Suchergebnisse für ‘magnetfeld’

Urheberrecht, Politpunks, Terrorgedanken

1. “Das ist heftig: Die Viralseiten-Macher und ihr Verhältnis zu Urheberrechten”
(http://www.rhein-zeitung.de, Lars Wienand)
“Die Wahrung der Urheberrechte hat bei uns Priorität”, behaupteten die Macher von heftig.co bei ihrem Gang an die Öffentlichkeit. Wienand fragt nach und bekommt im Detail eine ganz andere Antwort: “‘Beckmesserisch’ sei die Frage – also kleinlich und pedantisch. ‘Es ist doch für jedermann klar erkennbar, dass die meisten Inhalte bei Viralnova selbst von anderen Webseiten kopiert sind. Also verfügt Viranova offenbar selbst in der Regel gar nicht über die Rechte.'”

2. “Mehr Punk, weniger Hölle!”
(tagesanzeiger.ch, Constantin Seibt)
Die Bankenkrise spülte den Komiuker und Anarchisten Jon Gnarr in das Amt des Bürgermeisters von Reykjavik. Mit erstaunlichem Erfolg. “Jon ist wie eine gute Grossmutter: Er macht sehr viel aus sehr wenig. Wir zeigten, dass man viel Spass haben kann, auch ohne Geld. Das gilt auch für die Revolution: Jon und wir redeten grundsätzlich mit allen. Man kann auch das Klassensystem einreissen ohne Geld.”

3. “Der Terror und ich'”
(http://www.zeit.de/zeit-magazin/, Yassin Musharbash)
Der Journalist Yassin Musharbash reflektiert darüber, wie und wieso er die Geschichte der Anschläge vom 11. September 2001 ergründet: “Ich glaube, dass wir alle vorher mehr Grautöne akzeptiert haben. Ich glaube, dass 9/11 der Tag war, an dem das Graue starb. An dem wir uns, eher unwissentlich und kaum spürbar und manche eifriger als andere, zum Teil als Individuen, zum Teil als Staaten oder Gesellschaften, plötzlich ausgerichtet haben wie Eisenspäne unter dem Einfluss eines Magnetfeldes.”

4. “Vor dem Bildschirm lernen”
(sueddeutsche.de, Marion Neumann)
Die Süddeutsche Zeitung wirft einen Blick aufs Kinderprogramm im deutschen Fernsehen. “Doch auch, wenn genügend Angebot vorhanden ist – kommen Armins und Willis wirklich gegen Disney-Superhelden an? ‘Kinder müssen erst einmal erfahren, dass diese Art von Fernsehen attraktiv sein kann. Die Eltern müssen sie daran heranführen’, erklärt Götz.”

5. “Nö. Tschö.”
(lawblog.de, Udo Vetter)
Dass die Generalbundesanwaltschaft nicht in der NSA-Affäre ermitteln will, stößt bei Strafverteidiger Udo Vetter – gelinde gesagt – auf Unverständnis: “Aber wenn der Generalbundesanwalt sich lächerlich machen und – leider – das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz weiter untergraben will, bitteschön. Möglicherweise haben wir ja ohnehin mit nichts anderem gerechnet.”

6. “Geheimwissen um Katzenbilder erreicht die Massenkultur”
(irights.info, Dirk von Gehlen)
Dirk von Gehlen sieht in dem Spiel mit Memen eine neue Art des Fernsehens, das von Moderatoren wie Jimmy Kimmel gepflegt wird. “Er hatte keine ahnungslosen Passanten in der Fußgängerzone in die Irre geführt, sondern mit den gängigen Mechanismen der Web-Öffentlichkeit gespielt. Das ist auch deshalb spannender, weil es das Risiko des Scheiterns in sich trägt.”

Heute Polenflug

Die Newsticker bei “Zeit Online” werden ganz offensichtlich nicht von Menschen betreut, sondern allenfalls von einer endlichen Anzahl Affen — wahrscheinlich aber einfach nur von einem nicht besonders durchdachten Algorithmus.

Am Wochenende hatte “Zeit Online” die sid-Meldung über ein Spiel des BFC Dynamo im DFB-Pokal in die Rubrik “DDR” einsortiert (BILDblog berichtete) und heute läuft eine Nachricht über eine geplante Jupiter-Mission der Nasa, die dpa unter den Stichwörtern “USA/Raumfahrt/Astronomie” verschickt hatte, bei “Zeit Online” unter dieser Dachzeile:

Polen: Nasa schickt Sonde zum Gasriesen Jupiter

Nun ist die Nasa bekanntlich die amerikanische und nicht die polnische Weltraumbehörde, wie also konnte dieser Fehler jetzt wieder pass…

Ah:

Die Nasa will auch mehr über Jupiters Magnetfeld nahe den Polen erfahren.

Nachtrag, 15.40 Uhr: “Zeit Online” hat in der Dachzeile “Polen” gegen “Raumfahrt” ausgetauscht.

Bild  

Nach Hausdorf telefonieren!

Er ist wieder da!

Auf der Welt fallen die Vögel tot vom Himmel, und der bei “Bild” für alles Außerirdische, Übersinnliche und Nichtverstandene zuständige Redakteur Attila Albert hat seinen alten Kumpel Hartwig Hausdorf gefragt, woran das liegen könnte.

Mysterien-Forscher Hartwig Hausdorf (54, “Animal Psi”): “Was auffällt: Betroffen sind Tiere, die sich bei ihren Routen am Magnetfeld orientieren. Es scheint, als hätte eine starke Kraft sie abgelenkt.”

Unter Verdacht: Die US-Forschungsanlage HAARP (schickt für Militärtests elektromagnetische Wellen in die Atmosphäre). Sie besteht aus 180 gekoppelten Sendern, die künstliche Polarlichter erzeugen können — und sogar Erdbeben auslösen, wie viele glauben.

Attila fragt deshalb:

Stecken geheime Experimente mit Ultraschall hinter dem rätselhaften Tiersterben der letzten Tage?

… was man schon deshalb verneinen kann, weil HAARP nicht mit Schall-, sondern mit Radiowellen arbeitet. “Kurzwelle” hätte aber womöglich als Schlagwort zu harmlos nach sechziger Jahren geklungen.

Tatsächlich gibt es Leute, die glauben, dass die HAARP-Experimente für ungefähr jede Naturkatastrophe verantwortlich sind. Für Hartwig Hausdorf steckte HAARP auch hinter dem “Asche-Monster”, das im vergangenen Frühling nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull über Europa hing: Geheim-Experimente mit “seismischen Waffen” sollen “direkt auf die Kontinentalplatten wirken”, zitierte ihn “Bild” damals.

Die Art, wie “Bild” seine Erkenntnisse präsentierte, konnte bei kritischen Geistern allerdings leichte Zweifel an seiner Seriösität wecken:

Hausdorf war natürlich trotzdem erste Wahl, Attila Albert und den “Bild”-Lesern im Mai 2010 zu erklären, warum die Signale von der Raumsonde Voyager 2 plötzlich in einem unbekannten Format an die Erde zurückkamen:

Alien-Experte Hartwig Hausdorf (54, “Ufos — Sie fliegen immer noch”): “Es scheint fast, als hätte jemand die Sonde umprogrammiert oder entführt — vielleicht, damit wir noch nicht die ganze Wahrheit erfahren …”

Die ganze Wahrheit kam dann wenige Wochen später heraus: Es hatte einen Fehler im Speicher des Systems zur Datenübertragung auf der Voyager gegeben. Wer kann sowas ahnen! Die Panne ließ sich relativ leicht beheben, die Voyager 2 sendet seitdem wieder brav die Daten im richtigen Format an die Erde; in “Bild” stand von dieser unwahrscheinlichen Auflösung natürlich nichts.

PS: Wo wir schon dabei sind, vervollständigen wir gerade noch unser Archiv der übersinnlichen Erscheinugen von Hartwig Hausdorf in “Bild”. Langjährige BILDblog-Leser kennen ihn noch aus dem Klassiker “Mars jetzt mit neuer Füllung”, in dem er erklärte, dass die grünen Männchen im Mars leben, sowie der dazu leicht widersprüchlichen Fortsetzungsgeschichte “Mars-Füllung macht mobil”.

  • Im September 2008 erklärte er, dass es sich bei den kleinen weißen Punkten, die man auf Fotos häufiger sieht, womöglich nicht um Staub handelt, sondern um verwaiste Seelen, die die Kugelform wählen, um beim Wandern zwischen den Welten möglichst wenig Energie zu verbrauchen: “Tatsächlich gibt es die Idee, Orbs wären intelligente, bewegliche Wesen oder Geister, die der Kamerablitz kurz sichtbar gemacht hat.”
  • Und ein Jahr später lieferte er Attila Albert den Vorwand für die Schlagzeile: “UFO-Forscher sind sicher: Aliens suchen in China nach Verwandten”.

Und Galileo rotiert im Grab immer nach Süden

Manchmal testet das ProSieben-Vorabendmagazin “Galileo” nicht nur, wie viel Essen in einen Jumbo geht, sondern versucht auch, seinen Zuschauern die Welt zu erklären. Gestern überprüfte die Sendung in einem “Grundschulwissenstest”, was die Menschen noch von den elementaren Dingen behalten haben, die sie als Kind gelernt haben. “Jeder Deutsche sollte unseren Test mit Bravour bestehen”, sagte der “Galileo”-Sprecher, denn es handele sich um “absolutes Basiswissen”.

Und so sollten die Kandidaten zum Beispiel mithilfe einer Schale Wasser, eines Holzstückchens, einer Nadel und eines Magneten einen Kompass bauen, was den meisten misslang. “Jeder Grundschüler sollte diese Aufgabe meistern können”, sagte der Sprecher streng. “Ganz klar: Hier fehlt den Kandidaten Basiswissen.”

Freundlicherweise gab “Galileo” Nachhilfe, und zwar so:

 

 

“Das ist unsere Erde.

Am Nordpol lagern riesige Eisen-Vorkommen.

Magnete zieht das magisch an.

Nadeln auch.

Sofern sie magnetisch sind.”

Ganz klar: Hier fehlt “Galileo” Basiswissen.

Irgendwelche riesigen und offenbar magnetischen Eisen-Vorkommen am Nordpol sind nicht dafür verantwortlich, dass Kompassnadeln sich nach Norden ausrichten — diese Eisenmassen müssten zum Beispiel auch munter unter der Erde durch die Gegend wandern, um die wechselnden Positionen des magnetischen Nordpols und die sogar gelegentliche Umkehrung von Nord- und Südpol zu erklären.

In Wahrheit ist die Erde von einem Magnetfeld umgeben, das durch den sogenannten Geodynamo-Prozess entsteht: das sind Induktionsvorgänge im äußeren, flüssigen, elektrisch leitfähigen Erdkern.

Und morgen bei “Galileo” Jumbos großer Vergleichstest: Nordpol oder Nordpolen, wo gibt’s das beste Eis?

Mit Dank an Ronny R.!

  

Massives spontanes Existenzversagen verschoben

— Ein Gastbeitrag von André Goerres

CERN

Herzlich Willkommen.

Es ist nach Mittwoch, dem 30. März. Und unsere schöne blaue Erde kreist immer noch ruhig und ungestört um die Sonne.

Was war passiert, dass es zu so einer bahnbrechend langweiligen Situation kam?


Einiges. Wahrscheinlich ist irgendwo in Berlin ein Sack Erdnüsse umgefallen. 
Viel wichtiger allerdings: In der Schweiz wurde in einem Experiment ein lang erwarteter Meilenstein erreicht. Im LHC, dem “Large Hadron Collider”, wurde begonnen, Protonenstrahlen zu kollidieren, die eine bisher noch nie erreichte Energie von 7 TeV (Tera-Elektronenvolt) in sich vereinen.

Für uns Physiker ist das total knorke. Mehrere Jahrzehnte Arbeit, die Stück für Stück die Grenzen des Machbaren erweitert haben, zahlten sich endlich aus. Die Fingernägel tausender Forscher auf der ganzen Welt können endlich wieder nachwachsen. Denn endlich ist das größte, präziseste, tollste und superlativste Experiment der Menschheit, des Universums und des ganzen Rests angelaufen und produziert die heißersehnten Daten, in denen irgendwo spaciger Shit wie Supersymmetrie und Higgs-Boson schlummern.

Aber auch für die Presse ist das total knorke. Denn die darf aufs Neue beweisen, wie das mit dem Schuster und seinen Leisten funktioniert.


Bild.de titelte völlig bescheiden am 29. März, einen Tag vor den erwarteten 7-TeV-Kollisionen:

CERN-FORSCHER IN GENF SIMULIEREN URKNALL: Das gefährlichste Experiment der Menschheit TEILCHENBESCHLEUNIGER AUF HOCHTOUREN

Das gefährlichste Experiment. Der Menschheit. So, so. Aber wie gefährlich genau? Physikalisch passiert im LHC nichts anderes, als das, was unbeobachtet auf unserem Lieblingsplaneten dauernd passiert. Im LHC sind es zwei Strahlen von hochenergetischen Teilchen, die auf Kollisionskurs gebracht werden. In der Natur sind es hochenergetische Teilchen aus dem Weltall, die mit den Molekülen der Atmosphäre oder spätestens in der Erdoberfläche kollidieren.

Jongliert man dabei ein wenig mit Zahlen herum (siehe die Sicherheitsanalyse vom CERN [PDF]), so kommt man darauf, dass alleine auf der Erde seit ihrer Entstehung so viele Kollisionen stattgefunden haben, wie während der Laufzeit von etwa 100.000 LHC-Experimenten. Geht man noch einen Schritt weiter und bezieht das restliche Universum ein, so kommt man gar auf etwa 10^31 LHCs was ca. 1048 Kollisionen entsprechen würde — eine Eins mit 48 Nullen!

Wenn irgendetwas Gefährliches bei solchen Kollisionen passieren könnte, dann wäre es auch schon in einigen der 1048 Ereignissen passiert — offensichtlich existieren wir aber noch und können immer noch süße Katzenvideos auf YouTube anschauen.

Einer der Kritiker ist der Kernphysiker Walter Wagner. Er mahnt, dass die Wissenschaftler mit ihren Experimenten ein Risiko eingingen, das sie nicht einschätzen könnten.

Wenn Herr Wagner also sagt, die Wissenschaftler könnten das Risiko nicht einschätzen, dann stimmt das so einfach schonmal nicht. Aber kurz zu dem von Bild.de als Experten zitierten selber: Walter Wagner ist der lustige Hawaiianer, “der sich selbst als Kernphysiker bezeichnet” — ob das so ist, sei mal dahingestellt. Einen Lebenslauf oder irgendeine Art von wissenschaftlicher Reputation sucht man vergebens. Kein Wunder, dass ihn die amerikanische Satire-Sendung “Daily Show” (ab 2:16) so einfach bloß stellen kann.

Ob man also eher auf einen der sehr wenigen suspekten, aber dafür nicht minder lautstarken Kritiker hört oder auf die vielen tausend Wissenschaftler, die sich seit Jahren mit wissenschaftlichen Standards mit dem Thema auseinandersetzen — da entscheidet im Endeffekt wohl eher das Potential für die fetzigere Überschrift.

Übrigens hat Walter Wagner schon versucht, den LHC per Klage in Honolulu zu stoppen — das hat aber nicht geklappt, weil sich das Gericht nicht zuständig sah. Ähnlich verhält es sich auch in Deutschland, wo das Bundesverfassungsgericht eine Klage einer besorgten Bürgerin gar nicht erst zugelassen hatte. Sie wurde mit der Begründung abgelehnt, dass “auch die (vermeintliche) Größe eines Schadens — hier die Vernichtung der Erde” den Klagenden nicht von der Pflicht enthebt, einen möglichen “Zusammenhang zwischen der Versuchsreihe und dem Schadensereignis” ausreichend zu begründen. (Übersetzung in Normal-Sprech von Golem.de)

Ein überdimensionales Meerschwein frisst die Erde auf

Neben einer fetzigen Überschrift sind besonders bei komplexen Themen aus der Physik Visualisierungen üblich. Bild.de ist bei bunten Visualisierungen natürlich ganz vorne mit dabei und zeigt in einem kleinen Einspieler vor dem Artikel, wie man sich das alles vernichtende Ergebnis vorstellt. Dort ist die Erde zu sehen, wie sie von einem lustigen Grafikeffekt aus dem Lieblings-Videobearbeitungs-Programm verschluckt wird (siehe Bild oben). Dass dieser Teil des Videos aus Schnipseln zweier Persiflagen auf genau diese LHC-Kritik zusammengeschnitten sind, stört hier anscheinend niemanden.

Die Schweizer Boulevardpresse ist da nicht viel besser und versucht nach einem Gespräch mit einem anderen Kritiker, dem Biochemie-Professor Otto E. Rössler, zusammenzufassen:

Davon ist auch der Chaosforscher und Professor für Biochemie Otto E. Rössler überzeugt. Der Deutsche warnt davor, dass durch die frei gewordene Energie kleine schwarze Löcher entstehen. Die gefrässige Antimaterie würde immer weiter wachsen und schliesslich den Planeten verschlingen.

Ob da wohl jemand gerne Romane liest? Da war doch mal was mit CERN, Antimaterie und Bombe, Stichwörter mit denen man bestimmt nicht nur an der Flughafen-Sicherheitskontrolle, sondern auch in den Medien auffällt. Zwar wird auch am LHC Antimaterie produziert, das hat nur leider überhaupt nichts mit schwarzen Löchern zu tun.

Und bevor hier gleich wieder jemand “Aber Antimaterie!” schreit: Es wird viel mehr Antimaterie in der Atmosphäre produziert als im LHC. Und irgendwo in Amerika spielen immer noch Katzen auf Keyboards.

In einem anderen Artikel zum LHC führt Bild.de ein weiteres Steckenpferd der “Kritiker” an: die Strangelets.

Kritiker behaupteten, bei den Experimenten könnten so genannte Strangelets entstehen - hypothetische Teilchen, welche die Erde verschlingen könnten. Auch würden womöglich Schwarze Löcher produziert, die als gefräßige Schwerkraftmonster dem Planeten gefährlich werden könnten.

Das ist weder eine Sitcom, noch ein Mixgetränk. Bei einem Strangelet soll es sich um ein Teilchen handeln, das normale Materie, wie wir sie kennen, in “strange” Materie umwandelt. Klingt seltsam? Die Idee ist gar nicht so weit hergeholt. Seltsame Materie ist auf fundiertem theoretischem Grund gebaut.

Nur auffressen wird sie uns nicht.

Als im Jahr 2000 mit dem Start des Relativistic Heavy Ion Collider (RHIC) erstmals die Strangelets aufkamen, wurde viel darüber diskutiert. Seitdem läuft der RHIC allerdings fleißig — und wir sind immer noch genauso seltsam wie vorher. Und die höhere Kollisionsenergie des LHCs macht es nur noch weniger wahrscheinlich, dass ein hypothetisches Strangelet gebildet werden könnte.

Schwarzes Loch, Strangelet, magnetische Monopole und Vakuumblasen. Alles wirklich hübscher Kram für dystopische Science-Fiction-Filme und reißerische Überschriften.

Nur nichts für die Realität.

Da sich dieses angstmachende Halbwissen aber so hartnäckig hält wie schwarze und rote Druckerfarbe auf manch grauem Papier, hat das CERN als Betreiber des LHCs neben einer Erklärungsseite den oben bereits erwähnten Sicherheitsreport in Auftrag gegeben. Dieser nimmt im Vorbeigehen allen Kritikpunkten den Wind aus den Segeln und kommt zu dem eindeutigen Schluss:

Vom LHC geht keine Gefahr für die Menschheit aus! (Wirklich!)

Ihr könnt also weiter beruhigt schwarze Punkte auf eure weißen Hunde malen, ohne dabei Angst haben zu müssen, dass der Hund davon aufgefressen wird.

Um euch die volle Packung Physik zu geben, für Interessierte zum Abschluss noch ein kleiner Ausflug in die Physik, warum schwarze Löcher und Erde einfach nicht zusammen passen:

Durch Masse entsteht Gravitation: Die Erde zieht den Apfel auf Newtons Kopf, die Sonne hält die Erde auf ihrer Umlaufbahn und unser Sonnensystem kreist wiederum um das Zentrum der Milchstraße. Ein schwarzes Loch ist nun ein Objekt, das eine so konzentrierte Masse und somit starke Gravitationskraft besitzt, dass nichts seinen Fängen entkommen kann. Keine starke Rakete, kein fliegendes Einhorn oder noch so buntes Licht entkommt dieser Kraft. Daher sein Name. “Schwarzes Loch”.

Die Entstehung eines schwarzen Loches setzt eine gewisse Startmasse voraus, z.B. einen großen Stern, der kollabiert. Beim LHC befinden wir uns aber im Bereich von zwei kollidierenden Mosquitos — was nach heutigem Verständnis bei Weitem nicht ausreicht. Spielt man aber ein wenig an den Rahmenbedingungen herum und sagt, man hätte noch ein paar zusätzliche Dimensionen neben den drei uns bekannten, dann ist es sogar theoretisch möglich, dass der LHC so genannte “mini schwarze Löcher” oder “Microscopic Black Holes” generiert.

Aber: Die sind instabil. Nach verdammt kurzer Zeit sind die wieder verdampft. Die Theorie sagt Verdampfungsdauern jenseits der (theoretisch) beobachtbaren Planck-Zeit voraus, also etwa halb so schnell, wie ein Augenzwinkern von Chuck Norris. Folgt man den Kritikern und geht davon aus, dass die bisher als richtig geltende Theorie falsch wäre und diese mini schwarzen Löcher wider Erwarten doch stabil sind, dann haben wir immer noch die Beobachtung:


Es gibt uns und Neutronensterne noch.

Hä? Neutronensterne? Kommen wir sofort zu …

Vorher noch etwas zu elektrischer Ladung: Etwas kann elektrisch geladen oder ungeladen sein (Elektronen z.B. sind einfach negativ geladen). Eine Ladung führt dazu, dass das Teilchen in einem Magnetfeld abgelenkt wird. Die Älteren unter den Lesern werden sich vielleicht noch an die Röhrenfernseher erinnern, die nach diesem Prinzip gearbeitet haben.

Würden jedenfalls elektrisch geladene mini schwarze Löcher durch Teilchenkollisionen entstehen können, so wäre irgendeines aus den aberwitzig vielen Kollisionen (s.o.) zur Erde gelangt. Dort sorgt dann das Erdmagnetfeld für eine Ablenkung und schließlich auch für das Stoppen. Das schwarze Loch hätte nun genug Zeit zu wachsen und die Erde zu verschlingen — das ist aber offensichtlich nicht passiert.

Es bleibt noch die Möglichkeit übrig, dass alle produzierten mini schwarzen Löcher ungeladen sind. Da kommen jetzt die Neutronensterne ins Spiel. Das sind astronomische Objekte, die extrem dicht sind. Durch ihre extrem hohe Dichte werden die kleinen Mini-Biester dann aber im Inneren gestoppt und würden sie langsam auffuttern.


Aber auch hier: Neutronensterne gibt es, also Bullshit.

Selbst wenn man sich also auf viele Argumente der Kritiker ein- und unwahrscheinliche Theorien zulässt, so überzeugt uns am Ende immer noch die Natur, die derlei “Experimente” schon seit Urzeiten in wesentlich größerer Anzahl durchführt. Und würde dabei etwas Gefährliches passieren, würde das Universum nicht so aussehen, wie es das jetzt tut.

Nicht zuletzt würden auch die süßen Pinguine auf der Erde nicht existieren. Und das kann ja nun echt keiner wollen.

Das ganz normale Chaos

Heute hat “Bild” mal wieder die obere Hälfte der Titelseite und eine halbe Seite im Innenteil weitgehend frei geräumt. Für eine Geschichte von Attila Albert:

Und ignoriert man mal die Überschriften, ist vieles, was Albert da so über Abschwächung und Umpolung des Erdmagnetfelds schreibt, gar nicht mal so weit von der Realität, äh, Verzeihung, Realität entfernt. Dafür aber der vermeintliche Anlass der Geschichte um so weiter. So heißt es auf der Titelseite:

Dramatische Warnung von US-Forschern: Das Magnetfeld der Erde verschiebt sich schnell wie noch nie.
(Hervorhebungen von uns.)

Und weiter hinten steht:

Der Schutzschild der Erde wankt!
Wissenschaftler sind in größter Sorge: Das Magnetfeld, das uns umgibt, könnte schon bald zusammenbrechen.
(Hervorhebungen von uns.)

Bei den kürzlich von Forschern der Oregon State University vorgestellten Ergebnissen handelt es sich aber gar nicht um eine “dramatische Warnung”, das Magnetfeld der Erde verschiebt sich auch keineswegs “schnell wie noch nie”. Deshalb sind Wissenschaftler auch nicht “in größter Sorge” — eher im Gegenteil, wie sich hier nachlesen lässt.

Aber sagen wir es doch einfach mit den Worten von wissenschaft.de:

Jetzt gibt Joseph Stoner von der Oregon State University Entwarnung: Dass das Erdmagnetfeld unter ruckartigen Zuckungen leidet, ist ganz normal (…).
(Hervorhebungen von uns.)

Nachtrag, 14.55 Uhr: Zeit.de widmet sich übrigens in einem anschaulichen Artikel unter der Überschrift “Licht aus bei ‘Bild'” dem dortigen “Katastrophenalarm”. (Mehr zum Thema bzw. zum Gedankenexperiment “Was passiert, wenn das Erdmagnetfeld verschwindet?” findet sich hier.)

Allgemein  

Warten auf die Katastrophe, die nicht passierte

Es war genau 13.42 Uhr am Freitag, als die Nachrichtenagentur dpa eine Meldung mit der Überschrift “Heftigster Strahlungssturm seit 15 Jahren fegt über die Erde hinweg” brachte. Es war, im Grunde, eine Entwarnung:

Berichte über Schäden an Satelliten oder an Kommunikationsanlagen auf der Erde lagen zunächst nicht vor. (…) “Dieses Mal haben wir aber offensichtlich Glück gehabt”, sagte der Magnetfeldforscher Prof. Hermann Lühr vom Geoforschungszentrum Potsdam am Freitag. Das Magnetfeld des Sonnenwinds sei gleich polarisiert gewesen wie das Erdmagnetfeld und habe daher dieses nicht geschwächt.

Die “Welt” berichtet deshalb unter der Überschrift:

Das Erdmagnetfeld hält heftigem Strahlensturm der Sonne stand

Nur bei Bild.de, da kommt der schlimme Sturm erst noch, und deshalb sind nur bei Bild.de auch noch schlimme Schäden möglich. Mit Datum vom Samstag heißt es da:

Gigantischer Strahlensturm gefährdet Schutzschild der Erde

(…) Sonnenphysiker Rainer Schwenn (62) vom Max-Planck-Institut in Katlenburg (Niedersachsen): „Gewöhnlich benötigen diese Wolken vier Tage, um die 150 Millionen Kilometer zurückzulegen. Heute oder morgen wäre ‚Einschlag‘.“ (…)

Der Sonnensturm kann das Erdmagnetfeld schwächen – unser wichtigster Schutzschild.

Merke: Der Mann, der noch Tage nach einem Beinahe-Unfall an der Kreuzung steht und immer wieder klagt: “Oh Gott, gleich gibt es bestimmt einen fiesen Crash und wir müssen alle sterben!”, das ist ein “Bild”-Redakteur.

Nachtrag, 12.40 Uhr

Die gedruckte “Bild” bringt die längst überholte Geschichte ganz groß: Sie wird groß oben auf der Seite 1 angekündigt (Ausriss rechts) und füllt ein Drittel der letzten Seite (Ausriss unten). Und noch einmal: Die Entwarnung kam am Vortag um 13.42 Uhr.

Symbol(-foto) der Zukunft

Wahnsinn! Was die moderne Wissenschaft möglich macht, ist manchmal kaum zu glauben. Australische Forscher haben laut “Bild” einen “Baby-Bringer” entwickelt, der “die besten Spermien zum Ziel führt“. Und offenbar handelt es sich bei der “Maschine” um einen Nanoroboter (siehe Ausriss), der sich mit seinen kleinen Greifarmen die fitten Spermien schnappt und sie mithilfe seines, auf dem klitzekleinen Nano-Buckel befestigten, Propeller-Antriebs geradewegs zur Eizelle transportiert. Das hier steht in der Bildunterzeile:

Die Spermien-Sortier-Maschine: In Zukunft wollen sich Forscher mit Hightech das perfekte Spermium angeln

Das mag schon sein, hat aber, genau wie die Nanotechnologie, nichts mit dem zu tun, worum es in dem “Bild”-Text mit der flotten Bebilderung geht.

Dort heißt es nämlich, dass es sich beim sogenannten “Baby-Bringer” um ein Gerät handelt, das per “Magnetfeld” die “starken Spermien von den schwachen und unfruchtbaren” trennt. Das macht die künstliche Befruchtung wesentlich erfolgversprechender, was man dem Artikel in “Bild” zwar nur mit Phantasie entnehmen kann, dafür aber der aktuellen Ausgabe von “New Scientist”.

Außerdem kann man wohl davon ausgehen, dass so ein Magnet-Dings zur Spermien-Sortierung nicht annähernd so toll aussieht wie dieser Nanoroboter – übrigens ein Kunstwerk des vielseitigen Illustrators, Grafik-Designers und Fotografen Victor Habbick, das tatsächlich genau das darstellt, was man glaubt, dass es darstellt (s.o.).