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Presserat beanstandet Eigen-Schleichwerbung für Diätprogramm

Manchmal passieren in deutschen Zeitungsredaktionen erstaunliche Fehler. Dass im Kölner “Express” Anfang des Jahres eine große sechsteilige Serie von Artikeln erschien, in denen jeweils, ohne jede Kennzeichnung, ein Fitnessprogramm namens “fitmio” beworben wurde …

… das ist der Ressortleitung bzw. Chefredaktion des Blattes leider erst nach Abschluss der Serie aufgefallen. Natürlich hätte man dem Leser kenntlich machen müssen, dass es sich um ein Programm handelte, das von einem Unternehmen des Verlages M. DuMont Schauberg vermarktet wurde, teilte die Rechtsabteilung dem Presserat mit. Dass dieser Hinweis ausgeblieben sei, betrachte man selbst als ärgerlichen und bedauerlichen Fehler.

Online seien die Berichte sofort nach Bekanntwerden entsprechend gekennzeichnet worden. Der Presserat fasst die Zerknirschtheit mit den Worten zusammen:

Der Fehler sei der Redaktion bewusst und intern mit allen Verantwortlichen erörtert worden. Man gehe davon aus, dass alle Beteiligten daraus gelernt hätten.

Der Presserat, bei dem wir uns beschwert hatten, sah in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen das Gebot, Redaktion und Werbung klar zu trennen. Er verwies auf Ziffer 7 des Pressekodex, in der es heißt:

Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.

Auch im “Kölner Stadt-Anzeiger”, ebenfalls ein Schwesterblatt von “fitmio”, erschienen Anfang des Jahres mehrere scheinbar redaktionelle Beiträge zum Thema Fitness und Abnehmen, die für “fitmio” warben. Die Rechtsabteilung des Verlages argumentierte hier aber anders: In der Beschreibung des Programms sei ausdrücklich erwähnt, dass es “in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sporthochschule und dem Anti-Diät-Club angeboten” werde. Und den “Anti-Diät-Club” des “Kölner Stadt-Anzeigers” gebe es schon seit 2005; er sei den Lesern bestens bekannt und mit dem “Kölner Stadt-Anzeiger” untrennbar verbunden. Durch die Erwähnung des “Anti-Diät-Clubs” wüssten “Stadt-Anzeiger”-Leser, dass es sich bei “fitmio” um ein Angebot der Zeitung handele.

Der Presserat fand das nicht überzeugend und sah auch hier einen Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex. “Um dem Leser klar zu verdeutlichen, dass ein Eigeninteresse des Verlages an den Veröffentlichungen vorliegt und somit die Beiträge einen kommerziellen Charakter haben, hätte es eines eindeutigen Hinweises bedurft.” Dieser sei lediglich in einem Artikel vorhanden gewesen (Ausriss rechts), der deshalb auch nicht kritisiert wurde.

Der Presserat erteilte dem “Kölner Stadt-Anzeiger” einen “Hinweis”; beim “Express” sprach er eine “Missbilligung” aus.

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.

Schleichwerbung, Habermas, Trollkommentare

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Schleichwerbung in allen Bereichen”
(meedia.de, Henning Ohlsen)
Henning Ohlsen spricht mit Andreas Eickelkamp über die Spitze des Eisbergs bei der Schleichwerbung: “Wenn man es auf alle deutschen Tageszeitungen hoch rechnet, hat man pro Jahr zwischen 2.000 und 3.000 Schleichwerbeverdachtsfälle – allein auf Ratgeberseiten von deutschen Tageszeitungen. Da sind Auto-, Reise und Immobilienzeitschriften noch gar nicht dabei.”

2. “Geheime Ufo-Akten in der Bild-Zeitung”
(blog.gwup.net, Bernd Harder)
Bernd Harder beschäftigt sich mit dem Bild.de-Artikel “Geheime Alien-Archive des FBI geöffnet”.

3. “10 Schlüssel zu einem besseren Onlinejournalismus”
(davidbauer.ch)
David Bauer hat zehn Ideen, wie der Onlinejournalismus besser werden könnte.

4. “Symbolbilder nicht gekennzeichnet”
(persoenlich.com)
Die Schweizer “Tagesschau” blendet in einem Beitrag über Depressionen und Stigmatisierung den ehemaligen Pressechef des Finanzdepartements ein, ohne die Bilder als Symbolbilder zu kennzeichnen.

5. Ein Pakt für oder gegen Europa?
(sueddeutsche.de, Jürgen Habermas)
Jürgen Habermas schreibt im SZ-Feuilleton von gestern einen langen Text über die Entmündigung der Bürger in Europa. Zur Sprache kommt auch das Unbehagen an der politisch-medialen Klasse: “Die Medien sind am beklagenswerten Gestaltwandel der Politik nicht unbeteiligt. Einerseits lassen sich die Politiker vom sanften Zwang der Medien zu kurzatmigen Selbstinszenierungen verführen. Andererseits lässt sich die Programmgestaltung der Medien selbst von der Hast dieses Okkasionalismus anstecken.”

6. “Argumentieren erzeugt immer nur mehr Hass!”
(jetzt.sueddeutsche.de, Anja Schauberger)
Leah Bretz erklärt, warum hatr.org gegründet wurde: “Um spannende und konstruktive Diskussionen auf den Blogs zu wahren und den Hass durch einfaches Löschen nicht nur unsichtbar zu machen und die Wut und Frustration darüber nur herunterzuschlucken, können die Trollkommentare jetzt auf hatr.org verschoben werden, wo sie öffentlich zu sehen sind und subversiv genutzt werden können.”

Schleichwerbung, Bunte, Nacktheit

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Die Schleichwerbe-Recherche”
(blogs.taz.de/rechercheblog, Sebastian Heiser)
Eine fiktive Werbeagentur testet für die “taz”, ob Zeitungen dazu bereit sind, ihre redaktionellen Inhalte zu verkaufen. Interesse zeigten die “Frankfurter Rundschau”, die “Westdeutsche Allgemeine Zeitung” und “Neues Deutschland”. Hintergründe zur Recherche sind im Hausblog nachzulesen.

2. “Kachelmanns Fall”
(sf.tv, Video, 49:05 Minuten)
Eine Dokumentation von Hansjörg Zumstein fasst den aktuellen Stand im Prozess gegen Jörg Kachelmann zusammen. Ab Minute 17 ist zu sehen, dass die ersten Bilder von Kachelmann nach der Verhaftung entstanden sind, weil Fotografen darauf gedrängt haben, dass der Polizeitransporter anders postiert wird. Ab Minute 34 äussert sich die stellvertrendende Chefredakteurin von “Bunte”, Tanja May, über Zahlungen der Zeitschrift an Ex-Freundinnen von Kachelmann.

3. “Riekelhaft”
(stefan-niggemeier.de)
Stefan Niggemeier analysiert ein Editorial von “Bunte”-Chefredakteurin Patricia Riekel zu Jörg Kachelmann.

4. “Chinesisches Monster-Kind inhaliert Nudeln”
(mediensalat.info, Ralf Marder)
Ralf Marder findet es beschämend, dass Bild.de aus einem dreijährigen Kind einen “King-Kong-Jungen” macht.

5. “Rekordergebnisse bei den Presse-Verlagen – doch die Freien gehen leer aus”
(freischreiber.de)
Der Journalistenverband “Freischreiber” beklagt, dass freie Mitarbeiter an den guten Ergebnissen der Printverlage nicht beteiligt werden.

6. “Bei Nacktheit hört der Spaß auf!”
(fernsehkritik.tv, Screenshot)
YouTube entfernt ein im Kanal der ARD hochgeladenes Video, weil es “gegen die YouTube-Richtlinie zu Nacktheit oder sexuellem Content verstößt”.

Gong  

Schleichwerbung auf Rezept

Im Frühjahr ist die einstmals renommierte Fernsehzeitschrift “Gong” vom Presserat dafür gerügt worden, dass die Rezepte ihres großen Weihnachtsmenus durchsetzt waren mit Hinweisen auf Produkte der Firma Unilever (BILDblog berichtete). Noch trauriger als die Schleichwerbung an sich ist allerdings der Versuch der Rechtsabteilung der “WAZ”-Gruppe, sie zu rechtfertigen. Der Presserat fasst ihre Stellungnahme so zusammen:

[…] man habe durch die Reaktion von Lesern festgestellt, dass bei der Verwendung spezieller Zutaten eine redaktionelle Produktempfehlung gewünscht sei. Insofern habe man durch die Nennung konkreter Produkte das Informationsinteresse des Lesers bedient. Dies betreffe maßgeblich die Empfehlung von Produkten wie “Suppenliebe Hühnersuppe”, “Cremefine” und “Fix für Nudel-Mozzarella-Gratin”. Der Leser könne aufgrund dieser Hinweise erkennen, welche Art von Zutat Verwendung gefunden habe. Gegebenenfalls könne er, sofern vorhanden, auf Konkurrenzprodukte zurückgreifen, da jedenfalls eine für das Verständnis des Lesers ausreichende Individualisierung durch die Produktnennung erreicht worden sei. Auch sei nicht zu beanstanden, dass das Produkt “Cremissimo-Schokoladeneis” genannt wurde, da dieses aufgrund seiner Konsistenz und Streichfähigkeit besonders gut für die Verwendung im Rahmen des Rezeptes geeignet sei.

Das ist natürlich alles nicht wahr.

In Wahrheit bezieht der “Gong” einen Großteil seiner Rezepte einfach von der Firma Unilever. Die bietet Redaktionen dafür eine eigene Datenbank im Internet, die, wie ihr Name “Rezept & Bild” nahelegt, auch gleich hochauflösende Fotos der Gerichte enthält.

Unilever stellt diese Inhalte kostenlos zur kommerziellen Nutzung zur Verfügung — unter einer Bedingung: Die darin natürlich immer enthaltenen Namen ihrer Marken wie “Knorr”, “Mondamin” und “Rama” müssen genannt werden. In den Nutzungsbedingungen heißt es:

Zulässig ist es, die Produkt-Kategorie zusammen mit einer Marke der Unilever Gruppe in Klammern zu nennen. Bsp.: ‘Bourbon-Vanille (z.B. von Cremissimo))’.

Genau so verfährt der “Gong”. In der vergangenen Woche gab es drei Braten-Rezepte von Unilever mit der entsprechenden Schleichwerbung für Unilever-Produkte (siehe rechts). In dieser Woche dreht sich auf den “Gong”-Rezeptseiten alles um den Kürbis, mit einem Lachsfilet-Rezept von Pfanni, einem Curry-mit-Rind-Rezept von Mondamin, einem Krosse-Plätzchen-Rezept von Rama und einem Putenbraten-Rezept von Knorr.

Mit dem Informationsinteresse der Leser, wie die sich für ihren Qualitätsjournalismus für bekannt haltende “WAZ”-Gruppe behauptet, hat das alles nichts zu tun. Sondern damit, wie Unternehmen die Lücke füllen, die durch sinkende Etats und Qualitätsansprüche in den Redaktionen entsteht, und redaktionelle Inhalte durch werbliche Inhalte ersetzen — sicherlich nicht nur in so harmlosen Bereichen wie Kochrezepten.

Die Rüge des Presserates hat der “Gong” übrigens bereits am 1. April mit einem irreführenden Text veröffentlicht. Sollten sie auch sorgfältige “Gong”-Leser übersehen haben, könnte das daran liegen, dass die Redaktion einen außerordentlich unauffälligen Platz wählte: im Klein- und Kleinstgedruckten zwischen Leserbriefen und Impressum.

Mit großem Dank an Max M.!

Bild  

Schleichwerbung, im Dutzend billiger

Auf der Internetseite der Axel Springer AG steht noch die veraltete Version der “journalistischen Leitlinien” des Medienhauses, in denen es hieß:

Die Journalisten bei Axel Springer stellen gemeinsam mit dem Verlag sicher, dass eine Trennung von Anzeigen und Redaktion gewahrt wird.

Der Satz ist inzwischen geändert worden in:

Für den Discounter Lidl (und Geld) tun wir alles.

Nein, nur ein Witz. Axel Springer muss seine Selbstdarstellung nicht der Realität anpassen, weil die “journalistischen Leitlinien” nie als journalistische Leitlinien gedacht waren. Und so kann die “Bild”-Zeitung auch in diesen Tagen ihren jahrelangen Schönfärbe- und Schleichwerbe-Kurs mit dem Unternehmen Lidl fortsetzen.

Am vergangenen Samstag meldete das Blatt an prominenter Stelle auf Seite 1:

Und berichtete ebenso im redaktionellen Teil auf Seite 13:

Oder um es mit Mathias Döpfner, dem Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer AG, zu sagen:

“[Unsere journalistischen Leitlinien] sind ein Schutzwall für unabhängigen Journalismus. Wir haben sie in einer Zeit eingeführt, in der der kommerzielle Druck auf Redaktionen immer größer wird. Jeder wird natürlich beobachten, wie wir damit umgehen — das macht uns angreifbarer als diejenigen, die still ihre faulen Kompromisse machen.”

Von “still” kann bei “Bild” in der Tat keine Rede sein.

Bild.de macht aus Werbung Schleichwerbung

Am 14. November — also vor ungefähr einer Woche — meldete die Nachrichtenagentur dpa gegen 13 Uhr:

Heidi Klum folgt ihrem Ehemann Seal ins Popgeschäft. An diesem Freitag kommt die erste Single des 33 Jahre alten Top-Models auf den Markt, wie “bild.de”, das Online-Portal der “Bild”-Zeitung, am Dienstag berichtete.
(Hervorhebung von uns.)

Und tatsächlich: Etwas verschwörerischer vielleicht hatte Bild.de zuvor genau das berichtet, exklusiv — und anschließend natürlich auch eine Reihe anderer Medien.

Und heute — also ungefähr eine Woche später — findet sich auf “Seite 1” von Bild.de wieder ein Teaser zum Thema (siehe Ausriss), der zu den “Top-Videos” von Bild.de führt. Dort findet sich zum Thema Klum/Wonderland nun ein 88-sekündiges Interview. Klum sagt darin zum Beispiel:

“Ich denke da nicht wirklich über ‘ne Karriere als Sängerin nach. Das war jetzt wirklich für Weihnachten. Und das hat einfach Spaß gemacht, war mal was anderes.”

Bei YouTube hingegen gibt es dasselbe Interview seit ungefähr einer Woche in einer etwas anderen Fassung. Klum sagt dort:

“Ich denke da nicht wirklich über ‘ne Karriere als Sängerin nach. Das war jetzt wirklich für Weihnachten, für Douglas. Und das hat einfach Spaß gemacht, war mal was anderes.”
(Hervorhebung von uns.)

Und das sagt sie nicht nur bei YouTube, sondern auch auf der Website des Parfümeriediscounters, der eine noch längere Version des Bild.de-“Top-Videos” zeigt, denn, so Klum:

“Wir haben diesen wunderschönen Douglas-Werbespot gemacht für Weihnachten. (…) Und da hat man sich überlegt, ob ich da nicht ‘n Weihnachtslied zu singen könnte.”

Mit anderen Worten: Bild.de zeigt einen von Douglas produzierten Werbefilm, aus dem alle Hinweise auf Douglas herausgeschnitten wurden, als redaktionellen Beitrag. Nur unter dem bearbeiteten Video steht, wo sonst AP oder Reuters als Quelle genannt werden, schlicht:

"Douglas"
Warum der Werbefilm das “Top-Video” ausgerechnet heute von Bild.de so prominent angepriesen wird, steht aber womöglich — ebenfalls seit ungefähr einer Woche – beim Branchendienst horizont.net:

“Am 22.November läuft dann der Douglas-Weihnachtsspot an, der mit dem Song musikalisch unterlegt ist (…)”

Schleichwerbung für BILDblog

Unser Leser Dominik J. hatte angesichts der aktuellen Leser-Reporter-Schwemme und gewisser Defizite der “Bild”-Redaktion bei der Anonymisierung von Personen eine praktische Idee:

Der BILDblog-Balken — die Unkenntlichmachung für unterwegs. Schützt zuverlässig vor versehentlicher Identifizierung durch übereifrige “Bild”-(Leser-)Reporter.

(Nein, nicht im BILDblog-Shop erhältlich.)

Nachtrag, 1.10.2006: Mit Dank an Alexander S. gibt es den “BILDblog-Balken” jetzt immerhin zum Ausdrucken und Selberbasteln.

Kein Ende der Schleichwerbung bei Bild.de

Der Satz im aktuellen Urteil des Berliner Kammergerichts über Schleichwerbung bei Bild.T-Online (pdf) ist sogar für Laien unmissverständlich:

Ein Link, der aus einem redaktionellen Zusammenhang auf eine Werbeseite führt, muss so gestaltet sein, dass dem Nutzer erkennbar ist, dass auf eine Werbeseite verwiesen wird.

Der Link “Sind Sie der ‘Soccer Star’?” im folgenden Ausriss steht aktuell im redaktionellen Zusammenhang auf der Startseite von Bild.de. Er verweist auf eine Werbeseite. Nichts an seiner Gestaltung macht dies für den Nutzer erkennbar.

Bild.de weigert sich also weiterhin, Werbung wie vorgeschrieben “eindeutig” vom übrigen Inhalt zu trennen und verstößt gegen geltendes Recht.

Schleichwerbung: Bild.de verliert vor Gericht

“Bild” und Bild.de haben mit der Art, wie sie für das “Volks-Sparen”-Angebot der Deutschen Bank geworben haben, unzulässige Schleichwerbung betrieben. Das Kammergericht Berlin erließ in zweiter Instanz eine einstweilige Verfügung (pdf), die es Bild.T-Online untersagt, in gleicher Weise in redaktionell gestalteten Beiträgen für einzelne Unternehmen zu werben. Andernfalls muss Bild.T-Online Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro zahlen. Geklagt hatte ein Journalist, der Internet-Seiten mit Verbraucherinformationen betreibt und sich als Wettbewerber von Bild.de sieht.

Für das “Volks-Sparen” wurde im Februar 2005, wie bei diesen Aktionen üblich, in einer Beilage in der “Bild”-Zeitung und auf Bild.de geworben. Auf der Internetseite war neben der Überschrift “Dieser Zins bringt’s” ein Sparschwein mit dem “Volks-Sparen”-Logo zu sehen — sauber durch das Wort “Anzeige” als Anzeige gekennzeichnet. Unter diesem Werbelink stand — wie als Trenner — eine Leiste, die zu anderen Bild.de-Seiten führte. Danach folgten redaktionelle oder scheinbar redaktionelle Artikel (“Umfrage: Für welchen Traum sparen Sie?”, “Wissenswertes rund um den Zaster” …) sowie die Ankündigung: “Prominente Sparfüchse nehmen das Volks-Sparen unter die Lupe” (statt Prominenten waren Max Schautzer und Jochen Sattler abgebildet).

Dieser vermeintliche Test war (wie weitere “Artikel”) Teil der Anzeige — aber nach Ansicht des Gerichtes “nicht hinreichend eindeutig als Werbung erkennbar”. Die Deutsche Bank als werbendes Unternehmen werde nicht einmal genannt. Und der schwarze Balken mit dem Wort “Anzeige”, der über dem Sparschein-Teaser steht, könnte “von einem unbefangenen Durchschnittsleser ohne weiteres” nur auf diesen bezogen werden.

Auch die Bild.T-Online-Werbebeilage der “Bild”-Zeitung enthielt nach Meinung des Gerichts “unerlaubte Schleichwerbung”. Die Aufmacherseite gebe sich zum Beispiel “den Anschein einer redaktionellen Zeitungsseite”. Dass ganz oben auf der Seite sehr klein “Sonderveröffentlichung” stand, helfe auch nicht, im Gegenteil: Das verstärke eher den Eindruck einer objektiven Sonderberichterstattung.

Bereits im Juli 2005 hatte das Landgericht Berlin in einem Fall die Praxis der Trennung (oder genauer: Vermischung) von Werbung und Redaktion bei Bild.de für unzulässig erklärt. Das Kammergericht bestätigte jetzt, dass im Internet zwar bei einem werblichen Inhalt nicht zwingend das Wort “Anzeige” stehen muss. Der Nutzer muss aber in jedem Fall klar erkennen können, welche Inhalte werblicher Natur sind. Und er muss vor jedem einzelnen Klick wissen, ob er auf eine Anzeigenseite kommt oder auf redaktionelle Inhalte.

Diese Vorgabe erfüllt Bild.de von sich aus nach wie vor nicht. Die samstags erscheinende Bild.T-Online-Beilage in “Bild” ist allerdings inzwischen (klein) als “Anzeige” gekennzeichnet.

Die “Bild”-Zeitung hat sich bislang nicht entschieden, ob sie sich uns gegenüber zu dem Gerichtsbeschluss äußern will. Auch ob sie Rechtsmittel einlegen wird, konnte oder wollte uns der “Bild”-Sprecher noch nicht sagen.

Nachtrag, 30. Juli. Inzwischen hat sich “Bild” entschieden: Man werde sich nicht zu dem Urteil äußern.

Schleichwerbung: Fast alles beim alten

Es ist noch gar nicht lange her, da rief Bild.de dazu auf, mehr Urlaub mit TUI in Deutschland zu machen. Angeblich hatte Bild.de “für Sie die 10 schönsten Reiseziele in Deutschland zusammengestellt”. Sämtliche Links mit dem Hinweis “hier gleich buchen” führten damals zu TUI.

Und heute? Heute hat Bild.de unter der Überschrift “Billig brettern! Hier machen Sie günstig Skiurlaub” angeblich “10 coole Tips” für die Wintersaison. Dort heißt es:

Bild.T-Online stellt Ihnen 10 tolle Skiorte vor. Und je ein Angebot, wie Sie billig brettern können, gibt’s gleich dazu!

Klickt man sich durch die Galerie, gibt es am Ende jedes Absatzes nicht nur einen Link zum jeweiligen Angebot, sondern man erfährt sogar schon, von wem das Angebot stammt. Und überraschender Weise steht da nicht jedes Mal TUI. Bild.de hat diesmal tatsächlich noch einen anderen Reiseveranstalter gefunden, der beispielsweise ein “Rundum-Sorglos-Skipaket” bietet: Nämlich L’TUR, eine TUI-Tochtergesellschaft.

Das Wort “Anzeige” findet sich mal wieder nirgends.

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Annette B.

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