar des Fußballers Arne Friedrich. Der meldete sich kurz darauf bei Twitter zu Wort und erklärte, die Redaktion habe in seinem Kommentar rumgepfuscht. Als Beweis schickte er einen Screenshot seines Originaltextes mit:

Negative Überschrift eingesetzt, Textteile weggelassen, so wird aus positiv plötzlich negativ. @HerthaBSC @bild Daumen-nach-unten-Emoji

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An Ostern 2017, nachdem ein Mann einen Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund verübt hatte, titelte die “Bild am Sonntag”:

Gott sei Dank -BVB-Bomben zündeten eine Sekunde zu spät

Wie sich später herausstellte, war auch diese Geschichte Unsinn. Die Bundesanwaltschaft teilte in einer Pressemitteilung mit, die Sprengsätze seien “zeitlich optimal gezündet” worden.

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Anfang 2018 behauptete die “Bild am Sonntag”:

4 von 5 Flüchtlingen fallen bei Deutsch-Test durch

Doch auch diese Schlagzeile war falsch. Tatsächlich ergab die Statistik, dass nicht “4 von 5 Flüchtlingen” bei ihrem Deutsch-Test durchfallen, sondern dass vier von fünf Flüchtlingen, die Analphabeten sind, nicht das Sprachniveau B1 erreichen. Insgesamt schafften nicht nur 20 Prozent einen Abschluss, wie von “BamS” behauptet, sondern 76 Prozent.

Auch diese falsche Schlagzeile war eine willkommene Vorlage – nicht nur für andere Medien, sondern vor allem für rechte Hetzer.

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Wenige Wochen später schrieb die “Bild am Sonntag”:

Weil Behörde Asylantrag zu spät bearbeitete - 7300 Euro im Monat für Flüchtlingsfamilie

Was in der Überschrift schon mal nicht klar wurde: Dabei handelte es sich nicht um eine drei- oder vierköpfige Familie, sondern um eine Mutter mit neun Kindern. Zudem wurden die 7300 Euro für die zehnköpfige Familie nicht bar ausgezahlt, sondern ein Großteil wurde schon vorher abgezogen, um die Kosten für die Unterbringung in einem Asylwohnheim inklusive aller Nebenkosten zu begleichen. Auch die Dauer der Bearbeitung war entgegen der “BamS”-Behauptung komplett irrelevant. Und auch sonst gab sich die “Bild am Sonntag” große Mühe, in dem Artikel möglichst viel Irreführendes und Falsches unterzubringen.

Tatsächlich hätte jede deutsche Mutter mit neun Kindern im selben Alter als Sozialhilfeempfängerin genauso viel und dieselben Leistungen bekommen wie die Flüchtlingsfamilie. Davon war in der “Bild am Sonntag” allerdings nichts zu lesen.

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Als im Dezember 2018 über die Nachfolge von Angela Merkel an der Spitze der CDU abgestimmt werden sollte, veröffentlichte die “Bild am Sonntag” eine Liste von 1001 Delegierten und verriet, für welchen Kandidaten/welche Kandidatin sie jeweils stimmen würden. Allerdings erklärten daraufhin etliche der angeblich Befragten, sie hätten überhaupt nicht mit der “Bild am Sonntag” gesprochen.



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Sechs Jahre war Marion Horn Chefredakteurin der “Bild am Sonntag”. Sechs Jahre, in denen ihr Blatt Unwahrheiten in die Welt setzte, Persönlichkeitsrechte verletzte und den Hass gegen den Islam befeuerte. Die Liste ließe sich noch viel weiter fortsetzen, mit Schleichwerbung, geheuchelter Selbstkritik oder politischen Kampagnen.

Oder wie man beim Axel-Springer-Verlag sagt: “Kompetenz und Leidenschaft”.

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Ohne Loser, aber mit Werbung für die Wunderwaffe gegen Hautalterung

Wenn vier prominente Frauen sich treffen, offen über ihr Single-Dasein plaudern und von ihrer Männersuche erzählen, dürfte das für ein Boulevardmedium ein großes Geschenk sein. Selbstverständlich hat sich “Bild”-Chefreporterin Iris Rosendahl diese Geschichte nicht entgehen lassen:

Screenshot Bild.de - Ruland, Ahrens, Halmich und Bülter im Girls-Talk - Wir wollen keine Loser

Sie gehen zusammen auf Partys, fahren teils zusammen in den Urlaub und sind seit vielen Jahren miteinander befreundet: die Schauspielerinnen Tina Ruland und Mariella Ahrens, Ex-Boxweltmeisterin Regina Halmich und Moderatorin Tanja Bülter.

Und alle eint, dass sie aktuell Single sind. Sie lachen, tuscheln und rechnen, als BILD am SONNTAG die vier darauf anspricht. Dann steht das Ergebnis fest. “Zusammen sind wir 15 Jahre Single”, sagt Tina Ruland.

Vorab musste natürlich noch die Frage geklärt werden, wo das Lach-und-Tuscheltreffen stattfinden könnte. Aber auch dafür gab es eine Lösung:

Zusammen machte das Berliner Freundinnen-Quartett einen Ausflug nach Werder (Havel, Brandenburg) (…) Dort traf BamS die Vier zum exklusiven Interview.

Praktisch.

Ohne unsere Auslassung lautet die Passage im Bild.de-Artikel übrigens so:

Zusammen machte das Berliner Freundinnen-Quartett einen Ausflug nach Werder (Havel, Brandenburg), testete dort ein neuartiges Anti-Aging-Lasersystem PicoSure Pro (eins von drei in Deutschland!) in der Privatpraxis von Dr. med Jasmin Last. Hollywood schwört bereits auf die Wunderwaffe im Kampf gegen die Hautalterung.

Dort traf BamS die Vier zum exklusiven Interview.

Im gesamten Beitrag gibt es keine einzige inhaltliche Verbindung zum “neuartigen Anti-Aging-Lasersystem”, keine zu der Privatpraxis, zum Thema Hautalterung oder zur “Wunderwaffe im Kampf” dagegen. Zu Hollywood gäbe es die Verknüpfung, dass mit Tina Ruland und Mariella Ahrens zwei Schauspielerinnen in der Runde dabei sind, und in Hollywood auch geschauspielert wird. Das wäre es dann aber auch. Es gibt nur diese zwei Absätze, die so überraschend und brachial daherkommen, dass man wohl nicht mehr von Schleichwerbung, sondern von Trampelwerbung sprechen müsste. Dazu noch ein Foto der vier Freundinnen und der Ärztin, die lächelnd um das “eins-von-drei-in-Deutschland-!”-Lasersystem stehen, von der “Bild”-Chefreporterin eigenhändig aufgenommen:

Screenshot Bild.de - Foto von Ruland, Ahrens, Halmich und Bülter neben der Ärztin und der  mit der Bildunterschrift - Die Freundinnen testeten das Anti-Aging-Lasersystem PicoSure Pro bei Dr. med. Jasmin Last (35, ganz links). Die Ärztin für Ästhetische Medizin zu BamS: Wer mit seinem eigenen Gesicht verzögert und natürlich älter werden möchte, ist bei mir richtig. Der Laser hilft bei der Hautverjüngung, Narben und Pigmentreduzierung.

Nach dem eingeschobenen, nicht gekennzeichneten Werbeblock für die Praxis geht es zusammenhangslos wieder um die Partnersuche der vier Promi-Frauen:

(…) Hollywood schwört bereits auf die Wunderwaffe im Kampf gegen die Hautalterung.

Dort traf BamS die Vier zum exklusiven Interview.

Gegen einen neuen festen Partner hätten aber alle vier nichts einzuwenden. Doch der muss auch ins Profil passen.

Und so weiter.

In der gedruckten “Bild am Sonntag” ist der Artikel ohne die Passage zu “PicoSure Pro” und das Foto erschienen. Dort geht es nur um die vier Freundinnen und ihr Single-Leben.

Mit Dank an Bastian für den Hinweis!

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TikTok vor EU-Verbot?, Ausverkauf bei Gruner, Auto-Schleicher

1. EU-Kommission droht Tiktok mit Verbot
(sueddeutsche.de)
Die EU-Kommission droht TikTok wegen Verstoßes gegen europäische Regeln, insbesondere in Bezug auf Datenschutz und Urheberrechte, weitreichende Sanktionen an. Auch das neue EU-Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act) ermögliche bei wiederholten schweren Verstößen ein Verbot von Diensten in der Europäischen Union. “Wir werden nicht zögern, alle möglichen Sanktionen zu beschließen, wenn Prüfungen nicht die volle Einhaltung erkennen lassen”, so EU-Kommissar Thierry Breton.

2. Freischreiber appelliert: Gruner-Ausverkauf stoppen – Qualitätsjournalismus und Autorenmagazine erhalten!
(freischreiber.de)
Angesichts der Krise beim Zeitschriftenhaus Gruner + Jahr wendet sich der Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten Freischreiber mit einem Appell an Neu-Besitzer Bertelsmann: “Stoppen Sie den Ausverkauf, erhalten Sie das publizistische Schwergewicht Gruner + Jahr – zugunsten Ihrer Leser:innen, Ihrer Mitarbeiter:innen und der freien Journalist:innen, die mit ihren Inhalten die Magazine zu den begehrten Verkaufsobjekten gemacht haben, mit denen der Verlag gut verdient hat.”

3. “Die @nzz schreibt, Greta Thunberg sei zu ‘extrem’ geworden.”
(twitter.com/marko_kovic)
Marko Kovic ist ein Artikel der “Neuen Zürcher Zeitung” (“NZZ”) aufgefallen, in dem es heiße, Greta Thunberg sei zu “extrem” geworden. Damals, als “verletzliche, unschuldige Schülerin”, habe sie bis “tief ins bürgerliche Milieu hinein” die Herzen der Erwachsenen erobert. Daraufhin hat Kovic sich angeschaut, wie die “NZZ” bislang über Thunberg berichtete. Ohne das Ergebnis vorwegnehmen zu wollen: Die Herzen der “NZZ”-Redaktion hatte Thunberg auch in der Vergangenheit nicht.

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4. Streit um Bild-Generatoren soll vor Gericht landen
(netzpolitik.org, Sebastian Meineck)
Die Debatte um durch Künstliche Intelligenz generierte Bilder wird nun auch vor Gericht ausgetragen. Wie Sebastian Meineck bei netzpolitik.org berichtet, würden Betroffene in den USA und Großbritannien das Start-up hinter Stable Diffusion verklagen. In seiner Analyse fasst Meineck die Argumentationslinien beider Seiten zusammen.

5. EU-Parlament kritisiert Umgang mit Journalisten
(faz.net, Thomas Gutschker & Hans-Christian Rössler)
Das Europäische Parlament zeigt sich besorgt über die “kontinuierliche Verschlechterung” der Pressefreiheit in Marokko und hat dazu eine Resolution verabschiedet. Darin werden die staatlichen Stellen des Landes aufgefordert, “das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Medienfreiheit zu achten”, inhaftierten Journalisten “ein faires Verfahren” zu gewähren und sie umgehend vorläufig freizulassen.

6. Betreibt OE24 systematisch Schleichwerbung für Autos?
(kobuk.at, Tobias Kachelmeier)
Tobias Kachelmeier hat sich zahlreiche “AutoExtra”-Ausgaben des Boulevardblatts “Österreich” angeschaut und dabei einige problematische Beiträge entdeckt: “Viele Seiten sind ähnlich aufgebaut: Oben ein Text, in dem ein neues Auto vorgestellt wird, und unten eine Anzeige – oft zum selben Modell.”

Facebook und Insta als Grabschaufler, “Offener” Funke-Diskurs, 12 Euro

1. Angst vor Tiktok: Schaufeln sich Facebook und Instagram ihr eigenes Grab?
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Wie bereits am 25. Juli in den “6 vor 9” berichtet, wollen Facebook und Instagram – offenbar in Reaktion auf die Konkurrenz durch den Kurzvideo-Dienst TikTok – ihre Seiten umbauen. Das könnte schiefgehen, analysiert Matthias Schwarzer: “Die US-Techkonzerne stehen nun vor einer riesigen Herausforderung – und möglicherweise vor einem Dilemma. Sie setzen technisch alles daran, Tiktok die Nutzerinnen und Nutzer abzugewinnen – und laufen gleichzeitig Gefahr, mit den Updates Kreative und die Stammnutzerschaft zu verjagen.”

2. Schon knauserig, oder?
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Der RBB und dessen Intendantin Patricia Schlesinger sehen sich in Zusammenhang mit der Planung des Digitalen Medienhauses zahlreichen Vorwürfen ausgesetzt. Auch der Hauptausschuss des Brandenburger Landtags hat Fragen an Schlesinger und ihr, nachdem sie einer Einladung in eine Ausschusssitzung nicht gefolgt war, einen entsprechenden Fragenkatalog geschickt. Nun soll eine vom Sender mandatierte Kanzlei Klarheit in das Dickicht aus Beraterverträgen, Medienhaus und Abendessen bringen. Für Unterstützung soll eine journalistisch vorgebildete Aushilfskraft sorgen, die der Sender für ihre Mitarbeit bei der Recherche, Aufarbeitung und “Identifizierung des Aktualisierungsbedarfs der rbb-internen Regelungen” mit 12 Euro die Stunde entlohnen will.
Weiterer Lesehinweis: RBB-Intendantin gibt erste Auskünfte: “Was die Abendessen bei RBB-Chefin pro Gast kosteten. Brandenburger Politiker über Auskünfte empört” (tagesspiegel.de, Joachim Huber & Benjamin Lassiwe).

3. Die Funke-Mediengruppe und der “offene Diskurs” über Presseethik
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Die Funke-Mediengruppe hat ein recht ambivalentes Verhältnis zur Presseethik. Nach außen hin gibt man sich moralisch, verantwortungsvoll und zum “offenen Diskurs” bereit. Wenn ein medienkritisches Portal das Haus mit Vorwürfen zu Falschmeldungen oder Schleichwerbung konfrontiert, kippe die Stimmung jedoch schnell, berichtet Stefan Niggemeier bei “Übermedien”. Dann werde gemauert, geghostet und mit Gegenvorwürfen operiert. Niggemeier erzählt vom schwierigen Verhältnis mit der Mediengruppe und erklärt, warum er immer noch und trotz alledem an die Wirksamkeit von Presserats-Beschwerden glaubt.

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4. Kommentar: Wie sollen Betroffene über Rassismus sprechen?
(annabelle.ch, Alice Hasters)
Die Journalistin, Podcasterin und Buchautorin Alice Hasters (“Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten”) beschäftigt sich mit der mitunter nicht leichten Frage, wie Betroffene über Rassismus sprechen sollen, aber auch damit, was Medienschaffende tun können, um dem Thema vollumfänglich gerecht zu werden: “Meines Erachtens sind die haarsträubende Inkompetenz und die mangelnde Diversität in Redaktionen für den frustrierenden Stand des Rassismus-Diskurs zum grossen Teil verantwortlich. Journalist:innen unterscheiden oft nicht, wer Expert:in ist, wer Betroffene, wer beides ist. Wer Aktivist:in ist, mit konkreten Forderungen; wer Pädagog:in, mit Interesse für Erziehung und Aufklärung; wer Akademiker:in, wer Autor:in, wer Künstler:in. Und dass zusätzlich zu diesen Rollen auch noch unterschiedliche antirassistische Ansätze und Schwerpunkte kommen.”

5. Italien schränkt Informationsfreiheit drastisch ein
(netzpolitik.org, Matthias Monroy)
Die italienische Regierung wolle Medien keine Auskunft mehr zur Zusammenarbeit ihres Landes mit der libyschen Küstenwache erteilen und habe zu diesem Zweck das Recht auf Zugang zu Verwaltungsdokumenten drastisch eingeschränkt, berichtet Matthias Monroy bei netzpolitik.org. Als Grund werde behördlicherseits “die Gefährdung der nationalen Sicherheit oder Verteidigung” angegeben.

6. Antonia Rados – Reporterin im Ruhestand?
(sr.de, Thomas Bimesdörfer & Michael Meyer, Audio: 17:45 Minuten)
Thomas Bimesdörfer und Michael Meyer sprechen mit Antonia Rados, die auf mehr als vier Jahrzehnte in der Auslandsberichterstattung zurückblicken kann: “Wie konnte sie sich als Frau behaupten, wie hat sich ihr Beruf verändert, was hat sie motiviert?”

“Unerträgliche Tyrannei”, Neue Kriegs-Rhetorik, Kulturgut Kölsch?

1. Rügen für die Kollegen
(sueddeutsche.de)
Der Deutsche Presserat hat wegen Verstößen gegen ethische Standards im Journalismus sieben Rügen ausgesprochen. Dabei geht es unter anderem um eine Suizidberichterstattung (“Tagesspiegel”), die Verletzung des Opferschutzes (“Bild”) und fehlerhafte Gesundheitstipps (“Hörzu” und “Gong”).

2. Verfassungsgericht stärkt Pressefreiheit
(reporter-ohne-grenzen.de)
Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass sich Journalistinnen und Journalisten nicht strafbar machen, wenn sie geleakte Daten entgegennehmen. Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, freut sich: “Die Ausführungen der Kammer haben Signalwirkung und stellen klar, dass der Datenhehlerei-Paragraf nicht so ausgelegt werden darf, dass dadurch wichtige Teile der Arbeit investigativer Journalistinnen und Reporter sowie ihrer Informantinnen und Helfer kriminalisiert werden.”

3. Hoppla, die “Bild” ist zu links
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Die Journalistin Judith Sevinç Basad hat nach eigenen Angaben bei “Bild” gekündigt und ihre Beweggründe in einem wütenden, offenen Brief geschildert. Der Axel-Springer-Konzern sei ihrer Ansicht nach “vor der unerträglichen Tyrannei der woken Aktivisten eingeknickt”. “Bild”-Chefredakteur Johannes Boie gibt ihr auf Twitter höhnisch Recht: “Stimmt, Judith, wir sind jetzt links!”

Bildblog unterstuetzen

4. Neue Kriegs-Rhetorik der Medien: Lob der Kriegsmüden
(freitag.de, Hans Huett)
Beim “Freitag” kritisiert Hans Huett die Kriegsrhetorik mancher Medienleute: “Der Mut an den Fronten aber unterscheidet sich von dem Fern-Mut des Kommentators. Er schlüpft rhetorisch in die Robe des Richters, befehligt aber kein Standgericht und verfügt über kein Fallbeil, auch kein Erschießungskommando, tut aber mit seinen Worten so, als sei das der Fall. Hoppla!”

5. Fehler in der tagesschau am 13. Juni 2022
(blog.tagesschau.de, Marcus Bornheim)
Am 13. Juni ist der 20-Uhr-“Tagesschau” in ihrer Berichterstattung über den Ukraine-Krieg ein Fehler unterlaufen. Dort wurde von einem russischen Angriff auf einen Markt in Donezk gesprochen, obwohl es sich um einen ukrainischen Artillerie-Angriff auf die von pro-russischen Separatisten besetzte Region gehandelt habe. Im Blog der “Tagesschau” äußerst sich ARD-aktuell-Chefredakteur Marcus Bornheim: “Uns ist der Fehler in der Abnahme des Beitrags nicht aufgefallen, das ärgert uns sehr und wir bedauern das, denn es entspricht nicht der sonst gebotenen journalistischen Sorgfalt in unsere Berichterstattung.”

6. Ein glorifiziertes Kulturgut
(deutschlandfunk.de, Pia Behme & Antje Allroggen, Audio: 6:17 Minuten)
Das Kölner Boulevard-Anzeigenblatt “Express – die Woche” lobt in einem aktuellen Artikel die angeblich gesundheitsfördernden Wirkungen des Kölsch-Konsums. Für den Deutschlandfunk ein Anlass, sich anzuschauen, wie über Alkohol in Medien berichtet wird. Laut Suchttherapeutin Stefanie Bötsch handele es sich bei Alkohol um ein glorifiziertes Kulturgut: “Die Schattenseiten werden in Serien und Filmen selten dargestellt.”

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